Es gibt 390 Antworten in diesem Thema, welches 80.992 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (22. März 2021 um 16:28) ist von Kiddel Fee.

  • Hey @Kiddel Fee,

    Spoiler anzeigen

    Habe die letzten beiden Abschnitte nun auch gelesen. Deine Geschichte nimmt immer mehr Fahrt auf und ich bin wirklich froh, das ich dran geblieben bin.
    Es als sich Grad alles sehr flüssig und es wird immer spannender. Ich freue mich schon mehr darüber zu erfahren, was das für schwarze Fäden sind die einfach so eine Tür aufmachen können und was das für ein Rauch ist, der den Mann umgeben hat.
    Allerdings muss ich Rainbow zustimmen, das es sich sehr komisch ist das die anderen beiden nur einfach in der Wohnung sitzen und ganz ruhig zu sehen scheinen.
    Ich finde das du dich von Teil zu Teil steigerst. Ich bin wirklich gespannt zu hören wie die alle zusammen gekommen sind und dazu noch zu erfahren was es mit Astra und der Verfolgung auf sich hat.

    Lg Sora

    "Niemand weiß, was er kann, wenn er es nicht versucht." Zitat von Publilius Syrus


    "Und so verliebte sich der Löwe in das Lamm."
    "Was für ein dummes Lamm."
    "Was für ein kranker, masochistischer Löwe."
    Zitat aus dem Buch "Biss zum Morgengrauen"

  • Rainbow und Sora

    Yay, das freut mich.

    Ich habe ja festgestellt, dass es bei alles dystopischen Werken (zumindest Filme/Bücher, die ich konsumiert habe), auf der einen Seite das unfassbare Elend und auf der anderen Seite die Priviligierten gibt. So ist es ja jetzt schon in dieser Zeit, warum sollte es in Zukunft anders sein, hat sich ja als funktionierendes Modell erwiesen ...
    Es ist ziemlich schwer, da eine Gesellschaft herauszuarbeiten, ohne von bereits bestehenden Werken wie "Panem", "Appleseed", "Wonderful days" usw usf abzuschreiben. Bin da selber gespannt, was sich da noch alles entwickelt .

    Was die Wohnung angeht, bist du nicht die Einzige, die solche Gedanken hat, nix mit engstirnig. Allerdings fehlt mir die Alternativen - wo sollen sie hin? Nate ist nicht da, Rett ist verwundet. Sie haben keine andere Zuflucht, kein Versteck, wo sie hinkönnen. Aber ein leichtes UNwohlsein kann ich einfügen, das seh ich ein.

  • So, der nächste Abschnitt ist ein kleines bisschen länger, aber ich habe keinen guten Cut gefunden ... entschuldigt bitte :pardon:


    Er sagte erst einmal gar nichts. Unbeholfen kam er auf die Füße, dann setzte er sich auf das Sofa, das Astra freigeräumt hatte und stützte die Ellenbogen auf die Knie. Abwesend musterte sein Blick die verbundenen Handflächen.
    „Hast du den Krieg miterlebt?“
    Sie rutschte hinüber zum Sofa, lehnte sich mit dem Rücken an die Sitzkante und schlang die Arme um die angezogenen Beine. „Nein. Ich habe den Krieg nie gesehen. Er hat den Hort nicht berührt.“
    „Davon habe ich gehört. Obwohl ich es mir nicht vorstellen kann. Die ganze Welt war ein Schlachtfeld, wieso gingen diese Jahre einfach an euch vorüber?“ Sie konnte die Verwunderung in seiner Stimme hören.
    „Das weißt du nicht?“ Irritiert schaute sie zu ihm hinüber. Er hatte den Kopf auf die Armlehne des Sofas gelegt und sah hinauf zur Decke.
    „Wir wissen nahezu gar nichts über diesen Ort. Nur dass sämtliche Intelligenz dort geballt ist. Und dass unser Leben von dort aus geregelt wird.“
    Woher sollte er auch Informationen über diesen Teil der Weltregierung haben?
    „Der Hort des Wissens war einst eine geheime Forschungsanlage. Regierungen der ganzen Welt haben Forscher, Gelder und Material in diese Anlage investiert. Inzwischen gleicht sie einer Stadt. Um diese Investitionen auch gut zu schützen, wurde der Hort gesichert wie eine Festung. Und dank diesem Schutz hatte die Forschungsstadt, vollgestopft mit Intelligenz, den großen Krieg über seine gesamte Dauer hinweg unbeschadet überstanden.“
    Rett brauchte einen Moment, um diese Informationen zu verdauen. „Das ist … unglaublich.“
    „In den letzten sechs Jahren haben die Sieger den Hort ausgebaut und das Militär in die Veste eingesetzt. Die Veste und der Hort - sie allein kontrollieren all das Land, was noch bewohnbar ist. Sämtliche Bodenschätze sind gehoben, sämtliche Rohstoffe eingesammelt und hinter massiven Toren und starker Bewachung gelagert worden.“
    „Und damit haben sie den Rest der Welt ins Elend gestürzt.“ Retts Stimme klang kalt. “Wir alle waren Teil des Krieges. Es gab keine andere Möglichkeit. Entweder wir zogen mit in den Kampf, leisteten unseren Teil und starben auf dem Schlachtfeld - oder wir ergriffen die Flucht, versuchten uns durchzuschlagen und starben schließlich im Niemandsland, wo es nichts mehr zum Überleben gab. Jeder musste diese Wahl treffen, für sich und für die, die ihm anvertraut waren.”
    Er schwieg kurz.
    Seine letzten Worte hallten in ihr nach. Die vier hier waren nicht miteinander verwandt, doch jeder von ihnen musste einmal eine Familie gehabt haben. Ivys grausame Geschichte kannte sie. Was hatten die anderen nur durchlebt?

