Medya Ludus und der Fisch, der die Welt verschlingen wird

Es gibt 52 Antworten in diesem Thema, welches 14.144 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (15. April 2019 um 15:36) ist von Myrtana222.

  • @Myrtana222 Also deine Geschichte hätte das Adjektiv random schon ein bissl verdient und Mr. Stein ebenfalls. :rofl:

    Jetzt mach aber hinne Gumby und lass uns nicht zu lange zappeln. Medya ist vermutlich der verquirlteste Charakter, den ich je in einer Geschichte hatte. Verrückt würde ich sie gar nicht mal nennen. Die hat halt einfach Spaß am Leben und was sie sagt macht ja auch Sinn, nur halt nicht aus Sicht aller anderen Anwesenden, weil sie keine AHnung von Gumby oder Mr. Stein haben :hmm:

    "Vem har trampat mina svampar ner?!"

    • Offizieller Beitrag

    Die Flucht hast du echt gut beschrieben. Wenn man es denn so nennen will. Das ging ja echt leicht. Einfach aus dem Anwesen marschiert und durch die Stadt, als wäre es das Normalste der Welt. Das deckt sich so gut mit meiner Einstellung: Du musst es nur offiziell oder natürlich aussehen lassen und bähm, keiner merkt was. Wenn die Gruppe Glück hat, erinnert sich am Ende noch nicht mal jemand an sie :D ABER die Wachen und Soldaten werden wohl ordentlich eines auf den Deckel bekommen :rofl:
    Und Baaska weiß offenbar etwas. Und er ist der Zweite, der Medya eher negativ betitelt. Das heißt, dass er weiß, wer oder was sie ist, oder es ahnt. Gefällt mir nicht, dass sie als Problem bzw. als Gefahr hingestellt wird. Kann man sich fast nicht vorstellen. Aber er ist ja auch ein Sukk wie dieser komische Beamte. Ob das was zu heißen hat? Ich denke, wir werden es im nächsten Teil erfahren. Oder zumindest hoffe ich das. Ich bin wirklich neugierig, warum man sie als so gefährlich ansieht :hmm:
    Niedlich übrigens, wie sie sich über das Ratespiel gefreut hat. :love:

