Charuns ominöse Kurzgeschichten

Es gibt 42 Antworten in diesem Thema, welches 10.746 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (26. Februar 2021 um 22:45) ist von Charun.

  • Ja hoppala...Mensch:kiwi: Da ist ja mal wieder ein wenig Zeit vergangen. Hier ein versprochener 1 Teiler, der seit Juni 'Fertig' war... und irgendwie nicht rauskam^^. Jetzt allerdings fünffach überarbeitet! Und anderes Werk ist auch schon fertig, was den ewt. hier auch noch strandet, wenn dann auch voll überarbeitet. Joaar... Kontinuitet und regelmäsigkeit ist mein zweiter Vorname, in einer fernen Delta-Edit-Spiegel-Matrix-Dimension der Productivity.:metal:

    Aber net in dieser Realität:D. Viel spass beim lesen, Feedback und kritikk wenn lust, ist gern gesehen. Viel spass.

    Koch auf wilden Pfaden

    Anfangs war Erik nur ein dürrer Küchenjunge, der für den Abwasch zuständig war. Ein Jahr später wurde zur rechten Hand des Chefs ernannt. Sechs Jahre Später war er selbst Chefkoch. Folglich leitete er sein eigenes Lokal und führte ein blühendes Geschäft, sammt vergnügter Kundschaft.
    Waren es weder Kinder noch Partner, nach den er sich sehnte oder Teil von war.
    Er war durchaus zufrieden im Leben, auch wenn Manchanderer, vorallem seine Mutter das Gegenteil behaupte... „Oooh, du wirst es noch früh genug bereuen“ krächzte Sie ihm hinterher.
    Nach vielen Jahren dess ‚Stillstands‘, war ihm abrupt nur noch eine Option übrig geblieben. Die nackte Welt und Wildnis, Abentuer welche eine Küche nichmehr zu bieten hatte.
    Ein Abenteuer. Ja, ein Abenteuer rund um die Länder, alle Städte von Nord bis Süd bereisen und Leute, sowie Essen hinter den lokalen Dorf Hügeln kennenlernen.
    Erik
    Töpfer; welche Orte er entdecken und welche Fremden ihm über den Weg laufen werden? Freunde? Feinde? Käseschimmel schlimster Art?

    Absurd! Er war dem einem oder anderem Draugen im Sumpf begegnet. Natürlich war ihm auch schon eine Schwarzbären Mutter über den Weg gelaufen und selbst eine kleine Einhornherde hatte ihn im trüben Tau der Hinterwald Gebirge ihren Gruß ausgerichtet. Und eines Morgens in den Bänderwüsten … Ein Kojoten-junges hatte ihn zum Spielen aufgeweckt, doch mit dem möglichen Aufkreuzen seines restlichen Rudels, hatte er naiverweise nicht einberechnet. Seit Stunden und Stunden, über Stock und Stein, wie viele wollte er lieber nicht wissen. Erik Töpfer rannte so schnell wie seine damaligen angestellten im Lokal, in der Hoffnung die Köter endlich abzuschütteln.
    Doch sein Erfolg von seiner Ausdauer abhängig, welche sich rapider denn jäh dem Ende neigte. Die schwülen Mischwälder, gepaart mit Dünen und großen, grünen Blätter, gleichend einer überdurchschnittlichen Oase, hatte sich schnell als ihr Revier entpuppt. Die Riemen seines Rucksacks schnitten ihm wund in die Schultern, während die Farben des Walds an ihm vorbeitänzelten, ohne ihm einem blick zu würdigen.
    Hätte er es ihnen gleich getan, wäre ihm der akute Stolperdraht einer Wurzel erspart geblieben, sowie die fluchende Stimme seines Unterbewusstseins kurz vor dem brennenden Aufprall. Heulen und knurren waren nicht mehr ein paar Meter entfernt, viel zu nah … und da lag er. Das Ebenbild einer etwas zu dick geratenen Flunder, inmitten von glühendem Sand und stacheligem Grass. Er ließ den Rucksack unsanft abgleiten und griff, während eines überforderten Versuches zum Aufstehen, nach seinem Dolch vom Gürtel.
    „Dreckige Köter, reiß dich zusammen Töpfer!“ Gedanken rasten Treppen hinunter und sein Überlebensinstinkt war schwammig. Wenn zerfleischt, dann doch wenigstens mit etwas Helden Mut … doch blieben ihn nur die weichen Knie. Die gelben Augen schossen gierige Funken, kesselten ihn wortwörtlich ein. Er wurde hier bei lebendigem Leibe im eigenen Schweiß gekocht! Etwas demütigender gab es in seiner Berufung wohl kaum.
    Als plötzlich eines der Biester zu heulen begann, und donnernd eine matte und fette Stahlklinge den Hals des Köters durchbohrte, fiel Erik vor Schreck der Dolch zu Boden. Dann heulte der nächste, und noch einer. Lautes heulen und jaulen, einer nach dem anderen. Es, mit den dunklen Tätowierungen und roten Tüchern agierte schnell, wie eine blutdürstige Natter die durch die schattigen Büsche der Oase mit ihrer Beute spielte. Der junge Koch fiel überwältigt zu Boden, seinen Augen kaum gläubig. So gewandt und brutal. Gnade war hier Nichtexistenz. Vor Erik lagen nun 11 der blutigen Kojoten zerstreut, und der Fremde mit nassem Zweihänder, direkt vor ihm.
    „Du hast dir echt
    nen‘ unschönen Zeitpunkt ausgewählt Fremder … im Paarungsmond mit nem‘ Welpen zu spielen. Bist wohl nen‘ bisschen Lebens müde, was?“ Die Stimme war robust und jung-strotzend, sowie einen fremdländischen Dialekt. Erik fühlte sich sowohl belächelt als auch gesegnet. Er nahm seine starke Hand entgegen und kam erneut auf die wackeligen Beine.