    “ Ich war zwanzig, als ich einberufen wurde. Gerade hatte ich meine Lehre abgeschlossen und war in die nächstgrößere Stadt gezogen, da kamen sie und nahmen mich mit. Freundlich, aber bestimmt und ich wollte lieber nicht herausfinden, was sie mit Fahnenflüchtigen und Verweigerern taten. Wir kamen für ein paar Monate in die Grundausbildung. In der Zeit fanden sie heraus, dass ich über ein gewisses … Mechaniker-Talent verfügte und steckten mich in die Panzertruppe, wo ich mit der Wartung betraut wurde.”
    Er räusperte sich. Astra lauschte, während ihre Hände mit Ivys kleiner Puppe spielten.
    “Sagt dir der Name ‘Kendall’ etwas?”
    “Kommandant Kendall?” Erstaunt blickte sie auf. “Der größte Stratege des ganzen Krieges. Sein Name fand sogar den Weg in unsere geschützte Welt und seine brillianten Schachzüge brachten unsere gelehrtesten Köpfe wochenlang zum Diskutieren. Dabei war er noch ziemlich jung, glaube ich?”
    “Um die dreißig”, stimmte Rett zu. “Ein Genie, sowohl auf militärischem Gebiet als auch menschlich. Mein Bataillon gehörte zu seiner Truppe und obwohl wir uns im Kampf befanden, habe ich mich bei ihm immer sicher gefühlt. Er war ein ganz außergewöhnlicher Mensch. Treu. Aber unglaublich streng. Bis heute frage ich mich, was ihn dazu gebracht hat, seine drei Söhne mit in den Krieg zu schleppen.”
    “Seine … Söhne?”
    “Es war normal, dass alle Jungen ab vierzehn Jahren eingezogen und ausgebildet wurden. Jeder wurde gebraucht. Doch Kendall lehrte alle seine Jungen das Kriegshandwerk, noch bevor der Krieg überhaupt angefangen hatte. Die drei hatten jeder ein Bataillon unter sich und unterstanden der Führung ihres Vaters. Dabei waren sie selbst hervorragende Taktiker.” Rett fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, er hatte vergessen, dass die Hand verletzt war. Mit einem unterdrückten Schmerzenslaut hielt er inne und musterte grimmig den verfärbten Verband.
    “Ich folgte seinem jüngsten Sohn. Er war acht Jahre alt, als die Kämpfe begannen. Mit zehn bekam er ein eigenes Kommando. Mit zwölf Jahren rettete er mir das Leben in der Schlacht an der Eisernen Brücke.”
    Die Schlacht an der Eisernen Brücke, das wusste Astra, war das Ende gewesen. Es gab keine genauen Zahlen, wieviele Menschen an diesem Tag ihr Leben gelassen hatten - im Hort ging man von mehreren Millionen aus. Die Eiserne Brücke war die letzte große Verbindung zwischen den ehemaligen Kontinenten Afrika und Europa gewesen und der Kampf um sie hatte vier Monate gedauert. Danach gab es quasi keinerlei Truppen mehr, die den Krieg hätten fortsetzen können.
    Sie setzte sich auf, drehte sich um und musterte ihn. Er hatte überlebt, als einer von wenigen. Die meistens Bewohner der Downs waren Flüchtlinge, ehemalige Kämpfer fand man so gut wie keine mehr. Wenn, dann lebten sie in der Veste …
    “Und der Junge …?”
    “Brachte mich ins Lazarett und ich habe bis heute nicht erfahren wie. Oder warum. Ich war zwischendurch mehrmals weggetreten. Allerdings verbot er mir entschieden zu sterben.” Ein schwaches Lächeln stahl sich in Retts Mundwinkel. “Und als guter Soldat sagte ich ‘Sir, ja, Sir!’. Jedenfalls bis ich Kay in die Hände fiel. Da hab ich mir gewünscht, dieser sture Mistkerl hätte mich einfach liegen lassen.” Jetzt wandte er den Kopf und schaute sie an. “Ich hatte so hohes Fieber, dass ich nur selten bei Bewusstsein war. In den wenigen klaren Momenten flehte ich Kay an, mich sterben zu lassen. Sie war die zuständige Ärztin. Doch sie entgegnete nur, dass ihr schon genug junge Männer unter der Hand weggestorben waren.” Retts Finger krümmten sich, doch er vermochte die Hände nicht zu Fäusten zu ballen, wie er es vielleicht gerne getan hätte.
    “Kay hatte am Tag zuvor binnen einer halben Stunde ihre beiden Söhne verbluten sehen. Der eine war siebzehn, der andere fünfzehn und beide so schwer verwundet, dass jede Hilfe zu spät kam. Sie erklärte ihr Kinder für tot und machte weiter. Am Abend brachten sie mehrere Brandverletzte, die in ihrem brennenden Panzer eingesperrt gewesen waren. Einem davon mussten sie sofort beide Beine amputieren. Er war so entstellt, dass sie erst nach der Operation bei der Versorgung der kleineren Wunden ihren Mann vor sich erkannte. Und auch er starb, noch während sie an seiner Seite stand.”
    Astra dachte an Kay, die dunkelhaarige kleine Frau mit der barschen Art - Lazarettärztin. Sie hatte das Grauen der Kämpfe miterlebt und dabei ihre eigenen Schlachten geschlagen. Es war nicht verwunderlich, dass sie jetzt unnahbar und grimmig wirkte.
    “Sie hat mich durchgekriegt. Als einzigen, die anderen sind nach und nach alle gestorben. Ich hab keine Ahnung, wieso sie sich so auf mich eingeschossen hatte, es waren so viele Verwundete und ihre Mittel bestanden am Ende nur noch aus Lumpen und schmutzigem Wasser - sämtliche Medikamente, sämtliche Verbandsstoffe, alles war aufgebraucht. Sie konnten niemandem mehr helfen. Und trotzdem hat Kay mich durchgekriegt. Allerdings war sie kurz davor, mir den verletzten Arm einfach abzuschneiden.”
    Er rappelte sich auf und hielt ihr den linken Arm hin. “Hier.”
    Zögernd schob sie den Hemdsärmel zurück und enthüllte gezackte verblasste Narben über den gesamten Unterarm. Erschrocken sog sie die Luft ein.
    Beiläufig schüttelte er den Ärmel wieder herunter. “Sie hatten meinen Panzer angegriffen und wir mussten flüchten. Als ich durch die Luke kletterte, traf eine Granate das Gefährt und ich landete im Fallen so ungünstig, dass ich hängenblieb. Die Kameraden ergriffen die Flucht, als der Feind nahte. Nur einer nicht. Entgegen aller Vernunft kam mein Kommandant zurück, brach mir den Arm, befreite mich und zerrte mich weg von dem Panzer. Schon im feindlichen Kugelhagel warf er mich über das Geländer der Brücke und sprang mir hinterher, um mich unten wieder aus dem Wasser zu fischen.”
    Asta lauschte gebannt und entsetzt zugleich. Es war kein packender Roman, den Rett hier vortrug. Es war seine eigene Lebensgeschichte.
    “Hat er auch überlebt?”
    Retts Gesicht war ausdruckslos.
    “Nein. Die Sieger kamen und suchten nach ihm , doch schwor Kay beim Leben ihrer beiden Söhne, dass der Junge seinen Verletzungen erlegen war. Zum Beweis reichte sie ihnen ein Medaillon, das die Initialen von Kendall höchstselbst und das Bildnis der drei Söhne in sich trug. Damit gaben sie sich zufrieden.
    Jordan Nathanael Kendall existierte nicht mehr.”

  • Hallo @Kiddel Fee
    Ich fand die letzten Abschnitte ganz gut. Jetzt machen sie sich bald auf, um die Kleine zurückzuholen. Es verspricht spannend zu werden.

    Wir wissen jetzt, das es Leute (Mutanten) gibt, die mit schwarzen Tentakeln Türen aufmachen können. Was kann Asta? Licht machen ist zwar ganz nett, aber davor hat ja niemand Angst.

    Spoiler anzeigen

    Es war normal, dass alle Jungen ab vierzehn Jahren eingezogen und ausgebildet wurden. Jeder wurde gebraucht. Doch Kendall lehrte alle seine Jungen das Kriegshandwerk, noch bevor der Krieg überhaupt angefangen hatte. Die drei hatten jeder ein Bataillon unter sich und unterstanden der Führung ihres Vaters. Dabei waren sie selbst hervorragende Taktiker.” Rett fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, er hatte vergessen, dass die Hand verletzt war. Mit einem unterdrückten Schmerzenslaut hielt er inne und musterte grimmig den verfärbten Verband.
    “Ich folgte seinem jüngsten Sohn. Er war acht Jahre alt, als die Kämpfe begannen. Mit zehn bekam er ein eigenes Kommando. Mit zwölf Jahren rettete er mir das Leben in der Schlacht an der Eisernen Brücke.”

    Der ganze Abschnitt in der Nähe dieses Zitats. Braucht der Leser das alles wirklich? Auf mich wirkt es etwas gewollt, als wolle der Autor dem Leser den Hintergrund jetzt mal näher bringen. Würden sie sich wirklich so unterhalten? In dieser Situation?

    Wenn es einen Krieg gab der alles kaputt machte. Gab es dann auch Atombomben und jetzt verstrahlte Gebiete? Einen atomaren Winter? Bei einem globalen Krieg von heute wäre nicht viel Zeit für Kriegshelden. Ein paar Knöpfe und Bumm.

  • Die letzten Abschnitte waren gut, sehr informativ :)

    Ich hatte kurz überlegt, wie es gewesen wäre, wenn wir den Überfall auf Ivy, Kay und Rett aus der Sicht von einen der Drei hätten lesen dürfen :rolleyes: So kämen wir in den Genuss, das Ganze mitzuerleben und nicht nur erzählt zu bekommen. Das ist allerdings nur Geschmacksache, mir hat das auch so gut gefallen. Es war emotional geschrieben und mit den notwendigen Informationen gespickt.

    Bei Post 43 könnte man überlegen, ob man da vielleicht etwas kürzt... Hm... Ich habe gerade überlegt, ob die beiden sich nicht unterhalten könnten, während Astra das ganze Zeug zusammenpackt und die Informationen auf das nötigste beschränkt? Der Leser muss ja jetzt noch nichts Retts gesamte Lebensgeschichte kennen, weißt du? Es wäre für mich völlig in Ordnung, wenn er etwas vor Astra geheim hält - wäre zumindest nur fair. Aber auch hier: Nur Geschmackssache :)

    Das liest sich alles schon sehr gut und ich bin gespannt, welche Gefahren sich auf dem Weg auftun werden =O

    LG

  • Hey Kiddel Fee :)

    Spoiler anzeigen

    Ganz schön harter Tobak, was Rett da aus seiner Vergangenheit erzählt. Das ist ja quasi eine Aneinanderreihung albtraumhafter Erlebnisse...Ich frage mich noch immer wie dieser Krieg überhaupt entstanden ist und wer der Gegner war. Ein paar kleine Hinweise hätte ich hier in dem Teil nicht schlecht gefunden, weil man sich natürlich fragt, wieso die Gegenseite am Ende so übermächtig war... und warum man nicht vielleicht über eine Kapitulation nachgedacht hat...oder was weiß ich. Wenn du das alles noch nicht erzählen willst, kann ich das einerseits verstehen, aber diese Stelle hier würde sich zumindest hervorragend eignen, um ein paar unterschwellige Informationen einfließen zu lassen...quais als kleine Häppchen, um die Spannung noch ein wenig zu steigern.Und natürlich aus Retts Perspektive...aus der Sicht eines Soldaten finde ich es sowieso immer spannend zu erfahren, welchen Sinn sie hinter diesen Kampfhandlungen sehen. Wie es scheint, hatten die jungen Leute ja gar keine Chance, sich dem Dienst an der Waffe zu entziehen, aber ein paar zusätzliche Gedanken von ihm an der Stelle hätte ich glaube ich ganz cool gefunden.

