Vertraut auf euer Schwert [Textfragment]

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 1.877 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (11. Juli 2019 um 21:44) ist von Asni.

  • Anmerkung vorab

    Das folgende Fragment beschreibt für mich eine Szene, die als Ausgangspunkt für einen sich dann im Anschluss entfaltenden Konflikt dienen könnte. Mit kommt es hier vor allem auf die Dialoge an bzw. den verbalen Schlagabtausch. Keine Ahnung, ob das richtig rüberkommt. Daher würde mich einfach mal eure Meinung dazu interessieren. ^^
    Und zu allem anderen natürlich auch. Würdet ihr die hier angelegte Geschichte lesen wollen? Falls nicht, warum nicht? Wo kann ich das spannender, überzeugender... gestalten?
    Danke für euer Feedback

    Vertraut auf euer Schwert

    Die Männer saßen schweigend um das Feuer herum. Ihre Gesichter wirkten im zuckenden Flammenschein noch härter. Versteinerte Mienen von Männern, die eine Entscheidung über Leben und Tod treffen mussten.
    Bal Vahiri hatte noch keinen Ruf. Er zählte noch zu den Jungen, die aufsahen zu den großen Kriegern, den Anführern, denjenigen, die etwas erlebt und etwas erreicht hatten. Wijosiv Kartun, der Größte unter ihnen. Sein langes, schon ergrauendes Haar ließen ihn älter wirken als er war. Sein Arm jedenfalls war noch stark und seine Augen glitzerten wie klare Bergseen. Er war ein geborener Anführer und viele würden ihm folgen. Auch Bal wollte ihm folgen. Wenn er ihn haben wollte, hieß das.
    Hier oben im Steinwald ging es noch etwas anders zu als unten im Land. Hier wählten die Anführer ihre Gefolgsleute und baten sie, ihnen zu folgen. Die Ritter im Land zwangen ihre Untertanen zum Kriegsdienst. Hier oben waren alle Männer frei.
    Noch.
    Wenn es nach dem Adel ging, dann würden die Sitten des Südens und Westens auch bald in den Wäldern und Tälern des Steinwaldes Einzug halten. In einigen Orten wurden schon Steuern erhoben. Uniformierte Soldaten hatten einen Markt gesprengt, weil das Dorf angeblich kein Recht dazu besaß, einen Markt abzuhalten. Doch das würden sich die Vrenkar nicht bieten lassen. Sie mochten zwar Teil des Reiches sein und innerhalb des magischen Wirbels liegen, aber versklaven lassen würden sie sich nicht. Schließlich hatte sie niemand gefragt, ob sie den Schutz der magischen Barriere in Anspruch nehmen wollten oder nicht.
    Über mehrere Jahre gingen die Gängeleien des Adels nun schon. Immer dreister wurden sie und immer mehr Leute aus dem Süden zogen ins Land der Vrenkar. Wie viele glaubte auch Bal, dass dadurch ihre Kultur unterwandert werden sollte. Doch das würden die Krieger heute Nacht beenden.
    Wenn die Alten zu einer Entscheidung kamen.
    Bal war ungeduldig. Er versuchte, mit seinen Gedanken Wijosiv dazu zu bewegen, sich als erster dafür auszusprechen, gegen die Eindringlinge loszuschlagen. Doch Wijosiv starrte nur ins Feuer.

