Beim letzten Sonnenstrahl

Es gibt 40 Antworten in diesem Thema, welches 10.177 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (5. März 2020 um 19:05) ist von Thorsten.

  • Oh. Ich liebe deine Beschreibungen :love:

    Das war alles wirklich schön geschrieben, als wäre ich neben Johannes hergelaufen. Auch seine Gedanken hast du super zur Geltung gebracht. Ich bin gespannt, was der Trollkönig mit der Mutter gemacht hat. Auch ins Eis eingeschlossen? Ihre Seele genommen? Klingt merkwürdig. Ich mag merkwürdig :D

    Eine kleine Sache noch:

    Zitat von Tariq

    Mehr Augen als Menschen sollten sie haben, aber wie viele es genau waren, wursste keiner zu sagen.

    Ich habe leider keine Post-Nummer für dich, weil ich nur mit dem Handy online bin. Aber ich bin mir sicher, dass du den Fehler findest :D

    LG

  • Hm, ich lese den Kindern ja immer wieder gerne aus 'Nordische Maerchen- und Sagenwelt' vor, da drin finden sich auch Geschichten von Trollen und tapferen Jungen - da wuerde die Deine gut in die Sammlung passen.:)

    Ich finde das alles sehr schoen detailliert und farbenfroh geschildert, und es fuegt sich bisher zu einem sehr schoenen Maerchen zusammen - weiter so:thumbsup:

  • Zaghaft sah er sich um, denn gleichzeitig fürchtete er sich davor. Ob sie auch in einer der vielen Säulen eingeschlossen ist?, fragte er sich bang. Ihrer Seele beraubt und zu Eis erstarrt wie das kleine, blonde Mädchen?
    Ihm wurde klar, dass er es nicht ertragen würde, sie in einer dieser blau leuchtenden Stelen zu sehen. Er wollte weitergehen und sie suchen, doch seine Beine waren schwer wie die Mühlsteine, die der dicke Müller ihm einmal gezeigt hatte.
    Der Trollkönig nahm ihm die Entscheidung ab. „Komm!“, grunzte er und der Junge konnte sich wieder bewegen. Mit wild klopfendem Herzen folgte er dem schwarz behaarten Wesen tiefer hinein in den Saal. Ein Schmetterling mit rot schillernden Flügeln, ein Stück Stoff, glänzend wie Gold, noch ein Vogel, dessen ausgebreitete Schwingen durch den schmalen Lichtstrahl in herrlichem Dunkelgrün leuchteten … Die Sammlung seines Gastgebers war grauenerregend und wunderschön zugleich. Erstarrtes Leben, eingesperrt in Eis.
    Er wusste, dass die Mutter hier irgendwo war, und dieses Wissen wurde so übermächtig in ihm, dass er vor Aufregung zitterte. Irgendeiner dieser dünnen Strahlen aus Sonnenlicht beleuchtete auch ihre Stele.
    Währenddessen überschlugen sich seine Gedanken. Die Vorstellung, angesichts dieser Kostbarkeiten dem Trollkönig Ziegenkäse anzubieten, erschien ihm mit einem Male lächerlich. Doch was sollte er sonst vorschlagen? Welche Worte konnten das Wesen, das vor ihm her schlurfte und kein bisschen königlich wirkte, überzeugen?
    Durch das Labyrinth der Säulen gingen sie immer tiefer in das blau leuchtende Gewölbe hinein. Irgendwann blieb der Trollkönig stehen und wartete, bis Johannes neben ihn kam. „Sieh hin“, forderte er und streckte den Arm aus. „Ist sie das?“
    Bitte nicht, war alles, was der Junge denken konnte. Bitte, bitte nicht! Lieber Gott, lass es nicht sie sein. Eine andere Frau, mit kurzen, schwarzen Haaren, so dass sie der Mutter nicht ähnlich ist.
    Er fühlte einen Stich seines schlechten Gewissens, weil jeder Mensch, der hier eingesperrt war, mit Sicherheit von jemandem schmerzlich vermisst wurde. Aber er wollte lieber eine Fremde sehen als seine schöne Mutter mit den strahlenden Augen und dem Lachen, das er so liebte.
    „Sieh hin!“, wiederholte der Trollkönig ungeduldig und schob den Jungen näher heran.
    Der starrte stur zu Boden und wagte nicht den Kopf zu heben. Das Zittern nahm zu und es war nicht die Kälte, die ihn schlottern ließ. Hilflos presste er die Lippen zusammen und knetete den Stoff des schweren Winterumhangs zwischen den schweißfeuchten, eiskalten Fingern seiner Linken. Schließlich gab er sich einen Ruck und sah auf.
    Der Atem stockte ihm und gleichzeitig wuchs ein dicker Kloß in seinem Hals. Ein erstickter Laut entrang sich ihm, halb Schreckensschrei, halb Seufzer, und unwillkürlich streckte er die Hand aus. Wenige Zentimeter vor der kalten, glänzenden Oberfläche verharrte sie.
    Da war sie …
    Sie hatte die Hände gefaltet und rang sie flehend. Ihr Gesicht war verzerrt vom Schluchzen, das sie im Moment des Einfrierens geschüttelt haben musste. Die weit aufgerissenen Augen verrieten namenlosen Schrecken und der geöffnete Mund ließ den Jungen die bittenden Worte, sie gehen zu lassen, fast hören.
    „Mutter!“
    Er trat einen Schritt vor und legte beide Hände aufs Eis, als könne er ihr so näherkommen. Seine Lippen bebten, als er in ihr verzerrtes Antlitz starrte und unsagbare Angst ergriff ihn, lähmte sein Denken und ließ den Mut in seinem Herzen schmelzen wie den Schnee auf den Bergen in der Frühlingssonne.
    Das letzte Mal, dass er sie so gesehen hatte, war an dem Abend gewesen, als Männer aus dem Dorf die Bahre mit dem Vater aus dem Haus getragen hatten. Ihre in das Hemd des Toten gekrallten Finger waren vom Dorfältesten mit Gewalt gelöst worden. Mit den hasserfüllten Worten „Fass ihn nicht mehr an, Hexe!“, hatte er sie zur Seite gestoßen. „Du hast ihn auf dem Gewissen mit deinen Zaubersprüchen und Tränken!“
    Ihre flehenden Schreie gellten dem Jungen noch heute in den Ohren. Er hatte damals zitternd in der Ecke gekauert, die Arme um Eva geschlungen, die sich schluchzend an ihn klammerte und ihr tränennasses Gesicht an seine Brust presste. Die Mutter war den Männern nachgerannt und am Gartentor mit einem letzten ‚Ich habe ihm nichts getan!‘ zu Boden gesunken. Er schüttelte den Kopf, als könnte er die Erinnerung an den schrecklichen Tag auf diese Weise vertreiben. Sanft und liebevoll strichen seine Handflächen über die Stelle, hinter der ihre gefalteten Hände erkennbar waren, und hinterließen feuchte Spuren. „Mutter“, flüsterte er rau, „ich bin’s, Johannes. Ich bin gekommen, um dich nach Hause zu holen. Evchen wartet so sehr auf dich.“
    Sie hörte ihn nicht, das wusste er. Trotzdem konnte er nicht anders. Er musste ihr sagen, dass er da war.
    Einen Augenblick schaute er noch in das vertraute Gesicht. Dann gab er sich einen Ruck.
    Entschlossen drehte er sich um, hob den Kopf und starrte den Trollkönig an.
    „Was muss ich tun, damit Ihr sie gehen lasst?“
    Sein Gegenüber ließ sich erneut Zeit mit der Antwort. Er schob den Jungen zur Seite und trat an die Säule heran. Lange musterte er die eingeschlossene Frau. „Was bist du bereit zu geben?“, fragte er zurück.
    Johannes lauschte den Worten nach. Sollte er wirklich mit der Mutter nach Hause gehen können, wenn er etwas bieten konnte, was der König als ähnlich wertvoll oder schön ansah …?
    Tief atmete er ein. „Alles“, flüsterte er dann und obwohl ihm klar war, was diese Antwort für ihn bedeuten konnte, bereute er sie nicht. Seine Stimme war fest und ohne Zittern.
    Der Trollkönig wandte sich zu ihm um und kniff die Augen zusammen. „Alles?“, fragte er gedehnt.
    Johannes wummerte das Herz in der Brust, als er die kräftigen, haarigen Finger spürte, die ihn unter dem Kinn fassten und seinen Kopf anhoben, um ihn langsam hin und her zu drehen. „Weißt du, dass du ein wirklich schönes Kind bist?“

