Es geht wieder spannend weiter. ich finde es super, wie du hier die Spannung ständig am Kochen hältst.
Insgesamt ist es für meinen Geschmack ein sehr guter Text.
Das einzige, was ich anzumerken hätte, wäre wie auch Thorsten gesagt hat, dass am Anfang die Grundstimmung nicht so wirklich plausibel ist. ich denke, Elias dürfte sehr angespannt und vor Sorge halb verrückt sein. Da ist man nicht so in der Stimmung für Scherze. Ich denke aber, das betrifft hauptsächlich den Anfang, wo er mit all seiner Sorge hereinschneien sollte und nicht lustig und entspannt.
Im einzelnen meine Eindrücke:
Ungewollt schummelte sich ein Grinsen auf Elias` Gesicht. Die Tatsache, dass Micah seinen ersten Menschenkontakt unterschätzt hatte, lag auf der Hand und obwohl er es versuchte, war es Elias nicht möglich, ernst zu bleiben.
Vorwurfsvoll sah Micah ihn an. Offensichtlich hatte er verständnisvollen Zuspruch erwartet und nicht, dass man sich über ihn lustig machen würde.
Ein Grinsen - nein, ich denke das geht in der Situation gar nicht. Ihm dürfte eher nach Weinen zumute sein.
Auch dass er sich über Micah "lustig macht", passt meiner Meinung nach in dieser Lage nicht, einfach weil er zu angespannt dafür sein dürfte.
Elias Miene verfinsterte sich. „Du hast was?“, entfuhr es ihm. „Na, das nenne ich ja mal eine vertrauensfördernde Maßnahme. Sag`, dass das nicht wahr ist!“ Er vergrub seine Hände in den Haaren und schüttelte ungläubig den Kopf.
„Hey, was sollte ich denn bitteschön machen?“, stieß Micah zu seiner Verteidigung hervor. „Ich gebe zu, ich war leicht überfordert mit der Gesamtsituation. Aber immerhin haben sie mir dann zugehört.“
Elias war sich nicht sicher, ob er lachen oder losschreien sollte
Aber hier hast du, wie ich finde, die Situation gut geschildert. Elias reagiert schroff und ironisch. Das passt. Auch das mit dem "Losschreien" passt sehr gut. Normalerweise gäbe es doch keinen Grund "loszuschreien" nur weil Micah die Menschen nicht adäquat behandelt hat, aber wenn man Elias' Nervosität und Angst bedenkt, die er doch innerlich haben muss, spiegelt sich das super in dem Impuls losschreien zu wollen. Allerdings würde ich das "Lachen" nicht in Betracht ziehen - davon ist er wohl momentan zu weit entfernt.
„Sie haben hier übernachtet und sind vorhin aufgebrochen, um ein paar Dinge zu besorgen, die wir brauchen könnten. Du weißt schon: Haltbare Lebensmittel, Wasser, Decken, Kerzen und so weiter. Außerdem wollte Nils noch den Wagen volltanken. Ich schätze, dass sie innerhalb der nächsten zwei Stunden zurück sein werden.“
„Glaubst du, es ist noch sicher da draußen?“, gab Elias zu bedenken und betrachtete seinen Freund mit skeptischer Miene. „Irgendjemand hat die komplette Siedlung in eine Opferstätte verwandelt. Hast du die Zeichen an den Hauswänden gesehen? Das ist uralte schwarze Magie…“
„Klar habe ich das gesehen. Was glaubst du, was hier heute Früh los war? Die Polizei ist hier mit einem Großaufgebot angerückt und hat bestimmt zwei Duzend dieser Verrückten mitgenommen“, entgegnete Micah.
Die Tatsache, dass Susan und Freddy eher das Chaos vor ihrer Haustüre in Kauf genommen hatten, anstatt hier bei Micah zu bleiben, ließ Elias erahnen, in welcher Verfassung sie gewesen sein mussten. Auch wenn Micah es abstritt, so hatte es dennoch den Anschein, als seien sie regelrecht vor ihm geflohen.
Der Abschnitt hier ist toll. Hier erklärst du dann auch die Blutmalerei bzw. Opferungen vor dem Haus, die mir beim letzten Abschnitt noch so unplausibel vorkamen. Gefällt mir so. Tja, und dann die Hamsterkäufe (Decken und Kerzen, DAS klingt ja gruselig, wird da der Strom ausfallen? Und nein, ich vermisse kein Klopapier auf deiner Liste ). Susan und Freddy sind geflohen... ist ja auch sehr schräg! Finde ich gut. (Aber waren es wirklich Susan und Freddy? Freddy schläft doch in der Wohnung. Du meinst also eher Susan und Nils?)
„Na schön,“ seufzte Elias schließlich und nickte zustimmend, da er Micah nicht weiter mit Vorwürfen bomardieren wollte.