    Die Flammen sprachen nicht mehr zu ihm, wie sie es früher getan hatten. Früher, wenn er nicht wusste, wohin, dann hatte er sich irgendwohin zurückgezogen, ein Feuer entfacht und einfach nur in die Flammen gestarrt. Lange hatte es nie gedauert, bis er in ihrem zuckenden Spiel seinen Weg erkannte. Doch das war lange her.
    Jetzt bestimmten seine Frau und eine Schar Kinder seinen Weg. Weit kam er eh nicht mehr. Er war alt, die Zeit, in der er das Geschick seines Dorfes und derjenigen, die ihm folgten, bestimmt hatte waren vorbei. Jeder konnte das sehen. Nur Idioten nicht. Und davon gab es eine ganze Menge. Männer und Frauen gleichermaßen, wobei Wijosiv zugeben musste, dass gerade junge Männer, die sich einen Namen machen wollten, dazu neigten, Idioten zu sein.
    Aber so war das nun einmal. Auch Wijosiv war jung und dumm gewesen. Jetzt war er schlauer. Doch die Erwartungen der Krieger hier lasteten schwer auf ihm. All die Weisheit, die er über die Jahre hinweg gesammelt hatte, nutzte ihm nichts. Die Jungen wollten sie nicht hören. Und die Alten hörten nur ihr eigenes Geschwätz.

    Balkur stand auf. Einer musste den Anfang machen, sagte er sich.
    "Wir müssen Stärke zeigen. Schlagen wir los. Dann werden sie wissen, dass es uns ernst ist!"
    Einige Männer murmleten ihre Zustimmung. Ein einzelner rief laut: "Jawohl!" Balkur bedachte den jungen Kerl mit einem Nicken. Vielleicht konnte er ihn damit für sich gewinnen. Es war immer gut, noch einen weiteren Kämpfer hinter sich zu wissen. Oder noch besser: hinter dem Rücken seiner Feinde.
    "Wir sind Vrenkar!" fuhr er fort. "Wir lassen uns nicht knechten. Wir sind stark! Seit tausend Jahren schon leben wir hier und immer noch so, wie es unsere Väter taten. Das dürfen wir um keinen Preis aufgeben!"
    Aus dem Augenwinkel sah Balkur, wie Wijosiv die Hand hob als Zeichen, dass er sprechen wollte. Balkur drechte sich zu ihm um und sah ihn auffordernd an. Der alte Sturkopf würde ihm widersprechen, dass erwartete Balkur. Und er wurde nicht enttäuscht.
    "Sage mir, Balkur, wenn dir einer mit der Axt einen Finger abhaut, um dir zu zeigen, wie stark er ist, wirst du ihn in Ruhe lassen... oder ihn mit deinem Schwert in Stücken hacken?"
    Einige Männer lachten, andere nickten zustimmend. Doch die meisten runzelten die Stirn und machten düstere Gesichter. Balkur wusste sie auf seiner Seite. Er lächlte einen Moment lang und sah in die Runde. Er wartete bis es ruhiger geworden war.
    "Du hast ganz recht, Wijosiv. Nur sind wir derjenige, dem man den Finger abhackt. Und wenn wir uns nicht wehren, wird ein weitere Finger folgen. Und dann noch einer. Solange, bis wir nur noch nutzlose Stummelhände haben und um unser Leben betteln müssen, so wie es die Hörigen drunten im Land tun."
    Die Jüngeren brachen in tosenden Beifall aus. Mehrere zogen ihre Schwerter und stießen sie in die Luft. Es schien, als würden sie am liebesten sofort aufbrechen. Es dauerte eine ganze Weile bis wieder Ruhe eingekehrt war. Die Männer waren gespannt auf Wijosivs Antwort. Doch der starrte nur ins Feuer und schwieg.
    "Was ist, Wijosiv? Hast du dich mit deiner eigenen Klinge erschlagen?"
    Wijosiv blickte hoch. Seine Augen wirkten traurig, trübsinnig, so als könne er kommendes sehen und wusste, dass es nichts gutes war.
    "Nein, meine Klinge bleibt in ihrer Scheide. Gewalt gegen Gewalt führt nur zu noch mehr Gewalt. Es muss einen anderen Weg geben."
    "Du hast Angst!", stellte Balkur trocken fest. Wijosiv lächelte nur und sagte:
    "Nein, keine Angst. Nur Klarheit. Ich sehe den Weg, den du unser Volk entlang führen wirst. Er wird in einem Meer aus Blut enden."
    Balkur schnaubte.
    "Das will ich hoffen. Es wird das Blut unserer Feinde sein. Wir werden es vergießen. Und das nicht zu knapp. Je mehr, desto besser. Es wird der Graben sein, den sie nicht mehr überqueren werden. Weil sie genauso ängstlich sind wie du. Ich vertraue auf mein Schwert und nicht auf die Schatten, die die Flammen werfen," spie er verächtlich aus.
    Für einen Augenblick herrschte Stille. Dann rief ein junger Krieger aus: "Vertraut auf euer Schwert!" und riss seine Klinge in die Höhe.
    "Vertraut auf euer Schwert, Vrenkar, euer Schwert!" Ein paar weitere nahmen den Ruf auf und dann weitere. Schließlich riefen fast alle einstimmig "Vertraut auf euer Schwert!"