    Das ist jetzt natürlich jammern auf hohem Niveau und nur so Gedanken, die mir beim Lesen kamen. Im grunde funktioniert es auch so, aber wenn du das irgendwann noch mal überarbeiten möchtest, kannst du das ja mal im Hinterkopf behalten. ^^

    Hier noch Kleinkram und andere Anmerkungen:

    „Wir wissen nahezu gar nichts über diesen Ort. Nur dass sämtliche Intelligenz dort geballt ist. Und dass unser Leben von dort aus geregelt wird.“
    Woher sollte er auch Informationen über diesen Teil der Weltregierung haben?
    „Der Hort des Wissens war einst eine geheime Forschungsanlage. Regierungen der ganzen Welt haben Forscher, Gelder und Material in diese Anlage investiert. Inzwischen gleicht sie einer Stadt. Um diese Investitionen auch gut zu schützen, wurde der Hort gesichert wie eine Festung. Und dank diesem Schutz hatte die Forschungsstadt, vollgestopft mit Intelligenz, den großen Krieg über seine gesamte Dauer hinweg unbeschadet überstanden.“

    Du legst sehr viel Wert darauf, immerzu von der Intelligenz an diesem Ort zu sprechen... Im Grunde heißt er ja auch schon: Der Hort des Wissens, was schon mal verdeutlicht, dass hier die ganzen Intellektuellen an einem Ort sitzen. Aber im Grunde geht es ja dabei nicht nur um "Intelligenz", sondern um "Kompetenz" und wahrscheinlich auch um "Macht". Also, meine Idee beim Lesen dieses Abschnitts war, dass ich nicht so sehr die Intelligenz in den Vordergrund stellen würde...jemand kann intelligent sein, aber trotzdem keine Ahnung haben, wenn du verstehst, was ich meine...aber hier sitzen ja quasi die Akademiker, die hoch Qualifizierten, die Priviligierten der Gesellschaft,...denke ich mir so. Das würde ich versuchen deutlicher zu machen. (nur so ne Idee)

    Er war acht Jahre alt, als die Kämpfe begannen. Mit zehn bekam er ein eigenes Kommando. Mit zwölf Jahren rettete er mir das Leben in der Schlacht an der Eisernen Brücke.”

    Das kommt mir jetzt ehrlich gesagt etwas sehr seltsam vor :hmm: ... also zu jung für meinen Geschmack...ich würde ihn irgendwo zwischen 12 und 17 ansiedeln....(sonst entstehen in meinem Kopf merkwürdige Bilder und ich erhalte eine Error-Meldung :) )

    Am Abend brachten sie mehrere Brandverletzte, die in ihrem brennenden Panzer eingesperrt gewesen waren. Einem davon mussten sie sofort beide Beine amputieren. Er war so entstellt, dass sie erst nach der Operation bei der Versorgung der kleineren Wunden ihren Mann vor sich erkannte. Und auch er starb, noch während sie an seiner Seite stand.”

    Kraaasss! =O

    Jordan Nathanael Kendall existierte nicht mehr.”

    Na wer`s glaubt :grinstare: ... bin mir da gerade nicht so sicher ....

    LG,
    Rainbow

  • Ihr Lieben, danke für eure Kritik.

    Ich bin ein wenig zwiegespalten, einerseits will ich es nicht in eine Geschichtsstunde ausufern lassen, andererseits braucht der Leser auch ein paar Infos zu dieser Welt und auch zu den Backgroundstories der Figuren. Es ist schwer, da eine gute Balance zu finden, @Rainbow will mehr Hintergrundinfos (verständlich!), @LadyK braucht nicht soviel (auch nachvollziehbar), und @Sensenbach, "atomarer Winter" musste ich erst
    einmal googeln (interessant!).

    Sensenbach


    Astra weiß nicht soviel vom Krieg, also kann Rett ihr ruhig bisschen was erzählen, immerhin war er dabei. Außerdem, was sollen sie sonst machen, bis Nate irgendwann zurückkommt?
    Was deine Knopf-und-Boom-Theorie angeht, ich bin in der nuklearen Aufrüstung nicht so bewandert, denke aber, dass im Falle eines globalen Krieges trotzdem Verwendung für Fußtruppen und Armeen gefunden wird. Falls es denn nicht schon der vierte Weltkrieg ist und sie einander wieder mit Stöcken und Steinen bekämpfen (Einstein^^).
    Aber trotzdem werde ich mir darüber Gedanken machen, da ist noch einiges ziemlich unausgegoren, danke!


    Lady


    Rett hat es sicher sehr genossen :evil: . Ich finde es so schon gruselig genug und hätte nicht daneben sitzen wollen, wenn Ivy anfängt zu schreien, weil sie Kay niedergeschossen haben :pupillen: Anfänglich war es sogar geplant, die Szene aus Retts Sicht zu schreiben, aber dann wollte ich lieber bei Nate als einzigem "Erzähler" bleiben - was natürlich nur ein paar Zeilen gehalten hat, denn jetzt ist Nate unterwegs und wir trotzdem im Wohnzimmer :patsch:
    Oh, ich denke, Retts Lebensgeschichte ist noch nicht ausgestanden - das war ja lediglich der Bericht, wie sie übereinander gestolpert sind. Wer weiß, was da noch kommt. Auch hier wieder - sie müssen Zeit totschlagen und sind andererseits sehr besorgt und über Ablenkung dankbar.

    Rainbow

    wer da wann gegen wen und warum gekämpft hat, sollte ich mir mal genauer überlegen, ich werd auf jeden Fall nochmal drübergehen.
    Deine Einwände zum Hort des Wissens sind gerechtfertig, da sitzen ja nicht nur die Schlauen, sondern auch die Mächtigen. Ich korrigiers^^
    Es tut mir leid, aber der kleine Kommandant WAR erst 12. Sorry, ich kanns ja auch nicht ändern, beschwer dich bei seinem Vater. Es mag jung sein, andererseits müssen im Krieg und unter diesen Umständen die Kinder schnell erwachsen werden...

  • Jordan Nathanael Kendall lief durch das Gassengewirr der Downs. Seine Gedanken flogen und er musste sich mehrmals zur Konzentration mahnen, damit er sich in dem für ihn unbekannten Teil des Ghettos nicht verlief. Aber Retts Anweisungen und die Wegbeschreibung wurde immer wieder hartnäckig von den Bildern in seinem Kopf verdrängt. Kay, niedergeschossen. Ivy, das Gesicht voller Angst, weil die Menschen, auf die sie zählte, ihr nicht helfen konnten. Wohin hatten diese Kerle die beiden nur gebracht? Wie mochte es ihnen gehen? Was würden sie erdulden müssen? Kay … sie wusste, wer er war … und Ivy - wenn Astra recht hatte und das Mädchen in irgendein Labor geschleppt wurde … Astra ...
    Er war falsch abgebogen und in einer Sackgasse gelandet. Frustriert machte er kehrt. Wenn er sich nicht zusammennahm, würde er diese Victoria nicht finden und dann hatten sie keine Chance, den Hort zu erreichen. Ihm wurde übel bei dem Gedanken daran, was passieren würde, wenn Retts Bekannte Nein sagen würde. Seine Hand umklammerte die Waffe. Notfalls würde er sie zwingen, das wusste er. Wenn es um Ivy und Kay ging, würde er alles tun …
    Doch selbst wenn Victoria ihnen beistand, was dann? Wie sollten sie den Weg zum Hort finden? Soweit Nate wusste, war keiner von ihnen in den letzten Jahren außerhalb der Downs gewesen - nur Astra hatte die Welt da draußen gesehen. Als Flüchtling. Durch das Ödland. Es war zweifelhaft, dass sie den Weg zurückfinden würde. Es gab fast nichts, woran man sich orientieren konnte.
    Er trat aus der Gasse und fand eine von hohen Wohnblocks umgebenen Fläche von etwa zehn Metern Durchmesser. Inmitten der Betonklötze lag Retts Arbeitsplatz, eine der raren Werkstätten, trotzig zusammengekauert zwischen den turmhohen Gebäuden ringsherum. Die Sonne war gerade durch die Wolken gedrungen und warf einen Strahl hinab auf das schäbige Blechdach. Vor dem Haus, was eher aussah wie eine bessere Garage, türmte sich Metallschrott. Das verwunderte Nate, hier wurde doch alles gestohlen, was sich irgendwie in Nahrung umsetzen ließ. An normalen Tagen war in der Werkstatt sicher einiges los, doch heute, zum Sonntag, blieb das große Metalltor verschlossen.
    Nates Blick wanderte die Fassade hinauf. Leitungen und Rohre ragten aus dem bröckeligen Putz, in den Fensternischen mischten sich Rost und Schimmel. Das ganze Gebäude wirkte notdürftig zusammengeschustert und so, als würde es nur durch den eisernen Willen seines Besitzers im Ganzen gehalten.
    Zögernd blieb er stehen. Sollte er einfach klopfen und nach Victoria verlangen? Bei ihnen zuhause standen auch gelegentlich Fremde vor der Tür, die Kays Hilfe brauchten, doch Kay ließ diese nur hinein, wenn einer der Männer zu Hause war. Er konnte sich durchaus vorstellen, dass Victorias Vater, der Werkstattbetreiber, es ähnlich sah. Andererseits saß ihm die Zeit im Nacken.
    Er atmete tief durch und entschied sich für den Frontalangriff. Mit schnellen Schritten überquerte er den kleinen Platz und versuchte dabei, die größten Pfützen zu umgehen. Dann ballte er die Faust und hämmerte dreimal an die Tür mit dem kleinen Gitterfenster direkt neben dem Tor, in der Hoffnung, dass Victoria überhaupt zu Hause war.
    Das Echo der dumpfen Schläge hallte zwischen den Häuserwänden hin und her, doch aus dem Haus selbst war nichts zu hören. Er wartete noch eine Weile, dann wandte er sich enttäuscht ab. Niemand öffnete ihm.
    Was sollte er jetzt tun? Victoria war ihre einzige Chance, es rechtzeitig in den Hort zu schaffen. Ivy …
    Noch einmal klopfte er, härter, verzweifelter. Es war ihm jetzt egal, ob ein erzürnter Vater mit gezücktem Messer die Tür öffnete, Hauptsache, er würde mit ihr sprechen können.
    Doch sein Klopfen verhallte ungehört.
    Ratlos stand er da und fühlte leichte Panik in sich aufsteigen. Jede Sekunde zählte … ob sie Kay versorgt hatten? Oder saß sie mit der Kugel in der Schulter in irgendeinem finsteren Loch und wartete voller Angst, dass er kommen würde?
    Er schloss die Augen und zwang sich, tiefe ruhige Atemzüge zu tun. Panik hatte hier keinen Platz, weil sie zu nichts führte. Mit dem Rücken zur Tür ließ er sich fallen und lehnte sich an das raue Holz. Victoria war nicht da, in Ordnung. Dann würde er hier auf sie warten. Falls nötig, die ganze Nacht hin-
    Ein vertrautes Geräusch erklang - der Laut eines zurückgeschobenen Riegels. Sofort sprang er auf und trat einen Schritt zurück.
    Mit leisem Quietschen wurde die Tür geöffnet. Die Sperrkette spannte sich und in dem kleinen Spalt erschien ein blasses Gesicht mit hellen Augen, Sommersprossen und einer sanft geschwungenen Nase.
    “Hallo”, grüßte er vorsichtig. “Mein Name ist Nate. Ich suche Victoria.”
    Die Augen wurden schmaler. Misstrauisch musterten sie den jungen Mann. “Was willst du?”, fragte eine Frauenstimme tonlos.
    “Rett schickt mich. Er kann leider nicht selbst kommen, aber er hat mir eine Botschaft mitgegeben. Eine Botschaft für Victoria.”
    Die Tür fiel mit einem dumpfen Laut ins Schloss.
    Für einen Moment stand Nate wie erstarrt da.
    Doch dann rasselte die Kette und ihm wurde geöffnet. Ein dunkler Flur tat sich vor ihm auf.
    “Komm rein.”

