Infos vorab
Hier kommt der nächste Teil, in welchem es um die Abstimmung der Engelsfürsten gehen wird. Ich habe noch ein wenig daran herumgefeilt. Zum Beispiel wurde in meiner Urfassung das Votum noch per Handzeichen abgegeben. Das erschien mir jetzt ein bisschen zu langweilig, weshalb ich versucht habe, das etwas ´magischer `zu gestalten.
Dann habe ich Elias`kurze Ansprache am Ende der Abstimmung noch etwas angepasst. Ich weiß, es klingt vielleicht etwas pathetisch, aber so war es von mir gewollt. ... Trotzdem würde mich mal interessieren, wie das so rüberkommt.
Unsicher bin ich außerdem noch bei der abschließenden "Aufgabenverteilung" .... sie war in meiner Urfassung gar nicht vorgesehen, doch habe ich sie nachträglich hinzugefügt, damit noch mal deutlich wird, dass die nicht völlig planlos sind und Elias in seiner Rolle als "Auserwählter" nicht einfach in die Menschnwelt verschwindet, um sein Mädchen zu retten...
Na ja, lasst mich einfach mal an euren Gedanken teilhaben. Jede Art von Feedback ist wie immer Willkommen
Kapitel 7.1
„Also gut! Wie wird es nun weitergehen?“, fragte Elias mehr dem Anstand geschuldet, die beiden Fürsten glauben zu lassen, er würde sie in seine Entscheidung mit einbeziehen. Wenn er ehrlich war, stand sein Entschluss schon lange fest und daran würde weder das heutige Abstimmungsergebnis noch die Erwartungshaltung der Oberen etwas ändern.
„Uns bleibt nicht mehr viel Zeit“, sagte Metatron daraufhin und musterte Elias, als ahne er, was in seinem Kopf vorging. „Sobald wir Maruth ausgeschaltet haben, wird Erzengel Michael seinen Platz einnehmen und das Heer anführen…“ Nachdenklich betrachtete er Elias eingehend und die Pause, die er machte, ließ darauf schließen, dass ihm die nächsten Worte nicht sonderlich leicht fielen. „Welches Schicksal das Orakel auch immer für dich bestimmt haben mag, so deutet doch alles darauf hin, dass dein Platz derweil bei den Menschen zu sein scheint…“
Elias atmete auf. Insgeheim hatte er befürchtet, man würde ihn auch gegen seinen Willen zum Bleiben verpflichten, doch dieser Kelch schien gerade an ihm vorbeigezogen zu sein.
„Michaels Rückkehr wird die Moral der Truppen stärken und viele Zweifler wieder zur Vernunft bringen. Ihm gehört die bedingungslose Loyalität des Heeres, das weiß ich“, sagte er mit einer gewissen Erleichterung in der Stimme. „Ich werde zurückkehren und Emilia suchen. Ich muss sie finden! – Allerdings werde ich Waffen brauchen!“ Abwartend sah er Seraphiel und Metatron an.
„Ja “, antworteten beide wie aus einem Mund und ihr synchrones Nicken erinnerte zum wiederholten Mal an eineiige Zwillinge. „Du wirst unbegrenzten Zugang zur Waffenkammer erhalten“, ergänze Seraphiel und obwohl Elias wusste, dass dies ein großzügiges Zugeständnis war, wollte er sich nicht vorstellen, was er tun würde, sollte man sich bei der bevorstehenden Abstimmung gegen ihn und sein Vorhaben aussprechen.
Der Versuch, seinen Plan auf eigene Faust umzusetzen, mit den wenigen Mitteln, die ihm zur Verfügung standen, wäre ohne jeden Zweifel das reinste Kamikazeunternehmen! Daran würde auch der reichhaltige Waffenfundus in dem überquellenden Depot der himmlischen Streitkräfte nichts ändern.
In dem Moment öffnete sich die große schwere Flügeltür und lautes Stimmengewirr flutete den Raum. Die Gruppe der Engelsfürsten trat ein und verteilte sich wieder auf ihre Sitze. Kaum hatten alle ihre Plätze eingenommen, kehrte unerwartet schnell Ruhe ein und Seraphiel übernahm erneut den Vorsitz.
„Nun. Da die Beratungszeit recht kurz ausgefallen ist, gehe ich davon aus, dass es innerhalb der Ebenen zu einem einstimmigen Ergebnis gekommen ist.“ Sein Blick wanderte durch die Menge und das allseits zustimmende Nicken bestätigte ihm, dass er mit seiner Vermutung richtig gelegen hatte.
