Brain War - Der Krieg der Hirne

Es gibt 45 Antworten in diesem Thema, welches 10.388 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (15. Februar 2020 um 22:09) ist von Stadtnymphe.

  • Heyho McFee

    ehrlich gesagt weiß ich beim Lesen dieser Erzählung nicht, was ich mehr daran bewundere: Das Absurde darin oder die Energie, mit der Du jeden Abschnitt gleichermaßen füllst. :thumbup:

    Gibt wie immer fast nichts zu bekritteln...

    Der Zeitpunkt war nah, wo es in einen tanatoiden Starrezustand verfallen würde und dann möglicherweise nicht wieder gut zu machende Schäden erlitt.

    Was ist "tanatoid" ???

    Wenn ich's von "Thanatos" ableite, weiß ich, was gemeint ist. Liege ich damit richtig?

    Grißvaters

    Einziger Schreibfehler, den ich finden konnte.

    dem Gott des Krieges und der Gerechtigkeit, von Gyge, Freia, Heimdall und von Loki, dem Feuergott

    Ich kenne die meisten Götter Asgards. "Gyge" jedoch ist mir neu...klär mich bitte auf.

    Freut sich wie immer auf die Fortsetzung,8)8)8)


    Der Wanderer

  • Hallo Der Wanderer,

    ich freue mich über dein Urteil und werde mich bemühen, auch die letzte Lieferung in gewohnter Qualität abzusenden.

    Bei tanatoid liegst du richtig.


    Gyge - Lokis Mythologie

    http://www.lokis-mythologie.de/gyge.html
    Gyge (auch Gygur) ist eine Riesin die im Waldgebiet Jarnwid haust. Sie gilt als Fenris Gattin. Sie gebar viele Riesensöhne und allesamt in Wolfsgestalt. Sie trug ...

    Liebe Grüße

    McFee


    7

    Commander Toysch stand hinter dem Fenster und starrte verbissen und mit zusammengekniffenen Augen auf das knisternde und krachende Inferno. Seine Stirn glühte, nicht nur von der immer stärker werdenden Hitze, sondern auch von den widersprüchlichsten Gedanken, mit denen er kämpfte. Soll ich zähneknirschend um Einstellung des Feuers bitten und Neuverhandlungen fordern? Nie nie nie! Doch ihm war auch klar: Das Feuer galt ihm und seinen Leuten, denn das Raummodul der Hasetéper stand nach wie vor außerhalb des Feuerringes. Beim Dreiköpfigen Gott Ka! Troysch empfängt von einer Seite Hilfe, zu der ich keinen Zugang habe, dachte er erbittert, ein klarer Regelverstoß, den ich nicht unwidersprochen hinnehme! Andererseits – was würde es jetzt noch nützen? Der Kopf ist für mich verloren, also, was soll´s? Oder soll ich noch warten? Die Hasetéper wohnen zuhause in Eispalästen, wie lange werden sie der Hitze noch standhalten?

    In der Tat, die Hasetéper zeigten zunehmend Hitzestress. Die Wächter vor dem Schutzzylinder ruderten wie wild mit den Armen, um sich Kühlung zuzufächeln, und die Kämpfer bei den Gehirnen wurden bereits mit kaltem Wasser besprüht.

    Toysch klatschte in die Hände und sprang triumpfierend ein paarmal auf und ab. Ha! Lange halten sie das nicht mehr aus! Dieser Feuergott ist ein Idiot! Treibt die eigenen Leute ins Verderben!

    Loki sah ein, dass es ein Fehler gewesen war, die Fackel im Zorn zu werfen. Offensichtlich vertrugen die Hasetéper große Kälte, dagegen machte sie große Wärme kampfunfähig. Es bestand die Gefahr, dass seine Strategie genau das Gegenteil von dem erreichte, was er bezwecken wollte.

    Er rief unverzüglich Forseti an und bat um Hilfe.

    Kurz darauf erfüllte ein Brausen die Luft, ein heftiger Windstoß fuhr durch die Kronen der Bäume und zwang sie nieder, Laub und Astwerk segelten durch die Luft. Wotan, der Wütende Donnerer, schwang seinen gnadenlosen Hammer. Kraftiger, der weiße Milan, flog heftig mit den Flügeln schlagend auf und ließ sich eine Etage tiefer neben der Dichterin Skaldkonur nieder. Die merkte es nicht; mit verzückten Augen starrte sich auf das gewaltige Schauspiel und murmelte:

    „Halle, du hohler,

    Schirmender Schild,

    Schalle du schrecklich,

    - Schlachtgesang!

