Die Stadt der schweigenden Seelen

Es gibt 12 Antworten in diesem Thema, welches 4.689 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (9. Februar 2020 um 17:07) ist von EinsamerWolf.

  • Hey, Leute :)
    Ich hatte mal wieder Lust, mich in eine eigene Fantasywelt zu stürzen.
    Was für mich neu daran ist, dass ich als Typ zum (ich glaube) ersten Mal aus der Sicht einer weiblichen Figur schreibe. Ich hoffe, es gefällt euch! :D


    Kapitel I: Der Morgen

    Marnie lag in ihrem Schlafplatz, der nur aus etwas Stroh unter einem rauen Laken und einer kratzigen, dünnen Stoffdecke bestand. Er befand sich in einer kleinen Nische im zugigen, alten Bauernhaus ihrer Eltern und wurde bloß durch dünne, löchrige Holzwände von der Schlafstätte ihrer Eltern, die in einem kleinen Bett schliefen, auf der einen und dem Schlafplatz ihres Bruders, der ihrem glich, auf der anderen Seite abgetrennt. Türen gab es im ganzen Haus nicht, lediglich der Schlafplatz ihrer Eltern konnte durch eine alte Stoffdecke im Durchgang verborgen werden.
    Von links hörte die 16jährige ihren Vater laut schnarchen, und von rechts ihren Bruder, Jarnef. Er war gerade mal zwei Jahre älter als sie. Die beiden hatten schon immer sehr viel gemeinsam gemacht; ihre Eltern hatten sie auch gleich erzogen, sie mussten beide auf dem Hof helfen, dort die gleiche Arbeit verrichten, zum Wassersparen mussten sie sich schon immer gleichzeitig im großen Badezuber waschen. Da sie das nicht anders kannten,
    störte es sie nicht.
    Auch wenn sie früher die Zeit bekommen hatten, spielen zu gehen, hatten sie das immer zu zweit gemacht. Wenn einer von beiden einmal zur Strafe in den Schuppen oder in den Stall zu dem Vieh gesperrt wurde, brachte ihm der andere heimlich etwas vom Abendbrot.
    Ihr Geheimzeichen war seit ihrer frühen Kindheit der Käuzchenruf, den Jarnef lange vor Marnie beherrschte. Natürlich hatte er sie damit immer aufgezogen, sodass sie ihn auch unbedingt lernen wollte.
    Auch trug Marnie seit dem 13. Lebensjahr ihr hellblondes Haar kurzgeschoren, weil ihr großer Bruder das auch tat.
    Ihr Bruder war die Person, der sie mit Abstand am meisten vertraute. Dies beruhte auf Gegenseitigkeit. So hatte sich ihr Bruder, der, obwohl er der Junge und älter war, nur genauso groß wie sie war, ihr vor einem Jahr anvertraut und ihr, als sie abends nach langer Feldarbeit beide mit angezogenen Knien im Zuber saßen, erzählt, dass er sich überhaupt nicht für Frauen interessierte und ihm Männer viel mehr gefielen. Er traute sich nicht, es ihren Eltern zu erzählen und wusste, dass er seiner Schwester vertrauen kann.
    Irgendwie hatte Marnie sich das schon immer gedacht, aber es war nie eine große Sache für sie. Vater hätte ihn vermutlich verprügelt und zu den Schweinen gesperrt. Für Marnie war es selbstverständlich, dieses Geheimnis zu wahren.
    Durch die Holzschlitze in der Hauswand sah sie, wie sich bereits die ersten müden Sonnenstrahlen an diesem Frühsommertag über die Baumwipfel und die nebelverhangenen
    Felder quälten. Sie hatte eine Gänsehaut auf Armen und Beinen, denn es war frisch, der Ofen im Großraum des Hauses brannte auch nicht mehr und die dünne, raue Decke war das einzige, was ihre Haut von der kühlen Luft trennte.
    Bald würde Vater aufwachen und sie zum Eierholen zu den Hühnern in den Stall schicken oder zu den Rindern zum Melken. Aber eine halbe Stunde dürfte sie noch haben und fasste eine Entscheidung, die ihr ein Lächeln ins Gesicht schrieb.
    Sie schob die Decke bei Seite, ein Lufthauch durch die Wand ließ erneut ihre Haare aufstellen. Schnell warf sie sich die Decke um, nahm ihre Stoffhose, ihr Leinenhemd und ihr Paar Schuhe unter den Arm und stahl sich aus dem Haus.
    Zwischen dem Wohnhaus und dem Rinderstall sprang sie über den niedrigen Holzzaun, der nichts und niemanden aufhalten konnte und auch bloß markierte, wo der Hof an sich aufhörte.
    Sie lief über die Wiese, spürte das noch vom Raureif feuchte Gras an ihren Fußsohlen kitzeln. Sie liebte dieses Gefühl.
    Gerade einmal zwei Minuten zu Fuß vom Hof entfernt lag er: Der kleine See, in dem sie und Jarnef schwimmen gelernt hatten. Ihre Mutter hatte ihnen als Kindern einmal erzählt, es habe früher Drachen auf der Welt gegeben, doch als die Menschen kamen hatten sie Angst bekommen und wären unter die Wasseroberfläche geflohen. Am nächsten Tag tauchten die beiden den ganzen Nachmittag im See auf der Suche nach einem Drachen, denn wenn in irgendeinem Gewässer ein Drache lebte, dann doch in dem See hinter dem Haus. Natürlich hatten sie keinen gefunden.
    Marnie liebte diesen See. Früher hatte sie sich häufiger morgens
    hierher gestohlen, um in Ruhe das kalte Wasser am nackten Körper, den leichten Nebel auf dem Wasser und die frühen Vögel in den Baumwipfeln genießen zu können. Ein paar wenige Momente Ruhe, vor dem Stress des Tages im Dorf oder auf dem Hof, der ein wenig außerhalb, umgeben von einem Mischwald, lag. Momente, nur für sich. So sehr sie ihren Bruder liebte, so gern sie meistens ihren Teil der Arbeit aufnahm, es gab Tage, da wollte sie nur für sich alleine sein.
    Nach zwei Minuten stand Marnie vor eben diesem See, den sie und Jarnef seit damals nur noch Drachensee nannten. Ruhig lag er da, auf der Wasseroberfläche spiegelte sich die noch schwache Sonne, die allerdings schönes Wetter im Laufe des Tages versprach. Seerosen trieben auf dem Wasser, immer mal wieder tauchte ein Fischlein an die Oberfläche, als wollten sie wissen, ob es etwas Neues in der anderen, trockeneren Welt gab.
    Der See hatte keinen sandigen Strand, das Ufer ging nahtlos in die Wiese über; dort wo das Wasser nur wenige Zentimeter hoch war, sah man unzählige Kiesel unterschiedlichster Größe, Formen und Farben glitzern.
    Marnie ließ ihre Kleidung auf die Wiese fallen, warf die Decke dazu und fühlte mit dem Fuß erst vor. Das Wasser war eiskalt, sie zuckte zurück. Ganz oder gar nicht, du bist doch kein Weichei!, sagte sie zu sich selbst.
    Einmal atmete sie tief ein und machte einen großen Schritt ins Wasser. Es umspülte ihre Knöchel, sie fröstelte. Trotzdem musste sie lächeln. Wie hatte sie dieses Gefühl vermisst!
    Sie machte ein paar weitere Schritte ins kristallklare Wasser, immer mit der gewissen Vorsicht, nicht in etwas scharfes oder
    spitzes zu treten. Dann ließ sie sich mit geschlossenen Augen nach vorne fallen. Das Wasser umspülte ihren ganzen Körper, für eine Sekunde fühlte sie sich wie in einer anderen Welt, dann tauchte sie wieder auf.
    Sie musste lächeln. Sie fühlte sich frei.
    Sie fuhr sich mit den Händen übers Gesicht, blinzelte das Wasser von den Lidern. Sie blieb auf einer Stelle und genoss die Ruhe, das Alleinesein, der Natur und vor allem dem Wasser so nah wie möglich zu sein.
    Nach mehreren langen, ruhigen Atemzügen, schwamm sie mit kräftigen Zügen weiter in die Mitte des Sees. Angst vor dem Wasser kannte sie nicht – nein, im Gegenteil: Sie liebte das Wasser, besonders diese klare, unberührte hier im Drachensee. Kein Bauer führte sein Vieh hierher, niemand hatte das Gewässer zur eigenen Versorgung angezapft. Hier kam nie jemand her. Im Dorf kannten die meisten den See sicherlich gar nicht.
    In der Mitte angekommen, tauchte Marnie unter, drehte sich, genoss das Wasser und die Kälte, an die sie sich inzwischen gewöhnt hatte.
    Nachdem sie wieder aufgetaucht war, ließ sie sich auf dem Rücken treiben, konzentrierte sich auf ihren eigenen Atem, auf die Bewegungen des Wassers, auf den Gesang der Vögel im Wald.
    „Ich wusste, dass du hier bist!“, wurde ihr plötzlich vom Rand des Sees zugerufen. Marnie schrak zusammen.