    LG, Kyelia


  • „Was? Ich? Ich habe noch nie jemandem etwas getan!“, wehrte sich die Rothaarige.
    „Führt das doch bitte noch etwas weiter aus, Baaska“, bat die Haushälterin, und der Krämer schloss kurz die Augen, bevor er wieder sprach.
    „In der Religion der Sukk gibt es Erzählungen über ein Wesen, das Panthaskera genannt wird. Es wird in der Gestalt eines Menschen wiedergeboren, genauer gesagt in der einer Frau, und geht dann unter den Lebenden umher.“ Tief holte Baaska Luft, und in den Augen der anderen las er Besorgnis, Misstrauen. Was er ihnen nun zu erzählen hatte, klang auch so unglaublich, dass er es aus jedem anderem Mund als dem seinen verlacht hätte. „Es hat die Macht, hinter den Vorhang der Realität zu blicken, das Getriebe zu sehen, das uns und die ganze Welt in Bewegung setzt.“
    „Und Ihr glaubt, diese Irre dort ist dieses Phantasiewesen Eurer Religion?“, fragte der ehemalige Mitgefangene nicht ohne einen Zug Verachtung.
    „Wer seid Ihr überhaupt, dass Ihr die Sukk so hasst?“, erwiderte Baaska bissig. „Ihr habt so einen leichten Akzent, er fällt überhaupt nicht auf, wenn man Euch nicht oft reden hört. Klingt ein bisschen nach Calydisch, oder irre ich mich da?“
    Ausdruckslos erwiderte der Fremde den Blick des Krämers. „Nennt mich Feskil, da wir fürs Erste miteinander arbeiten müssen. Wo ich herkomme geht euch nichts an.“
    „Aber was lässt Euch denn jetzt glauben, dass Medya diese … Panthadingsbums ist?“, hakte Satis ungeduldig nach. „Es hört sich doch ein wenig unglaubwürdig an.“
    „Es heißt, dass die Panthaskera in Zeiten des Niedergang wiedergeboren wird. Laut unserer heiligen Schrift, dem Sapientium, gibt es in der Geschichte der Welt Zyklen des Aufstiegs und der Niedergangs, und ich glaube, dass wir sehr eindeutig in einem Teil des Zyklus stecken, der dem Niedergang zugeordnet werden kann.“
    „Ihr stützt Eure Vermutungen nur immer weiter auf diesen ausgedachten Mumpitz!“ Feskil gab sich noch immer keine Mühe, seine Verachtung für die Sukk zu verbergen. Mit verschränkten Armen und hochgezogenen Augenbrauen suchte er den Blick des Krämers. „Woran macht Ihr denn all dies fest?“
    „Es gab einen Mathematik-Philosophen unter den Sukk, der das Phänomen des Niedergangs in verständlichere Formen zu bringen versucht hat. Er beschreibt den Niedergang als eine Verlagerung der Wahrscheinlichkeiten, und zwar in Richtung eines für die Allgemeinheit schlechten Ereignisses.“
    Medya, die während der für sie langweiligen Gespräche begonnen hatte zu summen, horchte kurz auf. „Also egal, was das Dickerchen gesagt hat: Ich bin schon für deutlich weniger eingesperrt worden.“
    „Könnt Ihr das noch etwas besser ausführen? Ich glaube, hier hat niemand wirklich verstanden, was ihr uns sagen wollt“, bat Satis etwas peinlich berührt. Sie hasste es zugeben zu müssen, dass sie etwas nicht verstand.
    „Also gut: Ereignisse, die im Normalfall mit genau derselben Wahrscheinlichkeit eintreten, weisen im Niedergang eine ungleiche Verteilung auf. Denkt als Verständnishilfe an einen Münzwurf. Werft Ihr eine Münze, so müsste jede Seite der Münze mit derselben Wahrscheinlichkeit oben liegen.“
    „So weit bin ich mitgekommen“, meinte Satis mit zweifelnd zusammengezogenen Augenbrauen.
    „So, im Niedergang tritt jedoch das Ereignis mit höherer Wahrscheinlichkeit ein, das den größt möglichen Schaden verursacht. Denkt nur an die Friedensverhandlungen zwischen Gendia und Calydia: Für eine Weile sah es ganz gut aus, bis ein Brief von Gendia an das Königshaus Calydias einen Übersetzungsfehler beinhaltet hat, der eine höfliche Redewendung in eine sehr geschmacklose Beleidigung der Königsmutter verwandelt hat. Die Wahrscheinlichkeit für so einen gewaltigen Fehler liegt beinahe bei Null. Die Auswirkungen davon sind jedoch verheerend. Calydia rief überraschend den Krieg aus, und bis das Missverständnis geklärt werden konnte, waren Territorien erobert, Heere besiegt und Menschen getötet worden – und ein Frieden undenkbar.“
    „Und was hat all das jetzt mit ihr zu tun?“, fragte Satis, mit einem Nicken auf Medya deutend.