„So bitte ich Euch nun, einen Vertreter zu bestimmen, der sein Votum, stellvertretend für die gesamte Ebene, abgeben wird. Solltet ihr euch dafür entscheiden, Elias als den Auserwählten anzuerkennen, hieße das auch, ihm in allen Belangen Treue zu schwören und ihn nach allen Kräften zu unterstützen. Sollte es an dieser Stelle noch Unklarheiten geben, wäre jetzt der Zeitpunkt gekommen, diese offen auszusprechen.“ Seraphiel hielt einen Moment inne und wartete ab, ob sich noch jemand zu Wort melden wollte.
Elias` Nerven waren zum Zerreißen gespannt und jede Faser seines feinstofflichen Körpers schien wie elektrisiert. Einen kurzen Augenblick fragte er sich, ob er der Belastung noch länger würde standhalten können oder ob er nicht vielmehr dem Verlangen nachbeben sollte, die hohen Herren erneut an die Brisanz der Lage zu erinnern und sie zur Eile anzutreiben.
Seine mühevolle Zurückhaltung war einzig der Tatsache geschuldet, dass ´Ungeduld` unter den Engeln als achte Todsünde verschrien war, weshalb ein solches Vorgehen für den Ausgang der Abstimmung mit Sicherheit nicht eben förderlich gewesen wäre. Ohnehin, so rief er sich in Erinnerung, hatte er den Bogen bereits überspannt und seinen Bonus dahingehend längst ausgeschöpft.
Mit einer Mischung aus Erleichterung und gespannter Erwartung nahm er nun aber zur Kenntnis, dass Metatron vortrat und sich räusperte.
Endlich!
Als er nach feierlichem Vorgeplänkel, der Prüfung der Beschlussfähigkeit und einer weiteren ergänzenden Ansprache zur Trageweite der heutigen Entscheidung schließlich zum Ende seines Monologs kam, waren weitere wertvolle Minuten verstrichen, wovon jede einzelne an Elias` dünnem Nervenkostüm zerrte.
„Diejenigen unter Euch, die ihr ausgewählt wurdet, die Stimme für Eure Ebene abzugeben, erhebet Euch nun!“, hallten Seraphiels Worte mit der Intensität eines Glockenschlags von den Wänden wider, und die spannungsgeladene Atmosphäre legte sich wie ein knisterndes Energiefeld über den gesamten Raum.
Aufgeregt rieb Elias die Handflächen aneinander und beobachtete das Spektakel von seinem Platz aus mit größter Aufmerksamkeit. Jetzt war der Moment gekommen, in dem sich alles entscheiden würde. Alle weiteren Schritte hingen einzig und allein von dem ausstehenden Ergebnis dieser Abstimmung ab. Ihm stockte der Atem, als sich die Engel als Repräsentanten für ihre Ebene von ihren Plötzen erhoben.
Cerviel setzte sich als Erster in Bewegung. Aufgrund seines kritischen Einwandes heute Abend, war der kurzhaarige Engel mit dem Sommersprossengesicht Elias noch gut in Erinnerung geblieben. Als nächstes stand Zadkiel auf, dessen Bekanntschaft er bereits bei seiner Urteilsverkündung vor wenigen Wochen gemacht hatte und auch Rafael gesellte sich zu dem erlesenen Kreis dazu. Wie nicht anders zu erwarten, erhob sich kurz darauf Camael, sein ehemaliger Mentor von seinem Platz, um die ´Gewalten` zu vertreten.
Insgesamt zählte Elias schließlich acht Engel, wovon ihm vier jedoch gänzlich unbekannt waren.
Herr, lass es gut gehen!, dachte er bei sich, während seine Zuversicht aus ihm herausströmte und dahinschwand wie ein flüchtiger Luftzug.
Gerade, als in ihm die Frage aufkam, wer der fehlende neunte Engel sein würde, schob sich Seraphiel an ihm vorbei und platzierte sich bei den anderen. Er war es scheinbar, der die Stimmabgabe für die erste und höchste Ebene übernahm.
Elias Anspannung wurde zunehmend größer und als auch nach einer gefühlten Ewigkeit noch immer nichts geschah, wurde ihm bewusst, dass er keinen blassen Schimmer hatte, wie genau die Stimmabgabe von statten gehen würde.
Konnte es sein, dass die Fürsten die Angelegenheit auf mentalem Wege austrugen und das Ganze an ihm vorbeiging?