    Ich hoffe, es hat euch bis hierher gefallen.
    LG
    Thráin

    Auch uns're Leiber baumeln hoch an einem Baum

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    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen @Thráin ^^

    Was für mich neu daran ist, dass ich als Typ zum (ich glaube) ersten Mal aus der Sicht einer weiblichen Figur schreibe.

    Na, dann bin ich mal gespannt, ob dir das authentisch gelingt :grinstare: Sind ja immerhin ganz komplexe Wesen, hab ich gehört :D

    Natürlich lässt sich hier im ersten Kapitel noch nicht viel erahnen, wohin uns die Geschichte führen wird. Wir lernen zunächst die Prota kennen. Dass sie mit ihrer Familie auf einem Bauernhof lebt und ein sehr enges Verhältnis zu ihrem Bruder hat. Und Naturverbunden ist sie auch, da sie den frühen Morgen, das Tau im Gras, die Vögel und das Wasser genießt.

    Aber es kam das Wort Drachen drin vor... Fänd's cool, wenn sie nicht nur eine Legende blieben, sondern tatsächlich auftauchen würden.. vielleicht hat Marnie ja recht, und sie leben in diesem See und sie trifft bald auf einen :D
    Natürlich viel zu früh, darüber jetzt zu spekulieren.

    Ein paar Sachen sind mir aber aufgefallen:

    Er befand sich in einer kleinen Nische im zugigen, alten Bauernhaus ihrer Eltern und wurde bloß durch dünne, löchrige Holzwände von der Schlafstätte ihrer Eltern, die in einem kleinen Bett schliefen, auf der einen und dem Schlafplatz ihres Bruders, der ihrem glich, auf der anderen Seite abgetrennt.

    So hatte sich ihr Bruder, der, obwohl er der Junge und älter war, nur genauso groß wie sie war, ihr vor einem Jahr anvertraut und ihr, als sie abends nach langer Feldarbeit beide mit angezogenen Knien im Zuber saßen, erzählt, dass er sich überhaupt nicht für Frauen interessierte und ihm Männer viel mehr gefielen.

    Das sind beides sehr lange, verschachtelte Sätze, an denen ich echt kleben geblieben bin, bis ich sie begreifen konnte.
    Ich denke, mit ein bisschen Umstrukturieren könnte man sie kürzer/einfacher gestalten :hmm:

    Da sie das nicht anders kannten,
    störte es sie nicht.

    Natürlich hatten sie keinen gefunden.
    Marnie liebte diesen See. Früher hatte sie sich häufiger morgens
    hierher gestohlen, um

    Bei diesen beiden ist lediglich der Absatz "verrutscht" ^^

    Ganz oder gar nicht, du bist doch kein Weichei!, sagte sie zu sich selbst.

    Hier empfehle ich, Gedanken, die sie hat, kursiv zu schreiben, damit man weiß, dass sie nicht vom Erzähler sind. Oder, wenn sie jene wirklich laut ausspricht, in Anführungsstriche zu setzen.


    Ansonsten, joa.... muss man natürlich warten, wie es weitergeht.^^

    LG,
    Ruka

    The tiger and the lion may be more powerful...
    ... but the Wolf does not perform in the circus.

  • Hi @Thráin

    Die Stadt der schweigenden Seelen. :love: Ich finde den Titel mega schön! Was dann auch der Grund war, warum ich angefangen habe zu lesen.

    Ich als Frau z.B. schreibe manchmal tatsächlich lieber aus der Sicht meiner männlichen Figuren obwohl ich es natürlich auch mag, meine stolze Assassinin zu beschreiben xD

    In diesem ersten Teil, erfahren wir davon wo die Protagonistin lebt und ihr Verhältnis zur Familie. Ich finde es toll, dass sie ein so inniges Verhältnis zu ihrem Bruder hat und sie sich so sehr vertrauen.

    sie mussten beide auf dem Hof helfen,

    Ein Vorschlag meiner Seite her, vielleicht könntest du schreiben mit anpacken?

    Ihre Mutter hatte ihnen als Kindern einmal erzählt, es habe früher Drachen auf der Welt gegeben, doch als die Menschen kamen hatten sie Angst bekommen und wären unter die Wasseroberfläche geflohen.

    Awwwww. :love: Drachen. Ich weiss ja nicht wie viel Drachen mit deiner Geschichte zu tun haben, aber der Gedanke, dass sie ins Wasser verschwunden sind ist sehr hübsch. Anders aber hübsch. Würde ja passen, da sich die Protagonistin im Wasser sehr wohl fühlt und auch sehr Natur verbunden ist.
    Aber ich lese gerne weiter, ehe ich hier voreilige Schlüssel zieh.

    Liebe Grüsse

    Fly

    "Ein Schloss ohne Gruft, das wäre wie, wie ein Einhorn ohne Horn!"