    Asen von Asgard!

    Wodan, du wilder, wüte für uns!

    Schlage mit Schrecken

    Scheußlich die Feinde -

    Sende, Siegvater,

    Deinen Söhnen den Sieg!

    Fülle uns völlig,

    Asischer Ahnherr,

    Thor, mit trümmerndem Trotz!

    Lenk' uns die Lanze

    Durch Harnisch und Helm,

    Brich durch die breiten

    Banner ihr Bahn, -

    Schärfe die Schwerter uns,

    Spitze die Speere,

    Send' uns den Sieg!“*

    Der Wind drückte den Brand in das Gebiet der Kanetéper und verschaffte den Hasetépern Erleichterung. Wieder warf Loki die Fackel, und nun leistete er ganze Arbeit. Das Feuer brachte eine der Minen, die zu Hunderten im Sand verborgen lagen (im Gebiet waren jahrzehntelang Kampfmittel erprobt worden), zur Explosion. Eine gewaltige Feuersäule stieg auf und warf das Raummodul der Kanetéper aus der Verankerung. Es rollte zur Seite und blieb mit der Öffnung nach oben liegen. Verzweifelt versuchten die Kanetéper, es wieder richtig zu stellen, doch die nächste Explosion schleuderte sie wie brennenden Zunder durch die Luft.

    Auch das mentale Schlachtfeld war mittlerweile in heilloser Auflösung begriffen. Die Kanetéper traten den Rückzug an. Sie bildeten einen Sicherheits-Cordon um ihr Kampfhirn und bewegten sich auf ihr Raummodul zu. Anscheinend hatten sie völlig den Überblick verloren. Als sie kurz davor standen, holte Loki zum finalen Schlag aus. Ein geschickt platzierter Wurf der Fackel entzündete eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg, auf die Toyschs Kugel gerollt war – übrig blieb ein rauchender Trümmerhaufen.

    Troysch beobachtete den Untergang seines Rivalen nicht ohne innere Genugtuung. „Hurrah!“, rief er nach Menschenart, „das Universum ist endlich um einen Bösewicht ärmer, in Wirklich also reicher geworden. Den Göttern sei Dank!“

    Doch er freute sich zu früh. Wieder einmal trat in diesem seltsamen Krieg eine überraschende Wendung ein, die alle Beobachter in Erstaunen versetzte. Und vor allem: Wieder einmal hatte man den Einfallsreichtum von Kommander Toysch unterschätzt.

    Aus den Trümmern seines zerstörten Transportmoduls wuchs ein eigenartiges Gebilde hervor, das immer mehr die Form einer riesigen Blüte annahm. Schließlich glich das Gebilde einer überdimensionalen rostbraunen Anemone, deren Farbe allmählich ins Blutrote überging. Ihre Staubbeutel, auf langen, filigranen Stielen, erhoben sich und traten zu einem dottergelben Kugel zusammen; die Kugel löste sich aus der Blüte und schwebte in die Höhe.

    Troysch war sofort klar: Toysch, verborgen in der Kugel, wollte sich frech aus dem Staub machen. Doch ehe er sich gedanklich auf die neue Situation einstellen konnte, traf Wotans mächtiger Hammer den Amboss; Funken sprühten, und ein gewaltiger Blitz traf Toyschs gelbes Fluchtfahrzeug. Doch die zuckenden Flammen glitten an der Oberfläche der Kugel ab und fuhren krachend in den Boden. Wotan schickte Blitz auf Blitz – vergeblich. Unbeschädigt stieg der gelbe Ball weiter auf und war bald in den Wolken verschwunden.

    Troysch sah ein, dass ihm Toysch entwischt war. Gegen die die Gesetze der Physik haben sogar die Götter keine Chance. Er gab den Befehl zum Rückzug und ließ die Triebwerke klarmachen.

    Trotzdem konnte er es sich nicht verkneifen, Toysch noch einige höhnische Bemerkungen hinterherzudenken.