Er hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gebracht, da tauchte wie aus dem Nichts ein intensives Leuchten auf, das die neun Stimmträger von Kopf bis Fuß einhüllte.
Der strahlende Glanz, der plötzlich von ihnen ausging, verstärkte sich, als sie mit ihren Händen grell schimmernde Lichtgebilde erzeugten, die in den verschiedensten Farben zu schillern begannen.
Im selben Augenblick flammten die bis dahin still vor sich hin flackernden Feuerschalen ringsum auf. Erst jetzt bemerkte Elias, dass es genau neun an der Zahl waren. Die Frage danach, ob das nun reiner Zufall war oder es etwas mit den neun Ebenen seines Reiches zu tun haben mochte, erübrigte sich, als sich die wabernden Energiekugeln von ihren Erschaffern lösten und sich mit schwereloser Leichtigkeit direkt auf die lodernden Behältnisse zubewegten.
Kaum berührten die schwebenden Gebilde die emporzüngelnden Flammen in den bronzefarbenen Kübeln, verschmolzen sie damit zu einem grellen Lichtblitz, der das Preatorium für einen kurzen Augenblick in ein Meer aus Farben tauchte.
Ein beinahe hypnotisches Flimmern hing in der Luft und obwohl Elias absolut keine Ahnung hatte ob das, was sich dort vor seinen Augen abspielte gut oder schlecht für ihn war, fühlte er sich überwältigt von der ungebändigten Kraft, die durch ihn hindurchfuhr.
Nach und nach löste sich der durchscheinende Vorhang glitzernder Teilchen auf, die gemächlich umherflogen, bevor sie wie von einem unsichtbaren Windhauch erfasst mit beinahe tänzerischer Eleganz auf ihn herabrieselten.
Wie angewurzelt stand er da und ließ langsam den Blick an sich herunterwandern. Ungläubig betrachtete er seine Hände, die auf wundersame Weise funkelten, ebenso, wie wahrscheinlich der Rest seines Körpers, der jedoch von seinem Gewand bedeckt wurde, weshalb er es nicht mit Gewissheit sagen konnte.
Zusehends verblasste der zauberhafte Glanz und zurück blieb das gewöhnliche Leuchten, welches Elias in seiner körperlosen Gestalt umgab.
„Somit wäre der Beschluss einstimmig!“, drang Seraphiels Stimme wie aus weiter Ferne an sein Ohr.
Wie jetzt? Das war`s?
Elias konnte es nicht glauben. Sollte es das tatsächlich gewesen sein?
Der zufriedene Ausdruck, mit dem Seraphiel und Metatron ihn bedachten, bestätigte ihn in seinem Verdacht und als sich die gesamte Fürstenschar obendrein vor ihm verneigte, glaubte er kurzzeitig einer Illusion zum Opfer zu fallen.
Sie hatten ihm ihr Vertrauen bekundet und würden sich ihm anschließen. Fast glaubte Elias, den riesengroßen Felsbrocken aufschlagen zu hören, der ihm soeben vom Herzen gefallen war. Seine Mundwinkel begannen zu zucken und verselbstständigten sich zu einem breiten jungenhaften Grinsen.
Es schien ihm angebracht, ein paar Worte an die Abgesandten zu richten, weshalb er sich straffte und die Anspannung abzuschütteln versuchte, die ihn in den vergangenen Minuten fest im Griff gehabt hatte.
Dann trat er ans Rednerpult und sog die ehrfürchtige Stille ein, die sich ausgebreitet hatte. Weitere Sekunden verstrichen, in denen er seinen Blick über die Reihen wandern ließ, so, wie er es immer tat, wenn er sich der vollen Aufmerksamkeit seiner Zuhörer gewiss sein wollte.
„Der heutige Tag, wird in die Geschichte unseres Reiches eingehen…“, setzte er schließlich mit fester Stimme an. „Denn dies ist der Tag, an dem wir entschieden haben, einen neuen Weg zu beschreiten – Einen Weg, der uns ins Ungewisse führen und das Licht der Erkenntnis, welches unser steter Begleiter war, in tiefe Schatten tauchen wird. Aber …“, er machte eine Pause, um den folgenden Worten mehr Gewicht zu verleihen, „…man wird sich ebenso daran erinnern, dass dies der Tag war, an dem sich die Sphären zu einem neuen starken Bündnis vereint haben. Einem Bündnis, das durch die Macht der Gemeinschaft dem Untergang trotzen und das Böse bezwingen wird.“ Ob es seine eigenen Worte waren, die ihn beflügelten oder es vielmehr an dem Umstand lag, dass er sie hier und jetzt an die Oberen seines Reiches richtete, wusste er nicht, doch spürte er deutlich, wie er von einer Welle unbändiger Hoffnung erfasst wurde, die seinen Geist mit einem schier grenzenlosen Optimismus flutete. Nie zuvor war er sich einer Sache so sicher gewesen. Niemals einem Sieg derart gewiss, wie jetzt gerade.