    „Wenn sie die Panthaskera ist, dann verfügt sie über die Macht, dieses Verhältnis umzukehren: Unwahrscheinliche, aber günstige Ereignisse treten in ihrer Anwesenheit ein – und unmögliches wird auf einmal möglich.“
    Grübelnd dachte Satis über die Worte des Sukk nach. „Ich kann nicht wirklich sagen, dass heute ein glücklicher Tag für mich war.“
    „Vielleicht für Euch nicht“, widersprach Baaska. „Aber vielleicht für die Allgemeinheit. Vielleicht habt Ihr eine Rolle in dem Ganzen zu spielen, vielleicht sogar wir alle.“
    „Und was lässt Euch nun glauben, dass sie diese Panthaskera ist?“, fragte Feskil mit derselben Härte, die zuvor schon seine Worte begleitet hatte.
    „Ihr müsst blind sein, wenn Ihr das nicht gesehen habt. Sie hat mit zwei morschen Hühnerknochen ein Schloss aufgebrochen! Sie konnte vorhersagen, wann die Wachen uns Essen bringen, wusste, wann der Fürst und sein Gast uns den Rücken kehren und sie hat zuverlässig erraten, wie viele Finger ich hinter meinem Rücken hochhalte. Sie IST die Panthaskera, da gibt es keinen Zweifel dran. Wir sind völlig unbehelligt aus dem Gefängnis ausgebrochen und durch die ganze Stadt marschiert. Das kann kein Zufall sein!“
    Auf die Worte des Krämers wusste erst niemand etwas zu sagen. Ratloses Schweigen legte sich über die Gruppe, bis Baaska den Kopf schüttelte.
    „Es ist egal, ob ihr mir glaubt. Wir müssen die Stadt verlassen, und zwar bald. Sie werden zweifelsohne bemerkt haben, dass wir nicht mehr in unserer Zelle sitzen. Vielleicht verschwenden sie noch etwas Zeit damit, den Fürstenhof und das Verwaltungsgebäude abzusuchen, aber schon jetzt werden die Wachen an den Stadttoren benachrichtigt sein und nach uns Ausschau halten. Sie werden die Stadt bis auf den letzten Flecken durchkämmen, und das heißt für uns, dass wir irgendwie anders entkommen müssen, und das noch heute Nacht!“
    „Und was dann?“ Mit zittriger Stimme und großen, angstvollen Augen sah Satis ihre Begleiter an. „Was, wenn wir aus Telomer entkommen sind? Ich kann nirgends hin, ich habe keine Verwandten, die mich aufnehmen können! Bis ich in einer anderen Stadt eine Anstellung gefunden habe, kann was weiß ich was geschehen. Es ist Krieg.“ Mit jedem Wort wurde Satis leiser, bekümmerter, und für einen Moment wusste Baaska nicht, was er antworten soll.
    „Wie gesagt, ich glaube nicht, dass wir durch Zufall zusammengekommen sind. Ich kann Euch anbieten, mich zu begleiten. Mein Weg wird mich nach Calydia führen, zu den Weisen meines Volkes. Wenn einer mit Gewissheit sagen kann, dass sie die Panthaskera ist, dann sie.“
    Selbst in den Schatten, die die untergehende Sonne in das Lagerhaus warf, war der jungen Haushälterin anzusehen, wie wenig Hoffnung ihr das vage Angebot des Krämers machte. Doch sie hatte keine Wahl. Ihr Herr würde sie nicht wieder aufnehmen, solange der Fürst von Telomer nach ihr suchen ließ, wenn überhaupt noch, und in dieser Gegend hatte sie auch keine Verwandten, die sie aufnehmen könnten. Alles andere als innerlich ruhig setzte sich Satis auf ein Fass, den Kopf grüblerisch gesenkt. Baaska und Feskil besprachen noch eine ganze Weile ihr Vorgehen, dann begann Baaska hektisch, irgendwelche Dinge zusammenzupacken.
    „Lass dir helfen.“ Blinzelnd versuchte Satis ihre Müdigkeit abzuschütteln, merkte erst dann, dass sie die vertrauliche Anrede gewählt hatte. Baaska schien sich daran jedoch nicht zu stören und reichte ihr einige Dinge, die sie einschlug oder sofort auf das Gepäck der vier Flüchtigen verteilte.
    „Ich frage mich schon lange etwas, und ich hoffe, dass ich Euch nicht zu nahe trete“, sagte Satis an den Händler gewandt. „Ihr scheint ein rechtschaffener Mann zu sein; was hat Euch denn ins Gefängnis gebracht?“
    „Verrat und Verschwörung!“ Deutlich energischer stopfte Baaska trockene Lebensmittel und Wasserschläuche in die Rucksäcke und Taschen. „Verleumdung und nichts anderes hat mich hinter Gitter gebracht! Ich schwöre Euch, wenn ich mich eines Tages wieder in diese Stadt wagen kann, dann …“ Weiter führte der Sukk seine Drohungen nicht aus, womöglich weil er selbst nicht wusste, was er dann zu tun gedachte.