    Commander Troysch an Commander Toysch: Sie glauben doch nicht, dass Sie so einfach davonkommen, Sie fahnenflüchtiger Giftzwerg! Ich werde Mittel und Wege finden, Sie vors Kriegsgericht zu bringen! Schleicht sich einfach davon, wenn er sieht, dass es nichts mehr zu gewinnen gibt und lässt seine Truppe im Stich! Pfui über Sie!

    Toysch an Troysch: Sie nennen mich fahnenflüchtig? Dann nenn ich Sie einen gerissenen Hund! Auch wenn Sie die Götter auf Ihre Seite gebracht haben – worüber ich übrigens beim Rat der Galaktischen Königreiche Beschwerde einlegen werde – ich finde Mittel und Wege, mein Ziel doch noch zu erreichen! Darauf können Sie Gift nehmen, Sie halber Mensch, Sie!

    Troysch: Toysch, Sie haben nichts, aber auch gar nichts begriffen! Ich hätte nie geglaubt, dass ein Bewohner unserer Galaxie so dumm sein kann. Was halten Sie zum Beispiel davon: Ich hülle Sie in eine Wolke aus Antimaterie ein. Ahnen Sie, was dann von Ihnen übrig bleibt? Ich werde es Ihnen sagen: Nichts, aber auch rein gar nichts! Noch nicht mal ein Fliegenschiss!

    Der Kommander biss sich auf die Lippen. Fliegenschiss! Da sprach nicht der Halb-Hasetéper Troysch, sondern der Halb-Mensch Weinert.

    Die Tirade war natürlich ein gewaltiger Bluff – Troysch war gegenwärtig gar nicht in der Lage, die dafür nötigen Mengen an AM herzustellen – aber der Bluff wirkte.

    Commander Toysch an Commander Troysch: Schon gut, Euer Galaktische Herrlichkeit, habe verstanden. Ich verschwinde.

    Troysch: Hoffentlich auf nimmer Wiedersehen! Ich gebe Ihnen einen guten Rat: Kommen Sie ja nicht auf die Idee, sich irgendwo zu verstecken und dann plötzlich wieder aufzutauchen. Dann katapultiere ich Sie in Überlichtgeschwindigkeit in ein Schwarzes Loch oder beame Sie in den Urknall zurück!

    Toysch war sich nicht sicher, was er von den Drohungen halten sollte. Sicher aber war, dass die Hasetéper, wenn sie wieder im Besitz des KÖNIGlichen Gehirns wären, ihm technologisch haushoch überlegen waren. Also hielt er endlich den Mund.

    Loki löschte die Fackel, Thor öffnete die Schleusen des Himmels, der große Brand erlosch. Die Wolken schimmerten wieder grau in grau, nur über dem Horizont lag ein rosiger Streifen. Heimdall machte den Sonnenwagen fahrbereit.

    Die Morgenröte zog auf.

    ______________________________

    * Altgermanischer Schlachtgesang

    8

    Troysch zog den Schutzschirm wieder ein, und die drei Hüter des GEHIRNs schritten erleichtert auf das Raummodul der Hasetéper zu, das jetzt in strahlendem Weiß vor ihnen lag. Rechts und links nahmen die Hasetéper „überlebende“ oder beschädigte Kanetéper fest, um sie später, versehen mit eingeschränkten Hasetéper-Gehirnen, in ergebene Sklaven zu verwandeln; die verkohlten Körper waren bereits zu Staub zerfallen.

    Der Commander begrüßte die Ankömmlinge mit offenen Armen, allerdings nur kurz; er befahl, die Box zu öffnen und unverzüglich mit wiederbelebenden Maßnahmen zu beginnen. Um keine Zeit mit dem Anlegen von Schläuchen zu verlieren, wurde das Gehirn aus dem Kopf genommen und in eine Nährflüssigkeit gelegt, bestehend aus konzentrierter Steinsalzlösung, Sternenstaub und angereichert mit belebenden Substanzen.

    Es war keine Sekunde zu früh. Das kostbare Gehirn zeigte bereits die ersten Verfallserscheinungen. So hatte es die lebhafte grüne Farbe fast vollständig verloren, manche Stellen schimmerten kalkig-weiß, ein Zeichen, dass hier möglicherweise schon irreversible Schäden vorlagen. Außerdem stellte Hauschild bestürzt fest, dass es merklich kleiner geworden war.

    Alle blickten gebannt auf das Gefäß mit der klaren Flüssigkeit.