„Wir werden Dagon besiegen!“, hörte er sich kurz darauf sagen. „Ich weiß es! Ich spüre es in mir! Wir werden es schaffen … Seite an Seite mit den Menschen! – Möge Gott der Allmächtige uns beistehen!“
Elias hatte sich in Rage geredet und ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, hob er die geballte Faust über seinen Kopf-eine Geste, wie sie im himmlischen Heer häufig vor großen Schlachten zu beobachten war, um sich selbst oder den Kameraden Mut zu machen oder sich gegenseitig anzuspornen.
Das zaghafte Klopfen auf den Schreibpulten signalisierte die zurückhaltende Zustimmung der Engelsfürsten, doch als Verchiel und Camael seinem Vorbild folgten und ihre Fäuste über ihre Köpfe streckten, schlossen sich ihnen nach und nach alle anderen an.
Der Anblick dieser einheitlichen Kampfansage und die Entschlossenheit, welche ihm aus den Augen der Engel entgegenschlug, verursachte bei Elias eine Gänsehaut. Er wusste, dass die meisten von ihnen keinerlei Kampferfahrungen hatten und ihnen mehr als unwohl zumute sein durfte, bei der Vorstellung, was auf sie zu kommen würde. Dennoch waren sie bereit, ihm zu folgen.
Das Gefühl, das von ihm Besitz ergriff, war unbeschreiblich und das erste Mal, seit er das Praetorium vorhin betreten hatte, war er erfüllt von einer tiefen Zuversicht.
„So sei es denn“, sagte Seraphiel in feierlichem Ton. „Wir werden umgehend alle erforderlichen Maßnahmen in die Wege leiten.“
Eine ergebene Verbeugung, die in ihrer Bewegung exakt auf die von Metatron abgestimmt war, besiegelte auf eindrucksvolle Weise den Beschluss.
Es dauerte einen Moment bis Elias das darauffolgende Schweigen in Verbindung mit den abwartenden Blicke, die sich auf ihn richteten, einzuordnen vermochte. Erst mit einiger Verzögerung wurde ihm klar, dass man offenbar darauf wartete, seine Befehle entgegenzunehmen.
„Sämtliche Engel müssen sich auf der Stelle kampfbereit machen“, setzte er daraufhin schließlich an und wendete sich dabei Camael und Verchiel zu. „Ihr müsst so schnell wie möglich die Truppen aufstocken und dafür zu sorgen, dass sie einsatzfähig gemacht werden. Maruth darf auf keinen Fall Verdacht schöpfen, dass die Engel der anderen Ebenen das Heer unterstützen werden, bedenkt das.“
Das knappe Nicken der beiden kam fast einem Salutieren gleich. Ungewollt musste Elias schmunzeln, als er die Kampfeslust in ihren Augen aufblitzen sah, die er von sich selbst nur zu gut kannte.
„Wenn Dagon tatsächlich das Lichterfest ausgewählt hat, um seinen Angriff in Szene zu setzen, dann werden wir ihn gebührend in Empfang nehmen“, sagte er und verschränkte mit selbstgefälliger Lässigkeit die Arme vor der Brust. „Nie im Leben wird er mit einer solch starken Gegenwehr rechnen und genau diesen Überraschungsmoment werden wir uns zu Nutze machen.“
„Wie genau ist dein Plan?“, schaltete sich nun Michael ein und bedachte Elias mit einem fragenden Blick.
Mit beiden Händen stützte sich Elias am Pult ab und nahm einen tiefen Atemzug. In der Vergangenheit waren seine Ideen schon so oft niedergeschmettert worden, dass er beinahe geneigt war, die Ernsthaftigkeit dieser Frage anzuzweifeln. Alleine die unverändert wohlwollenden Mienen seiner Zuhörer, die erwartungsvoll auf seine Antwort warteten, bestärkten ihn darin, sich einen Ruck zu geben.