  • Hey Kiddel Fee :)

    Spoiler anzeigen


    Wie cool ist das denn? Nate ist Jordan Nathanael Kendall??? Abgefahren! :thumbsup: ... ich musste den Anfang gleich zweimal lesen, weil ich zuerst komplett verwirrt war, aber dann hat es "Klick" gemacht.
    Kay ist also neben Ivy die einizige aus der Truppe, die von seiner wahren Herkunft weiß...? Zumindest liest es sich so. Das würde aber bedeuten, dass Rett ihn niemals zu Gesicht bekommen hat. Das verstehe ich jetzt nicht. (oder erkennt er ihn einfach nicht, weil Jahre dazwischen liegen?)

    Er war ja in der Truppe, die von dem Sohn Kendalls angeführt wurde, richtig? Aber der Kommandant, hast du im vorherigen Teil geschrieben, soll ihn doch gerettet haben... :hmm: Das bringt mich etwas durcheinander...dann ist er abgetaucht und von Kay als verschollen gemeldet worden...

    Wie viele Jahre liegen denn zwischen dem Kriegsende und jetzt? Das müssten dann ja ca. 10 Jhre sein, wenn Nate jetzt um die 22 ist. (habe ich irgendwie so abgespeichert)

    Vielleicht wäre es hilfreich, wenn du in dem Teil, wo du von Kedall sprichst, sofort verdeutlichst, wer Jordan ist...ich habe nämlich zuerst gedacht, das sei der Vater, bis ich dann irgendwann gecheckt habe, dass damit der Sohn gemeint ist...(hätte ja auch sonst vom Alter nicht ganz gepasst) also mein Vorschlag: wenn du von Keddall und seinen Söhnen sprichst, macht doch direkt deutlich, dass der eine Jordan hieß und der Kommandant der Truppe war. Dann wäre die Verwirrung am Ende nicht ganz so groß. (nur so ne Idee)

    Ansonsten finde ich die Idee sehr geil! Eigentlich müsste man jetzt noch mal von Anfang lesen, um nach weiteren Hinweisen zu suchen ^^

    So, jetzt mal sehen, was mit dieser Victoria ist...hoffentlich rückt sie den Wagen raus :gamer:


    LG,
    Rainbow

  • Rainbow

    Hey du!
    Oh, ich fürchte, ich hab was falsch formuliert. Du beziehst dich bestimmt auf diese Textstelle?

    Kay … sie wusste, wer er war …

    Er macht sich Sorgen, ob sie es im Hort verrät, warum auch immer. Sie weiß, dass er noch lebt, obwohl sie ihn damals für tot erklärt hat und er weiß, dass dieses Wissen in den falschen Händen eine ganze Menge Schaden anrichten kann.
    Rett weiß natürlich, wer Nate ist. Kay hat mir noch nicht verraten, warum sie den Jungen damals gerettet hat, aber da sie jetzt eine Familie sind, wird es diesbezüglich keine Geheimnisse geben (außer vor Ivy, die gilt es zu schützen.)


    Wie viele Jahre liegen denn zwischen dem Kriegsende und jetzt? Das müssten dann ja ca. 10 Jhre sein, wenn Nate jetzt um die 22 ist. (habe ich irgendwie so abgespeichert)

    Nate ist 18 - steht irgendwo bei der Szene, wo er das erste Mal auf Arbeit geht. Der Krieg ist also 6 Jahre her^^

    LG Kiddel Fee ^^

  • @Kiddel Fee

    Spoiler anzeigen

    Alles klar, hab`s geschnallt :patsch: So macht es Sinn. Kommt davon, wenn man einen Text nebenher liest und sich nicht richtig darauf konzentriert...

    Aber es ist schon auch ein bisschen verworren geschrieben, finde ich. Eventuell ist das aber auch nur mein Problem. Rainbow ist bekannt dafür, dass sie manchmal auf dem Schlauch steht ... :pardon: wieso musst du auch so komplizierte Wendungen einbauen? Das überfordert mich komplett :rofl:

  • Liebe @Kiddel Fee
    Mit dem letzten Abschnitt hast du mich überrascht, jetzt machen die vorherigen Schilderungen auch durchaus Sinn. Ich habe zwar auch meine Probleme mit einem 10 jährigen Kommandanten. Eine erwachsene Leserschaft, die dystropische Szenarien mag, könnte sich davon abgeschreckt fühlen. Aber ich sehe jetzt, warum du ihn so jung brauchst. Aber eine schön gemachte "Wendung" ist es allemal. Jetzt bin ich gespannt ob und wie die Reise weitergeht.

  • @Sensenbach,vielen Dank. Ich hatte irgendwie gedacht, dass es vollkommen vorhersehbar gewesen wäre :D Aber schön, dass ich überraschen konnte!


    So weiter gehts :


    Er betrat den Wohnteil des Gebäudes. Hinter ihm ging die Tür wieder zu, für einen Moment fand er sich in völlige Schwärze gehüllt, dann klackte es und funzeliges Licht erhellte seine Umgebung. Er stand auf einem fadenscheinigen Teppich, dessen ursprüngliche Farbe man nur noch erahnen konnte. Direkt vor ihm führte eine ausgetretene Treppe hinauf in den ersten Stock, vermutlich zu den Schlafräumen. Rechts neben der Stiege befand sich ein winziger Gang, an dessen Ende sicher das Klo war, zumindest wenn er sich auf seine Nase verlassen konnte. Vom Gang aus kam man über eine weitere Tür in die Werkstatt, so stand es mit abblätternder Farbe am Türrahmen.
    Zögernd wandte er sich um, weil sie immer noch hinter ihm stand und es nur unhöflich sein konnte, ihr Heim so unverhohlen zu mustern. Sie hatte sich mit verschränkten Armen an die Tür gelehnt. Ein weiter grüner Männerpullover mit dreimal zurückgeschlagenen Ärmeln gab ihrer Gestalt etwas Unförmiges. Unter dem ausgefransten Saum ragten dunkle Hosen mit Dreckflecken an den Knien hervor. Ihr Blick war immer noch skeptisch.
    “Du bist Nate? Ich hatte dich mir anders vorgestellt.” Ihr Blick glitt über ihn und blieb an seiner Waffe hängen.
    Er hob leicht die Hände, um ihr zu zeigen, dass er nicht vorhatte sie damit zu bedrohen. “Rett hat dir von mir erzählt, nehme ich an?”
    Leicht nickte sie. Eine Strähne ihres dicken dunklen Haares, das sie hinten zusammengebunden hatte, löste sich und fiel ihr ins Gesicht. Auf ihrer Wange prangte ein verwischter Ölfleck. “Wo ist Rett?”
    Nate presste kurz die Lippen zusammen. Er wusste nicht, inwieweit er ihr trauen konnte. Um nichts in der Welt wollte er noch weitere unbeteiligte Menschen in diese Katastrophe hineinziehen, andererseits hatte sie einen Anspruch auf gewisse Informationen, wenn sie ihnen helfen sollte. Doch hier im fremden Flur eines fremden Hauses würde er auf keinen Fall über seine Familie und seinen unfreiwilligen Gast sprechen. Er hatte keine Ahnung, wer alles mithören konnte.
    Sie wartete einen Moment und schien selbst zu überlegen, was sie mit ihrem Besucher anstellen sollte. “Sag mir Retts Botschaft.”
    Nate richtete sich auf und sah ihr direkt in die Augen. “Er lässt dir ausrichten, es ist soweit.” Gespannt suchte er in ihrem Gesicht nach einer Reaktion auf diese Worte, doch Victorias Miene blieb ungerührt.
    Sie trat einen Schritt nach vorn und musterte ihn erneut. Dann legte sie den Kopf schief und lauschte nach oben.
    “Wenn mein Vater aufwachen und dich hier finden sollte, gibt es Ärger”, murmelte sie. Ein kämpferischer Ausdruck stahl sich in ihre hellgrünen Augen. “Hör zu, Nate. Du bist Retts Freund und deswegen vertraue ich dir ein Stück weit. Ich werde dir zeigen, was Rett für euch zu brauchen meint, aber ich rücke es nur heraus, wenn du mich überzeugen kannst.” Sie streckte ihm die Hand entgegen, ebenfalls ölfleckig. Als er sie ergriff und kurz drückte, spürte er die Schwielen auf ihrer Haut. Ohne Zweifel war sie eine Arbeiterin. Und willensstark.
    “In Ordnung”, meinte er, “dann zeig es mir.”