    Eigenes von Fly
    Schatten unter London

  • Danke, ihr Lieben für euer schönes Feedback.
    Hier habe ich noch den nächsten Teil für euch! Ich hoffe, er gefällt euch :)


    Schnell brachte sie sich in eine stabile, aufrechte Position und sah dann zum Ufer, an der Stimme hatte sie schon erkannt, wer das sein musste.
    Und sie hatte Recht: Auf der Wiese stand ihr Bruder, nur mit einer Hose bekleidet da, winkte zu ihr herüber und lächelte breit über beide Wangen. Ein Lächeln, dass sie so sehr liebte; wenn Jarnef lachte, grinste oder eben lächelte hatte man das Gefühl, der ganze Raum würde strahlen.
    „Ich wusste einfach, dass du mal wieder hier bist, als ich gesehen habe, dass du nicht mehr schläfst“, rief er ihr zu. Der 18jährige hatte eine für sein Alter ungewöhnlich tiefe und ruhige Stimme. Sie passte zu ihm, von den beiden war er immer der Ruhigere gewesen, das stille Wasser, derjenige der Marnie beruhigte, wenn sie mal wieder aufgebracht war.
    „Komm her!“, rief sie grinsend zurück, „das Wasser tut so gut!“
    „Du bist ja auch eine Wasserratte“, lachte Jarnef und zog sich die Hose aus. Während Marnie auf der mit den Beinen strampelte, um sich aufrecht im Wasser zu halten, beobachtete sie ihren Bruder dabei, wie er vorsichtig einen Schritt in den See wagte.
    „Oh Scheiße, ist das kalt!“, rief er und musste lachen. Seine Schwester lachte auch, ihr Bruder war schon immer etwas empfindlicher gewesen als sie, besonders was Temperaturen anbelangt. Wenn sich die junge Frau an das frühere gemeinsame Waschen erinnerte, musste sie schmunzeln: Wenn die Wassertemperatur für sie genau perfekt war, beklagte sich ihr Bruder darüber, dass es noch zu kühl sei. Eine schöne Erinnerung.
    „Komm schon, du Weichei“, neckte sie ihren Bruder, im Wissen, wie sehr er es hasste, so genannt zu werden.
    „Weichei? Weichei! Na warte, dir zeig ich‘s“, knurrte Jarnef, er wusste, dass sie es nicht ernst meinte, aber ihm war ins Gesicht geschrieben, dass es ihm trotzdem missfiel.
    Langsam schwamm sie auf ihn zu und beobachtete weiter, wie er zitternd und die Arme um den Oberkörper geschlungen, einen Fuß nach dem anderen ganz langsam und vorsichtig weiter ins kristallklare Wasser wagte. Er war einfach ein sehr liebenswürdiger junger Mann. Marnie konnte nicht verstehen, dass die Jungs im Dorf, die in seinem Alter waren, sich ständig über ihn lustig machten; sie hatte einmal mitbekommen, wie sie ihren Bruder „Schlappschwanz“ oder „Nichtsnutz“ nannten. Sie konnte sich das nur damit erklären, dass diese Idioten ihn nicht gut genug kannten.
    Denn er war ein lieber Junge, der keiner Fliege etwas antun konnte. Und das, obwohl Vater die Beiden ein wenig im Bogenschießen und Schwertkampf unterrichtete. Letzteres allerdings bloß mit Stöcken, denn sie waren weit davon entfernt, sich so etwas wertvolles wie Schwerter leisten zu können.
    Marnie erinnerte sich daran wie sie diejenige war, die es im Kindesalter als erstes über sich brachte, ein Huhn zu schlachten. Jarnef hatte es nur unter Tränen hinter sich bringen können, und auch nur, weil Vater ihm den Hintern versohlt hatte.
    Jarnef ist viel zu nett und unschuldig für diese grausame Welt, hatte Mutter einst gesagt, noch bevor Marnie verstehen konnte, was sie meinte. Inzwischen konnte sie ihr nur zustimmen.
    „Kommst du jetzt, oder traust du dich nicht?“, zog sie ihren Bruder weiter auf.
    „Du bist furchtbar“, er verdrehte die Augen. Dann atmete er
    einmal tief ein und ließ sich schweren Herzens nach vorne fallen.
    „Drachentöter Jarnef Waldhaus!“, rief Marnie scherzhaft aus, „Bezwinger morgendlicher Kälte und des eiskalten Wassers!“
    Sie lachte. Er lachte.
    Mehrere stille Minuten trieben sie einfach im Wasser und genossen die Ruhe. Der Bruder gewöhnte sich merklich an die Wassertemperatur und fing an die für ihn typischen Scherze zu machen: Er kitzelte seine Schwester, drückte für eine Sekunde ihren Kopf unter Wasser. Obwohl er nicht der größte war, hatte er durch die anstrengende, körperliche Arbeit auf dem Hof, einen gut gebauten, drahtigen Körper. Man unterschätzte seine physischen Fähigkeiten schnell, wenn man ihn nicht so gut kannte wie Marnie.
    Sie krabbelte ihn zurück, schnippte ihm Wasser ins Gesicht und genoss die ausgelassene Stimmung zwischen den beiden.
    In einem Moment drückte sie sich ein wenig von ihm weg, richtete das Gesicht Richtung Himmel, und sog die frische Luft ein. Dann machte sie die Augen wieder auf und guckte dorthin, wo gerade noch ihr Bruder schwamm.
    Er war weg.
    Sie drehte sich im Kreis. Er war nirgends zu sehen, weder in einer anderen Ecke des Sees, noch am Ufer oder zwischen den Bäumen. Wie vom Erdboden verschluckt.
    „Jarnef? Bruder?“
    Mit einem lauten „Arrr!“ tauchte er wie aus dem Nichts hinter ihr auf, schlang seine Arme um sie und warf sie ein wenig hin und her.
    Marnies Herz überschlug sich einmal. Sie hatte sich sehr erschrocken.
    Sie rüttelte sich frei und gab ihm einen leichten Schlag auf die Brust. „Du Arsch“, sagte sie, musste aber lachen, weil er sie schief angrinste und sich offensichtlich darüber freute, sie so geschickt zu haben.
    Erschöpft von den Kabbeleien brachten sich beide in eine entspannte Rückenlage um die letzten Minuten Ruhe zu genießen.
    Aus dem Augenwinkel sah Marnie nur noch, wie Jarnef in Sekundenschnelle mit einem erstickten Aufschrei wie von etwas gepackt unter die Wasseroberfläche gezogen wurde. Das war kein Scherz.


    LG
    Thráin

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  • Eine wirklich schöner Titel :)
    Hier noch kurz mein Senf zum ersten Part:

    Bald würde Vater aufwachen und sie zum Eierholen zu den Hühnern in den Stall schicken oder zu den Rindern zum Melken.

    Ich bin mir sicher, auf einem Bauernhof ist der Tagesablauf wesentlich strenger durchorganisiert. Wahrscheinlich würde Deine Heldin diese Tätigkeiten regelmäßig und nacheinander machen.