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

    3 Mal editiert, zuletzt von Tariq (8. Juni 2023 um 17:59)

  • Hey Tariq

    Ich hab jetzt mal die ersten beiden Textabschnitte gelesen (für mehr habe ich leider gerade keine Zeit - super schade, weil die Geschichte echt spannend ist und ich unbedingt weiterlesen will!) und ich finde, du hast die ganze Szenerie echt super beschrieben.

    Und mir gefällt gerade auch das Bild des großen Bruders sehr gut, wie du ihn darstellst und wie er versucht, seine kleine Schwester zu beschützen.

    Ich bin schon gespannt, wie es weiter geht :D

    LG

    Blue

    Chaos sagt, Halvars dunkle Seite sei harmlos gegen mich...

    As I´m an Amazone, I need a :jennagorn:

    ~~~ 100 words a day keep the doctor away. ~~~


  • Und weiter geht's!

    Mir hat mal jemand gesagt, ich würde sehr auf Details achten und manchmal dazu neigen, jedes Wort zweimal umzudrehen... Nun ja, stimmt wohl ^^ Das nur zur Einordnung mancher Kommentare im Spoiler

    Spoiler anzeigen

    Zaghaft sah er sich um.

    Ich hab mich hier ernsthaft gefragt, ob du hier "zaghaft" meinst. In meiner Vorstellung ist Johannes erstaunt, beeindruckt, sprachlos, fühlt sich im Angesicht der fremden Umgebung klein und unbedeutend, ist aufgeregt, nervös, hat Angst, etc. Zaghaft passt mMn nicht so gut, weil er doch eigentlich mit einer Mischung aus Neugierde (er will seine Mutter finden und retten) und Angst (davor, seine Mutter tatsächlich in einer der Eissäulen zu finden) unterwegs ist. :hmm: Neugierde passt vom Wort her nicht so richtig, aber ich denke, du weißt, was ich meine.

    Die Vorstellung, angesichts dieser Kostbarkeiten dem Trollkönig Ziegenkäse anzubieten, erschien ihm mit einem Male lächerlich. Doch was sollte er sonst vorschlagen? Welche Worte konnten das Wesen, das vor ihm her schlurfte und überhaupt nicht königlich wirkte, überzeugen?

    Das blau Markierte finde ich irgendwie an der Stelle überflüssig. Der Gedanke vorher ist super und trägt ja auch die Spannung der Geschichte, sobald klar ist, dass Johannes nicht kämpferisch gegen die Trolle vorgeht.

    „Mutter!“

    Das passt jetzt zu meinem Kommentar des vorherigen Teils (Grammatik und Register der Charaktere). Ich hätte hier "Mama" erwartet oder irgendetwas, was mehr Nähe ausdrückt. Mir ist das durch die gesamte Geschichte hindurch schon aufgefallen, dass du immer Mutter schreibst. Ich glaube, mir würde es gut gefallen, wenn Johannes bis zu diesem Moment hier immer Mutter denken und sagen würde, aber hier dann auf "Mama" wechselt, weil es der Moment ist, in dem er sein Starksein nicht aufrechterhalten kann. :hmm: Alternativ könnte es auch passen, dass er so lange stark ist, bis sie ihn in ihre Arme schließt. Ja, ein Teil von mir wünscht sich ein glückliches Ende ^^ .

    Aber dein Schluss deutet schon an, dass die Erwartung erstmal (?) in eine andere Richtung gelenkt wird. Ich bin gespannt, wie es weitergeht.

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Der Trollkönig wandte sich zu ihm um und kniff die Augen leicht zusammen. „Alles?“, fragte er gedehnt.

    Johannes wummerte das Herz in der Brust, als er die kräftigen, haarigen Finger spürte, die ihn unter dem Kinn fassten und seinen Kopf anhoben, um ihn langsam hin und her zu drehen.

    „Weißt du, dass du ein wirklich schönes Kind bist?“

    Hm, das nahm jetzt einen unerwarteten Twist - ich haette gedacht dass die Sache mit dem Ziegenkaese doch weiter verfolgt wird. Vielleicht war ich zu sehr in der Erwartung von Maerchen?

    Ich bin jetzt mal echt gespannt wie die Geschichte ausgeht, denn Du machst da jetzt schon eine Gratwanderung zwischen maerchenhaften und realistischen Elementen, wo ich mir denke, das koennte schon auch schief gehen.

    (Ich meine, in einem maerchenhaften Setting nimmt man der Geschichte ab das manches einfach ohne gross nachzufragen wie geht...)

  • Hi Tariq

    Mal wieder ein paar klitzekleine Anmerkungen.

    Antwort

    Nein, ich meine hier tatsächlich, er umklammert es (so fest) wie ein Schraubstock.

    Ja, dann müsste es *einen Schraubstock* heißen. Weil der Akkusativ das so erfordert. Wen oder was umklammere ich? Einen Schraubstock. :alien: [da kommt wieder die nervige Germanistin in mir durch...]

    in den blau leuchtenden Saal hinein

    sie in einer dieser blau leuchtenden Stelen zu sehen

    Hier doppelt sich die Beschreibung. Vielleicht könnte man das anders formulieren, dann wird es gleich ein bisschen malerischer. Generell finde ich, taucht das Wort "blau" sehr oft auf (Augen etc). Möglicherweise könntest du das Blau ja ein bisschen konkretisieren, dann lässt es sich gut austauschen. Cyan, Indigo, Ultramarin, Himmelfarben etc. etc.

    es war nicht die Kälte, die ihn schlottern ließ. Hilflos presste er die Lippen zusammen und knetete den Stoff des schweren Winterumhangs zwischen den schweißfeuchten, eiskalten Fingern.

    Hier doppelt sich die "Kälte". Wir wissen ja bereits, dass ihm kalt ist, vielleicht können die Finger auch nur "eisig" sein. Oder auch nur schweißfeucht. Da er ja ohnehin zittert, ist die Info schon gegeben.

    Zur Story:

    Ich ahne natürlich, was der Trollkönig jetzt vorschlägt. Was Johannes' Dilemma wohl nicht lösen wird. Ich frage mich auch, warum die Trolle alle so hässlich/derb etc. beschrieben werden, dann aber einen scheinbar exquisiten ästhetischen Geschmack haben, wenn der König nur schöne Personen und Dinge einschließt. Vielleicht, weil sie alle selber so abstoßend aussehen?

    Bis bald. :)

    Was ich schreibe: Eden

  • Danke vielmals, Bluerosesinmyheart, Asni, Thorsten und Stadtnymphe! Ich seh mal, wie ich das anpassen kann. :thumbsup:

    _________________________________________

    Eiseskälte fuhr dem Jungen in die Glieder. Würde er sich in wenigen Minuten – seiner Seele beraubt – neben der Mutter in einer Stele wiederfinden?
    Sein Magen fühlte sich an wie ein Stein und ihm wurde der Mund trocken. „Nein“, murmelte er und versuchte, sich aus dem Griff zu befreien.
    Der Trollkönig ließ ihn los und musterte ihn noch einen Augenblick, bevor er sich wieder der im Eis eingeschlossenen Frau zuwandte.
    „Ich bewundere deinen Mut“, knurrte er, „und sie hier“, sein gekrümmter Zeigefinger wies auf die Eissäule, „habe ich auch sehr bewundert. Eine der schönsten Menschenfrauen, die ich je gesehen habe. Doch davon ist nichts mehr zu entdecken! Verheult, das Gesicht verzerrt, Rotz an der Nase, das Haar aufgelöst und wirr, die Augen und der Mund aufgerissen – so, wie sie jetzt aussieht, ist sie ein Schandfleck in meiner Sammlung.“
    „Hör auf!“, schrie Johannes wutentbrannt und ballte in ohnmächtigen Zorn die Fäuste. Mit einem Satz sprang er zwischen die Stele und den schwarz behaarten Wanst des Trollherrschers, breitete die Arme aus, als könnte er damit die Mutter vor der Beschimpfung schützen. Bebend starrte er den König aus zornfunkelnden Augen an. Seine Wut hatte ihn die förmliche Anrede gänzlich vergessen lassen. Erst als er sah, wie der Trollkönig die buschigen Augenbrauen zusammenzog, fielen ihm Freders Worte wieder ein. Behandle ihn mit dem Respekt, der ihm zusteht, hatte der Alte gemahnt. Trotzdem entschuldigte sich der Junge nicht, denn dieses Ungeheuer hatte seine Mutter einen Schandfleck genannt. „Dann lass sie gehen“, stieß er stattdessen bittend hervor. „Gib ihr ihre Seele zurück und lass sie gehen.“ Noch immer stand er schwer atmend mit ausgebreiteten Armen vor der Säule, obwohl ein leichter Schubs des Trollkönigs mit einer der großen Pranken ihn in die nächste Ecke befördern konnte.
    „Ich habe noch niemals jemanden gehen lassen“, war die geknurrte Erwiderung. Der König wandte den Kopf und schaute in den hinteren Bereich der Eiskammer, dem Johannes bisher keinen Blick geschenkt hatte.
    „Sie gehört dir nicht“, widersprach der Junge ausdruckslos, „es ist unsere Mutter.“ Mit bangem Herzen wartete er auf Antwort, doch der Herrscher der Trolle musterte ihn erneut so seltsam, dass er unwillkürlich den Kopf einzog.
    „Ich habe dir ein Angebot zu machen“, meinte der König völlig unerwartet. „Komm mit.“ Er drehte sich um und wandte sich dahin, wo er hingeschaut hatte.
    Zögernd ließ Johannes die Arme sinken und starrte auf den fellbedeckten Rücken des davon stapfenden Wesens. Er war so überrascht, dass er unschlüssig stehen blieb.
    Der Trollkönig, der ein paar Schritte gegangen war, hielt an, als er merkte, dass der Junge ihm nicht folgte.
    „Komm mit!“, knurrte er unwillig. „Muss ich dir alles zweimal sagen?“
    Hastig stolperte Johannes ihm nach, denn nichts wollte er weniger, als den Herrscher zu verärgern. Das würde jede Hoffnung auf ein gutes Ende seiner Reise zerstören.
    Während sich seine Gedanken überschlugen, was das wohl für ein Angebot war, erreichten sie eine Tür in der hinteren Wand der geräumigen Eiskammer.
    Der Trollkönig legte die Hand auf einen gewaltigen eisernen Riegel, der so hoch oben angebracht war, dass ihn nicht einmal ein erwachsener Mann erreichen konnte.
    Johannes‘ Herz begann erneut wild zu hämmern. Was war hinter diesem Eingang, dass er so gesichert wurde? Immer wieder musste er an die Antwort denken, die er vorhin gegeben hatte auf die Frage, was er zu geben bereit war.
    Alles.
    Entweder würde der Herrscher der Trolle ihm jetzt seinen Preis nennen oder ihn genauso einfrieren wie die Mutter. Gegen Letzteres würde er sich nicht wehren können und ein Entkommen aus dieser Eisfestung war unmöglich. Er hatte sich ihm selbst ausgeliefert.
    Zwei Herzschläge lang tauchte Evas verzagtes Gesicht vor ihm auf, ihre tränenüberströmten Wangen an dem Tag, als sie vom Pilzesammeln zurückkamen und das Haus verwüstet fanden. Auch das sanfte Lächeln der Mutter sah er vor sich und hörte förmlich, wie sie seinen Mut lobte und ihn tröstete, weil er es nicht geschafft hatte.
    Ein metallisches Scharren holte Johannes zurück in die Wirklichkeit. Der vereiste Riegel war mit einem kräftigen Ruck der behaarten Faust zurückgeschoben worden und der Trollkönig umfasste den mit Reif überhauchten Türknauf. Knarrend öffnete sich die Tür.
    In dem Raum war es viel dunkler als in dem mit den Säulen. Das Blau hatte sich in Grau gewandelt. Die Augen des Jungen brauchten einen Moment, um etwas erkennen zu können. Es gab keine leuchtenden Finger aus Sonnenlicht, nur Nischen, immer mehrere übereinander, von groben Händen in die eisigen Wände gehauen.
    Zögernd trat er näher, um zu sehen, was darin lag. Es waren Eisgebilde. Jedes hatte eine andere Größe. Manche waren so groß wie sein Kopf, einige nur so klein wie sein Finger. Staunend glitt sein Blick über die rauen, teils scharfkantigen Brocken. Warum hatte der Trollherrscher ihn hierher gebracht?
    „Was sind das für Eisstücke?“, fragte er und reckte den Hals, um eines von ihnen näher betrachten zu können.
    „Gefäße“, war die einsilbige Antwort.
    „Man kann etwas in sie hineintun?“ Johannes wunderte sich, denn er sah weder einen Deckel noch eine Öffnung. „Darf ich?“ Seine erhobene Hand schwebte neben dem ihm am nächsten liegenden und er sah fragend über die Schulter.
    Ein knappes Nicken war die Erlaubnis.
    Seine frostklammen Finger umschlossen den faustgroßen Eisklumpen und nahmen ihn aus dem Regal. Langsam drehte er das raue Gebilde vor seinen Augen und betrachtete es sorgfältig. Es gab nichts Auffälliges daran. Ein einfacher Eisbrocken.
    „Wenn du es fallenlässt, stirbt eines der Lebewesen in den Säulen.“
    Beinahe hätte er es losgelassen, so zuckte Johannes zusammen bei diesen Worten. Er verstand sofort, was der Trollkönig meinte. Gefäße hatte er die Gebilde genannt. Sie bargen die Seelen der eingefrorenen Menschen und Tiere im vorderen Raum.
    Vorsichtig legte er den Eisklumpen wieder in die Nische. Bei dem Gedanken, dass dieser vielleicht die des kleinen, blonden Mädchens war, schüttelte es ihn vor Grauen. Rasch zog er die Hände zurück.
    Der Trollkönig hatte sein Verhalten wortlos verfolgt. Als der Brocken wieder an seinem Platz lag, drehte er sich um und ging zu einer Nische an der gegenüberliegenden Wand.
    Johannes folgte ihm, wobei sein Blick über die unzähligen Fächer in den Eiswänden huschte. Manche waren leer, aber in den meisten lag etwas. Seelen, sagte er sich, geraubt und eingesperrt. Wie viele es wohl sind? Und … ob es weh tut, wenn sie einem entrissen wird?
    Er traute sich nicht, den Trollkönig zu fragen, denn schon die Vorstellung, dass die Mutter dabei Schmerzen gelitten hatte, ließ ihn sich innerlich krümmen.
    „Das ist ihre Seele.“

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

    3 Mal editiert, zuletzt von Tariq (8. Juni 2023 um 18:11)

  • Liebe Tariq

    (das mit dem Schraubstock hab ich nicht verstanden. Vielleicht solltest du die Formulierung so ändern, dass man direkt sieht, welchen Vergleich du anstrebst... oder ich bin einfach zu dumm. :P)

    ausdruckslos

    Ist Johannes in dieser Situation wirklich ausdruckslos? Gerade eben ist er noch völlig wutentbrannt und verzweifelt gewesen. Jetzt so schnell ins Ausdruckslose zu schalten, finde ich gerade bei einem impulsiv handelndem Kind etwas seltsam. Das wäre eher etwas, was Erwachsene machen, um ihre Gefühle zu verbergen.

    des vor ihm davon stapfenden.

    *des vor ihm Davonstapfenden [oder davon Stapfenden] (ja, sieht komisch aus, müsste meiner Meinung aber hier eine Substantivierung sein)

    denn nichts wollte er weniger als den Herrscher verärgern

    Ich kann das sehr nachvollziehen, aber es passt nicht ganz zu seinem vorherigen Entschluss, sich beim Trollkönig nicht zu entschuldigen. Also, wenn er schon ins Fettnäpfchen getreten ist, dann war das ja vorhin. Damit hat er ihn ja eh schon verärgert. Vielleicht: "nicht noch mehr verärgern..."?

    den mit Reif überhauchten Türknauf

    Oh, sehr schön geschrieben!:love: (aber: ist der Türknauf dasselbe wie der Riegel? Bei beiden schreibst du, dass sie vereist bzw. reifbedeckt sind, ist ja irgendwie dasselbe...)

    Bin gespannt, ob noch eine Erklärung folgt, wie denn diese "Seelenentnahme" vonstatten ging. Das würde mich wirklich interessieren. ;)

    Bis bald!

    Was ich schreibe: Eden

  • Hm, ja - die Szene bringt ganz gut den Spagat zwischen maerchenhaft und realistisch rueber den ich meine. Der Junge hat einen Wutanfall (realistisch, die Nerven muessen ihm in der Situation blank liegen) - aber er beruhigt sich schnell und verhandelt wie ein Erwachsener weiter mit dem Koenig (maerchenhaft, unwahrscheinlich dass ein echter Junge in dem Alter das schafft).

    Dieser Kontrast zwischen seinem Verhalten ist in der Szene ein bisschen hart - vielleicht kannst Du da Dissonanz rausnehmen?

    Grundsaetzlich finde ich dieses Zwischengenre eigentlich schoen, und meistens klappt es ja auch gut.:)

  • Hastig stolperte Johannes ihm nach, denn nichts wollte er weniger als den Herrscher verärgern. Das würde jede Hoffnung auf ein gutes Ende seiner Reise zerstören.

    Ist das nicht wieder etwas zu spät? Ich meine Johannes hat seinen Zorn gegenüber dem Trollkönig ja schon zum Ausdruck gebracht. Vielleicht passt ein "den Herrscher noch mehr zu verärgern" ganz gut.

    Ein etwas kürzerer Teil als sonst, scheint mir zumindest so :hmm: Hoffentlich kommt's jetzt bald zur Auflösung! Ich bin neugierig und gespannt! ^^

    Off-Topic @Stadtnymphe

    (das mit dem Schraubstock hab ich nicht verstanden. Vielleicht solltest du die Formulierung so ändern, dass man direkt sieht, welchen Vergleich du anstrebst... oder ich bin einfach zu dumm.

    Schraubstock? Das muss mir entgangen sein. Spielt aber nicht so die große Rolle, was ich viel mehr sagen möchte: Nur weil du etwas nicht direkt verstehst, heißt das doch noch lange nicht, dass du "zu dumm" bist. Gerade wenn es um Unwissenheit geht, sollte man niemals das als unveränderliche Eigenschaft der eigenen Person ansehen!

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Und wieder herzlichen Dank, Stadtnymphe, Thorsten und Asni. Ich freu mich über euren kritischen Blick und euer Feedback.

    _____________________________________________

    Johannes starrte auf den Eisklumpen, der in der haarigen Handfläche vor ihm lag. Er war so groß, dass er beide Hände brauchen würde, um ihn zu halten. Hastig verbarg er sie auf dem Rücken. Er wollte das unförmige Gebilde nicht berühren, aus Angst, es könne ihm entgleiten.
    „Ich sagte dir bereits, dass noch kein Lebewesen, das einmal hier drin eingeschlossen wurde, die Höhle wieder verlassen hat“, erklärte der Herrscher der Trolle. „Aber es gibt etwas, was mich dazu zwingen kann, es freizugeben. Einen Preis, den ich für das Nutzen von Magie beim Entnehmen der Seelen zahlen muss: Verlangt jemand die Herausgabe eines solchen Lebewesens, darf er darum kämpfen. Gewinnt er, bin ich gezwungen, einem Geschöpf seiner Wahl die Seele zurückzugeben.“
    Ich muss also um meine Mutter kämpfen, wiederholte Johannes in Gedanken und er merkte, wie ihn der Mut verließ. Wie sollte er, ein zehnjähriger Junge, einen Kampf gegen einen Troll gewinnen, vielleicht gar gegen den König selbst?
    „Du lässt meine Mutter gehen, wenn ich siege?“
    Der Trollkönig nickte.
    „Gegen wen muss ich kämpfen?“ Seine Stimme zitterte ein wenig und er hoffte, dass der Herrscher es nicht bemerkte.
    „Gegen die Zeit.“
    Der König neigte den Kopf, was ihm etwas Verschlagenes verlieh, und dem Jungen wurde klar, dass es nicht einfach werden würde, auch wenn er keinen Troll als Gegner bekam. Furcht kroch in ihm hoch und machte ihm das Atmen schwer.
    „Wie – geht das?“, fragte er zaghaft.
    „Ganz einfach“, gab der Troll schroff zurück. Er wandte sich abrupt ab und trug den Eisbrocken hinaus aus dem Raum direkt bis zu der Eissäule mit Johannes‘ Mutter darin. „Sieh her.“ Und mit diesen Worten ließ er seine Last fallen.
    Als würde die Zeit langsamer laufen, sah der Junge mit offenem Mund dem Brocken hinterher. Er war wie gelähmt, machte nicht einmal den Versuch, die Hände vorzustrecken, um ihn zu fangen. Sogar der entsetzte Aufschrei blieb ihm im Hals stecken. Das kostbare Gebilde sauste an seinen Augen vorbei, schlug mit einem dumpfen Laut auf dem Eis des Höhlenbodens auf und zerplatzte zu seinen Füßen.
    Fassungslos stierte der Junge auf das, was vor seinen groben Winterschuhen lag. Splitter, kleinere Krümel und Bröckchen …
    Hatte das sein Kampf gegen die Zeit sein sollen? Den Eisbrocken rechtzeitig zu fangen? Dann hatte er versagt. Die Mutter war verloren und alle Anstrengungen vergeblich gewesen.
    „Nein!“, stöhnte er und sank auf die Knie. Seine Finger zitterten, als er eine der Eisnadeln in die Hand nahm. Er legte sie auf die Handfläche und betrachtete sie. Der Schandfleck, dachte er und seine Augen füllten sich mit Tränen, der Trollkönig hat seinen Schandfleck beseitigt.
    „Setze es wieder zusammen!“, hörte er ihn hinter sich knurren.
    Ruckartig fuhr er herum und starrte ihn verständnislos an. „Was?“, brachte er mühsam hervor.
    Die zusammengezogenen Augenbrauen und der sich verfinsternde Blick zeigten ihm, dass er diesmal keine zweite Aufforderung bekommen würde. Er hatte sie ja auch verstanden. Sie erschien ihm nur so widersinnig, dass er sich vergewissern wollte, nicht falsch gehört zu haben.
    „Zusammensetzen?“, flüsterte er, „Warum? Sie ist doch tot.“ Erneut drängten sich Tränen in seine Augen und er wagte nicht, den Kopf zu drehen und einen Blick auf die Mutter zu werfen.
    „Das ist sie erst, wenn du es nicht schaffst, den Behälter wieder zusammenzusetzen, bis die Sonne untergegangen ist.“ Der ausgestreckte Zeigefinger des Trollkönigs wies zur Decke.
    Johannes’ Augen folgten der Geste, doch er konnte nicht in das gleißende Licht sehen, das sich dort oben in die dünnen Strahlenfinger verteilte, um die einzelnen Säulen in der Höhle zu erleuchten.
    Sie mussten längst weitergewandert sein, denn er war bereits eine ganze Weile hier. Aber noch immer fielen die Strahlen auf dieselbe Stelle, die sie schon vorhin angestrahlt hatten, als er in dieses Gewölbe gekommen war. Magie, sagte er sich, das ist die Magie des Trollkönigs.
    „Wenn die Sonne gesunken ist, werden auch die Lichtstrahlen, die du siehst, verschwinden. Nun denn – das ist dein Kampf: Du hast Zeit bis zum letzten Sonnenstrahl.“
    Johannes schluckte. Er wusste nicht, wie spät es war. Irgendwann am Nachmittag hatte er die Höhle erreicht. Der lange Marsch durch endlose, blaue Gänge, der Abstieg zu den Räumen des Königs, der Aufenthalt hier in diesem eisigen Gewölbe des Grauens. So viel verschwendete Zeit, so viel Reden ohne Nutzen …
    Hastig überflog sein Blick die Splitter und Bruchstücke am Boden. Ich kann das schaffen, versicherte er sich selbst und schon griffen seine Hände nach den ersten Teilen. Immer wieder probierte er, verglich Kanten und Flächen, setzte zusammen und nahm auseinander. Er kam voran. Die Hälfte war fast geschafft. Wunderbarerweise fügten sich die Splitter, die zueinander passten, von selbst aneinander, so dass der Brocken nicht wieder auseinanderfiel.
    Als er den Kopf hob, um einen Blick auf den Trollkönig zu werfen, sah er, dass es im Gewölbe dunkler geworden war. Irritiert schaute er sich um und bemerkte zwei kleinere Säulen nahe dem Eingang, auf die kein leuchtender Strahl mehr fiel.
    Die Sonne sank! Ihr Licht schwand. Ein Blick auf die Säule der Mutter an seiner Seite verriet ihm, dass sie nach wie vor leuchtete. Ich schaffe es, Mutter, flüsterte er ihr zu, ich schaffe es!
    Seine eiskalten Finger hatten Mühe, die kleinen Teile aufzuheben und einzupassen. Immer öfter musste er in die Hände hauchen, weil die Schmerzen vom Frost fast nicht mehr zu ertragen waren. Er spürte kaum noch, ob sie etwas ergriffen hatten oder nicht. Und es wurde immer dunkler.
    Wieder hob er den Kopf und sah drei weitere Säulen ohne Licht. Nur noch zwei Reihen von ihm entfernt. Auch das kleine, blonde Mädchen stand schon im Finsteren und die Dunkelheit kroch auf ihn zu wie einer der Nachtmahre, von denen Lene oft erzählt hatte. Sie kam näher und sein Herz verkrampfte sich. Schlotternd vor Angst, Kälte und innerer Erregung richtete er die Augen wieder auf den beinahe fertigen Eisklotz vor sich. Nur noch wenige Teile fehlten und während seine Hände die Splitter fast blind einzupassen versuchten, huschte sein fahriger Blick bereits über die verbliebenen, um schneller den nächsten zu finden.

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

    3 Mal editiert, zuletzt von Tariq (8. Juni 2023 um 18:17)

  • Uhhhh. Die Schneekönigin? Das war doch das Märchen, in dem Kai den Spiegel wieder zusammen setzen musste?

    Gefällt mir :thumbsup:

    Du schreibst immer noch hochemotional und man ist direkt bei Johannes, in dessen Gefühlswelt ich mich hervorragend hineinversetzen konnte. Nun ist auch sehr klar, warum du diesen Titel gewählt hast, sehr schön :)

    Das der Trollkönig so hinterhältig ist, konnte ich mir schon denken, nachdem er Johannes Mutter als Schandfleck betitelt hat. Ich bin mir aber sehr sicher, dass Johannes es schaffen wird. Fragt sich nur, ob der Trollkönig das dann genauso sieht :/

    Spannend, spannend :)

    LG

  • Hm... schon gut und spanned, aber ich glaube, bei mir ist jetzt tatsächlich die Länge erreicht, nach der ich mit einer Auflösung und einem Ende rechne und mich die Kliffhanger eher stören als dass ich sie spannend finde. Die Idee mit dem Zusammensetzen des Eisblocks finde ich irgendwie nicht so kreativ. Das kann aber auch daran liegen, dass der Troll aus meiner Sicht relativ farblos bleibt. Das ist natürlich sehr eine persönliche Geschmacksfrage und du solltest es natürlich nicht so schreiben, dass es mir gefällt, aber ich sag trotzdem, was mir spontan einfällt, das mir gefällt: Ich würde bei einer solchen Szene (und dann rückwirkend natürlich insgesamt) versuchen, den Trollkönig verspielter, vielleicht etwas gemeiner, aber auch gleichgültiger erscheinen zu lassen. Sozusagen in der Art, dass es ihm eigentlich egal ist, wer / was in seiner Eiskammer gefangen ist, solange es schön anzusehen ist und ihm damit die langweilige Zeit in den Bergen verkürzt. Was wäre da spannender, als einem verzweifelten Jungen dabei zuzusehen, wie er ein Seelengefäß wieder zusammenpuzzelt? Mein Twist wäre noch, dass das völlig irrelevant ist und es dem Troll nur um die eigene Unterhaltung geht.

    Ich verstehe jetzt auch immer mehr, was Thorsten mit dem Spagat zwischen märchenhaft und realistisch meint, weil es für mich bauchgefühlsmäßig für ein Märchen "zu lang" ist (so ganz überzeugt mich meine Formulierung nicht; das Märchenhafte fehlt mir irgendwie, ohne dass ich den Finger drauf legen könnte, wo genau das wie passiert). Und mein eigener Geschmack geht mehr in Richtung realistisch :hmm: Im Märchen wäre mir die Frage egal, warum der Trollkönig schöne Dinge sammelt. Er tut das einfach. Je realistischer es wird, desto mehr interessiert mich eine nachvollziehbare Erklärung für sein Verhalten.

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Antworten
    Lady

    Lieben Dank dir für's Weiterlesen, deine Likes und deine Anmerkungen!! Freu mich, dass du noch dabei bist. :)

    Asni

    Herzlichen Dank für deinen Like und den ausführlichen Kommi, Asni. Natürlich bin ich ein bisschen traurig, dass die Geschichte bei dir nicht so wirklich landen kann, aber - wie du schon schreibst - ist das Geschmackssache. Ich hab mal versucht, auf deine Anmerkungen einzugehen und zu erklären, wie ich die Story betrachte. Deine Sicht war sehr interessant für mich, aber nicht immer ganz nachvollziehbar. Trotzdem - nochmal vielen Dank!

    Ich hoffe, das kommt jetzt nicht biestig oder gekränkt oder so rüber, denn das bin ich nicht. Auf keinen Fall! Ich freu mich, wenn ich an euren Gedanken über den Text teilhaben kann.

    Noch drei waren übrig. Er wimmerte leise, weil ihm alles wehtat. Die Knie, die er kaum noch spürte, die Arme, die Finger, in die der Frost biss wie ein wütendes Tier. Noch zwei, noch eines …
    Als er die Hand nach dem letzten Bröckchen ausstreckte, legte sich die Pranke des Trollkönigs auf seine Schulter und zerrte ihn zurück. „Es war wohl zu leicht“, hörte er den Herrscher brummen, als er ungeschickt auf dem Po landete, „ich dachte nicht, dass du es schaffst. Deshalb muss ich es dir ein bisschen schwerer machen.“
    Ein neuer Eisbrocken krachte zwischen Johannes‘ Füßen auf den Boden. Auch dieser zerplatzte in unzählige Bruchstücke und begrub den noch fehlenden Splitter von der Seele der Mutter unter sich.
    „Finde nun das letzte Teil!“, höhnte der Trollkönig. „Und wisse: Wenn es dir nicht rechtzeitig gelingt, bist du auf immer in dieser Höhle gefangen. Du wirst mein neues Schmuckstück sein!“ Mit einem rauen Lachen wies er auf eine leere Eissäule, die Johannes noch gar nicht gesehen hatte, weil kein Lichtstrahl auf sie gefallen war. „Die Dunkelheit ist noch zwei Säulen entfernt, spute dich!“ Wieder erklang das hässliche Lachen.
    Während der Junge zu begreifen versuchte, dass er das niemals schaffen würde, ruckte sein Kopf erneut in Richtung Ausgang. Alle Stelen waren finster außer dreien. Eine von ihnen war das Eisgefängnis der Mutter.
    Johannes erkannte, dass der Trollkönig nie vorgehabt hatte, ihn gehenzulassen. Er wird mich in die leere Säule neben ihrer sperren, dachte er, er hat nicht umsonst gesagt, ich sei ein schöner Junge.
    Der Schock war unbeschreiblich. Als er sich unbeholfen aufrappelte und auf den kleinen Haufen Eisbröckchen starrte, verließ ihn alle Hoffnung. Wie sollte er darin den letzten Seelensplitter finden?
    Zwei Säulen, schrie es in ihm, nur noch zwei Säulen! Beeil dich!
    Gleichzeitig vernahm er eine andere Stimme in seinem Inneren. Du findest ihn eh nicht, verkündete sie und es klang unendlich hoffnungslos.
    „Doch!“, stieß Johannes hervor und seine Hände fuhren in die Überreste des zweiten Eisbrockens, um sie auszubreiten. Ist das eine weitere Seele gewesen?, fragte er sich und Schuldgefühle drohten ihn zu überwältigen. Hat dieses Ungeheuer eines der Lebewesen da draußen sterben lassen, um mich aufzuhalten?
    Er versuchte sich zu erinnern, wie der letzte Splitter ausgesehen hatte. Schmal, scharfkantig, so lang wie sein Daumen. Es gab unzählige davon. Sollte er jeden einzeln aufnehmen und probieren? Wieder huschte sein Blick zu den anderen Säulen. Der Sonnenstrahl auf der dritten war merklich blasser geworden und kaum noch zu sehen.
    Mutter, flüsterte er in Gedanken, während seine Finger fast abwesend über die Bröckchen tasteten auf der Suche nach dem fehlenden Eisstück, hilf mir doch! Zeig ihn mir!
    Er musste an seine Schwester denken und war froh, dass sie sich in Sicherheit befand und nicht hier. Szenen fielen ihm ein, in denen sie miteinander gespielt hatten, im Sommer und auch im Winter, in dem es so frostig war wie hier unten in diesem Eisgefängnis. Was hatte Eva einmal geantwortet, als er sie fragte, ob sie nicht friere? Wenn mir kalt ist, gehe ich rein zu Mutter und kuschle mich an sie. An ihren Bauch. Und dann legt sie ihre Arme um mich. Sie hat so warme Hände. Alles an ihr ist warm.
    Alles an ihr ist warm …
    Die Worte setzten sich fest in seinem Kopf.
    Alles an ihr ist warm …
    Er ließ sich zurück auf seine Fersen sinken und musterte die ausgebreiteten Bruchstückchen. Warm, ertönte es erneut in ihm, warm!
    Da sah er es.
    Einer der Splitter lag in einer winzigen Wasserpfütze. Nur einer von so vielen. Die Pfütze stand in einer ebenso kleinen Kuhle, die die Form des Splitters hatte.
    Wie von selbst griffen seine Finger zu. Sie entnahmen ihn aus seinem feuchten Bett und fügten ihn in die verbliebene Lücke ein. Und als Johannes aufschaute, um froh in das Gesicht der Mutter zu sehen, erlosch der Sonnenstrahl, der auf ihre Eissäule fiel.