    Sie führte ihn durch die Tür zur Werkstatt. Dort stapelten sich kaputte Elektrogeräte, deformierte Bauteile, staubige Flaschen und verrostete Metallplatten neben eventuell noch verwertbaren Plastikresten, Kabelbündeln und zerbrochenen Glasbehältern. Es war ein heilloses Durcheinander, angefüllt mit dem Gestank verschiedenster Chemikalien, Öle und Lacke. Nate fragte sich entsetzt, wie man hier überhaupt einen bestimmten Gegenstand finden konnte und wo man diesen dann reparieren sollte. Jede freie Fläche schien zugestellt mit Zeug.
    “Das ist nur das Lager”, teilte ihm Victoria beiläufig mit. “Hier oben hat mein Vater das Sagen und wehe, jemand verrückt auch nur einen Holzspan. Er bekommt es mit. Wirkt ziemlich chaotisch, aber er kennt sich aus und findet sich zurecht. Nur arbeiten kann man hier nicht.”
    An der Rückwand des Lagers führte eine kleine Treppe nach unten in einen weiteren, größeren Raum. Darin standen ein großer Tisch mit zwei Werkbänken, dazu Regale mit penibel sortiertem Werkzeug, wenngleich auch wenig und in leidlich gutem Zustand. Die uralte Neonröhre an der Decke knisterte und flackerte.
    “Das ist unser Reich.” Ihre Hand strich über den Tisch. “Hier arbeiten zehn Leute, wenn mein Vater sie nicht vergrault, weil er ihnen nichts bezahlt.”
    “Ihr habt - ziemlich viele Sachen”, stellte Nate fest. Es verwunderte ihn wirklich. Irgendwoher mussten all diese Dinge kommen. In seiner eigenen Wohnung fand sich nicht einmal annähernd soviel wie hier, obwohl auch da nichts weggeworfen, sondern immer noch weiter verwendet wurde.
    “Vater ist ein Sammler. Alles, was sich noch verwerten lässt, nimmt er an sich. Eigentlich ist er den ganzen Tag unterwegs und sucht sich Kleinigkeiten zusammen, mit denen wir eventuell etwas anfangen können. Und viele Leute kommen, weil sie Reparaturen benötigen. Entweder für die Geräte , die sie selber täglich brauchen oder für die Sachen, die sie auf dem Schwarzmarkt verticken wollen.”
    Sie trat an eines der windschiefen Regale. “Aber das, was du brauchst, befindet sich noch weiter unten.” Ihre Hand fuhr hinter den Schrank, es klickte. Dann schwang das Möbelstück langsam auf wie eine Tür und gab den Blick auf eine dunkle Öffnung frei.

  • Kiddel Fee

    Spoiler anzeigen

    Ihre Hand fuhr hinter den Schrank, es klickte. Dann schwang das Möbelstück langsam auf wie eine Tür und gab den Blick auf eine dunkle Öffnung frei.

    Ahhhh....gemeines Ende! Ich will jetzt sofort wissen, was sich hinter dieser Tür befindet :panik: Wahrscheinlich ein geheimer Gang oder sowas...um noch eine Etage tiefer zu gelangen. Vielleicht gibt es da eine Art Höhlensystem, oder sowas? Denn irgendwo muss ja das Auto versteckt sind :hmm: Vielleicht ist es auch gar kein Auto...es hieß ja nur, sie verfüge über "Mittel", was auch immer das bedeuten mag. :hmm:
    Also du merkst, meine grauen Zellen rotieren ... :)

    Bin gespannt, wie es weitergeht :gamer:

    LG,
    Rainbow

  • Er spürte, wie sie ihn abwartend anstarrte. Zweifelsohne würde er zuerst gehen, damit sie ihm nicht den Rücken zuwenden und ihn damit aus den Augen lassen musste.
    Hinter dem Schrank führte eine Art Stiege, eine bessere Leiter nur, hinunter ins Schwarze. Zögernd und vorsichtig mit den Füßen tastend kletterte er hinunter. Als er den Boden erreicht hatte, schimmerte das Licht des geheimen Eingangs nur noch schwach über ihm. Nichts war zu erkennen, nicht einmal die Hand vor Augen. Also trat er einen Schritt zur Seite, damit Victoria Platz hatte und wartete angespannt.
    Das leise Tappen verriet ihm, dass sie ebenfalls auf dem Weg war. Gleich darauf strich ein Luftzug über sein Gesicht, als sie neben ihm landete.
    Eine Spitze bohrte sich in seinen Rücken.
    “Ich weiß, dass du bewaffnet bist. An dieser Stelle also der Hinweis, dass ich es ebenfalls bin. Das ist mein Revier und ich finde mich hier blind zurecht. Falls du also auf irgendeinen dummen Gedanken kommst und meinst, mich über den Haufen schießen zu müssen, steche dich nieder.”
    Der Druck in seiner Nierengegend verstärkte sich noch ein wenig und Nate spannte unwillkürlich alle Muskeln an.
    “Ich habe verstanden”, entgegnete er ruhig.
    “Gut.” Sie beherrschte es, sämtliche Emotion aus ihrer Stimme herauszuhalten. Die Spitze verschwand. “Hier unten befindet sich ein - Geheimprojekt. Alles, was dafür nötig war, habe ich meinem Vater unter der Nase weggeklaut. Es sollte mein Fluchtmittel in eine Zukunft sein.”
    Sie entfernte sich, ihre Worte hallten durch das Dunkel.
    “Rett hat mir geholfen, wann immer er es riskieren konnte. Deshalb bot ich ihm an, mit mir zu kommen, sollte es einmal nötig sein.”
    Ein Geräusch, als würde sie einen Schalter umlegen, dann flammte helles Licht auf. Geblendet hielt er sich für einen Moment die Hand vors Gesicht. Es dauerte einen Moment, bis sich seine Augen an die ungewohnte Helligkeit angepasst hatten.
    In einen Lichtkegel eines starken Scheinwerfers gehüllt stand etwas, dass Nate seit dem Krieg nicht mehr gesehen hatte. Damals war das Gefährt, Speeder genannt, für Teile der Infanterie eingesetzt worden. Der kleine, aber leistungsstarke Zweisitzer besaß vier groß bereifte Räder, die ihn für jedes Gelände tauglich machten, und war trotzdem so leicht konstruiert, dass selbst der Transport vieler Fahrzeuge kein Problem darstellte.
    Zuletzt war Nate vom Rücksitz eines solchen Gefährtes gesprungen, um den eingeklemmten jungen Maschinisten seines Bataillons zu retten, bevor dieser von den heranrückenden feindlichen Panzern einfach überfahren wurde.
    Die Sieger, die danach die Regierung aus Militär und geistiger Elite bildeten, hatten alle Fahrzeuge eingesammelt und mitgenommen. In den Downs gab es außer den eigenen Füßen kein Fortbewegungsmittel.
    Und jetzt stand da der Speeder, mitten in Victorias Keller.
    Sie hatte ihr kleines Geheimnis umrundet und war an eines der Regale getreten, die sich langsam aus dem Halbdunkel herausschälten. Beiläufig streifte sie den schlabbrigen Pullover ab. Darunter kam ein schwarzes Trägertop zum Vorschein, über das sie nachlässig eine ausgefranste rotkarierte Bluse geknotet hatte. Ihre Hände fuhren in schwarze fingerlose Handschuhe und sie nahm zwei Werkzeuge aus den kleinen Schubkästen.
    Nate starrte sie an. Er war erstaunt über ihre körperliche Verfassung. Sie wirkte nicht ausgezerrt wie die meisten jungen Erwachsenen. Sehnig, ja, aber trotzdem kräftig, wie das Spiel ihrer Armmuskeln verriet, während sie an der vorderen Achse des Speeders etwas festschraubte. Beinahe hätte er nicht auf ihre Worte geachtet, als sie sich wieder erhob und nachdenklich über ihre Nase strich.
    “Ein, zwei Dinge sind noch nicht voll funktionsfähig, aber das kriege ich bis spätestens morgen früh hin.”
    Sie wirbelte den Schraubenzieher zwischen ihren Fingern herum. “Vorausgesetzt, du kannst ihn mitnehmen. Also?”
    Ohne ihn anzusehen ging sie zurück und verstaute das Werkzeug wieder an seinem Platz, suchte ein neues. Jetzt begann sie an den schmalen Drähten unter der Motorhaube zu basteln.
    Nate schwieg. Ihm war bewusst, dass sie in dieses Schweigen lauschte. Sie wartete darauf, erklärt zu bekommen, wieso er diesen Speeder unbedingt brauchte. Doch in ihm weigerte sich alles. Es waren schon genug Menschen betroffen. Sie hatte mit all dem nichts zu tun und er wollte sich nicht noch die Verantwortung für ihre Sicherheit aufladen.
    Mit einem Mal traf ihn die Wucht der letzten Ereignisse geballt und völlig unvorbereitet. Ivy, Kay, Rett - all die, die er schützen wollte… die Gesichter seiner Familie tauchten vor ihm auf und zwangen ihn in die Knie.
    Er hatte keine Wahl. “Ich erzähle dir, was du wissen musst.”
    Victoria hielt in ihrer Arbeit inne und sah auf.
    Er fasste die Geschehnisse der letzten achtundvierzig Stunden nur knapp zusammen, wog aber jedes seiner Worte sorgfältig ab. “Wir haben eine verletzte junge Frau bei uns aufgenommen, die unschuldig von der Regierung gejagt wird. Sie wollte aber gleich wieder gehen, um uns nicht in Gefahr zu bringen. Ich begleitete sie, unterwegs bemerkten wir ihre Verfolger. Diese hatten ihre Spur bis zu unserer Wohnung finden können. Als wir dort wieder ankamen, waren … zwei von uns verschwunden, von ihnen verschleppt. Rett haben sie verwundet als Boten für mich zurückgelassen.” Er starrte auf den Boden, konzentrierte sich auf die dunklen Öl- und Rußflecken, die den rissigen Beton sprenkelten.
    “Ich muss so schnell wie möglich im Hort des Wissens sein. Mit dieser Frau. Sonst …”
    Es wollte nicht heraus.
    Sie hockte nach wie vor neben dem Speeder, hatte aber, als er anfing zu sprechen, das Werkzeug sinken lassen und ihm aufmerksam zugehört. Jetzt richtete sie sich auf und wischte sich die Finger an einem fasrigern Putzlappen ab, der schon vor Dreck starrte. Ihre Miene hatte einen grüblerischen Ausdruck angenommen.
    “Wer soll fahren?”
    Die durchbohrten Hände seines Freundes tauchten vor seinem inneren Auge auf. Verdattert musste er sich eingestehen, dass er dieses Aspekt von Retts Verletzung noch gar nicht betrachtet hatte. Er selbst konnte höchstens eins der Militärbikes lenken, und selbst da war seine letzte Tour schon eine ganze Weile her. Den Speeder zu beherrschen verlangte einiges an Wissen und Erfahrung. Nate hatte beides nicht, vermutlich genau wie Astra.
    “Sie wird mitkommen wollen”, schoss ihm die Stimme des Freundes durch den Kopf. “Und ich halte es für eine gute Idee.” Rett hatte es gewusst.
    Er sah sie an. “Du.”

  • Hey @Kiddel Fee

    Spoiler anzeigen

    Alles klar...also doch ein Gefährt ^^ Sehr gut! Die Idee mit dem "Speeder" finde ich cool und auch die Art und Weise, mit der sich das Team nun also um eine weitere Person erweitert. Victoria scheint ja ziemlich taff zu sein. Sie wird garantiert eine Bereicherung sein und außerdem scheint sie die Einzige zu sein, die das Auto fahren kann. Man fragt sich nur, was ihre Pläne sind. Sie kann wohl kaum vorhaben, den Hort aufzusuchen und sich die Probleme der aderen zu ihren eigenen zu machen. :hmm: Das fände ich vielleicht noch ganz interessant zu erfahren...also, warum tut sie das? Was springt für sie dabei raus? Sie wird in diesen Zeiten wohl kaum eine Samaritherin sein, die einer Horde Leute einfach so hilft...ich finde, da muss für sie irgendwas bei rumkommen, sonst kaufe ich ihr das nicht so ganz ab. Verstehst du, was ich meine?

    Dann noch eine Frage zu dem Auto. Ich habe Probleme, es mir optisch vorzustellen. Du sprachst von einem Zweisitzer und von hohen Rädern...und dass man damit eine Vielzahl von Fahrzeugen transportieren kann...also ist es eine Art Transporter oder LKW oder sowas? Und wenn das Auto aber nur zwei Sitze hat, wie kann Nate dann vom "Rücksitz "gesprungen sein? Keine Ahnung, vielleicht geht das ja wieder nur mir so...aber ich hätte mir da noch ein oder zwei kleine Beschreibungen gewünscht...wie groß ist das Auto? Wie viele Leute finden da hinten drin Platz? Was weiß ich. Ich versuche, mir gerade diese Fahrt ins Ungewisse vorzustellen mit 4 Leuten und dazu kommt dann noch die Errettung von zwei weiteren Leuten, die später vielleicht auch noch Platz in dem Fahrzeig finden sollen...

    Ansonsten hat sich der Teil wieder sehr schön und flüssig lesen lassen :thumbsup:


    LG,
    Rainbow

  • Hey Rainbow :)

    Der Speeder ist ein Zweisitzer.(ja, das dürfte sich noch als Problem herausstellen^^) Er ist so leicht konzipiert, dass man viele davon auf einen Transporter laden kann, ohne dass der dann nur noch kriechen muss. Das war mit diesem Satz gemeint, wenn das nicht so rüberkommt, muss ich es nochmal umändern. Vom Aussehen her am ähnlichsten einer Mischung aus Quad und Überschlagbuggy a ' la Ralley Dakar. Allerdings bin ich mir sicher, dass es beides zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gibt, also konnte Nate diesen Vergleich nicht ziehen.

    Was Victoria angeht, da musst du wohl einfach dranbleiben^^ Aber ich denke, das wird nicht zu schwer für dich sein.

  • Sorry, der Text sieht dieses Mal ein bisschen anders aus. Normalerweise passt das Forum die Textfarbe an den Hintergrund an (ist bei mir dunkel und der Text dann weiß), aber jetzt hatte ich schwarz auf schwarz und konnte gar nichts mehr erkennen. Deshalb jetzt mal blau und fett, wer es aufgrund seiner Einstellungen nicht lesen kann - melde sich^^

    Ihre Augenbrauen zuckten für einen Moment nach oben, doch sie blieb ruhig. “Verstehe. Dann haben wir ein Platzproblem. Der Speeder ist nur für zwei Personen ausgelegt. Wenn wir in den Hort des Wissens wollen, mitsamt deiner … Begleiterin, sind wir zu dritt. Und rückzu zu fünft.”

    Zu fünft. Ivy …

    Er nickte hastig, um die lähmende Kälte, die sich erneut in seinem Magen ausbreiten wollte, nicht Überhand nehmen zu lassen.

    Nachdenklich strich sie mit der behandschuhten Linken über den Lenker. “Du hast überhaupt keine Fahrpraxis?”

    “Nur Motorrad mit Handgas. Für andere Gefährte waren meine Beine zu kurz.”

    Kurz sah sie irritiert aus.

    “Ich habe mit zehn Jahren Fahren gelernt”, murmelte er. “Für den Krieg.”

    Jetzt nickte sie langsam. “Verstehe.” Entschlossen klopften ihre Finger auf das harte Gummi des Lenkers. “Dann werde ich dir ein Motorrad organisieren.” Sie sagte es so beiläufig, als gäbe es Motorräder an jeder Straßenecke. Dann streifte die Handschuhe ab und warf sie auf die Werkbank. “Nächste Frage. Wie kommen wir hin?”

    Nate wusste, worauf sie hinauswollte. Außerhalb der Downs gab es keine Straßen. Nur Staub, Stachelgras, Wind und Sandstürme. Dort konnte man sich schnell verirren. Nur selten verließ man die Slums freiwillig, denn die Gassen ermöglichten wenigstens eine Orientierung und wer hier aufwuchs und lebte, kannte sich aus. Das Ödland hingegen trug seinen Namen zu recht.