    Gerade einmal zwei Minuten zu Fuß vom Hof entfernt lag e

    Solche Formulierungen setzen voraus, dass es eine exakte Zeitmessung in Deiner Welt gibt. In einem zugigen alten Bauernhaus, bei offensichtlich armen Leuten? Oder sind Dinge nur wenige Augenblicke von einander entfernt?

    So hatte sich ihr Bruder, der, obwohl er der Junge und älter war, nur genauso groß wie sie war, ihr vor einem Jahr anvertraut und ihr, als sie abends nach langer Feldarbeit beide mit angezogenen Knien im Zuber saßen, erzählt, dass er sich überhaupt nicht für Frauen interessierte und ihm Männer viel mehr gefielen. Er traute sich nicht, es ihren Eltern zu erzählen und wusste, dass er seiner Schwester vertrauen kann.

    Wie schon von Ruka angesprochen, ist nicht jeder Thomas Mann oder Theodor Fontane ;) Dazu empfinde ich den Inhalt etwas mit dem Holzhammer serviert.

    Das letzte Drittel des ersten Parts, wo es um Marnie und das Wasser geht, ist mir persönlich zu sehr ausgewalzt, der Lesefluss wird gebremst.

    Zum zweiten Teil :)

    besonders was Temperaturen anbelangt

    Hier sehe ich das ähnlich, wie mit der Zeitmessung.

    Marnies Herz überschlug sich einmal. Sie hatte sich sehr erschrocken.

    Doppelt gemoppelt.

    Was mich mit dem Kopf wackeln lässt, ist, dass Marnie im kalten Wasser so viel Zeit hat, die Vergangenheit aufleben zu lassen. Dazu kommt, dass das alles sehr komprimiert wirkt, damit man Jarnef unbedingt kennen und mögen muss.

    Der Cliffhanger ist okay,

    Das war kein Scherz.

    aber ich denke, da geht noch viel mehr :)

  • Hi @Thráin

    Also, die ganze Szene findet im See statt und doch erfährt man sehr viel darüber, was die Protagonistin von ihrem Bruder hält. Er ist also sehr sehr gutherzig. Das betonst du ziemlich viel xD

    Ein Lächeln, dass sie so sehr liebte; wenn Jarnef lachte, grinste oder eben lächelte hatte man das Gefühl, der ganze Raum würde strahlen.

    Ein Vorschlag meiner Seite her.

    Ein Lächeln, dass sie so sehr liebt, denn wenn Jarnef lachte, strahlte seine Augen und man hatte das Gefühl, es kam aus tiefstem Herzen.

    Der 18jährige hatte eine für sein Alter ungewöhnlich tiefe und ruhige Stimme.

    Für sein Alter, hatte er eine ungewöhnlich tiefe und ruhige Stimme.

    Du hast ja schon einmal erwähnt, dass er 18 Jahre alt ist.

    Er war einfach ein sehr liebenswürdiger junger Mann.

    Ich finde da du schon sehr viel über seine liebe Art gesprochen hast, ist der Satz vielleicht überflüssig...

    Denn er war ein lieber Junge, der keiner Fliege etwas antun konnte.

    Wenn ich diesen Satz lese, stelle ich mir einen kleinen lachenden Jungen vor und nicht einen 18 jährigen jungen Mann...

    Ansonsten gefiel mir der Teil eigentlich. Auch der Schluss ist ja ein gemeiner Cliffhanger. :D

    Liebe Grüsse

    Fly


    Edit von Fly nachdem sie den Kommentar nochmals gelesen hat und sich richtig mies fühlt, weil sie das Gefühl hat, dass sie hier nur rumgemeckert hat aber den Teil auch gut gefunden hat :saint::cursing: , dass aber irgendwie nicht so rüberkommt.

    :love:

    "Ein Schloss ohne Gruft, das wäre wie, wie ein Einhorn ohne Horn!"

    Eigenes von Fly
    Schatten unter London

    Einmal editiert, zuletzt von 97dragonfly (2. März 2019 um 20:43)

  • Hallo @Thráin

    Ich habe mir mal eben auch beide Teile durchgelesen, da ich mich vom titel6doch sehr angezogen fühlte. Ein Buch mit so einem Titel wäre auch im Buchladen mir direkt ins Auge gesprungen.

    Ich hatte es schonmal angefangen, muss aber gestehen das ich abbrechen musste, weil mir deine Schreib bzw. Erzählweise erst komisch vorkam bzw. Mir nicht so lag. Aber der Titel hat mich doch nochmal vorbei kommen lassen, um ihm noch eine zweite Chance zu geben.
    Du beschreibst uns zwei Personen, die sich innig lieben und die sich seit sie auf der Welt sind quasi gut verstehen. Sie sind nicht nur Geschwister sondern beste Freunde. Das finde ich ganz gut. Nur ist es irgendwie zum Ende hin etwas übertrieben dargestellt denke ich. Du schreibst sehr häufig, wie sehr die beiden sich lieben und wie toll ihre geschwisterliche Beziehung ist, das man am Ende irgendwann denkt "Ich habe es ja verstanden, sie haben sich wirklich gern". Ich glaube in der Masse ist es etwas zu viel bzw. Zu dick aufgetragen.
    Zwei Sachen sind mir noch aufgefallen, die den lesefluss etwas beeinträchtigen. Du benutzt an manchen Stellen wirklich sehr lange Sätze, die man mehrfach lesen muss um sie zu verstehen. Z. B die Stelle, wo wir erfahren das der Bruder schwul ist. Der Satz ist total lang und es wird umständlich dargestellt. Das ist denke ich überflüssig bzw. Nicht nötig, da du am Ende des Satzes ja einfach sagst das er Männer toll findet. Aber der Weg dahin ist kompliziert von dir dargestellt.
    Die andere Sache sind die wortwiederholungen. Ich mache die auch noch sehr oft, hab ja auch erst angefangen. Bei mir sehe ich sie irgendwie nicht aber bei dir sind sie mir aufgefallen. Im zweiten Teil war es glaube ich, da fangen vier Sätze hintereinander mit "sie" an.
    Ansonsten finde ich die Idee mit dem See wirklich cool und ich frage mich, von was der Bruder jetzt wirklich in die Tiefen des Sees gezogen wurde. Und ich bin gespannt ob da vielleicht tatsächlich noch Drachen sind, die sich nur sehr gut versteckt halten. :rolleyes:

    Ich setze mal den Abo Haken und werde weiter lesen. ;)

    LG Sora :rolleyes:

    "Niemand weiß, was er kann, wenn er es nicht versucht." Zitat von Publilius Syrus


    "Und so verliebte sich der Löwe in das Lamm."
    "Was für ein dummes Lamm."
    "Was für ein kranker, masochistischer Löwe."
    Zitat aus dem Buch "Biss zum Morgengrauen"