„Was ist mit Emilia?“, fragte dieser nun schließlich. „Du scheinst nicht überrascht darüber, dass sie nicht hier ist. Weißt du, wo sie ist?“
Elias nahm einen tiefen Atemzug. „Nein, ich weiß nicht, wo sie ist“,
Hier meine ich, solltest du den Dialog vielleicht umstellen. Es klingt ja hier, als wäre Micah mehr an der Suche nach Emilia interessiert als Elias. Dabei sollte dieser wohl der Gedanke sein, der Elias am meisten im Kopf herumgeht und ER sollte so bald wie möglich nach Emilia fragen in der Hoffnung, Micah wüsste vielleicht, wo sie ist oder hätte einen Anhaltspunkt. Auch wenn er sicherlich nicht viel Hoffnung haben kann, dass Micah etwas weiss. Aber in dieser Konstellation klingt es so, als erkundigte sich Elias eher beiläufig nach Emilia. Das sollte viel dringlicher klingen und auch viel verzweifelter.
„Nein Micah, sie hat mir anscheinend nicht gesagt, was sie vorhat, denn sonst wäre das alles mit Sicherheit gar nicht passiert, weil ich es nicht zugelassen hätte, okay? Wie du vielleicht bereits herausgefunden hast, haben Menschen ihren eigenen Kopf. Ihre Beweggründe resultieren nicht immer aus rationalen Entscheidungen, weshalb ihr Verhalten in den seltensten Fällen vorhersehbar ist ...“ Seine Stimme schwoll an. Nur mit Mühe gelang es ihm, wieder einen ruhigeren Ton anzuschlagen, um den schlafenden Freddy nicht aufzuwecken. „… Ich habe nicht die leiseste Ahnung, was sie geritten hat, das Haus zu verlassen und sich dieser Gefahr auszuliefern.“ Nachdenklich blickte er an Micah vorbei, starrte ins Leere.
Vielleicht könnte Elias auch sagen: "sie haben zu viele Gefühle in ihren Köpfen, die sie zu dummen Aktionen verleiten" oder so etwas in der Art ? "Hat ihren eigenen Kopf" klingt in dieser Lage viel zu lobend und verständnisvoll (finde ich mal so)
Ansonsten gefällt mir dieser Abschnitt, in dem man schon merkt, wie irritiert Elias ist.
Nur der "schlafende Freddy" - hab ich was überlesen? Ich dachte, der wär mit Nils und Susan einkaufen? Oder ist der hiergeblieben?
„Nun ja“, setzte Micah an. „Freddy hat mir die halbe Nacht geholfen, ihre Wohnung auf den Kopf zu stellen. Wir sind ihre Kontakte durchgegangen und haben alle durchtelefoniert. Die Liste liegt da drüben.“ Er deutete auf die Papiere, die auf dem Couchtisch verstreut lagen. „Leider waren wir nicht sehr erfolgreich. Niemand konnte uns Auskunft darüber geben, wo sie sich aufhalten oder mit wem sie sich getroffen haben könnte. Es ist fast so, als sei sie vom Erdboden verschluckt worden.“
Elias beugte sich vor und griff nach den losen Blättern mit den Notizen, um einen Blick darauf zu werfen. Nach einer Weile lehnte er sich zurück und rieb sich mit beiden Händen durch die Augen.
Gut!
„Wir brauchen einen Zufluchtsort“, setzte er schließlich wieder an. Gedankenverloren zupfte er mit den Fingern an seiner Lippe. „Am besten wäre geweihter Boden. Eine Kirche mit ausreichend Platz, die strategisch günstig gelegen ist, in der wir eine Basis einrichten können.“ Sein Blick fiel auf Micah, der ihm jetzt noch eifriger zunickte. „Sobald wir wissen, wo das sein wird, werden wir Unterstützung anfordern.“
Yes! Genau mein Geschmack!
„Das war ja so klar!“, sagte er stumpf, während er in seiner Hosentasche nach dem Handy kramte, das ihn durch den vibrierenden Laut geweckt hatte. „Da schleppt Lia einmal einen Typen ab und dann muss es ein Engel sein! … Aber natürlich nicht irgendein Engel … Nein! Es muss ja der ´Auserwählte` sein, hinter dem ein Dämonenfürst her ist, weshalb sie jetzt bis zum Hals in der Scheiße steckt!“
Also, es sind lauter gute und ergreifende Stellen drin, wie immer. Aber ich würde mir noch deutlicher einen verzweifelten Grundton wünschen, wenigstens was Elias betrifft.
Ich ahne, dass ihr darauf hinfiebert, die Welt in Flammen stehen zu sehen. Allerdings wird sich dieses Szenario mehr am Rande abspielen, befürchte ich. Was ich aber versucht habe ist, das Geschehen nebenher einfließen zu lassen, ohne wirklich den Fokus draufzulegen.
Okay, jetzt bekenne ich mich schuldig.
Bin aber gerne bereit, mich auf deine Darstellung der Dinge einzulassen. Du weisst ja - wenn ein Manuskript gut ist, fressen dir die Leser aus der Hand und du kannst sie führen, wohin du willst. Deine Manuskript ist gut genug dafür.
Wenn du das "am Rande abspielen" so lieferst wie die Opferungen jetzt gerade, und die Hamsterkäufe - das ist ja sehr indirekt serviert - gefällt es mir auf jeden Fall gut!