    „Da!“

    Ha-Thor sah es als Erster: Das Gehirn streckte sich, als ob es aus langem, tiefem Schlaf erwache, es begann zu pulsieren, bekam wieder Farbe und hatte bald seine volle Größe erreicht.

    „Wir lassen es jetzt allein“, sagte der Commander in verständlicher Sprache, „damit es sich in Ruhe updaten kann. Die beiden Wissensbewahrer sind bereits aktiviert.“ In einem Nebenraum fuhr er fort: „Mir ist es jetzt ein Herzensbedürfnis, mich im Namen der Hasetéper bei Ihnen zu bedanken. Sie haben die Zivilisation von Hasetépe, der ich mich verantwortlich fühle, vor dem sicheren Untergang bewahrt.“ Er gab den beiden Männern die Hand, dem Wolf kraulte er unterm Kinn. Zu dem Physiker sagte er: „Herr Hauschild, an sich müsste ich Ihnen böse sein. Sie sind fast genau solch ein Kopfabschneider wie der Commander der Kanetéper! Sagen Sie jetzt nichts, hören Sie zu. Am Ende des Tages hat Ihr Raub jedoch dazu geführt, dass Hasetépetés Gehirn wieder auf seinen Heimatplaneten zurückkehren kann. Dort wird ihm eine noch reinere, noch strahlendere, noch edlere Körperlichkeit verliehen. Ich denke, die Hasetéper werden sich dafür erkenntlich zeigen. Rechnen Sie also, Herr Hauschild und auch Sie, Herr Winkelmann, in nächster Zeit mit Überraschungen.“ Der Commander verbeugte sich. „Meine Herren, es war mir ein Vergnügen! Ich werde Sie jetzt zu ihren Wohnorten zurückbeamen. Bitte dort hinein.“ Bevor der Commander die Tür zum Beamer schloss, sagte er noch: „Was mich persönlich besonders freut ist, dass die alten Götter noch leben. Sie sind zwar möglicherweise fett geworden, aber sie existieren. Totgesagte leben eben am längsten!“

    „Hey, Meister der Milchstraße, was ist mit dem Wolf?“, rief Winkelmann gut gelaunt von drinnen.

    „Der kehrt zurück nach Asgard, in der Garten der Götter, und wird dort sein Gnadenbrot verzehren!“

    9

    Ausklang und Happy End

    Zwei Jahre später.

    Im Biergarten „Am Werder“ saßen eine junge Frau und ein junger Mann und warfen sich verliebte Äugelchen zu. Wetter und Bekleidung waren hochsommerlich, alle Tretboote ausgeliehen. Die Bedienung ließ auf sich warten, denn das studentische Personal war heillos unterbesetzt; die Betreiber hatte nicht mit dem plötzlichen Wetterumschwung gerechnet.

    Ein gut aussehender Herr im modischen Tweed und offenem Hemdkragen näherte sich dem Tisch, blieb stehen und fragte: „Darf ich mich einen Moment zu Ihnen setzten?“

    Da er nur erstaunte Blicke, aber keine Antwort erhielt, fuhr er fort: „Mein Name ist Herbert Weinert alias Commander Troysch.“

    Nun kam Bewegung in den jungen Mann. „Hey, Commander Troysch, natürlich!“, rief er und sprang auf, „Mann! Jetzt erkenne ich Sie! Bitte, nehmen Sie Platz!“ Er schob Weinert einen Stuhl zurecht.

    „Danke. Ich möchte auch nicht lange stören“, sagte der Commander a. D. und setzte sich, „ich kam gerade vorbei und dachte mir, hallo, das ist doch Herr Winkelmann, der Wolfsfreund! Schau doch mal, ob die Hasetéper Wort gehalten haben. Und wie ich sehe, sie haben, denn glücklicher als Sie beide kann man nicht aussehen.“

    Die junge Frau zog die Augenbrauen hoch. „Höre ich recht, Hasetéper? Fängt das schon wieder an?“ Ihre braunen Augen waren zwei winzige Adler, bereit, jederzeit zuzustoßen. „Bevor ihr weiterquasselt, könntest du mich vielleicht mal vorstellen?“

    Die junge Frau hieß Leona Rieckmann und war Winkelmanns Verlobte.