„Sie sollen uns maßlos unterschätzen … sich in Sicherheit wiegen. Sie werden glauben, dass es ein Kinderspiel wird“, begann er und spürte, wie die innere Überzeugung in ihm heranwuchs. „Einen Teil der Truppen werden wir eindringen lassen, bevor wir die Grenzübergänge abriegeln und ihnen den Rückzug verwehren. Diese Ausgeburten der Hölle werden sich wünschen, niemals einen Schritt über unsere Schwelle gesetzt zu haben…“
Ein maliziöses Grinsen breitete sich auf Michaels zarten Zügen aus und verzerrte sein sanftmütiges Engelsgesicht zu einer Maske boshafter Schadenfreude. Die Vorzüge, die sich aus einem beinahe doppelt so großen Heer ergaben, ebenso wie der taktische Spielraum, welcher sich dadurch für ihn eröffnete, schienen ihm zu gefallen.
„Ein Teil unserer Krieger wird sich in einem Hinterhalt vor den Toren bereithalten und sich der Nachhut annehmen“, ergänzte er Elias` Ausführungen, als habe er dessen Gedanken erahnt.
„So ungefähr hatte ich mir das vorgestellt“, antwortete Elias mit anerkennendem Nicken, während er Michael ein verschwörerisches Lächeln zuwarf. Er konnte sich lebhaft vorstellen, wie sich der große breitschultrige Erzengel gemeinsam mit Camael und Verchiel später einen gerissenen Schlachtplan ausdenken würde, um Dagons Armee ins offene Messer rennen zu lassen.
Dann heftete sich sein suchender Blick an Rafael, der scheinbar bereits darauf gewartet hatte, von ihm weitere Instruktionen zu erhalten, da er sich augenblicklich straffte und eine Haltung annahm, die von tiefem Respekt zollte.
„Die Engel der dritten Sphäre werden schnellstmöglich, und ohne großes Aufsehen zu erregen, die Übergänge zur Menschenwelt passieren…“, setzte er erneut an. „Du und Cerviel, ihr werdet die Evakuierung der Menschen übernehmen. Schafft sichere Rückzugsmöglichkeiten und Sammelstellen, die den Irdischen Schutz bieten…“ Hörbar ließ er die Luft ausströmen und hielt einen kurzen Moment inne, bevor er weitersprach. „… Und jeder, der sich uns anschließen möchte, ist willkommen … Wir können jede Unterstützung gebrauchen.“
Der Gedanke daran, diese zerbrechlichen Wesen aktiv in die Kampfhandlung einzubeziehen, missfiel ihm nach wie vor, und dennoch war er von der Hoffnung erfüllt, dass sich die ´Schafe` in diesem Fall den ´Wölfen` nicht widerstandslos ergeben würden.
„Wir werden jeden kampftauglichen Freiwilligen mit dem Mal versehen und in den Gebrauch unserer Waffen einweisen“, bestätigte ihn Rafael und senkte sein Haupt in einer ehrfurchtsvollen Verneigung.
„Gut!“, brachte Elias schließlich mit einem Seufzen hervor. „Wir müssen unbedingt dafür sorgen, dass Dagon so lange wie möglich im Ungewissen über unsere Pläne bleibt. Das Ganze steht und fällt mit seiner Ahnungslosigkeit.“ Mit einer ruckartigen Bewegung stieß er sich von dem Pult ab.
„Wir werden unser Möglichstes tun“, meldete sich nun Metatron wieder zu Wort, der gemeinsam mit Seraphiel auf ihn zuschwebte. Ihre durchscheinenden Gestalten erinnerten in ihrer zauberhaften Farbenvielfalt an das Naturschauspiel schimmernder Polarlichter.
„Geh` nun und finde das Mädchen. In spätestens drei Tagen wird die Hölle über uns hereinbrechen und du wirst zu einer wichtigen Leitfigur für den menschlichen Widerstand werden. Es bleibt nicht mehr viel Zeit…“, fügte Metatron hinzu. „Lass dich von deiner inneren Stimme leiten und vertraue auf die Prophezeiung. Möge der Herr uns allen beistehen.“ Wohlwollend legte er Elias die Hand auf die Schulter, während dieser die Lippen aufeinander presste und ihm stumm zunickte.
„Habt vielen Dank“, richtete er sich abschließend an das Plenum und ließ seinen Blick ein letztes Mal über die Gruppe von Engeln gleiten, die das erste Mal, seit dem Anbeginn der Zeit, nicht mehr länger durch Hierarchieebenen voneinander getrennt waren. Sie waren zu einer Einheit verschmolzen. Wenn er auch nicht wusste wie, so hatte er es dennoch vollbracht, die Sphären miteinander zu vereinen.
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