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@Chaos Rising, also bitte sehr o.o Aber nicht nörgeln, dass du doch lieber Brüste willst x)
Diese Kurzgeschichte entstand zum Schreibwettbewerb des Themas "Schatzkiste(n)", warum sie nicht darin gelandet ist, ist egal xD
Jedenfalls habe ich sie etwas überarbeitet und an meine Welt angepasst. Ich hatte eigentlich gar nicht vor, sie zu posten, ich lasse mich einfach zu leicht überreden
Nicht Gold, noch Silber
„... und dann sind wir durch ein Loch zwischen den Wurzeln gefallen und hier gelandet.“ Der Junge gestikulierte wild mit den Armen und verfehlte dabei zweimal nur knapp das kleine Mädchen neben ihm, das ihn fast schon ehrfürchtig beobachtete.
Der alte Mann kratzte sich am Kinn. „Das klingt alles sehr interessant, was du erzählst. Trotzdem erklärt das nicht, wie ihr beide hierher kamt, und warum du meine eigentliche Frage nicht beantwortet hast.“ Der Junge runzelte die Stirn, schaute erst das Mädchen an und dann wieder den alten Mann.
„Ich fragte, wer ihr beiden seid. Ich bekomme hier nicht oft Besuch ... Eigentlich gar keinen, wenn ich es genauer betrachte.“ Nun runzelte der alte Mann die Stirn. Er kratzte sich erneut am Kinn und blickt das kleine Mädchen an. „Magst du mir vielleicht erzählen, wer ihr seid?“ Sie schien sich nicht im mindesten vor ihm zu fürchten, ob wohl sie ihm im Gegensatz zu seiner Größe geradezu lächerlich winzig erschien. Aber vielleicht, nur vielleicht, kam ihm das auch nur so vor, weil er ewig keine Menschen mehr gesehen hatte - und Kinder erst recht nicht. „Ich bin Mira“, sagte das Mädchen freudig und deutete einen Knicks an. „Und das ist mein Bruder Lu.“
„Großer Bruder“, fügte der Junge noch schnell hinzu und reckte Stolz die Nase in die Luft. „Ich bin ein ganzes Jahr älter als sie.“
Der alte Mann lächelte. „Ich habe auch eine jüngere Schwester. Du, Lu, musst gut auf sie aufpassen und groß und stark werden, damit du sie beschützen kannst, ja?“
Nun strahlte auch der Junge über das ganze Gesicht. „Ich werde so stark, dass sie niemals Angst haben muss und niemand sie ärgert!“
„Das ist gut“, sagte der alte Mann. „Dann kommt mal mit, ihr beiden. Ich zeige euch den Weg nach Hause.“
Er wandte sich ab und ging den dunklen Gang entlang. Damit entgingen ihm die Blicke der beiden Geschwister, bevor diese ihm nachliefen und jeweils eine seiner Hände ergriffen. „Wie heißt du eigentlich? Und bist du ganz allein hier unten?“, fragte Mira, während sie die vorbeiziehenden Bilder an den Wänden betrachtete.
„Ich habe viele Namen. Ich denke, ihr könnt mich Darkaztai nennen“, murmelte der alte Mann und lauschte den Kindern, wie sie sich bemühten, seinen Namen auszusprechen. Nachdem sich Lu lautstark beschwerte, der Name sei ihm viel zu lang und beschwerlich auszusprechen, einigten sich die Kinder darauf, ihn Aschti zu nennen. Der alte Mann mit Namen Aschti verzog das Gesicht, schien sich allerdings nicht wirklich daran zu stören.
Nach einiger Zeit durchbrach er die aufgekommene Stille. „Ich bin hier unten nicht allein. Meine Schwester kommt mich oft besuchen“, sagte er so vor sich hin. Er sah den Kindern an, dass sie die Frage längst vergessen hatten und fuhr unbeirrt fort, als sie einen endlos weit erscheinenden Kuppelraum erreichten.