  • Hey @Thráin

    ich hab mir auch mal beide Teile durchgelesen und kann mich meinen Vorrednern in den meisten Punkten anschließen.
    Eine schöne, idyllische Beschreibung des Bauernhofs und eines bisher scheinbar relativ unbekümmerten Lebens. Die Charakterisierung der beiden finde ich bisher soweit gut gelungen, auch wenn, wie bereits schon erwähnt, die Tatsache wie sehr sich die beiden mögen einem ein wenig sehr holz-eingehämmert wird. Sofern Jarnef uns erhalten bleibt, hast du noch seitenweise Platz, um uns durch seine Handlungen zu zeigen, dass er ein guter Kerl ist und musst es uns nicht von außen erklären.
    Wenn ich dir die ganze Zeit erzähle wie toll ein Film ist, findest du ihn ja auch nicht zwangsläufig gut, im Gegenteil, du beäugst ihn umso kritischer ;)

    Ansonsten verbaust du, wie bereits schon erwähnt wurde, teils sehr komplizierte Sätze. Prinzipiell habe ich nichts gegen eine solche Sprache, aber hier passt es einfach nicht wirklich in die Situation und in die Gedankenwelt einer sechszehnjährigen.
    Dem gegenüber stehen teilweise sehr kurze, erklärende Sätze, die es mMn nicht unbedingt bräuchte, weil ihre Aussage sich eigentlich aus dem Kontext bereits erschließen lässt. Beispiele: "Er war einfach ein sehr liebenswürdiger junger Mann" oder der Cliffhanger des letzten Teils: "Das war kein Scherz"
    Für mich persönlich wird das schon in der Art klar, wie du den Schnitt setzt und daher bräuchte es die Ergänzung hier nicht. Etwas anderes wäre es, wenn du sie erst aus ihrer Perspektive erkennen lässt, dass es kein Scherz ist (im Sinne von: "Jarnef, das ist nicht lustig, komm raus" oä), aber so ist es für den Leser nicht wirklich nötig.

    Ansonsten noch:

    sie sich wie in einer anderen Welt, dann tauchte sie wieder auf.
    Sie musste lächeln. Sie fühlte sich frei.
    Sie fuhr sich mit den Händen übers Gesicht, blinzelte das Wasser von den Lidern. Sie blieb auf einer Stelle und genoss die Ruhe, das Alleinesein, der Natur und vor allem dem Wasser so nah wie möglich zu sein.

    Hier häuft sich die Anwendung von "Sie tat xyz..."


    Und dann verbleibe ich mal gespannt, um zu erfahren, was Jarnef jetzt eigentlich widerfährt :)

    Edit: ach ja und den tollen Titel wollte ich auch nochmal hervorheben :)

  • Hi @Thráin!

    Schöner Titel, schöner Anfang - verspricht schonmal viel ;)

    Spoiler anzeigen

    Grammatik wurde, denk ich, schon geklärt, sonst fällt mir nur das auf:

    Erschöpft von den Kabbeleien brachten sich beide in eine entspannte Rückenlage um die letzten Minuten Ruhe zu genießen.

    Ein , vor "um die letzten Minuten Ruhe zu genießen" :)

    Zum Stil:
    Insgesamt sehr malerisch und schön, hin und wieder ein zu langer Satz, der den Fluss stört, aber insgesamt sehr angenehm zu lesen.

    Aus dem Augenwinkel sah Marnie nur noch, wie Jarnef in Sekundenschnelle mit einem erstickten Aufschrei wie von etwas gepackt unter die Wasseroberfläche gezogen wurde. Das war kein Scherz.

    Hier würde ich auch noch nachbessern. Zum Beispiel: "Aus dem Augenwinkel sah Marnie nur noch, wie Jarnef in Sekundenschnelle mit einem erstickten Aufschrei unter der Wasseroberfläche verschwand. Das wirkte jedoch nicht geschauspielert." Oder sowas in der Art ^^

    Zum Inhalt:
    Auf jeden Fall ein Aufhänger am Ende, der Spannung verspricht. Ich habe schon gewisse vage Ideen, wie es weitergehen könnte, aber es interessiert mich schon sehr, vor allem, was diese "Stadt der schweigenden Seelen" nun ist :)


    Bin gespannt auf weitere Teile!

    LG
    Cely

    Fantasy is like endless freedom! Open your mind and create epics!

    ~Meine Geschichte: Aydron (Band I)~

  • Heyho Thráin ,

    vorneweg bemerkt: Der Titel Deiner Geschichte ist ein echter Burner!:nummer1:

    Der macht sofort neugierig und ist dazu sehr poetisch. Sowas fällt einem nicht jeden Tag ein...

    Ebenfalls hat's mich stark beeindruckt, daß Du gerade mal vier kleine Absätze am Anfang der Erzählung gebraucht hast, um mir als Leser alle Infos bez. Deiner Protas, ihres Verhältnisses zueinander sowie des Ortes an dem sie leben sehr plastisch zu vermitteln.:thumbup:

    Hier jetzt einige Kleinigkeiten, bei denen ich beim Lesen hängengeblieben bin (meine Vorschläge dazu sind rot eingefügt:(

    Früher hatte sie sich häufiger morgens
    hierher gestohlen, um in Ruhe das kalte Wasser am nackten Körper, den leichten Nebel auf dem Wasser und die(den Gesang der) frühen Vögel in den Baumwipfeln genießen zu können.

    Gerade einmal zwei Minuten zu Fuß vom Hof entfernt lag er: Der kleine See,

    Nach zwei Minuten (Wenig später) stand Marnie vor eben diesem See,

    Wiederholungen vermeiden...

    Während Marnie auf der (Stelle) mit den Beinen strampelte,

    Sie krabbelte ihn zurück, schnippte ihm Wasser ins Gesicht und genoss die ausgelassene Stimmung zwischen den beiden (ihnen).

    Langsam schwamm sie auf ihn zu und beobachtete weiter, wie er zitternd und die Arme um den Oberkörper geschlungen, einen Fuß nach dem anderen ganz langsam und vorsichtig weiter ins kristallklare Wasser wagte. Er war einfach ein sehr liebenswürdiger junger Mann.

    Da muß ich Sora und aval.b.bado recht geben: Das zwischen den Geschwistern ein inniges Verhältnis besteht, braucht nicht permanent wiederholt zu werden...und hier oben steht die erneute Feststellung einfach so in der Gegend herum, ohne irgend was mit den Sätzen davor oder danach zu tun zu haben.

    Da ist weniger tatsächlich mehr...

    Und das, obwohl Vater die Beiden ein wenig im Bogenschießen und Schwertkampf unterrichtete. Letzteres allerdings bloß mit Stöcken, denn sie waren weit davon entfernt, sich so etwas wertvolles wie Schwerter leisten zu können.

    Ein einfacher Bauer, der sich auf Bogenschießen und Schwertkampf versteht?