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Hach, der Klassiker :panik:
    Die jungen, wilden Idioten, die einen Kampf anzetteln, den sie eigentlich nicht gewinnen können und die weisen Alten, die um die Konsequenzen wissen, aber ignoriert werden ...

    Der Text bietet als Einstieg auf jeden Fall viele Möglichkeiten.
    Nicht nur der große Konflikt zwischen den Völkern, sondern auch Spaltungen innerhalb der Vrenkar :D
    Intrigen, Bündnisse, Allianzen und Verrat. Für mich klingt das spannend und gut :thumbsup:

    Ich Chat hast du angedeutet, dass der Text älter ist. Hast du ihn nochmal überarbeitet oder direkt hochgeladen? :)

    Spoiler anzeigen

    Über mehrere Jahre gingen die Gängeleien des Adels nun schon. Immer dreister wurden sie und immer mehr Leute aus dem Süden zogen ins Land der Vrenkar. Wie viele glaubte auch Bal, dass dadurch ihre Kultur unterwandert werden sollte.

    Dass die Leute aus dem Süden aber vielleicht auch keine Lust haben versklavt zu werden und deshalb nach Vrenkar kommen, kommt den jungen "Idioten" nicht in den Sinn XD

    "Sage mir, Balkur, wenn dir einer mit der Axt einen Finger abhaut, um dir zu zeigen, wie stark er ist, wirst du ihn in Ruhe lassen... oder ihn mit deinem Schwert in Stücken hacken?"
    Einige Männer lachten, andere nickten zustimmend. Doch die meisten runzelten die Stirn und machten düstere Gesichter. Balkur wusste sie auf seiner Seite. Er lächlte einen Moment lang und sah in die Runde. Er wartete bis es ruhiger geworden war

    Wahre Worte ...

    "Vertraut auf euer Schwert!"

    :panik:

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • Was für ein ergreifendes Fragment, besonders die metapherreiche Rede gefällt mir. Aber es gibt dennoch einige Dinge, die ich als Leser hier gleich am Anfang verstehen würde, allein des Realismus deiner Welt wegen: die inoffizielle Autorität der alten Krieger lässt eine Art Stammessystem vermuten, das keine klare Hierarchie zu haben scheint. Sind es also Nomaden, die dieses Gespräch führen?
    Außerdem entsteht der Eindruck, dass der Kampf gegen die Eindringlinge, wie sie genannt werden, ein ungleicher sein wird. Ist es, nur durch die zahlenmäßige Überlegenheit dieser (wir hörten ja, dass die Angreifer in ihrem Land eine Art Ständewesen durchsetzen) oder auch durch technologische Überlegenheit?
    Hier könntest Du Dir zum Beispiel Gedanken darüber machen, warum jeder Krieger ein Schwert zu haben scheint, obwohl Stahlbearbeitung in solchem Maße ziemlich kostspielig ist. (Du könntest natürlich aber auch sagen, dass sie noch keine Eisenverarbeitung kennen und gegossene Bronzewaffen verwenden, während die feindlichen Ritter stählerne Waffen schwingen, was zu einer größeren Überlegenheit der Invasoren und meiner Meinung nach zu mehr Spannung führen würde)