„So, da wäre wir. Ich bereite noch kurz das Portal für euch vor. Bitte fasst in der Zeit nichts an.“ Damit ließ er die Kinderhände los und entfernte sich mit großen Schritten ein Stück. Vor einer kleinen Anhöhe blieb er stehen und begann, etwas zu murmeln und wild mit den Armen zu fuchteln. Die Kinder schauten ihm noch einen Moment dabei zu, widmeten sich dann aber lieber ihrer Umgebung. Neben der Anhöhe war der Kuppelraum gefüllt mit langen Regalen und Schränken, alle aus dunklem Holz. Manche größer, manche kleiner. Einige geschlossen, andere mit Glasvitrinen.
Mit großen Augen untersuchten Junge und Mädchen die Schränke und mussten feststellen, dass sich darin kleine Kisten und Kästchen befanden. Sie waren alle unterschiedlich in Farbe, Form und Material.
„Johann Welst, Lene Marsch, Ruks ...“, las Lu die Namen vor, welche auf den Kästchen vor ihm standen, und schnitt eine Grimasse. „Ruks ist ein seltsamer Name.“
Mira nickte. Sie fuhr vorsichtig mit ihren Fingern über die kunstvollen Schnitzereien auf den Kisten. „Weißt du, was seltsam wäre?“
Lu schaute seine Schwester fragend an.
„Wäre es nicht wunderlich, wenn hier auch Kästchen mit unseren Namen wären?“, fragte sie leise. „Wie sie wohl ausschauen würden? Und ob meines auch so schön wäre?“
Lu grinste frech. „Wer‘s zuerst findet!“, rief er und flitzte um die nächste Ecke. Lachend lief Mira ihm hinterher.
Drei Stunden später, die Kinder suchten noch immer nach ihren Kästchen, ging ein Raunen durch den Raum und sammelte sich als Portal auf der Anhöhe. Aschti senkte erschöpft seine Arme. Innerlich schallte er sich dafür, für eine Kleinigkeit so lange benötigt zu haben. Dann machte er sich auf, Lu und Mira zu suchen.
Es war nicht schwer, die beiden zu finden. Ihr Gekicher und ihre Schritte waren in der sonst so stillen Halle nicht zu überhören.
„Amüsiert ihr beiden euch gut?“, fragte Aschti, als er schließlich vor ihnen stand.
Mira prustete los. „Auf dieser Kiste steht ‚Wiebold Pummelbein‘“, quiekte Lu und Tränen liefen ihm über seine Wangen, als er sich vor Lachen schüttelte.
Sogar Aschti musste darüber schmunzeln. Er betrachtete die Kinder und die ganzen kleinen Kisten, die auf dem Boden lagen. „Ihr habt hier ganz schön Unordnung angerichtet.“ Er schaute sie vorwurfsvoll an, musste jedoch feststellen, dass es ihm nicht sonderlich gut gelang. Er hob die Hände, murmelte etwas und all die Kästchen schwebten auf ihre Plätze zurück. Mira und Lu staunten nicht schlecht, doch Aschti ließ ihnen nicht mehr Zeit. „Kommt ihr beiden, ich bringe euch jetzt Heim.“ Da sprangen die beiden freudig auf, doch kaum hatte der alte Mann sich umgedreht, sie zu dem Portal zu lotsen, schrie Lu auf einmal auf. „Da! Da ist sie!“ Er öffnete einen Schrank mit gläsernen Türen und griff nach einer kleinen Truhe, die er sofort vor Miras Nase hielt. „Hier steht mein Name: Lu Foster. Und Mutters und dein Name stehen auch hier!“
Mira bekam sofort große Augen und nahm sich ebenfalls ihre kleine Truhe. Beide Kästchen waren recht schmucklos und aus einfachem Holz gefertigt. Sie seufzte enttäuscht und Aschti war klar, dass sie sich eine hübschere Truhe gewünscht hatte. Mit zwei großen Schritten war er bei den Kindern und nahm ihnen die Kästchen aus den Händen, bevor sie hineinsehen konnten.
„Hey, gib das wieder her“, rief Lu, doch Darkaztai schüttelte nur den Kopf.