    Da müßtest Du vorneweg zumindest einen kleinen Hinweis darauf einbauen, daß der Vater irgendwann mal Soldat gewesen ist, sonst fragt sich jeder beim Lesen, woher der sowas kann...:schiefguck:;)

    So. Jetz is Schulz mit rummeckern.:)

    Mir hat die Erzählung bis hierher echt gefallen...'ne Fortsetzung wäre jetzt nicht schlecht!:thumbsup:

    Burk

  • Der detaillierte, langsame Aufbau der Geschichte lässt auf ein ausgereiftes Konzept schließen. Was ich mich fragte war, was der (mir so erscheinend) herrische Vater wohl davon hielt, das Marnie sich die Haare kurz schor, besonders erfreut dürfte er nicht darüber gewesen sein. Man könnte das meiner Meinung nach ein klein wenig glaubhafter machen indem man eine Strafe erwähnt oder argumentiert warum ihm das kein Dorn im Auge gewesen wäre. Wirklich aufhängen möchte ich mich daran natürlich nicht da man durchaus merkt das du viel Energie die du bereits in den doch eher ereignislosen Anfang einfließen lassen hast, stecktest und dich mit der Charakterentwicklung auseinander gesetzt hast und vielleicht überreagiere ich auch mit dieser Hinterfragung :)

    Jedenfalls ist deine Geschichte schon mal vorgemerkt und wird bei Zeiten weiter verfolgt. Hoffe das konnte dir ein wenig helfen.

  • Hey Thráin, hier auch mal ein paar Anmerkungen von mir. :)

    Insgesamt finde ich die Geschichte spannend. Interessant finde ich auch, dass du am Anfang eigentlich nur 'Tell' praktizierst und erst ab dem zweiten Teil ins 'Show' übergehst. Trotzdem hast du meine Aufmerksamkeit nicht verloren. An sich glaube ich, dass das an der engen Beziehung zwischen Bruder und Schwester liegt, die du hier beschreibst und man neugierig ist, mehr über die Hauptdarsteller herauszufinden - denn beide sind unglaublich sympatisch.

    Die Erzählungen des ersten Parts kannst du auch wunderbar, glaube ich, nochmal in bildlichen Szenzen erzählen. Also wie Jarnef Marnie den Käuzchenruf beibringt, aber vielleicht bringt Marnie sich das auch alles ganz eigensinnig selbst bei. Dann, wie deren Mutter ihnen von den Drachen erzählt und dann beide mit leuchtenden Augen an den Lippen ihrer Mutter kleben. Auch der Dialog, wie Jarnef seiner Schwester erzählt, dass er Frauen nicht interessant findet, stelle ich mir als eine wunderschöne, emotionale Szene vor. Hast auf jeden Fall krasses Kopfkino bei mir angeregt.

    Cliffhänger hast du auf jeden Fall auch drauf. :D

    Leider muss ich anmerken, dass sich mir nur beim Denken des Namens Marnie, jedesmal die Zunge verdeht. Das ist für mich ein ziemlich harter Zungenbrecher. Vermutlich betone ich es vollkommen falsch, wollte es dir dennoch als Rückmeldung nicht vorenthalten. :blush:

    Anmerkungen

    Kapitel I: Der Morgen

    Marnie lag in auf ihrem Schlafplatz, der nur ggf. streichen? > Füllwort ;) aus etwas Stroh unter einem rauen Laken und einer kratzigen, dünnen Stoffdecke bestand. Er befand sich in einer kleinen Nische im zugigen, alten Bauernhaus ihrer Eltern und wurde bloß durch dünne, löchrige Holzwände von der Schlafstätte ihrer Eltern, die in einem kleinen Bett schliefen, auf der einen und dem Schlafplatz ihres Bruders, der ihrem glich, auf der anderen Seite abgetrennt. Türen gab es im ganzen Haus nicht, lediglich der Schlafplatz ihrer Eltern konnte durch eine alte Stoffdecke im Durchgang verborgen werden. (Alles was ich grün markiert habe, sind Wortwiederholungen. Wenn du jeweils für eines der Wortpaare ein Synonym finden würdest, denke ich, dass es den Einstieg lebhafter machen könnte.)

    Von links hörte die 16jährige ihren Vater laut schnarchen, und von rechts ihren Bruder, Jarnef. Er war gerade mal zwei Jahre älter als sie. Die beiden hatten schon immer sehr viel gemeinsam gemacht; ihre Eltern hatten sie auch gleich erzogen, sie mussten beide auf dem Hof helfen, dort die gleiche Arbeit verrichten, zum Wassersparen mussten sie sich schon immer gleichzeitig im großen Badezuber waschen. Da sie das nicht anders kannten, störte es sie nicht.

    Auch wenn sie früher die Zeit bekommen hatten, spielen zu gehen, hatten sie das immer zu zweit gemacht. Wenn einer von beiden einmal zur Strafe in den Schuppen oder in den Stall zu dem Vieh gesperrt wurde, brachte ihm der andere heimlich etwas vom Abendbrot.

    Ihr Geheimzeichen war seit ihrer frühen Kindheit der Käuzchenruf, den Jarnef lange vor Marnie beherrschte. Natürlich hatte er sie damit immer aufgezogen, sodass sie ihn auch unbedingt lernen wollte.

    Auch trug Marnie seit dem 13. Lebensjahr ihr hellblondes Haar kurzgeschoren, weil ihr großer Bruder das auch tat.

    Ihr Bruder war die Person, der sie mit Abstand am meisten vertraute. Dies beruhte auf Gegenseitigkeit. So hatte sich ihr Bruder, der, obwohl er der Junge und älter war, nur ein aber würde für mich hier runder klingen, ist aber persönlicher Stil :) genauso groß wie sie war, ihr vor einem Jahr anvertraut und ihr, als sie abends nach langer Feldarbeit beide mit angezogenen Knien im Zuber saßen, erzählt, dass er sich überhaupt nicht für Frauen interessierte und ihm Männer viel mehr gefielen. Vielleicht einen eigenen Satz darauß machen? Man versteht natürlich, was du erzählst, aber der Satz ist doch ziemlich lang und komplex. Er traute sich nicht, es ihren Eltern zu erzählen und wusste, dass er seiner Schwester vertrauen kann.

    Irgendwie hatte Marnie sich das schon immer gedacht, aber es war nie eine große Sache für sie. Vater hätte ihn vermutlich verprügelt und zu den Schweinen gesperrt. Für Marnie war es selbstverständlich, dieses Geheimnis zu wahren.

    Durch die Holzschlitze in der Hauswand sah sie, wie sich bereits die ersten müden Sonnenstrahlen an diesem Frühsommertag über die Baumwipfel und die nebelverhangenen

    Felder quälten. Sie hatte eine Gänsehaut auf Armen und Beinen, denn es war frisch, der Ofen im Großraum des Hauses brannte auch nicht mehr und die dünne, raue Decke war das einzige, was ihre Haut von der kühlen Luft trennte.

    Bald würde Vater aufwachen und sie zum Eierholen zu den Hühnern in den Stall schicken oder zu den Rindern zum Melken. Aber eine halbe Stunde dürfte sie noch haben und fasste eine Entscheidung, die ihr ein Lächeln ins Gesicht schrieb.