    In seinem Kopf hämmerte etwas, ein Gedanke, den er übersehen hatte. Es musste eine Verbindung zwischen dem Hort und den Slums geben, die Versorgung …

    “Die Schienen!”, flüsterte er und jetzt klopfte sein Herz vor Aufregung. Sie hatten ein Transportmittel. Und jetzt auch einen Weg, eine Richtung. Es gab doch eine Chance … sie mussten nur den Schienen folgen. Doch niemals würden sie mit zwei Fahrzeugen durch die Gassen bis an die Tore und von dort aus zu den Schienen gelangen, ohne unterwegs bis auf die letzte Schraube ausgeraubt zu werden ...

    “Also wäre die Scheune unser Startpunkt”, überlegte Victoria laut weiter, als hätte sie seine Gedanken erraten. “Wenn die Güter für den Tag eingetroffen sind und der Zug wieder fortfährt, haben wir theoretisch freie Bahn.”

    Wieder streifte ihn ein kritischer Blick aus den hellgrünen Augen. “Rett … meinte, du hast … Möglichkeiten, was die Scheune angeht?”

    “Ich bin Sicherheitsbeamter und kann die Scheune jederzeit betreten, ja.” Es hatte keinen Sinn, ihr etwas anderes zu erzählen. Sie mussten mit offenen Karten spielen.

    Victoria angelte mit dem Fuß einen rostigen Hocker unter der Werkbank hervor und schob diesen zu Nate hinüber. Dann lehnte sie sich abwartend an das schartige Holz.

    Er ließ sich nieder und rieb sich über das Kinn. “Sobald das Essen verteilt wurde, verriegeln die Wachen das Gebäude, nachdem sie es kontrolliert haben. Es muss sichergestellt werden, dass sich niemand darin versteckt, der die neue Lieferung am nächsten Tag schon vor der Ausgabe antasten kann. Oder schlimmer noch, einen der Sicherheitsbeamten übertölpelt oder erweicht, um damit einen Vorteil zu erzielen. Das dauert eine Stunde. Danach wird die Scheune bis zum nächsten Tag versperrt. Es bleibt niemand darin zurück und es wird auch nichts eingelagert.”

    Sie schwieg und sah zum Speeder hinüber. “Also dürfte heute niemand in der Scheune sein?”

    Er schüttelte den Kopf. “Sonntags ist das Gebäude verlassen. Bis zum Eintreffen des Versorgungszuges am Montagmorgen.”

    “Besteht die Möglichkeit, unsere … Fluchtfahrzeuge dort zu verstecken, ohne dass sie jemand sieht?”

    “Mal davon abgesehen, dass wir sie irgendwie dahin bekommen mü-”

    “Das lass mal meine Sorge sein”, unterbrach sie ihn leise, aber bestimmt.

    Grübelnd kaute Nate auf seiner Unterlippe. “Ich denke, vor der Verteilung würde niemand darauf achten. Die Scheune ist groß und hat viele dunkle Ecken. Wenn der Zug erst einmal angekommen ist, geht es schnell. Jeder Handgriff sitzt. Aber danach … zur Kontrolle … würden sie entdeckt werden.”

    “Ich persönlich finde einen Aufbruch im Dunkeln zu riskant. Wir müssen den Schienen folgen, aber neben ihnen fahren. Das Risiko, beobachtet zu werden, weil wir mit Licht unterwegs sind, ist mir zu groß. Allerdings können wir auch nicht warten, bis die Ausgabe beendet ist und die Gefährte entdeckt werden.”

    Sie sah ihn direkt an und ließ ihn von selbst auf den einzig möglichen Weg kommen.

    “Wir müssen während der Ausgabe fliehen … “ Nate stockte. Er erkannte, was das bedeutete. “Alle, die mitkommen, müssen sich schon vor Eintreffen des Zuges in der Scheune befinden. Und wenn die Verteilung in vollem Gange ist …”

    “ ... brechen wir aus”, ergänzte Victoria tonlos.

    “Das wird nicht unbemerkt bleiben.”

    “Nein, wohl nicht.”

    “Es wird mich meinen Job kosten. Und Rett … und du … “

    “Nate.” Es klang hart, wie sie seinen Namen aussprach, doch ihre Miene zeigte Mitgefühl. “Diese Reise wird jeden von uns alles kosten. Euch Männer den Job. Eure Wohnung, über die sie herfallen werden, sobald wir alle fort sind. Mein Zuhause. Wenn wir hier verschwinden, zerbricht all das, was unser Leben hier ausmacht. Und egal, ob und wann wir zurückkehren, es kann nie wieder wie vorher sein. Deshalb sollten wir uns genau überlegen, was wir mit dieser Chance anstellen.”

    Für einen kurzen Moment herrschte Schweigen.

    “Du willst das alles auf dich nehmen?”, fragte Nate leise. “Deine Heimat aufgeben, dein geordnetes Leben hier, deinen Vater … bist du dir sicher?”

    Sie blickte grimmig auf . “Kann es sein, dass du immer noch nicht erkannt hast, was für ein Mensch mein Vater ist? Rücksichtslos, nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht und ausgesprochen egoistisch. Für ihn zählt einzig und allein meine Arbeitskraft und selbst die wird dadurch geschmälert, dass er mich nach wie vor ernähren muss. Ich lasse hier nichts zurück, was mir etwas bedeutet, Nate. Monatelang habe ich an meinem Ausbruch gearbeitet, jetzt ist die Gelegenheit da. Oh, und bevor du fragst - das Motorrad gehört meinem Vater und ich habe keinerlei Skrupel, es ihm einfach wegzunehmen, wenn ich damit anderen helfen kann. Alles ist besser als das hier.”

    Nate war so verdattert, dass ihm keine Erwiderung einfiel. Victoria schien keine Frau für Eventualitäten zu sein. Sie ging aufs Ganze. Vielleicht würde ihre Anwesenheit auf dieser Expedition ins Ungewisse doch als wertvoll erweisen.

    “ Und die kriegst beide Fahrzeuge bis zur Scheune? Wie willst du das anstellen?” Er bezweifelte, dass sie das Motorrad auf den Speeder schnallen und damit durch die Straßen zockeln konnte, mal davon abgesehen, dass ihr der Zutritt zum Versorgungsgebäude nicht möglich war. Außerdem befanden sie sich zwei Stockwerke tief unter der Erde …

    “Stell mir keine Fragen und ich erzähle dir keine Lügen, Nate”, entgegnete sie. “Ich werde beide Transportmittel bis zum großen Platz bringen. Wenn du dort auf mich wartest, schaffen wir sie dann in die Scheune, noch bevor die Essensausgabe losgeht. Es würde bedeuten, zwei Stunden eher aufzustehen als sonst, aber das kriege ich hin. Sämtliche Mitreisenden müssten natürlich ebenfalls vor Ort sein.”

    Nate dachte einen Moment nach. “Ich habe noch Vorräte in der Scheune. Eigentlich wollte ich sie heute noch holen, aber wenn wir morgen eh von dort starten, wäre dieser Weg unnötig. Wie lange wirst du brauchen, um deine Vorbereitungen abzuschließen?”

    Victoria starrte sinnend auf den Speeder. “Es ist nicht mehr viel zu erledigen, was die Wartung angeht. Vielleicht eine Stunde dafür und eine zum Packen und für … andere Vorbereitungen. Das würde ich heute nacht erledigen, damit mein Vater mir nicht dazwischenfunkt. Für den Weg zum großen Platz würde ich eine halbe Stunde veranschlagen, pro Fahrzeug. Wenn du natürlich mit hier wärst, könnten wir gleich gemeinsam aufbrechen, es würde Zeit sparen.”

    Nate hatte keine Ahnung, wie spät es mittlerweile war, doch so wie sein Magen plötzlich grummelte, schien Mittag schon vorbei zu sein. Er dachte an Astra und Rett, die in der Wohnung auf ihn warteten.

    “Ich würde vorschlagen, du kommst jetzt mit zu uns. Es wäre gut, wenn du die ganze Geschichte erfährst. Und heute Nacht kehren wir alle hierher zurück, bereiten alles vor und brechen vor Sonnenaufgang auf. Was denkst du?”

    Kurz musterte sie ihn. “In Ordnung.”

    “Oh, und noch was. Hast du Verbandszeug?”

  • Uh, eine Geschichte von dir :D Ich hatte sie noch gar nicht entdeckt :panik:
    Aber sie ist echt gut. Mir gefällt dein Stil und die Beschreibungen unheimlich gut. In einem Rutsch bis hier durchgelesen :D (Auch wenn ich die letzten Teile nur noch überflogen habe *streut Asche auf ihr Haupt*

    Spoiler anzeigen

    “Kay! Kay, bitte sag mir, dass Ivy bei dir ist.”

    Die letzten Worte der Frau gingen an Nate vorbei,

    sah man deutlich die kleinen Kindertapsen

    Okay, bis hier hin hast du mich im ersten Teil schon drei Mal überrascht XD

    Zuerst dachte ich WTF?! Ivy kann bei zwei Männern pennen, ohne dass einen stört?