    „Ich weiß gar nicht wie ich danken soll …“ Erik wollte dem Mann keinesfalls seine Dankbarkeit anzweifeln, allerdings erschien ihm seine tödliche Hand etwas zu geübt, gar, ob er sie nur für ungezähmtes Wild einsetzte? Nicht das er der Experte wäre dies zu beurteilen. So wie seine Hand mit dem Küchenmesser akkurat Filetieren vermochte, der starke griff des fremden, war … Beunruhigend tödlich.
    „Nichts zu danken! Ein geretteter Freund in Not, ist allerdings auch keiner der seinem Retter nicht entlohnen würde, oder doch?“ er schob seine Kapuze aus Fetzen zurück und hervorkam ein gebräuntes und eckiges Gesicht, um die sechsundzwanzig Sommer schätze er. Sowohl seinen kurzen, wilden Haare und Kohle schwarzen Augen schienen keinerlei Erschöpfung preiszugeben.
    Erik schluckte gefühlte Lumpen.

    „Also … Ich würde ihnen natürlich keine Belohnung verwehren, aber leider habe ich mein letztes Guthaben für meine Reise nach Carl‘Cayenne investiert …“ seine letzten Worte waren geflüstert und der Fremde verzog sein Gesicht leicht missmutig, jedoch nicht zornig.
    „Habt ihr denn etwas anderes zu bieten als euer Leben, welches ich euch freundlicherweise erspart habe?“ Seine Stimme war fordernd und bestimmt. Erik sah es schon vor seinem inneren Auge: wie der Berserker ihn beim Satzanfang blitzschnell auf den Boden rammen und enthaupten würde. Die immer noch anwesende Panik drückte ihm erneut auf die wunden Schultern, noch deftiger als bei seiner vorher, aber nun verzögerten Himmelfahrt. Da kam ihm ein erneut Absurder, doch einziger Einfall.
    „I-Ich-ich könnte …etwas für sie k-kochen? Ich bin ein äußerst talentierter Koch müssen sie wissen … Sie-Sie müssen doch außerordentlich hungrig sein nach solch einer Schlacht … Nicht?
    Gepiepse und Verschämtheit war alles, was aus seinen Worten rauszufiltern war. Die Blicke des Fremden gaben viel Verwunderung. Eine Mischung aus Irritation und Neugier. Peinliche Ruhe entfachte sich wie ein Laubfeuer zwischen dem schwitzendem Koch und dem sich hinter dem Ohr kratzendem Fremden. Nur, war das Feuer erbärmlich klein und qualmte und keuchte, anstatt majestätisch zu lodern. Der fremde erstickte die Stille mit ungläubiger Stimme.
    „Du bist nicht wirklich n
    ' koch, oder?“, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen, wobei er das Wort Koch wie einem kryptischen Fachbegriff aussprach.
    „Sehr wohl, mein Name ist Erik Töpfer
    ich bin gerade auf der Reise nach Carl’Cayenne, einer alten Freundin zu liebe, natürlich auch wegen Gewürzen, Früchten und neuen Rezepten... ist alles in Ordnung?“, unterbrach er sich selbst, stirnrunzelnd. Der Kiefer des Mannes fiel schweigend nach unten, nur um darauf brüllend loszulachen, welches ein paar tropische Vögel in panische starre versetzte.