    Sie schob die Decke bei Seite, ein Lufthauch durch die Wand ließ erneut ihre Haare aufstellen. Schnell warf sie sich die Decke um, nahm ihre Stoffhose, ihr Leinenhemd und ihr Paar Schuhe unter den Arm und stahl sich aus dem Haus.

    Zwischen dem Wohnhaus und dem Rinderstall sprang sie über den niedrigen Holzzaun, der nichts und niemanden aufhalten konnte und auch bloß markierte, wo der Hof an sich aufhörte.

    Sie lief über die Wiese, spürte das noch vom Raureif feuchte Gras an ihren Fußsohlen kitzeln. Sie liebte dieses Gefühl.

    Gerade einmal zwei Minuten zu Fuß vom Hof entfernt lag er: Der kleine See, in dem sie und Jarnef schwimmen gelernt hatten. Ihre Mutter hatte ihnen als Kindern einmal erzählt, es habe früher Drachen auf der Welt gegeben, doch als die Menschen kamen hatten sie Angst bekommen und wären unter die Wasseroberfläche geflohen. Am nächsten Tag tauchten die beiden den ganzen Nachmittag im See auf der Suche nach einem Drachen, denn wenn in irgendeinem Gewässer ein Drache lebte, dann doch in dem See hinter dem Haus. Natürlich hatten sie keinen gefunden.

    Marnie liebte diesen See. Früher hatte sie sich häufiger morgens hierher gestohlen, um in Ruhe das kalte Wasser am nackten Körper, den leichten Nebel auf dem Wasser und die frühen Vögel in den Baumwipfeln genießen zu können. Ein paar wenige Momente Ruhe, vor dem Stress des Tages im Dorf oder auf dem Hof, der ein wenig außerhalb, umgeben von einem Mischwald, lag. Momente, nur für sich. So sehr sie ihren Bruder liebte, so gern sie meistens ihren Teil der Arbeit aufnahm, es gab Tage, da wollte sie nur für sich alleine sein.

    Nach zwei Minuten stand Marnie vor eben diesem See, den sie und Jarnef seit damals nur noch Drachensee nannten. Ruhig lag er da, auf der Wasseroberfläche spiegelte sich die noch schwache Sonne, die allerdings schönes Wetter im Laufe des Tages versprach. Seerosen trieben auf dem Wasser, immer mal wieder tauchte ein Fischlein an die Oberfläche, als wollten sie wissen, ob es etwas Neues in der anderen, trockeneren Welt gab.

    Der See hatte keinen sandigen Strand, das Ufer ging nahtlos in die Wiese über; dort wo das Wasser nur wenige Zentimeter hoch war, sah man unzählige Kiesel unterschiedlichster Größe, Formen und Farben glitzern.

    Marnie ließ ihre Kleidung auf die Wiese fallen, warf die Decke dazu und fühlte mit dem Fuß erst vor. Das Wasser war eiskalt, sie zuckte zurück. Ganz oder gar nicht, du bist doch kein Weichei!, sagte sie zu sich selbst.

    Einmal atmete sie tief ein und machte einen großen Schritt ins Wasser. Es umspülte ihre Knöchel, sie fröstelte. Trotzdem musste sie lächeln. Wie hatte sie dieses Gefühl vermisst!

    Sie machte ein paar weitere Schritte ins kristallklare Wasser, immer mit der gewissen Vorsicht, nicht in etwas scharfes Scharfes oder

    spitzes Spitzes zu treten. Dann ließ sie sich mit geschlossenen Augen nach vorne fallen. Das Wasser umspülte ihren ganzen Körper, für eine Sekunde fühlte sie sich wie in einer anderen Welt, dann tauchte sie wieder auf.

    Sie musste lächeln. Sie fühlte sich frei.

    Sie fuhr sich mit den Händen übers Gesicht, blinzelte das Wasser von den Lidern. Sie blieb auf einer Stelle und genoss die Ruhe, das Alleinesein, der Natur und vor allem dem Wasser so nah wie möglich zu sein.

    Nach mehreren langen, ruhigen Atemzügen, schwamm sie mit kräftigen Zügen weiter in die Mitte des Sees. Angst vor dem Wasser kannte sie nicht – nein, im Gegenteil: Sie liebte das Wasser, besonders diese klare, unberührte hier im Drachensee. Kein Bauer führte sein Vieh hierher, niemand hatte das Gewässer zur eigenen Versorgung angezapft. Hier kam nie jemand her. Im Dorf kannten die meisten den See sicherlich gar nicht.

    In der Mitte angekommen, tauchte Marnie unter, drehte sich, genoss das Wasser und die Kälte, an die sie sich inzwischen gewöhnt hatte.

    Nachdem sie wieder aufgetaucht war, ließ sie sich auf dem Rücken treiben, konzentrierte sich auf ihren eigenen Atem, auf die Bewegungen des Wassers, auf den Gesang der Vögel im Wald.

    „Ich wusste, dass du hier bist!“, wurde ihr plötzlich vom Rand des Sees zugerufen. Marnie schrak zusammen.

