An fremden Gestaden

Es gibt 1 Antwort in diesem Thema, welches 745 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (28. Oktober 2018 um 18:52) ist von Kleiner Liki.

  • Einen schönen Abend, ihr Lieben! :)

    Erst einmal: ja! In "Welt am Ende" wird es noch weitergehen :D
    Aber aktuell schreibe ich eher Gedichte und ich dachte mir, mein neuestes einfach mal hier hochzuladen. Ich wünsche euch viel Spaß damit :)


    An fremden Gestaden

    I
    Er ward gerade erst der Jahre zehn
    Vater sagte es sei Zeit, zur See zu gehen
    Ein echter Nordmann müsse das Plündern lernen
    Andernfalls beschmutze er der Familie Ehre
    Mit zehn sei er nun ein echter Mann
    und müsse an Schwert und Ruder ran
    Ein Junge wie er solle früh erfahr‘n
    worauf es im echten Leben ankommen kann
    Mutter war dagegen, er sei noch zu jung
    und noch nicht so verroht wie Vater, drum
    ersuchte sie diesen, den Sohn nicht mitzunehmen
    von Vater geblendet sagte er jedoch, er wolle mit ihm gehen
    Mutter und Schwester versuchten, ihn abzuhalten
    sie sagten ihm, er solle lassen Vorsicht walten
    Als Mutter in ihres Sohnes Augen sah
    sah sie Stolz, Mut, falsche Überzeugung und sie gewahr
    es sei hoffnungslos, er war geblendet, sie überlief ein Schauer
    Sie schloss ihn in ihre Arme und küsste ihn, erfüllt von Trauer.

    Tochter brachte ihm von ihrem besten Brot
    und setzte sich zu ihm, trotz Vaters Verbot
    Sie redete auf ihn ein, umarmte ihn
    strich ihm das Haar, weinte bitter, doch es schien
    er ließe sich nicht überzeugen, er war verfallen
    Vaters starker Worte andauerndes Schallen
    Diese Plünderfahrt mache ihn zum Manne
    Im Kampf ein Bär, in der Nacht eine Flamme
    Seinen Gegnern ein Pfeil im Schild,
    ein Dorn im Fleisch, unbändig und wild
    Ein Berserker wie in den alten Legenden
    ein großer Krieger, der jedes Leben könne enden
    Schwester war verzweifelt, weinte und flehte in an
    nicht zu gehen, Vater nicht zu folgen und seinem Wahn
    Er stieß sie weg, Vater sei nicht wahnsinnig sondern im Recht
    Gäb‘s keine Krieger, kämen sie aus dem Süden, das wäre schlecht
    Der Junge hatte seinen Entschluss gefasst, stolz war er
    Morgen sollte es losgehen, voll freudiger Erwartung war er.

    II
    Vater und Sohn brachen im Morgennebel auf
    Richtung Hafen, sie stapften los, die Dinge nahmen ihren Lauf
    Mutter und Tochter blieben zurück und weinten
    Sie hatten die Nacht verbracht nur mit Vater zu streiten
    Der Marsch der beiden Männer zog sich lange hin
    Vater erzählte was von Göttern und dem einzigen Sinn
    Wie Odin dem Manne den Sinn des Krieges brachte,
    Forseti Gerechtigkeit wollte, wie Thor über seine Feinde lachte
    Wie Freyja jeden Mann umspielte und glücklich machte,
    wie Heimdall mit eisernem Blick über Asgard wachte
    Sie gingen über Heiden, Wiesen, durch Schluchten und Wälder
    Die meiste Zeit jedoch schwiegen sie, dann sahen sie ihr Ziel da
    Sie schritten in den Hafen, Vater begrüßte alte Freunde
    stellte ihn vor als neuen Mann an Bord, keiner wollte es leugnen
    Die Waffen wurden geschärft, das Langschiff beladen
    alle Vorbereitungen getroffen, danach wurde einer gehoben
    In der Nacht, der Sohn kein Auge zu tat
    War das alles richtig? Jetzt war es zu spät.

    Am nächsten Morgen, es war noch dunkel
    brachen sie auf, an Bord herrschte bloß leises Gemunkel
    Es regnete leicht, der Wind trieb das kleine Schiff voran
    Die Mannen saßen unter der Plane und murmelten leisen Gesang
    Dem Sohne war kalt, die Nässe zog tief in alle Kleider
    Die Kapuze übergezogen, das Schiff schob sich endlos weiter
    Rudern mussten sie nicht, der Sohn hätte es eh nicht gekonnt
    dafür war er zu klein, auch wenn Vater es nicht wahrhaben wollt‘
    Diesen fragte er, wohin sie sich bewegten
    Doch Vater sagte nur, dass werde er erleben
    Die von Wolken verdeckte Sonne schritt weit vor in ihrem Lauf
    doch es geschah nichts, nur der Bug, der schlug die Wellen auf
    Der Sohn machte sich viele Gedanken, langsam begann er
    zu zweifeln, zu bangen und zu frösteln, mehr und mehr
    Was sollte er ohne Segel- und Kampferfahrung schon
    anrichten können? Er war doch nur eines Kriegers Sohn!
    Nicht mehr als das, kein Krieger, keine Kämpfer, kein Jäger
    das alles war er nicht aber vor allem war er kein Mörder.