    Du-du- … du wanderst durch die halbe
    Bänderwüste und legst dich mit Kojoten-Rudeln und schmelzender Hitze an, und du bist kein Abenteurer! Kein Landstreicher, Dieb, Krieger, Waldläufer oder gar Händler, sondern ein KOCH?“ Sein belächelndes Lachen war so herzlich, dass Erik sogar ein wenig nervös mitlachen musste, wenn auch die Feststellung seines darseins etwas zu ehrlich war. Sein Herz versank noch etwas tiefer im Sand, als wäre er jetzt offiziell zum Hofnarren des Landes ernannt. Das Lachen des Mannes legte sich langsam und er wischte tatsächlich eine winzige Träne aus dem Augenwinkel.
    „Weißt du was Bursche? Du gefällst mir! Angenommen du machst uns jeden Abend Mahlzeiten, Nahrung und sorgst für die Verpflegung … dann gebe ich u
    ns den nötigen Schutz bis nach Carl‘Cayenne! Na, wie wär’s, klingt gut?“. Nun war es Erik, der gaffte. Er hatte von einem Blutrauschenden Krieger einiges erwartet, aber nicht solche Gutmütigkeit, geschweige denn eine lukrativen mitfahrgelegegheit.

    Gütige Mutter Mathilda! JA! NATÜRLICH!“ Was für ihn etwas zu enthusiastisch war, und er räusperte sich verlegen. Doch dies scherte den Fremden nicht im Geringsten, sondern beflügelte sein kämpferisches Grinsen nur noch mehr.
    „Dann sind wir jetzt Spießgesellen Erik Töpfer,
    Ach und du kannst mich … Icar nennen. Somit sollten alle Formalitäten geklärt sein!“. Erik nickte mit einem etwas milden Lächeln, aber ließ sich seine Erschöpfung nicht anmerken.
    „Wir sollten nach einem geeigneten Lagerplatz suchen?“, meinte der junge Gastronom sachlich und möglichst professionell klingend, während Icar der fallenden Sonne entgegenblickte.
    „Uns bleiben noch ein paar Stunden, jedenfalls sollten wir hier nicht herumtrödeln, mir nach!“, der junge Krieger half Erik beim Rucksack aufsetzen und beide machten sich auf die Suche. Nach ein paar Minuten hatte sie endlich etwas gefunden. In Richtung einer kleinen Fels-Zuflucht, welche wie eine nahezu gemeißelte Welle aus bröckeligem Gestein dem Sand emporstieg und als geeigneten Schirm gegen Wind und Wetter aushelfen würde. Doch wirkte es etwas zu Praktisch, um wahr zu sein, das war Erik nicht entgangen.
    Doch er schwieg. Er war zu erschöpft als das er darüber diskutieren wollen würde, noch könnte. Ebenso wie eine mangelnde Alternative, die er hätte vorschlagen können, geschweige denn eine volle Nachtwanderung zu ertragen. Beide fanden Platz und es wurde ein molliges Feuer entfacht. Die Nacht trat auf die raue Türschwelle des Ödlands, und sie würde es nicht unbeschwerlicher machen den nächsten Morgen zu erleben. Diese Nacht würde ihr neues Bündnis auf ganz neue Ebne prüfen.