    Ich hoffe das waren nicht allzu viele Tipps, zumal es sich ja nur um einen Textauszug handelt. ;)

  • Asni

    Mir persönlich bestand der Dialog schon wieder aus zu vielen Metaphern. Praktisch hast du in fast jedem Satz eine verwendet und das macht das Lesen für mich einzelne Person anstrengend. Beziehungsweise ist anstrengend das falsche Wort. Es reißt mich in dieser Menge raus, weil ich bei jeder Zeile erstmal zuordnen und interpretieren muss. Besonders Wijosivs Axt-Finger-Metapher musste ich mehrmals lesen, ehe ich kapiert habe, wer jetzt wem metaphorisch was abhackt :hmm: An manchen Stellen habe ich auch den Eindruck, dass du dich zu verkrampft um eine heroisch/epische Sprache bemüht hast. Der Dialog der beiden Kontrahenten wirkt dahingehend etwas gestelzt auf mich. Vielleicht wäre hier etwas mehr normaler Redefluss angebrachter gewesen, auch, um die Metaphern besser ins Rampenlicht zu stellen. Der Schlagabtausch ansich funktioniert, davon abgesehen, einwandfrei ^^ Die beiden geben sich Kontra und beziehen sich auf das, was der andere zuvor gesagt hat. Dieser Aspekt gefällt mir besonders, weil sie ihre eigenen Metaphern gegenseitig fortführen. Für meinen Geschmack sollte es nur vielleicht ein kleines bisschen weniger sein.

    Um den Text außerdem etwas lebendiger werden zu lassen, könntest du mehr von Bals Eindrücken und Gedanken preisgeben. Am Anfang beschreibst du zwar viel durch Bals Augen und du gehst auch auf seine Ungeduld ein und was er vom Adel und den Fremden hält, aber beim Dialog fehlt das dann irgendwie :hmm: Für den Leser könnte es sehr interessant sein zu lesen, wie Bal die Worte der beiden Krieger empfindet.

    Randbemerkung: Von der Namenswahl her finde ich es etwas ungünstig, dass die Geschichte aus der Sicht von Bal spielt, es aber gleichzeitig eine (für dieses Textfragment) wichtige Figur namens Balkur gibt. Das kann besonders in der Einfindungsphase des Lesers verwirren.

  • Im Chat hast du angedeutet, dass der Text älter ist. Hast du ihn nochmal überarbeitet oder direkt hochgeladen?

    Der Text ist von 2014... ehrlich gesagt weiß ich nicht mehr, ob ich ihn mal überarbeitet habe. Vermutlich nicht, denn irgendwo müsste ich nochmal die gleiche Szene geschrieben haben, allerdings erst letztes Jahr oder so. Da wusste ich auch schon nicht mehr, dass ich das schonmal geschrieben habe ^^

    An manchen Stellen habe ich auch den Eindruck, dass du dich zu verkrampft um eine heroisch/epische Sprache bemüht hast. Der Dialog der beiden Kontrahenten wirkt dahingehend etwas gestelzt auf mich. Vielleicht wäre hier etwas mehr normaler Redefluss angebrachter gewesen, auch, um die Metaphern besser ins Rampenlicht zu stellen.

    :hmm: Möglich, dass ich das damals tatsächlich versucht habe. Kann ich aber nciht mehr so genau sagen.

    Randbemerkung: Von der Namenswahl her finde ich es etwas ungünstig,

    Das hab ich mir beim Lesen auch gedacht... xD Ich hab's trotzdem mal gelassen, um mal zu sehen, ob das jemanden stört.

    Danke @Miri, @MieszkoVI und @Skadi für euere Kommentare ^^

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]