Cayennes Schandtaten (Kurzgeschichtensammlung)

Es gibt 124 Antworten in diesem Thema, welches 32.772 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (26. April 2020 um 09:34) ist von Miri.

    • Offizieller Beitrag

    Ich war erstmal etwas überrascht, dass die 2. Schandtat schon vorbei ist. Aber gut. Die erste war ja auch recht lang, da ist so eine kurze Erkenntnis aus Cayennes Leben auch auch mal eine gelungene Abwechslung. :D Stürzen wir uns also in die Dritte!

    Erst dachte ich ja, dass Cayenne es wieder mal nicht lassen konnte und sie sich mit irgendwem random herumprügelt. Schön, dass dieser irgendwer Keks ist, der von ihr ordentlich aufs Maul bekommt :rofl: so ein Unterricht im Prügel verteilen mit Cayenne ist sicherlich eine wunderbare Freizeitbeschäftigung. Astreiner Frühsport. Und Jane sitzt daneben und schaut dem ganzen aus der Entfernung zu. Ey, die drei sind so ein gutes Gespann. :D

    Ich bin mal gespannt, was Jane da aufgefallen ist, dass sie plötzlich so seltsam reagiert hat. Da liegt doch schon wieder etwas in der Luft! :hmm:

    LG, Kyelia



    Wenn es ein Buch gibt, das du wirklich lesen willst, aber das noch nicht geschrieben wurde, dann musst du es selbst schreiben.
    - Toni Morrison -

  • Schweigend saßen wir am Tisch in einer Taverne, deren Schild so alt und verblichen war, dass ich nicht wusste wie sie hieß. Jeder von uns löffelte still eine warme Hühnersuppe mit Brot und schlürfte Met dazu. Es war seltsam, dass Jane hartnäckig schwieg. Sie war sonst diejenige, die unsere Unterhaltungen voran trieb und Keks und mich zwang uns miteinander zu beschäftigen. Ohne sie wirkten unsere Gesprächsversuche hölzern und ebbten bald ab, weil Keks und ich uns zu schnell auf die Nerven gingen. Was vor allem an den Dingen lag, die wir krampfhaft unausgesprochen ließen.
    Seit dem Vorfall heute Morgen hatte Jane kaum noch geredet. Vielmehr hing sie ihren Gedanken nach und bedachte mich mit forschenden Blicken. Sie schien sich noch nicht entschieden zu haben, mich nochmal nach was auch immer sie wissen wollte zu fragen.
    „Wohin wollen wir eigentlich?“, fragte Keks in die Stille.
    „Gute Frage“, murmelte ich und beschloss den Ball an Jane abzuspielen. „Wo willst du als nächstes hin, Jane? Was möchtest du sehen?“
    Die Piratin rührte gedankenverloren in ihrer Suppe und reagierte nicht.
    „Jane?“
    „Hm, was?“ Sie blickte auf.
    „Wir wollen wissen, wohin als nächstes. Was willst du dir ansehen?“
    „Warum fragt ihr mich?“
    „Weil du schließlich erst seit guten zwei Monaten Festland betreten kannst“, schob ich vor.
    Jane überlegte. Natürlich durchschaute sie mich. Wenn sie wollte, blieb ihr nichts, was ich dachte, verborgen. Ihr Blick wurde durchdringend. Eine Weile schwieg sie und wir maßen stillschweigend unsere Kräfte, bis Keks uns mit dem Knuspern seiner Kekse unterbrach.
    „Tfuldigung“, nuschelte er mit vollem Mund und hielt auch Jane einen Keks hin. Sie nahm ihn und biss hinein. Es war schon ironisch, dass diese beiden Halbgötter nur dank ein paar Kekse überleben konnten …
    Jane kaute auf ihrem Keks herum und dachte nach. Schließlich sprang sie über ihren Schatten.
    „Vom wem hast du … diesen Griff gelernt?“, fragte sie.
    „Den, bei dem man seinem Gegner den Arm verdreht?“ Jane nickte und Keks verzog bei der Erinnerung das Gesicht.
    „Hm“, machte ich und überlegte, wie ich es am besten formulierte.
    „Ich … brauchte Geld und habe deshalb an illegalen Kämpfen teilgenommen. Ist schon eine Weile her. Einer meiner Gegner hat mich damit bezwungen. Ich hab ihn mir abgeschaut. Ist wirkungsvoll.“
    „Illegale Kämpfe?“, fragte Keks plötzlich ziemlich aufmerksam.
    Jane ignorierte ihn. „Der Mann, weißt du seinen Namen?“
    „Ich kenne ihn nur als ‚Das Biest‘“, antwortete ich. „Im Untergrund ist er eine wahre Legende.“
    „Das heißt, man könnte ihn dort finden?“
    „Sicherlich. Aber ich bin mir nicht sicher, ob wir das wollen“, entgegnete ich zögernd. Das war ein Kapitel der letzten Jahre, das ich lieber mied. Mich überraschte, das Keks nicht von alleine darauf gekommen war. Aber wahrscheinlich war er ebenso sternhagelvoll in jener Nacht gewesen wie ich, sodass wir das markanteste am Körper des anderen gar nicht wahrgenommen hatten. Obwohl es bei mir kaum zu übersehen war, im Gegensatz zu seinem Göttermal. Ich warf ihm einen unsicheren Blick zu, aber Keks‘ Miene blieb unbewegt. Als ich versuchte vorsichtig nach seinem Geist zu tasten, mauerte er. Natürlich hatte er Eins und Eins zusammen gezählt. Ich fragte mich, was er jetzt wohl denken mochte und stellte unbehaglich fest, dass es mir etwas ausmachen würde, wenn die Art, wie er mich bis jetzt gesehen hatte, sich plötzlich änderte.
    „Ich muss ihn finden“, unterbrach Jane schließlich meine Gedanken. „Er hat … er hat etwas von mir, das ich dringend zurück will.“
    „Was denn?“, fragte ich neugierig und scheuchte meine gefühlt irrationale Sorge beiseite.

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

    2 Mal editiert, zuletzt von Miri (26. November 2019 um 22:32)