    Wer denkt er könne nichts, der kann auch nicht's.
    Aber wer es probiert und es nicht hinkriegt, hatt's schon fast geschafft.

  • Hey, Charun

    Spoiler anzeigen

    ich hab deine Geschichte gestern vor dem Einschlafen gelesen und dachte, ich lass dir ein zwei Gedanken dazu da.

    Zum ersten gefällt mir die Idee: Ein Koch der seine Küche satt hat und ein Aussteigerleben wählt. Soll es ja geben, dass mancher alles hinter sich lässt (inklusive sämtlicher Annehmlichkeiten der Zivilisation) und ein neues Leben beginnt. Erik ist so ein Typ. Anscheinend hat er an Kontaktpersonen nur seine Mutter, die ihn abhalten will. Schade, dass es nur eine Kurzgeschichte wird, denn diese Stelle könnte man noch ein klein wenig herausarbeiten.

    Dann gefällt mir, dass er im Grunde genommen als Kind der Zivilisation gehörige Schwierigkeiten bekommt und nicht die Ärmel zurückschiebt, sein Schwert umschnallt und jedem, der ihm in die Quere kommt, eins auf Maul gibt. Es lässt ihn "menschlich" wirken, unbeholfen und - hilfebedürftig.

    Und als Letztes gefällt mir der Deal, den er mit Icar eingeht. Eine echte win-win-Situation :rofl:

    Doch ich hab auch ein paar Sachen, die ich vielleicht anders gelöst hätte:

    Ich als Leser habe keine Ahnung, in welcher Zeit wir uns bewegen. Es gibt einen Chefkoch, ein Lokal, dann wieder Drauger, ein Zweihänder als Waffe und die Vermutung, dass Erik eher ein "Landstreicher, Dieb, Krieger, Waldläufer oder gar Händler" ist. Von daher fehlt mir hier die zeitliche Orientierungsmöglichkeit.

    Auch weiß ich nicht, wie die Erik aussieht. Du hast ihn mir nicht beschrieben.

    Und dann halte ich das Ganze eher für einen interessanten Einstieg in etwas Größeres als für den Beginn einer Kurzgeschichte. Aber du bist der Chef - mal sehen, was da noch kommt.

    So, das wäre es erstmal im Groben. Man kann da noch an vielen Stellen die Feile ansetzen. Zum Beispiel fand ich viele deiner Adjektive nicht ganz passend und deine Vergleiche miunter zum Schmunzeln. Aber das ist rein subjektiv und nur mein Eindruck.

    Ein Tipp noch: Schau dir die Rechtschreibung nochmal an. Lass ein Programm drüberlaufen (Die Rechtschreibprüfung von Word kann hier schon vielen richten) oder lass jemanden drüberschauen vor dem Posten. Die vielen Fehler mindern das Lesevergnügen bei mir. Weiß nicht, wie das bei anderen ist. Wenn du Hilfe brauchst, melde dich.

    VG Tariq

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

  • Hier also mein letzter Tribut. Viel spass beim lesen!

    LG Charun.:hi1:

    Die Nichte des Uhrmachers

    Montag, 13. Juli,1998

    Bleiche, goldene Sonnenstrahlen schlichen sich über die ungepflegten Dächer der Månsen Avenue 221. Unter ihnen lagen Pflasterstein und rostigen Gassen, in denen sich die Schatten der Dämmerung verkrochen und verdreckte Regenrückstände sich mit billigem Alkohol vermischten. Wo jeder Müll sein Zuhause fand.

    Die staubigen Fenster der antiquarischen Uhrmacherei (Oliver's Uhren est. 1930) wurden in den Farben der Dämmerung getaucht. Hinter denen saß die müde und mürrisch Hannah Oliver an ihrer Werkbank, sich nur noch mit einem offenen Auge und einer Tasse Kaffee verzweifelt ihrem Schlaf widersetzt. "Verdammt, jetzt bleib doch mal endlich da wo" zischte sie die winzige Schraube an, welche lieber der Schwerkraft kapitulierte, als dem noch winzigerem Schrauber folge zu leisten.

    Sie blickte angestrengt durch die gestapelten Vergrößerungslinsen, im tragischen Versuch die Schraube nochmals zu bändigen. Das kleine Teilchen weigerte sich unverschämt.

    Ihr schwarzer, mittlerweile sechs Stunden alter (und seit einer Weile nicht gewaschener) Dutt machte ein Sprung nach hinten, als sie sich genervt gegen den Stuhlrücken warf und ihr 'Teleskop' zur Seite schwang. Es sollte angemerkt werden, dass ihre Haare selten an zweiter Stelle standen.
    Das kleine und teuflische Uhrwerk vor ihr auf dem Tisch, hatte über Monate hinweg ihr und ihrem Onkel Patrick das Hirn verknotet, und nun war Hannah kurz davor es schreiend aus dem Fenster zu schmeißen. Ihrem Frust erneut die Jungfräulichkeit zu nehmen, ihn ohne Rücksicht an allen auslassen. Ebenso einzigartig und selten, dass sich eine Uhr nicht reparieren ließ (im Gegensatz zur 525 Jahre alten Bernstein Uhr, welche nur 3 Monate auf ihrer Werkbank lag und vor ihr von 16 anderen Uhrmachern abgelehnt wurde.)

    Ihr entwichen einige unbeholfene Flüche (derweil lachte die Schraube Siegesreich hinter irgendwelchen Komplexitäten der Matrix) bevor sie zur Kaffeekanne griff, nur um zu bemerken das diese leer war.
    "Na toll, ohne dich rühr ich hier kein Finger mehr", mit dem Gedanken verschwand sie aus der Zimmertür. Sie schlenderte die steile 'Holztreppe', schlichtweg Leiter, hinab in die veraltete Küche mit den aussagekräftigsten Schlafklamotten, die einer 19-jährigen Nachteule anzurechnen war. Mit Augenringen denen Kohlenstreifen glichen und einer Brille, einem gewissen Zauberer würde sie bekannt vorkommen, huschte sie von links nach rechts, von Schrank zur Schublade.

    Außer den knarzenden Dielen war nur das Ticken sämtlicher Uhren im Laden und jedem Geschoss zu höheren. Ein "Tick, tack, Tick, tack"., Leer und taktvoll dreschten die Uhrzeiger nach vorne. Ein hungriges "miaaau" zog Hannah aus dem Bann der Uhren. Beim Umdrehen schmuste eine Schwarzweiße Katze um ihre nackten Beine.
    Marie war eine alte Straßenkatze, welche Onkel Patrick vor Ewigkeiten
    'aufgenommen' hatte (wobei diese eher das Gegenteil behaupten würde).
    Gefühlt hatte das alte Tier wirklich mehr als neun Leben gehabt, denn wer sich regelmäßig mit ausgesetzten Welpen prügelte, Passanten und Kunden dazu brachte aus Angst zu verharren, hatte einiges mehr erlebt als manch andre Fellknäuel.

    Die junge Tüftlerin ergriff ihre Gelegenheit kalt und gnadenlos.
    "Na kleines, komm mal her, so, naa... Hey! Nicht Kratzen Madame! Es gefiel Marie zwar gekrault zu werden, dennoch waren ihr verlassene Kartons lieber als irgendeine erbarmungslose Menschenschulter.

    Sie aalte sich missmutig aus den Armen ihrer Mitbewohnerin
    "Plump!" und landete unbeschadet auf dem Boden. Augen 'miauuend' auf den obersten Küchenschrank gerichtet.
    "Du kannst hier noch so viel rummaulen wie du willst, aber Futter gibt's später", antwortete Hannah nebensächlich.
    Mit ein kurzen fauchen erklomm die missmutige Königin geschwind die
    'Treppe' ins Obergeschoss.
    "Genau, geh und Nerv dein anderen Sklaven" dachte sie schmunzelnd. Ein pfeifen ertönte und sie nahm blitzschnell die heiße Kanne von der Ofenplatte. Dennoch stellte sie die vermeintliche Dampflok erstmal zum Abkühlen ans offene Fenster, daher der Abstand bis zur ihrem Arbeitszimmer etwas zu verworren war, um sich nicht zu verbrennen.

    "Ich könnte mir die Teufelsschraube nochmal vorknöpfen"Sie hüpfte (der Katze nicht unähnlich) die Stufen hinauf. Der Duft der quietschenden Kaffeemühle hatte ihr neuen Lebensgeist geschenkt. Noch ein versuch könnte dem ganzen nicht mehr schaden als ohnehin schon.

    Als sie sich jedoch niedersetze, fiel ihr auf das etwas fehlte. Es war nicht die Teufelsschraube (wo auch immer diese sein mochte, aber so viel war sicher). Es war nicht die Antike, mit Rot und schwarz ineinander verlaufende; lackierte Taschenuhr die sie auf dem Tisch liegen hatte. Auf ihrem Deckel war eine silberne Motte abgebildet
    "Hab ich den Schrauber mit in die Küche mitgenommen? Nein..." ihre Gedanken kreisten. Sie schaute unter dem Tisch, ob er in einer der offenen Schubladen gerollt war, aber nirgendwo war er zu finden.
    "Na großartig".
    Sie tippte mit den Fingern auf der Arbeitsfläche von Nord nach Süd. So häufig, eigentlich müssten schon längst Einkerbungen eingebrannt, war dir Fläche schon vorab voller Narben. Sie ließ vom Tisch ab und warf ein letzten blick durchs gesamte Zimmer, vielleicht hatte der mangelnde Schlaf ihre Sicht getrübt; doch Fehlanzeige! Der Schrauber tauchte nicht auf.

    Sie würde ihn wohl um Hilfe bitten, irgendwann musste er ja sowieso aufstehen.
    "Morgen Onkel Sägewerk! Bist'e schon Wach?", rief sie derweil; Ihre Lautstärke nicht zugunsten der Nachbarn gerichtet und ging zur gegenüberliegenden Tür des kurzen Flurs, vorbei an der steilen Treppe. Hannah klopfte dreimal laut aufs dunkle Holz der Tür; Stille.
    Ein zweites"Guten morgen!
    ", gefolgt von weiterem klopfen ließ Patrick Oliver etwas von „Noch fünf Minuten“ grummeln. Sie kam unweigerlich herein. Von Marie war nichts zu sehen, zumindest nicht auf den ersten Blick.
    "Es tut mir ehrlich nicht leid dich zu wecken, aber du hast nicht zufällig mit deinem schnarchen einen 0,4 mm Schlitzschraubenzieher aus dem Haus gejagt?

    Der rothaarige Mann richtete sich verschlafen auf, zog sich verspannt am Nacken und blickte auf seine müde Nichte, ebenfalls fragend und halbwach.

    "Ich verjage dich gleich aus meinem Haus, und das ganz ohne schnarche junges Fräulein..", er hielt kurz inne und ein Verspannung löste sich akustisch hörbar.
    " Ahhhh
    .. peinliche Stille lag in der Luft, während ihr Onkel sich den letzten Krampf aus dem Nacken streckte.
    "Wie jetzt nochmal, 0.14 Schiff-Schraubenzieher?", fragte er gähnende. Hannah rollte ihre Augen, entzweite geschwind die Gardinen am Dachfenster. Der Mann, einer gepflegten Vogelscheuche nicht unähnlich, musste blinzeln.
    "Steh auf und helfe mit suchen, heißer Kaffee steht schon in der Küche, los jetzt! Nochmal wecke ich dich bestimmt nicht!" Der um die ende dreißiger seufzte kurz und bewegte sich widerwillig, während Hannah wieder im Flur verschwand.
    Die selbsternannte Herrscherin des Ladens (Marie) kam lautlos unter dem Bett hervor, mit nichts geringerem als einem gesuchten Werkzeug im Maul, wobei Patrick nur belustigt den Kopf schüttelte.
    "Vielleicht wäre eine kleine Auszeit tatsächlich keine so schlechte Idee für unsere Nachteule, was?". Marie appellierte ihren hunger erneut lauthals, doch Patrick schnaubte genervt. Wo ihm der Blick seiner Katze schnell zu denken gab
    "Lass dir gesagt sein, Katze! Versuch das Gleiche mit meinem Zeug, und du fliegst im gleichen Gang mit meiner unmenschlichen Nichte vor die Tür!". Die Diebin fauchte missmutig, doch ließ Gnade über ihren Sklaven walten.