    „Sie sind also dieser ominöse Commander“, sagte sie, „und haben ein Raumschiff... wie sagt man... kommandiert.“

    Der Angeredete verbeugte sich knapp. „So ist es, mein Fräulein.“

    „Und dieses Raumschiff war eine Banane.“

    „Eine Zigarre“, verbesserte Winkelmann.

    „Hören Sie?“, rief die junge Frau, „solch einen Unsinn erzählt er schon die ganze Zeit!“

    „Es ist ein kein Unsinn, meine Teuerste! Genauso war es“, sagte Weinert, „es war eine Zigarre.“

    Winkelmann lachte. „Geben Sie sich keine Mühe! Sie glaubt Ihnen nicht! Mich hält sie für einen durchgeknallten Märchenerzähler.“

    Frau Rieckmann biss sich auf die Lippen. Kleine Schweißperlen standen auf ihrer Stirn. „Na schön, dann war es eben eine Zigarre. Und damit sind Sie durch die Luft geflogen.“

    „Nicht nur durch die Luft! Durch das Weltall! Ich war sogar eine Weile auf einem fernen Planeten.“

    „Und warum sind sie nicht da geblieben?“

    „Ach wissen Sie, meine Liebe, unsere gute alte Erde ist immer noch der beste Aufenthaltsort für einen Menschen aus Fleisch und Blut.“

    „Herr Kommandant, Sie erzählten eben etwas von Wort halten. Was meinten Sie damit?“

    „Wort halten? Ach so! Damit meinte ich, dass Ihr teurer Freund in letzter Zeit mit einer Überraschung zu rechnen hatte.“

    „Aha!“ Ein Sonnenstrahl fiel auf die grüne Hälfte ihrer mehrfarbigen Frisur. Sie beugte sich zu ihrem Verlobten hinüber und drückte ihm einen Kuss auf. „Ich denke, die Überraschung liegt ganz auf meiner Seite“, schnurrte sie.

    „So, nun lass mich auch mal was sagen!“, protestierte Winkelmann .„Herr Weinert, wie ist es Ihnen denn nun ergangen?“

    „Nun ja, wie Sie sehen bin ich wieder in meine bürgerliche Existenz zurückgekehrt. Allerdings mit einem ordentlichen Bonus.“

    „Das heißt?“

    „Sie haben mir zwanzig Lebensjahre geschenkt.“

    „Huiii!“, machte die junge Frau, „das ist aber nobel!“

    Die Bedienung kam und nahm die Bestellungen auf.

    „Wissen Sie, was aus dem Physiklehrer geworden ist?“, fragte Winkelmann.

    „Hauschild? Ja. Er lehrt wieder Physik.“

    „Okay. Und hat er die Million bekommen?“

    Weinert lachte unbeschwert. „Nein. Das Projekt Riemann hat sich als einen Schuss in den Ofen erwiesen. Die Berechnungen waren unbrauchbar, wahrscheinlich, weil Hasis Co-Hirne nicht funktioniert haben. Aber das –“

    „Co-Hirne? Könnt ihr mal verständlich reden?“

    „Später, mein Schatz!“

    „Es war nicht die einzige Überraschung für ihn“, fuhr Weinert fort. „Seine Frau hat vor anderthalb Jahren eins Komma sieben Millionen im Lotte gewonnen.“

    „Tatsächlich? Ja dann hat er sie doch, die Million, und noch einiges drauf! Dann haben die guten Hasetéper ihn also doch noch belohnt und sich nicht lumpen lassen.“

    „Na ja, die wirkliche Überraschung kommt noch. Die beiden sind jetzt geschieden.“

    „Ach nee!“ Winkelmann lachte laut. „Diese vertrackten Himmelhunde! Erst belohnen sie ihn, weil er das Gehirn gerettet hat, dann strafen sie ihn, weil er den Kopf abgeschnitten hat! Darauf muss erst einmal einer kommen!“

    „Hey, was ist das denn für´n Quark?“, knallte Frau Rieckmann raus, „wieso ist ´ne Scheidung ´ne Strafe? Vielleicht war das ja die Belohnung!“

    „Hasi, nun halt mal die Beine still! Woher –“

    „Sag noch mal Hasi zu mir, und ich kratz dir die Augen aus!“

    Weinert lachte herzhaft. „So ist es richtig! Was sich liebt, das neckt sich! Goldig!“