    Magie hat etwas einzigartiges: Sie berührt alle Sinne. Sie ist wie ein Geruch, der sich nicht wirklich wahrnehmen lässt, wie Sand, der durch Fingerrillen rinnt. Sie ist ein Geschmack auf der Zunge, der sich nicht benennen lässt, und wie ein Lied, dessen Melodie einem nicht im Kopf bleiben will.
    So lernte Aer die flüchtigste aller Künste kennen: Das Weben von Zaubern, das Formen der Magie.

    Die Schatten der Magie

    • Offizieller Beitrag

    Puuuuh, ich saß zwischenzeitlich ähnlich verwirrt da wie Satis xD Habe auch nur Bahnhof verstanden. :rofl:
    Also Medya ist die "Botin", die Unmögliches möglich machen kann, weil sie "hinter" das Geschehen blicken und sehen kann, was die Welt antreibt (den Erzähler)? Und dieses Wesen (?) wird in Zeiten des Niedergangs geboren - da es danach immer einen Aufstieg gibt, heißt das im Grunde ja, dass die Panthaskera durch ihre "Fähigkeit" dafür sorgen, dass es wieder zu einem Aufstieg kommt? Oder zumindest ist sie nicht der Auslöser. Im Umkehrschluss - ist sie doch eigentlich nicht gefährlich, sondern nur ein Zeichen, dass der Niedergang kommen wird :hmm:
    *hat einen Knoten im Hirn*
    Ein informativer Teil, der zwar einiges erklärt, aber immer noch viel im Dunkeln lässt. Ob das gut oder schlecht ist, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Auf jeden Fall finde ich es gut, dass diese Sukk offenbar eine Religion haben. Das macht die Welt, in der wir uns befinden direkt lebendiger. :D
    Allerdings bin ich mir noch nicht so recht sicher, wie ich den Teil finden soll. Er hebt sich stilistisch meiner Meinung nach deutlich von den vorherigen ab. Ob gut oder schlecht, kann ich gerade nicht sagen. Gut finde ich die Informationen. Allerdings habe ich kurzzeitig den Eindruck beim Lesen gehabt, als wurde mir diese Religion aufgezwungen. Es hat sich stellenweise etwas sperrig und verstockt lesen lassen. Das kann aber auch daran liegen, dass der Charakter so ist - eher pragmatisch :hmm:
    Ich schätze, ich verdaue den Teil erstmal und denke drüber nach.

    Nichtsdestotrotz bin ich gespannt, was da noch auf uns zukommen wird und wie sich das auflöst! :thumbsup:

    LG, Kyelia

  • Ooh, geht's jetzt los ins Abenteuer? :panik: Die besten Retter der Menschheit sind doch immer die, die sich eigentlich die ganze Zeit über unbeteiligt in der Nase bohren ^^

    Mr. Stein fand ich ehrlich gesagt etwas creepy. Hat in die Geschichte gepasst, aber die Vorstellung eines sprechenden Steins mit Gesichtszügen... ich hätte mich so verjagt, an Stelle von Satis und den anderen.

  • „Es hat die Macht, hinter den Vorhang der Realität zu blicken, das Getriebe zu sehen, das uns und die ganze Welt in Bewegung setzt.“

    Jetzt wird es interessant :D

    „Wenn sie die Panthaskera ist, dann verfügt sie über die Macht, dieses Verhältnis umzukehren: Unwahrscheinliche, aber günstige Ereignisse treten in ihrer Anwesenheit ein – und unmögliches wird auf einmal möglich.“

    Ah. Das erklärt einiges :D
    Okay, so weit so gut. Langsam, ganz langsam, kommt etwas Licht ins Dunkel.
    Ich bin gespannt, wohin es die Gruppe nun verschlägt ...

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • ich hätte mich so verjagt, an Stelle von Satis und den anderen.

    Ah, ich hab ein bisschen gebraucht, um zu verstehen, was du meinst. Nur Medya kann Mr. Stein sehen, weil er auch nicht mehr ist als eine Wahnvorstellung von ihr - die in gewisser Weise aber eben doch mehr ist. Aber da würde ich zu viel spoilern.