    "Wofür hab ich dich überhaupt aufgelesen...", Patrick seufze, dabei zog er sein Hemd und Hose an, begab sich ebenfalls in Richtung Küche.
    "Kommst du dann Morgen runter?", rief die vorlaute Nachteule ihrem Onkel entgegen, als dieser zur Treppe ansetzte.
    "Hört sich ja an als ob es wirklich wichtig sei, mich um viertel vor fünf in die Küche zu schleppen Genau-so wie du damals mit 5 Jahren eine Spinne im..." Halt den Rand" beendete sie ihre Geschichte kleinlich.
    "Dann sei nicht so vorlaut", brummte er schmunzelnd und setzte sich zu Hannah an den holzigen Esstisch. "Mit Milch... danke liebes.", mit einem Silberlöffel Löffel; ließ er Milchgeister im Kaffee klirrend Walzer tanzen.
    "Bitteschö", antwortete sie und nahm einen weiteren Schluck aus ihrer eignen Tasse. Währenddessen beobachteten die beiden Olivers entspannt aus dem angewinkeltem Küchenfenster, den sich langsam wachwerdenden Hafenmarkt, sowie dröhnende Handelsschiffe und Segelboote.

    Ihr Onkel pustete derweil seinen Kaffee und beäugte seine Nichte bedenklich im senilen Dämmerlicht.
    "Ist was? Fragte sie, da sein Blick nicht unbemerkt geblieben war.
    "Nimm dir heute eine Auszeit und Besuch den Markt. Ich überprüfe unser Haus auf Herz und Nieren, heute Abend kannst du wieder loslegen, gut?
    Mit gehobener Augenbraue und verschobenen Mund nahm Hannah noch einen Schluck aus ihrer Tasse, bevor sie zum Protest anging.

    "Du würdest mich Ich brauche keine Hilfe in Form von sinnlos herumstehen!" warf er absichtlich hinterher, und sie seufzte ergeben. Unrecht hatte er schliesslich nicht.
    "Danndann ich geh gleich los...", sie erschrak lautlos vor ihrer Leichtfertigkeit, aber schon zu spät. Wollte er sie von der Uhr fernhalten? Oder hatte sie vergessen letzte Woche etwas mitzubringen? Ihre Frage fand schnell Antwort.
    "Soll ich dir noch was vom Markt mitbringen?", fragte sie abwesend, in Gedanken schon unten am Pier und gleichzeitig an der Uhr.
    Ihr Onkel verzog bitter den Mund.
    "Frische Milch Liebes! Ugh, frische Milch die nicht stundenlang in der Sonne stand …ein bisschen Frucht und ein halben Cheddar, der ist schon wieder alle." Sie musste Grinsen, ihr Onkel blickte derweil immer noch angeekelt von der Milch und stand auf um sich ein Glas Wasser zu hohlen.

    Heute war wohl einer dieser Tage, an dem selbst die Milch nicht ausgeschlafen hatte.

    Ein Montagmorgen am Hafen von Lichtelkaff war monoton, sowie chaotisch und laut.
    Zu rechnen war mit einer Art von Kompromiss; nervigen Kleinen Rotzlöffels oder verkorkste Rentner, wenn man seine frischen Lebensmittel besorgen wollte. Natürlich waren auch nette Kinder und Ältere bekannte dort, jedoch in der traurigen Unterzahl. Wobei, heute ihr größter Fehler war das Haus zu verlassen
    Denn die gierigen Schatten besaßen so viele Ohren und Augen, wie Onkel Patrick Frachter beim Anlegen zählte: einfach viel zu viele. Hannah würde heute leider nicht vor Mitternacht ihren Onkel wiedersehen.
    Sie würden es nicht entgehen lassen der jungen Tüflerin einen Gruß abzuhandeln. Heute nicht.

    Wer denkt er könne nichts, der kann auch nicht's.
    Aber wer es probiert und es nicht hinkriegt, hatt's schon fast geschafft.