    III
    Vater riss ihn aus den Zweifeln, reichte ihm etwas Brot
    Er solle was essen, niemandem nutze er was tot
    Es war feucht, schmeckte salzig und zum spucken
    Er zwang sich, seinen Mann zu stehen, es herunterzuschlucken
    Vater wollte ihn nur stärker machen, zum Krieger
    Er sollte ein Kämpfer werden, ein großer Sieger
    Die Sorgen waren fortgegangen,
    neuer Mut gefasst, fort das Bangen
    Der Tag schritt auf sein Ende zu
    Die Sonne sank hinfort, es wurde dunkel im Nu
    Der Junge starrte in die Schwärze, nichts zu sehen
    er hörte bloß die Wellen an den Bug gehen
    keine Möwen und nichts anderes, die Männer schwiegen
    manche begannen zu rudern, andere sich hinzulegen
    Vater saß ans Steuerruder gelehnt, wog einen Dolch hin und her
    Das Boot schwankte, das Segel flatterte, der Mast wankte schwer
    Schwer wurden dem Sohn die Lider
    er fiel in einen tiefen Schlaf, seinem Willen wider.

    Vater weckte ihn, berührte ihn an der Hand
    Er wies nach vorne, unter dem Nebel tat es sich auf, Land
    Das Segel wurde gerefft, die Ruder zu Wasser gelassen
    Mit neuer Energie fingen die Mannen an, die Ruder zu fassen
    Wenig später machten sie sich fertig für die Landung
    Vater drückte dem Sohn ein rostig Schwert in die Hand, drum
    wusste der, er würde kämpfen und töten und siegen
    Wer auch immer der Gegner war, sollte am Boden liegen
    Als das Wasser niedrig genug, sprangen sie aus dem Boot
    Vater nahm ihn auf die Schultern, sonst wäre er bereits tot
    Vom Strande stampften sie los ins Land
    ein Dorf suchend, Schild und Schwert in der Hand
    Sie schritten weiter, Den Sinn der Götter in den Augen
    Dann sahen sie es, ein befestigt Dorf, der Junge musste schaudern
    Gleich ging es los, gleich wurde er zum Mann
    Das Stadttor wurde von ihnen eingerannt
    Jetzt standen sie hier, die Normannen
    gegenüber von Soldaten, dem Beschützen zu Willen.

    IV
    Jetzt stand er hier mit den Kriegern sein Vaters in Reihen
    gleich sollten sie losstürmen mit Schreien
    Einer sagte, sie täten das alles bloß, um nach Asgard zu gelangen
    und dort zu feiern und nicht vor Hels Toren zu bangen.
    Die Schlacht begann mit einem Kriegsschrei von Vater
    Die Kampfgeräusche wurden noch lauter
    Schwerter scharrten aneinander, Männer schrien und starben
    Wollten das die Götter? Waren das Odins Gaben?
    Der Sohn war verängstigt, wich aus, schlug zu, versteckte sich
    Wenn sich so ein echter Krieger fühlte, wollte er das doch nicht
    Der Gestank von Blut auf Matsch schoss ihm die Nase hoch
    und trieb ihm die Tränen in die Augen, er suchte ein Loch
    zum verstecken, er war nicht zum töten bereit!
    Seine Blicke suchten nach Vater, doch er sah nur Leid
    Und dann stand er vor ihm: ein Monster von einem Mann
    dieser Krieger lachte und hob die Waffe zum tödlichen Schlage an
    Das Letzte was der Sohn sah waren klirrende Schwerter
    „Ich wünschte ich wäre bei Mutter und Schwester“.


    Ich hoffe, es hat euch gefallen.
    LG
    Euer Thráin

    Auch uns're Leiber baumeln hoch an einem Baum

    Wir hängen nicht am Leben, doch an einem Traum

    Wir hängen nicht am Galgen und an keinem Strick

    Sondern am Glauben an Gerechtigkeit und Glück

    Saltatio Mortis - »Nur ein Traum«

  • Servus @Thráin,
    du hast hier ein sehr langes Gedicht gepostet, man merkt, dass du schon Erfahrung hast, da sich wirklich fast alles sehr passend reimt.

    Mit zehn sei er nun ein echter Mann
    und müsse an Schwert und Ruder ran

    früh :)
    Im I Abschnitt gefällt mir die Beschreibung am Besten

    Als Mutter in ihres Sohnes Augen sah
    sah sie Stolz, Mut, falsche Überzeugung und sie gewahr

    Ach das erinnert mich ans wahre Leben ^^

    Einer sagte, sie täten das alles bloß, um nach Asgard zu gelangen
    und dort zu feiern und nicht vor Hels Toren zu bangen.

    Du kennst dich echt aus merkt man.

    Und dann stand er vor ihm: ein Monster von einem Mann
    dieser Krieger lachte und hob die Waffe zum tödlichen Schlage an
    Das Letzte was der Sohn sah waren klirrende Schwerter
    „Ich wünschte ich wäre bei Mutter und Schwester“.

    Du bist wohl gegen Happy Ends!? :vampire:

    Gefällt mir trotzdem richtig gut. Kennst du dich mit den "Nordmännern" und den Legenden von ihnen richtig aus?

    :chaos::smoker: