Prolog
Die Angst lässt mein Herz schneller schlagen. „Andy, bitte wo steckst du? Ich habe es ja verstanden! Na komm schon, lass den Scheiß! Ich werde es nie wieder sagen!“
Ich halt den Atem an und lausche in die Stille. Aber da ist nichts! Keine Geräusche, nur mein eigener, rasender Herzschlag. Warum habe ich dumme Kuh auch behauptet, dass seine Verstecke zu leicht zu finden sind? Ist doch kein Wunder, dass er jetzt auf stur schaltet.
Mein zwei Jahre jüngerer Bruder ist ein Dickschädel und manchmal ziemlich nervig. Ewig will er mitkommen, folgt mir auf Schritt und Tritt überall hin. Darüber machen sich die anderen Kinder aus dem Ort lustig. Doch jetzt lacht keiner mehr von ihnen. Es ist schon spät. Hier im Wald wird es schneller dunkel. Allein deswegen sollten wir schon auf dem Heimweg sein. Wir suchen Andy seit einer gefühlten Ewigkeit und meine anfängliche Angst steigert sich immer mehr zur Panik! Wie soll ich das Selma und Greg erklären?
Bei dem Gedanken an meine Pflegeeltern wird mir die Kehle eng. Andy und ich sind erst seit ein paar Wochen bei ihnen. Was werden sie sagen oder tun …
Mein Stiefvater hätte nicht lang gefackelt und mich ins Loch gesteckt.
„Dort kannst du meinetwegen verrotten, elende Göre, bis zum jüngsten Tag lasse ich dich da drin. Hör auf zu flennen, hört ja doch niemand!“ Ein Schauder überrollt mich, bei der Erinnerung an den leeren Wassertank, wo ich manchmal Stunden oder Tage ausharren musste. Solange, bis Ma mich wieder herausholte.
„Er ist in die Stadt gefahren. Warum musst du ihn auch immer reizen, Kind? Gehe ihm einfach aus dem Weg, wenn er in dieser Stimmung ist!“
Keine Entschuldigung, kein tröstendes Wort, nichts! Ich war wieder einmal diejenige, die Schuld an allem hatte!
Würde es bei den Waits auch so sein?
„Andy!“ Meine Stimme ist schrill und hallt zwischen den Bäumen wieder.
Kaynes, ein Junge aus dem Ort kommt auf mich zu. „Das hat doch keinen Zweck, Hope. Er antwortet nicht! Wir müssen zurück und es Mr. und Mrs. Wait sagen!“
Ich schüttle wild den Kopf. Meine Kehle ist wie zugeschnürt. Selbst wenn ich wollte, ich kann nichts erwidern.
„Komm schon, Hope, das wird sicher nicht so schlimm!“
Er hat doch keine Ahnung! Ich schließe die Augen und bin wieder im Loch!
Meter hohe Wände, das Gefühl, wie sie näher kommen, mich erdrücken.
Ich bekomme keine Luft! Alles dreht sich … Mir ist schlecht!
Krampfhaft versuche ich dagegen anzukämpfen, schlucke. Versuche mich gegen den Strudel, der mich in die Schwärze zieht, zu wehren. Vergeblich!