    Dann: Oh, Kay ist eine Frau :D

    und dann: WTF, Ivy ist ein also ein Kind :rofl:

    In diesem Moment sprang Rett an ihm vorbei, schlug ihm auf den Rücken und verschwand nach rechts in die Wohngasse

    Kopfkino! Beste Szene! (Freundschaft ist was Tolles)

    Er sah definitiv älter aus als achtzehn Jahre, dachte er sich.

    In meiner Vorstellung wer er auch schon Mitte 30 ^^°

    „Speicherstädten?“, unterbrach sie ihn verwirrt. „Was soll das sein?“
    Er runzelte die Stirn und sah sie skeptisch an. „Die Speicherstädte. Die großen Lagerstätten voller Lebensmittel, aus denen täglich viel zu wenig Nahrungsmittel in die Downs transportiert werden, um alle satt zu kriegen. Festungen, in denen hochwertige Güter gelagert werden, stark bewacht vom Militär. Als ob wir“, er machte eine alles umfassende Handbewegung, „die Kraft hätten, unser Elend zu verlassen und eine solche Stadt anzugreifen.“
    Sie schaute immer noch entgeistert. „Nate – so etwas gibt es nicht.“

    Puh, ich hatte schon Schlimmeres erwartet, aber deine Version klingt ja irgendwie fast schon harmlos ... Phew :D

    doch Rett würde zumindest nicht am Wundstarrkrampf krepieren

    Immerhin! Ich mag ihn!!!

    Auf jeden Fall geheimnisvoll und spannend und endzeitmäßig :D
    Mir gefällt es richtig gut und ich freue mich schon drauf. Das klingt nach jeder Menge Action und Revolution!

    Writers aren't exactly people ... they're a whole bunch of people trying to be one person.
    - F. Scott Fitzgerald

  • Es war bereits Nachmittag, als Nate, begleitet von Victoria, wieder nach Hause kam. Innerlich hatte ihn die Sorge um die Daheimgebliebenen beinahe aufgefressen. Was, wenn die beiden Typen von heute Morgen doch zurückgekommen waren und auch noch Astra und Rett verschleppt hatten? Was, wenn sie jetzt in der Wohnung lauerten und Victoria in die Hände bekamen …?

    Er wies Victoria an, sicherheitshalber an der Gassenecke stehenzubleiben und auf sein Kommando hin die Flucht zu ergreifen, falls das nötig sein würde. Zögernd klopften seine Finger den vertrauten Rhythmus an die fest verschlossene Tür. Sie sah aus wie immer, aber dahinter blieb es still. Mit pochendem Herzen klopfte er erneut gegen das rostige Metall. Eine Falle … ?

    Die Verriegelungen auf der Innenseite wurden gelöst, die Tür schob sich einen Spalt auf. Nate erkannte Astras Gesicht kaum, so dunkel war es im Flur. Doch die Erleichterung war ihr deutlich anzusehen. Schnell trat sie zurück, damit die beiden reinkommen konnten, nachdem Nate Victoria zu sich gerufen hatte.

    Nate führte ihren Neuzugang wortlos ins Wohnzimmer, wo Rett auf dem Sofa saß. Die bandagierten Hände ruhten zwischen seinen Knien und waren rot verfärbt.

    Als Victoria ihn erblickte, stieß sie einen erschrockenen Laut aus. Dann schritt sie entschlossen zu ihm hinüber, hockte sich vor ihn und packte ihr Verbandspäckchen aus. Rasch legte sie die beiden durchbohrten Handflächen frei. Sie bluteten nicht mehr so stark, doch die Wundränder waren bereits kräftig gerötet und Retts angespannte Kiefermuskeln verrieten den Schmerz, den ihm die Verletzungen bereiteten.

    Victoria sah einen Moment sprachlos darauf herab. “Okay, du kannst definitiv nicht fahren.” Ihr Blick flog zu Nate, der neben Astra im Durchgang zum Flur lehnte. “Was habt ihr gemacht!?”

    “Uns in Schwierigkeiten gebracht.” Der junge Mann ließ sich auf den Teppich sinken.

    Astra schwieg und ging hinüber in die Küchenzeile, wo sie eine Mahlzeit vorbereitet hatte. Die schmalen Brote waren von ihr einfach auf ein Brett gelegt worden, da das Geschirr zum großen Teil bereits in den Bündeln steckte.

    “Ich habe die verderblichen Lebensmittel aufgebraucht.”

    Nate nickte nur. Sie arrangierten sich schweigend um den Tisch. Victoria legte zwei Brothälften aufeinander, faltete diese noch einmal und reichte sie dann an Rett. Er hatte nach wie vor Probleme, seine Finger zu bewegen, doch so konnte er seine Mahlzeit mit der Rechten wenigstens halbwegs festhalten. Die Linke war unmöglich zu nutzen.

    Astra ließ die alte Porzellankanne herumwandern und jeder trank daraus.

    Die Stille war bedrückend.

    Schließlich lehnte sich Nate an das abgewetzte Sofapolster und musterte seine Tischgemeinschaft. Alle blickten ihn abwartend an.

    “Wir haben zwei Transportmittel. Einen Speeder und ein Motorrad.” Er nickte Victoria zu. “Wenn alles klappt, werden wir noch vor Sonnenaufgang aufbrechen. Unser Startpunkt ist die Scheune. Die Schienen des Versorgungszuges werden uns direkt zum Hort des Wissens führen.” Jetzt sah er Astra an. “Du fährst mit Victoria, ich nehme das Bike. Die Akkus beider Fahrzeuge werden voll geladen sein und - “ Er hielt inne, weil Rett ihn anstarrte.

    Die Frauen wechselten einen unergründlichen Blick. Astra ergriff schließlich das Wort. “Hab ich dich richtig verstanden, Nate? Nur wir drei?”

    Victoria öffnete den Mund, doch Rett war schneller. Er sprang auf, setzte ohne Zögern über den Teppich und landete so heftig auf Nate, dass das Sofa nach hinten rutschte und der Jüngere mit dem Kopf auf den Boden prallte. Die rechte Hand packte den Kragen von Nates Jacke und obwohl Retts Griff nicht so fest wie sonst sein konnte, gelang es ihm dennoch, den Freund durchschütteln.

    “Du planst, mich hier lassen wie überflüssigen Ballast!?”, brüllte er. “Du willst mir allen Ernstes nicht erlauben, meine Familie zu retten? Und du glaubst wirklich, dass ich das einfach zulasse?” Noch während er ausholte, um zuzuschlagen, waren ihm die beiden Frauen in den Arm gefallen.

    “Rett, hör auf!” Astra hielt seinen Arm umklammert. “Das bringt doch nichts.”

    Die Männer starrten sich schwer atmend an, dann wich Rett so abrupt zurück, als hätte er sich verbrannt. Anscheinend wurde ihm selber klar, was er gerade getan hatte. Fassungslos sah er auf seine Hände herab, die dank seines Angriffs eben erneut die Verbände rot färbten. “Nate ... “

    Der erhob sich wortlos. Mit ausdrucksloser Miene starrte er den Älteren an. Dann wurde sein Gesicht hart, die dunklen Augen beinahe schwarz. Er schien ein ganzes Stück zu wachsen, während er aufrecht dastand und auf seinen am Boden kauernden Kameraden niederblickte.

    “Du hast mir Gehorsam geschworen, Soldat. Du hast es geschworen bei deiner Vereidigung. Und auf dem Bett im Feldlazarett, nachdem Kay dir das Leben gerettet hat.”

    Rett kam ebenfalls auf die Füße, ohne auf die entgeisterten Gesichter der beiden Frauen zu achten. “Sir, ich habe geschworen. Gehorsam. Und Euch mit meinem Leben zu beschützen, so, wie Ihr mich beschützt habt. Ihr wisst, dass es für mich mehr ist als nur Pflicht. Und um den zweiten Schwur zu halten, werde ich den ersten brechen, denn er erscheint mir weniger wertvoll. Ich kann ohne Ehre leben, aber nicht mit der Schuld, Euren Tod auf dem Gewissen zu haben.” Einen Moment lang musterten sie sich. Dann wurde Rett’s Stimme noch eine Spur lauter.

    “Ich habe diesen Schutz auch anderen geschworen. Den beiden, die sich uns anvertraut haben und nun in Gefangenschaft sind. Dieser Eid war für mich ebenso bindend wie der an Euch - Sir. Und er wiegt für mich schwerer als mein Versprechen zu gehorchen.”

    Er streckte die Hände vor, die Verbände schimmerten. “Ich weiß, ich werde nicht von Nutzen sein. Doch wenn Ihr mich hierlasst, mache ich mich zu Fuß auf den Weg. Denn etwas anderes kann ich nicht tun.”

    Nates Miene zeigte keine Regung. Sein Blick wanderte zu den verletzten Händen, zu den beiden Frauen. Zuletzt sah er Rett direkt in die Augen. “Ich entbinde dich von deinem Schwur. Du bist aus dem Dienst entlassen.”

    Er stieß plötzlich die Luft aus, als wäre dies eben der schwerste Kampf seines Lebens gewesen. “Und ich bitte dich als dein Freund, genau zu überlegen, was du tun willst.”

    Rett blinzelte kurz. “Danke, aber ich brauche nicht zu überlegen. Ich komme mit euch, koste es, was es wolle.”