    Freder saß auf der Bank neben seiner Haustür und rauchte eine Pfeife. Die Sonne war untergegangen und eben hatte sein kleiner Gast ihm eine gute Nacht gewünscht und war mit der Puppe im Arm in der Kate verschwunden. Er hörte sie durch das offene Fenster summen.
    Seine Gedanken waren bei dem Jungen. Am Ende des vierten Tages – also heute – konnte er zurückkehren. Wahrscheinlich allein und zutiefst niedergeschlagen, wie der Alte vermutete. Trolle waren nicht für Menschenfreundlichkeit bekannt. Zum Glück hatte er Eva nicht gesagt, wann er mit der Heimkehr ihres Bruders rechnete. Sie war ein so liebes Kind …
    Seine Pfeife war ausgegangen. Er erhob sich, um nach drinnen zu gehen, doch da fiel sein Blick auf zwei Gestalten, die sich seiner Kate näherten. Eine große und eine kleine …
    Sein Herz klopfte schneller, während er wartete, bis sie nahe genug gekommen waren. Dann drehte er sich zu dem offenen Fenster über der Bank um.
    „Evchen!“, rief er hinein und seine Stimme war zittrig vor Rührung. „Komm raus, mein Kind, hier möchte dir noch jemand gute Nacht sagen!“

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

    2 Mal editiert, zuletzt von Tariq (8. Juni 2023 um 18:20)

  • Spoiler anzeigen

    Okay - ich denke insgesamt ist jetzt am Ende ein wichtiges Plot-Element durch den Spagat gefallen das Du meiner Meinung nach schon klarstellen solltest:

    Warum gibt der Troll die Mutter am Ende frei?

    In der maerchenhaften Variante wuerde ihn irgend eine Magie an sein Versprechen binden - die Aufgabe war unmoeglich, aber wenn sie doch geloest wird, kann kein Rueckzieher gemacht werden. Sowas haben wir vorher aber nicht gesehen - im Gegenteil, der Troll durfte nach Lust und Laune die Aufgabe veraendern nachdem sie angefangen hatte.

    In der realistischen Variante spielt der Troll nur mit dem Jungen - er zieht die Aufgabe in die Laenge, veraendert sie nach Lust und Laune - nur gibt es da keinen Grund warum er am Ende sein Versprechen halten sollte und nicht nochmal die Dinge schwerer machen sollte.

    In beiden Varianten ist unklar was der Troll da eigentlich will - in der maerchenhaften bin ich bereit das hinzunehmen, aber je mehr Realismus sein soll, desto unklarer ist mir seine Motivation.

    Fuer meinen Geschmack ist das Ende zu lang - ich wuerde dem Jungen ein Mittel auf den Weg geben dem Troll ein magisch bindendes Versprechen zu entlocken, der Troll gibt das im Gegenzug zu einer Aufgabe, der Junge akzeptiert, der Troll zerschmettert das Eis und vermischt es, der Troll versucht nicht noch zu betruegen, der Junge kommt ein Stueck weit, aber am Ende hilft ihm nur die Idee der Waerme und er schafft die Aufgabe - irgendwie so.

    Ich find's wirklich ueber weite Strecken schoen geschrieben, tolle Sprache, wunderbare Bilder - aber dieser Twist am Ende sollte solide rueberkommen, so wie das jetzt ist funktioniert es fuer mich nicht so recht, sorry:(

  • Spoiler anzeigen

    Ich fürchte, ich muss Thorsten in einem Punkt recht geben:

    Zitat von Thorsten

    Warum gibt der Troll die Mutter am Ende frei?

    Ich bin da leider auch nicht ganz mitgenommen. Er spielt die ganze Zeit schon mit Johannes und am Ende lässt er die beiden doch gehen. Vielleicht hätte Johannes von dem Trollkönig erwarten sollen, dass er sowas wie einen heiligen Eid ablegt oder so?

    Das der Trollkönig das Ganze am Ende noch einmal sabotiert, damit habe ich schon gerechnet. Alles andere wäre zu einfach gewesen und irgendwie hätte ich auch erwartet noch einen kleinen Streit zwischen den beiden zu lesen. Wo Johannes eben auf die Erfüllung des Schwures besteht und an die Würde eines Königs appelliert oder so xD

    Weißt? :D so oder so ähnlich xD

    Insgesamt fand ich die Geschichte sehr schön und sehr bildlich beschrieben bzw. geschrieben :)

    Allerdins hätte ich die Geschichte im Allgemeinen eher in die Sparte Low Fantasy - aber das nur so am Rande. Als unwichtiges Gimmick :P

    Alles in einem eine schöne Geschichte, die ich gerne gelesen habe :)

    LG :)

  • Spoiler anzeigen

    Zuerst mal ein großes Lob! Mir gefällt der Abschluss der Geschichte sehr gut! Das ist die Art von versöhnlichem, glücklichem Ende, das ich haben wollte (glaube ich zumindest) ^^ .

    Was deine Kommentare zu meinen Kommentaren angeht... ich bin da schon sehr nachdenklich [leider kann ich aus irgendeinem Grund die Kommentarfunktion nicht nutzen]. Zum einen wollte ich ja nicht dich als Person kritisieren, sondern meine Gedanken und Gefühle zu deiner Geschichte zum Ausdruck bringen.

    Es las sich gerade eben ein wenig so, als hättest du den Eindruck gewonnen, mir wäre die Geschichte zu lang. Ich verstehe, dass das so ankam, mir war heute morgen (oder gester?) selbst nicht so genau klar, was mich an den Kliffhangern gestört hat. Ich denke, das hat etwas mit einem Spannungsbogen zu tun und damit, dass sich Spannung und Entspannung mehr abwechseln sollten. Ich kann dazu leider nichts qualifiziertes sagen, weil ich das selbst auch nicht kann und auch zu wenig darüber weiß. Ich kann nur sagen, was mein Gefühl beim Lesen war.

    Dass die Geschichte mal für den Schreibwettbewerb gedacht war, hab ich mir an irgendeiner Stelle auch gedacht. Ich finde das schön, wenn aus so einer Themenvorgabe dann auch etwas entsteht, auch ohne, dass das dann am Wettbewerb teilnimmt.