    „Wer hat Euch verleumdet?“, bohrte Satis nach. „Und wofür?“
    „Wer kann ich Euch nicht sagen, aber ich habe meine eigene Verwandtschaft in Verdacht.“ Sich selbst beruhigend atmete Baaska ein und aus. „Ich sollte heiraten, Ludmilla, eine Kaufmannstochter in der Stadt. Ich kenne sie nicht wirklich, aber sie ist schön und ihr Vater reich. Irgend jemand aus der Familie muss sie mir geneidet haben, ein Cousin oder ein Onkel oder etwas in der Art. Auf jeden Fall haben sie mir Vastum untergeschoben, und das gleich ein ganzes Fass voll!“
    Kurz schnappte Satis nach Luft. Vastum war ein Rausch- und Heilmittel, für das Gentia ein Verkaufsprivileg besaß und jede Verletzung dieses Privilegs schwer bestrafte. Gerade in Zeiten des Krieges war das illegale Geschäft mit Vastum lohnend – und das kriminelle Milieu um den Stoff gnadenlos und brutal.
    „Natürlich hatten die Stadtbüttel auch gleich einen heißen Tipp, wo sie das Vastum finden konnten.“ Sichtbar fiel Baaska ein Stück in sich zusammen. „Und ich bin zum Tode verurteilt worden, eingesperrt und meines Standes enthoben.“
    „Was habt Ihr erwartet?“, warf Feskil nicht ohne Häme ein. „Bei Eurer Verwandtschaft ist mir das klar. Verrat und arrangierte Heirat!“
    „Tut nicht so, als wäre das in höheren Kreisen nicht auch unter Euresgleichen üblich!“, fauchte Baaska geradezu. „Na los, rechtfertigt Ihr doch einmal, wie ihr hinter Gittern gelandet seid!“
    Verächtlich schnaubte Feskil. „Diebstahl.“
    „Diebstahl! Für wie dämlich haltet Ihr mich eigentlich! Er ist ein Spion!“ Mit einer ausladenden Geste deutete Baaska auf den ehemaligen Mitgefangenen. „Man hat ihn dabei erwischt, wie er durch die Bücher des Fürsten gegangen ist.“
    „Glaubt, was Ihr wollt, aber haltet Eure Zunge im Zaum!“
    Wenn etwas Satis noch mehr ins Schlucken brachte, als mit einem potentiellen Rauschgifthändler unterwegs zu sein, dann der Gedanke daran, es mit einem Spion zu tun zu haben. Es herrschte Krieg, und genau dieser Krieg gab Menschen auftrieb, die über absonderliche Fähigkeiten verfügten und dafür meist kein Gewissen kannten. Nicht nur das: Trotz seiner geringen Größe war Telomer nicht ohne strategische Bedeutung. Die Stadt war der letzte Ankerpunkt Gentias vor der Küste, und somit der Pass zum Rest des Festlandes. Nahm ein Heer die Stadt ein, konnte sie sich dauerhaft im Landesinneren festsetzen.
    Dass nun ein Spion mit Wissen über die Geschäfte des Fürsten die Stadt verließ, war mehr als nur ein wenig bedrohlich.
    „Es wird Zeit“, meinte schließlich Feskil, denn die Sonne war nun hinter dem Horizont verschwunden, und nichts als Dunkelheit lag hinter den Fenstern. „Weck die Irre.“ Mit dem Finger deutete der Spion auf die am Boden liegende Medya, die über die Gespräche der anderen eingeschlafen war.
    Kurz öffnete Satis den Mund. Als Haushälterin war sie es gewohnt, Befehle entgegenzunehmen und rumkommandiert zu werden, aber in diesem Ton angesprochen zu werden, ging ihr gegen den Strich. Doch die junge Frau schluckte ihren Zorn herunter. Ob sie wollte oder nicht, sie war auf das Wohlwollen von beinahe Fremden angewiesen, und sie wollte nicht gerade jetzt einen Streit über ihren Stolz ausbrechen lassen.
    Sachte rüttelte Satis an der Schulter der mageren Frau. So, ohne dass man ihren stechenden Blick zu sehen bekam, wirkte sie beinahe wie ein Kind, unschuldig und zerbrechlich. Dieser Anschein zerbrach jedoch in der Sekunde, als Medya die Augen aufschlug.
    Entgegen Satis‘ Erwartung erwachte Medya auf einen Schlag und schien – mehr oder minder – sofort wieder in dieser Welt zu sein. Für eine Sekunde schien ihr Blick beinahe gehetzt, bis sie erkannte, wo und bei wem sie war. Verunsichert wusste Satis nicht, was sie sagen sollte; was musste jemand erlebt haben, der einen derart seichten Schlaf hatte?
    „Wir müssen los, Medya. Es ist dunkel geworden, und man sucht immer noch nach uns.“
    „Hm“, brummte Medya ungehalten. „Egal, was sie suchen, sie finden bei mir eine Backpfeife.“
    „Hört bitte kurz zu!“, zischte Baaska, mehr um sich zur Ruhe zu bringen als die anderen. Nervös spielte der dickliche Händler mit seinen Fingern. „Unser Plan sieht wie folgt aus: Wir verlassen das Lagerhaus und gehen zu der Mauer im Osten. Dort angekommen erklimmen wir mit Feskils Hilfe die Mauern und verlassen die Stadt in Richtung des Telomer-Forstes.“
    „Wieso nicht nach Osten über die Brücke?“ Mit hochgezogenen Augenbrauen hatte Satis den Ausführungen des Sukk gelauscht, und ihr gefiel der Gedanke gar nicht, nachts in dem stockdunklen Wald umherzulaufen. „Wir könnten die Straße nach Osten nehmen, statt uns zwischen den Bäumen durchkämpfen zu müssen.“
    „Und genau dort wird jemand auf uns warten. Es wäre das naheligendste, genau das zu tun, dazu sind die Straßen auch noch einfach zu überwachen. Nein, wir müssen etwas Unerwartetes tun. Wenn wir den Wald erst erreicht haben, wird es deutlich schwerer sein, unsere Spur aufzunehmen.“
    „Oh“, antwortete Satis. „Ihr … Ihr habt denke ich recht.“ Kurz rötete sich das Gesicht der Haushälterin; sie wäre in ihrem Wunsch, der Stadt so schnell wie möglich zu verlassen, wahrscheinlich genau ihren Häschern in die Falle gelaufen. Eine solche Kurzsichtigkeit war sie von sich nicht gewohnt, und jetzt schämte sie sich dafür. Ihre Mitverschworenen würden nun wahrscheinlich nicht mehr in ihr sehen als einen jungen Naivling, den man kaum ernst nehmen konnte.

