Wunderschönen guten Tag, ich melde mich nach wahrscheinlich fünf Jahren auch mal wieder. Wie heute Nacht im Chat versprochen, veröffentliche ich jetzt einen meiner Texte. Er ist sicher noch ausbaufähig und veränderbar, vorallem aber auch könnte ich ihn verlängern...
Jedenfalls bedeutet er mir sehr viel, da ich ihn 2016 bei meinem ersten Poetry Slam vorgetragen habe. Er ist stark durch verschiedenes inspiriert, doch das Meiste kommt aus meinen Gedanken. Verbesserungsvorschläge sind mehr als nur erwünscht. Falls ich hier in einem komplett falschen Thread gelandet bin, wäre ich dankbar, wenn man darauf hinweisen würde.
Eure Amarra
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Das Lied der Freiheit
"Träum groß", sagten sie mir.
"Greif nach den Sternen."
"Tu, was dein wahrer Wille ist", wollten sie von mir.
Und dann sperrten sie mich in ein Gefängnis, in dem ich mehr als ein Jahrzehnt verrotten musste. Mir wurde gesagt, was ich fühlen soll und wann ich aufs Klo darf. Meine wahren Gedanken musste ich verbergen, als wären sie schlimmer als Mord, schlimmer als ein Attentat. "Sei so, wie sie es von dir wollen."
Und sobald ich dieses Gefängnis verlassen darf, muss ich mich entscheiden, wie mein Leben weitergehen soll. Noch nie habe ich einen eigenen Gedanken gefasst und nun dies. Nun muss ich ein Leben leben, dass von Regeln bestimmt ist.
Vor dem Gefängnis sitzt ein Wolf. Ein Wolf, der schon seit meiner Kindeszeit nach meinem Fleisch hungert. Er baut einen Palast aus Lügen und Hass, Kummer und Furcht um mich, eine Kathedrale, die mich in sich gefangen nimmt. Der Wolf reißt an meinen Ketten, er will zu mir, will mein Fleisch kosten, will mir meine Seele nehmen, will meine Gedanken, meine Träume, meine Wünsche zerstören. Er will meine Worte. Will sie mir alle wegnehmen. Ohne Worte keine Geschichten. Ohne Geschichten kein Leben. Ohne Leben ist da gähnende Leere. Leere, die ich nur füllen kann, wenn ich ausbreche. Ausbreche aus dieser Illusion, ausbreche aus diesem Kerker der Erwartungen.
Der Wolf lauert mir nach, er lauert allen nach. Manchmal ist die Angst vor diesem Tier so klein, wie eine Mücke auf dem Rüssel eines Elefanten, manchmal gleicht sie dem Elefanten und wir können ihr nicht entkommen, können nicht weg von hier, nirgendwo hin. Wir sind Marionetten, sind nur Geschichten, alles nicht echt. Nicht echt. Nicht echt. Der Wolf wird mich packen, wird meine Worte aufsaugen. Er wird meine Existenz vernichten, wird meine Gedanken unterdrücken, wird mich zu einer wandelnden Lüge machen. Denn das sind wir alle. Lügen. Da ist keine Hoffnung, keine Wahrheit, keine Freiheit. Nur Lügen und weil wir alle die Gedanken denken müssen, die man unsvorgaukelte, glauben wir, dass wir frei sind und ich sage: Zerstört diese Illusion, zerstört den Wolf, setzt die Kathedrale in Flammen, reißt den Palast nieder. Greift nach den Sternen und lasst keinem sagen, dass Ihr nicht das Recht habt, frei zu sein. Lasst den Wolf unsere Stimme hören, findet Euren Willen, zerstört das Nichts, das uns alle verschlingt, füllt die Leere in Euren Köpfen und lebt!
Schneidet die Fäden durch, die Euch steuern. Zeigt dem Wolf Eure Menschlichkeit und tretet seine Gefolgsleute nieder wie Kakerlaken. Wir sind alle nur Marionetten in einer unendlichen Geschichte aber wir haben die Chance, eine Gute zu erzählen. Wenn Ihr auf Euren Knien lebt, erhebt Euch und Eure Gläser für die Freiheit, etwas, dass sie uns nie wieder nehmen werden, egal, was sie sagen. Erhebt ein Glas für uns alle, denn morgen werden es mehr sein und sie werden die Geschichte von heute Nacht erzählen.
Wir sind die Herren über unser Schicksal, nicht der Wolf, nicht die Leere, nicht einmal das Nichts. Wir sind die Herren, die Wörter weben und daraus Geschichten, Lieder und Gedichte bilden. Und nun kommt alle zusammen und webt ein Lied der Freiheit!
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