    Für kurze Zeit herrschte Schweigen. Dann sagte Weinert: „Mein wenig ehrenwerter Neffe Jewgenij ist übrigens zu vierundzwanzig Monaten auf Bewährung verurteilt worden und muss eine Menge Geld zurückzahlen. Jetzt lebt er am Existenzminimum.“

    Winkelmann nickte. „Ja, ich weiß, steht groß im Internet. Antiken-Hehlerei. So kann´s kommen. Hat er nicht den Hof geerbt?“

    „Der ist verpfändet.“

    „An sich gehört er doch Ihnen.“

    „Ich pfeif drauf. Außerdem: Tote können nicht erben.“

    „Wie, Sie sind tot?“, fragte Frau Rieckmann und kniff ein Auge zu.

    „Nur amtlicherseits, meine Liebe, ansonsten geht es mir blendend. Aber finden Sie mal ein Amtsrichter, der mir diese Geschichte abnimmt. Manchmal denke ich, es war ein Traum.“

    „Hmm... Da war doch noch ein dritter Mann im Spiel“, meinte der ehemalige Wolfsfreund. „Als ich in dem Wäschekessel steckte, hörte ich deutlich zwei Männerstimmen.“

    „Hey, wo stecktest du? Im Wäschekessel?“

    „Ja, mein Schatz, für kurze Zeit. Erkläre ich dir auch später.“

    „Das kann nur der verschwundene Hausmeister gewesen sein. Nein, ich weiß nichts. Ich bin dem Manne nie begegnet.“

    Die Getränke kamen, und man prostete sich zu.

    „Als Hauschild und ich den Keller verließen, standen da noch zwei Köpfe“, sagte Winkelmann und wischte sich den Schaum vom Mund. „Wissen Sie, was mit denen geschehen ist?“

    „Woher sollte ich? Ich habe das Haus seit meiner Rückkehr nie mehr betreten. Interessiert mich auch nicht. Die Zeit ist vorbei. Ich bewohne jetzt eine Zweizimmerwohnung weit weg von hier und freue mich meines Lebens.“ Er sah die beiden jungen Leute aufmerksam an. „Aber eines interessiert mich nun doch noch: Herr Winkelmann, haben Sie noch Kontakt zu dem Wolf?“

    „Ich bin nicht mehr beim Wolfsteam.“

    „Ach! Und warum nicht, wenn man fragen darf?“

    „Meinetwegen!“, rief Frau Rieckmann und grinste. „Zwei grrroße, schrrröckliche Wölfe waren mir zu viel.“

    „Ich verstehe nicht ganz –“

    „Er heißt doch Wolf! Wolf Winkelmann.“

    „Ich denke, er heißt Hinnak!“

    „Hinnak Wolf Winkelmann.“

    „Ach so! Das wusste ich nicht.“

    „Und was machen Sie so, Herr Commander?“

    „Hat sich auskommandert... Ich bin Beauftragter für Außergalaktische Angelegenheiten bei der ESA und bringe dort meine Erfahrungen mit Aliens ein. Interessanter Job. So, jetzt muss ich aber verschwinden. Ach übrigens, wann soll denn die Hochzeit sein?“

    „Das wissen wir noch nicht genau. Jedenfalls in Bälde“, meinte Winkelmann.

    „Wo liegt denn Bälde? Haha, kleiner Scherz! Sagen Sie mir auf jeden Fall Bescheid. Ich lasse Ihnen meine Karte hier. Und viel Glück für Sie beide!“ Weinert erhob sich.

    Frau Rieckmann, entrüstet: „Sagen Sie mal, Herr Beauftragter, wollen Sie nicht ihr Bier bezahlen, eh Sie sich aus dem Staub machen?“

    Doch statt zu reagieren, blieb der Commander a. D. stocksteif stehen. Dann begann er zu schrumpfen. Als er so groß wie ein Äffchen war, sprang er auf den Tisch und legte etwas hin, das wie eine silberne Zigarre aussah. Dann schrumpfte er weiter. Bald hatte er Hummelgröße erreicht, erhob sich unter den verdutzten Blicken der jungen Leute in die Luft und schwebte leise brummend davon.

    „Glaubst du mir jetzt, dass er bei den Aliens war?“, flüsterte Winkelmann, nachdem er sich von seiner Verblüffung erholt hatte. „Die kennen noch mehr solche Tricks.“

    „Ich habe gerade woanders hingeschaut“, kam es keck zurück. Doch die Wangen der jungen Dame zitterten. „Was ist das denn da?“, fragte sie leichthin.