    Magie hat etwas einzigartiges: Sie berührt alle Sinne. Sie ist wie ein Geruch, der sich nicht wirklich wahrnehmen lässt, wie Sand, der durch Fingerrillen rinnt. Sie ist ein Geschmack auf der Zunge, der sich nicht benennen lässt, und wie ein Lied, dessen Melodie einem nicht im Kopf bleiben will.
    So lernte Aer die flüchtigste aller Künste kennen: Das Weben von Zaubern, das Formen der Magie.

    Die Schatten der Magie

  • @Myrtana222

    ....wirklich viel dazu sagen muss ich ja nicht xD
    Wie immer liest es sich super flüssig, dein Humor ist darin zu erkennen und Medeya ist wie immer. :D
    Ich mag es wirklich sehr wie du schreibst und irgendwie habe ich gerade das Gefühl, dieser Kommentar ist absolut überflüssig, da ich nichts zu verbessern weiss. :rofl: Aber ich dir sagen wollte, dass seine Geschichte klasse ist. :stick::golly::angel:

    Liebe Grüsse
    Fly

    "Ein Schloss ohne Gruft, das wäre wie, wie ein Einhorn ohne Horn!"

    Eigenes von Fly
    Schatten unter London

  • Spoiler anzeigen

    Ah, ich hab ein bisschen gebraucht, um zu verstehen, was du meinst. Nur Medya kann Mr. Stein sehen, weil er auch nicht mehr ist als eine Wahnvorstellung von ihr - die in gewisser Weise aber eben doch mehr ist. Aber da würde ich zu viel spoilern.

    Das ist mir aber auch nicht gleich aufgegangen.
    An den fehlenden Reaktionen und spätestens im nächsten Teil hab ich dann kombiniert, dass sie anderen ihn nicht sehen können.

    Irgend jemand aus der Familie muss sie mir geneidet haben

    zusammen, oder?

    was musste jemand erlebt haben, der einen derart seichten Schlaf hatte?

    Gute Frage ... ich bin gespannt :D

    „Egal, was sie suchen, sie finden bei mir eine Backpfeife.“

    hihi

    „Ihr … Ihr habt Komma denke ich Komma recht.“

    Ihre Mitverschworenen würden nun wahrscheinlich nicht mehr in ihr sehen als einen jungen Naivling, den man kaum ernst nehmen konnte.