„Ich weiß, ihr beiden seid neugierig. Dennoch kann ich euch nicht hineinsehen lassen“, sagte er ruhig. „Jedes Lebewesen mit Bewusstsein hat hier in dieser Halle von Geburt an so ein Kästchen, aber keiner darf hineinschauen, ehe seine Zeit nicht gekommen ist.“
„Was meinst du damit, dass „seine Zeit gekommen ist? Und warum hat mein Kästchen keine Schnitzereien und Verzierungen?“ Mira schmollte noch immer, was deutlich an ihrer bebenden Unterlippe zu erkennen war.
„Du bist noch jung, Mira. Dein Kästchen wird sich verändern, je nachdem welche Entscheidungen du triffst.“ Dem Mädchen war anzusehen, dass sie nicht verstand. Er atmete tief ein. „Wenn eure Zeit gekommen ist, am Ende eures Lebens, werdet ihr beide hierher zurückkommen. Dann dürft ihr euch anschauen, was in euren Truhen ist“, Darkaztai nahm eine hübsch verzierte Truhe aus dem Regal und öffnete sie. Darin befanden sich zwei unterschiedlich große Kugeln. Die eine strahlte warmes, die anderen kühles Licht aus. Er deutete auf die warme Lichtkugel. „In dieser hier befinden sich alle Erinnerungen und Gefühle, welche ihr je gefühlt habt. Und in dieser“ Er zeigte auf die andere Kugel. „befinden sich all die Erinnerungen und Gefühle, die ihr noch erleben könntet. Egal, wie ihr euch entscheidet, alles euch mögliche findet sich hier drin. Aber ihr müsst euer Leben von euch aus leben, deshalb dürft ihr es noch nicht ansehen.“ Nun war auch Lu anzusehen, dass er nicht mehr verstand, doch Darkaztai lächelte nur und drückte beiden Kindern jeweils einen kleinen, unscheinbaren Schlüssel in die Hand.
„Diese Schlüssel können euch eines Tages wieder zu mir führen, wenn das euer Wunsch ist. Kommt.“ Mit diesen Worten führte er die Kinder zu dem Portal auf der Anhöhe.
„Mira, Lu, ihr müsst nur hindurchschreiten, dann seid ihr wieder zuhause. Eure Mutter wartet auf euch.“
Vergessen waren all die seltsamen Kästchen. Lu lief sofort auf das Portal zu, erst kurz davor blieb er stehen und dreht sich zu Mira um. „Komm schon, wir müssen schnell Heim.“
Das Mädchen hingegen schien noch etwas auf dem Herzen zu haben. Darkaztai wollte sie gerade fragen, doch da platzte sie schon heraus „Du siehst plötzlich so viel jünger aus, Aschti! Einfach hundert Jahre jünger. Wie hast du das gemacht?“
Der mittlerweile junge Mann lächelte nur und legte einen Finger auf den Mund. Dann schob er Mira zum Portal. Sie umarmte ihn noch einmal und nahm die Hand ihres Bruders. Gemeinsam schritten sie durch das Portal. Ihnen lange nach klangen Darkaztais Worte „Erinnert euch. Kommt mich besuchen, sobald ihr versteht. Nicht Gold, noch Silber sind so wertvoll wie eure Erinnerungen.“
Darkaztai ging mit bedächtigen Schritten durch die Kuppelhalle. Er hatte lange keinen lebendigen Besuch mehr gehabt.
„Du kommst so wundervoll mit Kindern klar. Bedauerlich, dass sie nicht noch bleiben konnten, nicht wahr?“, zwitscherte eine helle Stimme. „Schön, dass mein geliebter Bruder nicht mehr aussieht wie ein alter Greis. Die Jugend steht dir gut.“ Er hörte seine Schwester lachen. Sie zählte wohl kaum als Besuch.
„Die Kinder waren ... erfrischend“, gab er zu und betrachtete seine neu gewonnene Jugend lächelnd in einem der Spiegel, die an manchen Schränken angebracht waren. „Ich sehe gut aus für den Herrn der Totenreiche, nicht wahr?“
Damit rückte er seine Robe zurecht und verschwand in einem der angrenzenden Gänge.