    „Ein Modell des Raumschiffs im Zustand extremen Salzmangels.“

    „Quatsch nicht. Gib lieber mal her!“ Frau Rieckmann wog die geheimnisvolle Zigarre in der Hand. „ Mann, wenn das nicht reines Silber ist!“, rief sie überrascht. „Mein Opa hat ein Zigarettenetui aus echtem Silber, das auch so schwer ist! Aber bezahlen können wir damit nicht.“

    „Zumindest nicht sofort.“

    „Da steckt was drin! Zieh das mal ´raus!“

    „Alter, haste Töne? Ein Fuffi!“ Die junge Frau blickte ihren Verlobten verschmitzt an. „Großzügig, der Mann, Hut ab! Da nimm dir mal ein Bei –“

    Den Rest des Satzes verhinderte ein langer, dicker, schmatziger Kuss.

  • Heyho McFee ,

    das war's?

    Geschichte abgeschlossen?

    Falls ja war's eine unglaublich gute!!!

    Danke, das ich sie lesen durfte!!!

    :nummer1::nummer1::nummer1:

    Der Wanderer

  • Hi! Ich weiß nicht, ob diese Geschichte noch aktuell ist, da gar keine neuen Reaktionen da sind. Nichtsdestotrotz möchte ich bisschen rückmelden. Ich lese sonst NIE Sci-Fi-Geschichten, aber diese Story hat mich schon von Beginn an in ihren Bann gezogen. (Saß jetzt gute drei Stunden dran.) Ich finde sowohl die auktoriale Schreibweise, als auch die personale Erzählsicht besonders von Hinnak unterhaltsam und nachvollziehbar. Klar, bei der auktorialen Perspektive fühlt man sich den Personen nicht ganz so stark verbunden, aber ich habe es genossen, eine Geschichte mal eher wie einen amüsanten Bericht zu lesen.

    Beeindruckt hat mich dein ziemlich umfassendes Wissen - über Gehirne, über Astronomie und Weltall, über Sprachwissenschaft, über Technologie, sogar über Wölfe und Salinen. Ich habe nichts davon nachgeschlagen, es kommt mir aber sehr gut recherchiert und vertrauenswürdig vor. Das verleiht der Geschichte noch einen Touch mehr Realismus.

    Zudem möchte ich noch sagen, dass ich es nicht schlimm finde, wenn die Perspektiven so oft von einer Person und einem Ort zu einer/m anderen wechseln. Im Gegenteil, gegen Ende hin kam es mir immer abgerundeter vor, da Personen vom Anfang wieder auftauchten und ins Geschehen wirkungsvoll eingewebt wurden.

    Am Schreibstil habe ich nichts, gar nichts zu meckern. Da waren ja wohl nicht alle Leute derselben Meinung, aber ich würde nichts ändern, bis auf hin und wieder ein paar Kommaversäumnisse. Knackige Dialoge, notwendige Beschreibungen, gut ausgearbeitetes Hintergrundwissen - perfekt. Es ist nicht ganz mein Thema, aber der Schreibstil hat mir bis ans Ende geholfen. Es ist mal was anderes als die unendlichen personalen Erzählsituationen, die blumigen Gefühlswelten und inneren Monologe. Hoffe, dir hilft das!

    Was ich schreibe: Eden

  • Hallo Stadtnymphe,

    Dank für deinen wohlwollenden Kommentar! Dass ich dir mit meiner Gesch. ein paar heitere Stunden bereiten konnte, macht mich geradezu glücklich. Und auch, dass du den Humor erkannt hast. Dir ist wahrsch. auch aufgefallen, dass Komm. Troysch = 'der Gute' von treu kommte, der schlechte, Toysch, von täuschen.

    LG, McFee

  • Dir ist wahrsch. auch aufgefallen, dass Komm. Troysch = 'der Gute' von treu kommte, der schlechte, Toysch, von täuschen.

    Das hatte ich mir einmal gedacht. Es klingt aber auch etwas nach Sci-Fi (könnte jetzt nicht begründen, warum ich das so empfinde), deshalb habe ich es nicht weiter beachtet:):patsch:

    Was ich schreibe: Eden