    Oh und genau das ist es, was mich erwarten lässt, dass Satis doch einiges mehr auf dem Kasten hat, als bis jetzt sichtbar wurde :D
    Ich bin noch gespannter :D

    :stick:

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    - F. Scott Fitzgerald

    • Offizieller Beitrag

    Nun wird es also ernst und sie müssen die Stadt verlassen? Oha ... Das ist sicherlich eine gute Idee, wenn man sich mti den Mitverschworenen nicht ganz grün ist. Spüre ich da etwa Feindseligkeit zwischen Baaska und Feskil? :D Zwei sehr interessante und auch geheimnisvolle Charaktere. Die beiden bieten auf jeden Fall noch Konfliktpotential ^^
    Und Medya pennt halt einfach erstmal weg, während die sich hier fröhlich unterhalten :rofl:

    Ein nicht sehr ereignisreicher aber dafür dennoch interessant inhaltlicher Teil. Man fragt sich unweigerlich was von dem, was die Anwesenden sagen stimmt und was nicht. Irgendwie traue ich keinem über den Weg :D
    Übrigens finde ich es sehr schön, wie du diese Balance zwischen Satis und Medya hältst. Während Medyas Teile schon irgendwie "Wahnsinn" und Humor ausstrahlen, hat Satis immer etwas Nachdenkliches und "Steifes". Das gefällt mir bisher sehr gut und ich bin gespannt, ob du das so fortführen kannst. Zuzutrauen ist es dir" ^^

    LG, Kyelia



    Wenn es ein Buch gibt, das du wirklich lesen willst, aber das noch nicht geschrieben wurde, dann musst du es selbst schreiben.
    - Toni Morrison -

  • @Myrtana222 Die beiden Parts waren jetzt recht ernst, was natürlich bloß eine Feststellung ist, keine Wertung. Könnte daran liegen, dass Medya etwas Abstinent war, aber wer mag es ihr bei religiösen Gesprächen denn verdenken? Mir gefallen sie auch so. :D
    Baaskas Weltansicht ist ja auch recht diskutabel. Mir schwant Zoff zwischen ihm und Feskil. :hmm:
    Allerdings hab ich noch nicht ganz verstanden, was genau jetzt ein Sukk ist. Ist das bloß eine andere Bevölkerungsgruppe oder tatsächlich ein eigenes Volk/ Rasse? Eventuell stands schon irgendwo, nur hab ich das wegen meiner unregelmäßigen Leseangewohnheit net mehr aufm Schirm :whistling:

    "Vem har trampat mina svampar ner?!"

  • Nur Medya kann Mr. Stein sehen, weil er auch nicht mehr ist als eine Wahnvorstellung von ihr - die in gewisser Weise aber eben doch mehr ist. Aber da würde ich zu viel spoilern.

    Oh, okay :hmm: Ich hab den Teil nocheinmal gelesen und tatsächlich nimmst du keinen Bezug darauf, ob oder wie die anderen Figuren auf Mr. Stein reagieren. Deswegen habe ich angenommen, sie haben ihn gesehen. Aber da der Teil aus Medyas Sicht spielt, dachte ich, kamen ihre Reaktionen nicht zur Sprache.

    Mit dem Finger deutete der Spion auf die am Boden liegende Medya, die über die Gespräche der anderen eingeschlafen war.

    :thumbup: Nichts sagt eindeutiger "Euer Gelaber ist arschlangweilig", als ein spontanes Nickerchen an Ort und Stelle.

  • Heute gibt es noch keinen neuen Teil - dafür aber frohe Kunde. Die Vorabveröffentlichung meines Debütromans "Symphonie der Stille" läuft am 16.04. (also am Dienstag) an! Es ist bereits möglich, das Ebook über Amazon vorzubestellen. Die Veröffentlichung der Printausgabe lässt leider noch auf sich warten :(

    Symphonie der Stille ist im Vergleich zu Medya deutlich ... gehaltvoller. Die Stimmung ist auch eher melancholisch, jedoch eingebettet in eine epische Handlung. Ich denke, wenn euch Medya gefällt, dürfte auch Symphonie der Stille etwas für euch sein - erwartet aber auf jeden Fall etwas gänzlich anderes.

    Magie hat etwas einzigartiges: Sie berührt alle Sinne. Sie ist wie ein Geruch, der sich nicht wirklich wahrnehmen lässt, wie Sand, der durch Fingerrillen rinnt. Sie ist ein Geschmack auf der Zunge, der sich nicht benennen lässt, und wie ein Lied, dessen Melodie einem nicht im Kopf bleiben will.
    So lernte Aer die flüchtigste aller Künste kennen: Das Weben von Zaubern, das Formen der Magie.

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