    Part 2

    Schnell brachte sie sich in eine stabile, aufrechte Position und sah dann zum Ufer, an der Stimme hatte sie schon erkannt, wer das sein musste.
    Und sie hatte Recht: Auf der Wiese stand ihr Bruder, nur mit einer Hose bekleidet da, winkte zu ihr herüber und lächelte breit über beide Wangen. Ein Lächeln, dass sie so sehr liebte; wenn Jarnef lachte, grinste oder eben lächelte hatte man das Gefühl, der ganze Raum würde strahlen.
    „Ich wusste einfach, dass du mal wieder hier bist, als ich gesehen habe, dass du nicht mehr schläfst“, rief er ihr zu. Der 18jährige hatte eine für sein Alter ungewöhnlich tiefe und ruhige Stimme. Sie passte zu ihm, von den beiden war er immer der Ruhigere gewesen, das stille Wasser, derjenige der Marnie beruhigte, wenn sie mal wieder aufgebracht war.
    „Komm her!“, rief sie grinsend zurück, „das Wasser tut so gut!“
    „Du bist ja auch eine Wasserratte“, lachte Jarnef und zog sich die Hose aus. Während Marnie auf der mit den Beinen strampelte, um sich aufrecht im Wasser zu halten, beobachtete sie ihren Bruder dabei, wie er vorsichtig einen Schritt in den See wagte.
    „Oh Scheiße, ist das kalt!“, rief er und musste lachen. Seine Schwester lachte auch, ihr Bruder war schon immer etwas empfindlicher gewesen als sie, besonders was Temperaturen anbelangt. Wenn sich die junge Frau an das frühere gemeinsame Waschen erinnerte, musste sie schmunzeln: Wenn die Wassertemperatur für sie genau perfekt war, beklagte sich ihr Bruder darüber, dass es noch zu kühl sei. Eine schöne Erinnerung. Bei deinen sonst langen Formulierungen wirkt der Satz verstörend Stiefmütterlich. :D
    „Komm schon, du Weichei“, neckte sie ihren Bruder, im Wissen, wie sehr er es hasste, so genannt zu werden.
    „Weichei? Weichei! Na warte, dir zeig ich‘s“, knurrte Jarnef, er wusste, dass sie es nicht ernst meinte, aber ihm war ins Gesicht geschrieben, dass es ihm trotzdem missfiel. Finde ich, ist persönlich eine ziemlich coole Szene, in der die Beziehung der beiden super rüber kommt.
    Langsam schwamm sie auf ihn zu und beobachtete weiter, wie er zitternd und die Arme um den Oberkörper geschlungen, einen Fuß nach dem anderen ganz langsam und vorsichtig weiter ins kristallklare Wasser wagte. Er war einfach ein sehr liebenswürdiger junger Mann. Marnie konnte nicht verstehen, dass die Jungs im Dorf, die in seinem Alter waren, sich ständig über ihn lustig machten; sie hatte einmal mitbekommen, wie sie ihren Bruder „Schlappschwanz“ oder „Nichtsnutz“ nannten. Sie konnte sich das nur damit erklären, dass diese Idioten ihn nicht gut genug kannten.
    Denn er war ein lieber Junge Ich kann mir persönlich nicht ganz vorstellen, dass eine jüngere Schwester ihren fast erwachsenen Jungen so betiteln würde. ;) , der keiner Fliege etwas antun konnte. Und das, obwohl Vater die Beiden ein wenig im Bogenschießen und Schwertkampf unterrichtete. Letzteres allerdings bloß mit Stöcken, denn sie waren weit davon entfernt, sich so etwas wertvolles wie Schwerter leisten zu können.
    Marnie erinnerte sich daran wie sie diejenige war, die es im Kindesalter als erstes über sich brachte, ein Huhn zu schlachten. Jarnef hatte es nur unter Tränen hinter sich bringen können, und auch nur, weil Vater ihm den Hintern versohlt hatte.
    Jarnef ist viel zu nett und unschuldig für diese grausame Welt, hatte Mutter einst gesagt, noch bevor Marnie verstehen konnte, was sie meinte. Inzwischen konnte sie ihr nur zustimmen.
    „Kommst du jetzt, oder traust du dich nicht?“, zog sie ihren Bruder weiter auf.
    „Du bist furchtbar“, er verdrehte die Augen. Dann atmete er einmal tief ein und ließ sich schweren Herzens nach vorne fallen.
    „Drachentöter Jarnef Waldhaus!“, rief Marnie scherzhaft aus, „Bezwinger morgendlicher Kälte und des eiskalten Wassers!“
    Sie lachte. Er lachte.
    Mehrere stille Minuten trieben sie einfach im Wasser und genossen die Ruhe. Der Bruder gewöhnte sich merklich an die Wassertemperatur und fing an die für ihn typischen Scherze zu machen: Er kitzelte seine Schwester, drückte für eine Sekunde ihren Kopf unter Wasser. Obwohl er nicht der größte war, hatte er durch die anstrengende, körperliche Arbeit auf dem Hof, einen gut gebauten, drahtigen Körper. Klingt etwas widersprüchlich. Gut gebaut, klingt für mich immer nach Masse und drahtig nach dem Gegnteil. Verstehst du was ich meine? Idee: Er hatte zwar einen drahtigen Körper, aber durch die anstrengnde, körperliche Arbeit auf dem Hof, war er durchaus stark. Man unterschätzte seine physischen Fähigkeiten schnell, wenn man ihn nicht so gut kannte wie Marnie.
    Sie krabbelte ihn zurück, schnippte ihm Wasser ins Gesicht und genoss die ausgelassene Stimmung zwischen den beiden.
    In einem Moment drückte sie sich ein wenig von ihm weg, richtete das Gesicht Richtung Himmel, und sog die frische Luft ein. Dann machte sie die Augen wieder auf und guckte dorthin, wo gerade noch ihr Bruder schwamm.
    Er war weg.
    Sie drehte sich im Kreis. Er war nirgends zu sehen, weder in einer anderen Ecke des Sees, noch am Ufer oder zwischen den Bäumen. Wie vom Erdboden verschluckt.
    „Jarnef? Bruder?“
    Mit einem lauten „Arrr!“ tauchte er wie aus dem Nichts hinter ihr auf, schlang seine Arme um sie und warf sie ein wenig hin und her.
    Marnies Herz überschlug sich einmal. Sie hatte sich sehr erschrocken.
    Sie rüttelte sich frei und gab ihm einen leichten Schlag auf die Brust. „Du Arsch“, sagte sie, musste aber lachen, weil er sie schief angrinste und sich offensichtlich darüber freute, sie so geschickt zu haben.
    Erschöpft von den Kabbeleien brachten sich beide in eine entspannte Rückenlage um die letzten Minuten Ruhe zu genießen.
    Aus dem Augenwinkel sah Marnie nur noch, wie Jarnef in Sekundenschnelle mit einem erstickten Aufschrei wie von etwas gepackt unter die Wasseroberfläche gezogen wurde. Das war kein Scherz.
    Spannender Schluss :D

  • Hey Thráin, habe mal angefangen deine Geschichte hier zu lesen.

    Er war gerade mal zwei Jahre älter als sie. Die beiden hatten schon immer sehr viel gemeinsam gemacht; ihre Eltern hatten sie auch gleich erzogen, sie mussten beide auf dem Hof helfen, dort die gleiche Arbeit verrichten, zum Wassersparen mussten sie sich schon immer gleichzeitig im großen Badezuber waschen. Da sie das nicht anders kannten,
    störte es sie nicht.

    Stelle ich mir als unangenehm vor, aber wenn man es nicht anders kennt, juckt es einen wahrscheinlich wirklich nicht. :)


    Er traute sich nicht, es ihren Eltern zu erzählen und wusste, dass er seiner Schwester vertrauen kann.
    Irgendwie hatte Marnie sich das schon immer gedacht, aber es war nie eine große Sache für sie. Vater hätte ihn vermutlich verprügelt und zu den Schweinen gesperrt. Für Marnie war es selbstverständlich, dieses Geheimnis zu wahren.

    hui, dass klingt sehr interessant, bin gespannt ob der Vater das im Verlaufe der Story noch herausbekommt und wie er dann reagiert :o


    Nachdem sie wieder aufgetaucht war, ließ sie sich auf dem Rücken treiben, konzentrierte sich auf ihren eigenen Atem, auf die Bewegungen des Wassers, auf den Gesang der Vögel im Wald.
    „Ich wusste, dass du hier bist!“, wurde ihr plötzlich vom Rand des Sees zugerufen. Marnie schrak zusammen.


    Ich hoffe, es hat euch bis hierher gefallen.

    So n See direkt in der Nähe muss echt komfortabel sein wenn man das Wasser mag.

    Spannendes Ende auf jeden Fall !

    Bis jetzt habe ich keine Rechtschreibfehler gefunden und es ließ sich flüssig lesen.

    Lese demnächst weiter.

    LG