    Noch eine Einschränkung zu meinen Kommentaren, vor allem über alle Posts hinweg: ich kommentiere vermutlich je nach Situation und Tagesform etwas anders und vor allem nicht konsistent über die gesamte Geschichte hinweg. Ich merke manchmal selbst, dass ich mir eigentlich widerspreche, das rechtfertige ich mal damit, dass mein Ziel nicht ist, dich dazu zu bewegen, die Geschichte so zu schreiben, dass sie mir gefällt. Mein Ziel ist eher, dir die Stellen aufzuzeigen, an denen ich etwas anders sehe, damit du dir meine Gedanken angucken kannst und dann selbst entscheidest, was dir besser gefällt.

    Das passt sehr gut zu meinem Kommentar, dass der Trollkönig farblos bleibt. Da hast du begründet, dass für dich der Trollkönig nicht mehr Raum in der Geschichte haben soll etc.

    Noch zu den Beweggründen des Trollkönigs / der Trolle:

    Hier würde ich ganz klar unterscheiden zwischen den verborgenen Gründen, die vielleicht nur du als Autorin kennst, und den offenen Gründen, die in der Geschichte genannt werden. Im Märchen ist es völlig in Ordnung und ausreichend, wenn in der ganzen Geschichte nur gesagt bzw. dargestellt wird: Die Trolle kommen immer wieder auf Raubzügen zu den Menschen und rauben Güter und ab und an auch Menschen. Wenn ich mich richtig erinnere, dann hattest du die Verdrängung der Trolle durch die Menschen relativ am Anfang erwähnt. Das hat mir damals gut gefallen und gefällt mir immer noch. Aus meiner Sicht ist das eher realistisch (im Unterschied zu märchenhaft), weil es nachvollziehbare Gründe für das Handeln sind: Die Trolle wurden ins Gebirge verdrängt, können dort nichts anbauen und müssen deswegen rauben, um überleben zu können. Für mich war dieser Gedanke aber auch so stark, dass meine Erwartung für die ganze Geschichte in diese Richtung gingen. Letztlich hab ich erwartet, dass Johannes seine Mutter gegen einen monatlichen Tribut an Käse oder so freitauscht. Die Aufgabe, Seelensplitter zusammenzusetzen, kann ich nicht so richtig zuordnen :hmm: Vielleicht ist es eher märchenhaft, weil es doch irgendwie abstrakt und "unlogisch" erscheint.


    Würdest du jetzt abschließend von mir einen - ich nenn es mal - Ratschlag von mir erwarten, was du insgesamt anders machenn könntest, dann müsste ich erst mal eine ganze Weile nachdenken. [Was ich letztlich seit min. 80 Minuten tue...]

    Bisher hab ich noch kein wirkliches Ergebnis, nur wirre Gedanken.

    Was mir trotzdem noch wichtig ist: lass dich nicht dazu drängen zu glauben, dass die Geschichte eine von zwei Möglichkeiten erfüllen muss. Das muss nämlich nicht sein. Jeder hat seine eigene Art, ans Schreiben von Geschichten, insbesondere Kurzgeschichten und kurzen Geschichten, heranzugehen. Vielleicht hilft es dir auch, dich zu fragen, ob du einen bestimmten (Überraschungs)Effekt erzielen, eine Moral den Lesern mitgeben oder einfach unterhalten möchtest. Auch hier gibt es beliebig viele Ziele in beliebigen Kombinationen.

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Tariq 4. März 2020 um 17:27

    Hat den Titel des Themas von „Beim letzten Sonnenstrahl (Arbeitstitel)“ zu „Beim letzten Sonnenstrahl“ geändert.
  • Antworten

    Asni , LadyK , Thorsten

    Zuerst wie immer - vielen lieben Dank euch!! Dass ihr bis zum Schluss dabeigeblieben seid und euch so viele Gedanken über die Geschichte gemacht habt und diese in so umfangreiche Kommis verpackt habt, Ich weiß das wirklich zu schätzen und freu mich darüber.

    Okay - ich denke insgesamt ist jetzt am Ende ein wichtiges Plot-Element durch den Spagat gefallen das Du meiner Meinung nach schon klarstellen solltest:

    Warum gibt der Troll die Mutter am Ende frei?

    Ich bin da leider auch nicht ganz mitgenommen. Er spielt die ganze Zeit schon mit Johannes und am Ende lässt er die beiden doch gehen. Vielleicht hätte Johannes von dem Trollkönig erwarten sollen, dass er sowas wie einen heiligen Eid ablegt oder so?

    Das ist eigentlich gar nicht die Frage. Meiner Meinung nach stellt sich die Hauptfrage viel eher: Warum lässt sich der Troll überhaupt auf Johannes ein? Er könnte ihn einfach schnappen, ihm die Seele nehmen und den Jungen behalten. Also warum dikutiert er überhaupt erst?Ich habe diese Frage schlichtweg ignoriert, sonst hätte ich die Geschichte nicht zu diesem Ende führen können. Leider war die Idee für das Ende aber zuerst da (siehe Schreibwettbewerb), so dass ich eine Story dazu spinnen musste, wie der Junge in die Situation gerät, vor dem letzten Seelensplitter zu sitzen. Dafür brauchte ich einen Troll, der ihm die Möglichkeit gibt zum Puzzeln. Und natürlich am Ende eine freigelassene Mutter. ^^

    Ich habe den Grund des Trollkönigs bewusst offen gelassen, weil Johannes ihn nicht kennt. Mitleid? Ein gewisses Maß an Ehrgefühl? Ich habe einfach so geschrieben, dass das dem Jungen letztendlich egal sein konnte, so lange er die Mutter frei gibt (der Trollkönig hat es übrigens nie versprochen). Ich fand eine Erklärung oder auch einen Dialog nach dem Einsetzen des letzten Splitters einfach irgendwie unpassend, weil der Sonnenstrahl ja das eigentliche Ende der Geschichte war.

    Zuerst mal ein großes Lob! Mir gefällt der Abschluss der Geschichte sehr gut! Das ist die Art von versöhnlichem, glücklichem Ende, das ich haben wollte (glaube ich zumindest) ^^ .

    Dankeschön, das freut mich. ^^

    Zum einen wollte ich ja nicht dich als Person kritisieren, sondern meine Gedanken und Gefühle zu deiner Geschichte zum Ausdruck bringen.

    Das habe ich auch nicht so wahrgenommen. Ich habe nicht mich kritisiert gefühlt.

    Im Nachhinein finde ich es natürlich schon schade, dass das Ende aus eurer Sicht ein bisschen danebengegangen ist. Zwei andere, die die Geschichte gelesen haben, fanden es schön.

    Eure Vorschläge fand ich trotzdem sehr interessant, bin mir aber noch unsicher, ob ich sie einbauen werde, und wenn ja - wie. Ich wollte die Geschichte nicht noch länger machen (Asni :D) und für Thorsten war das Ende ja so schon zu lang. Es ist schwierig, wenn man es allen recht machen will. :/

    Aber ich bin dankbar für eure Vorschläge und Sichtweisen. Wenn ich die Geschichte nochmal überarbeiten sollte, werde ich dahingehend drüber nachdenken, etwas zu ändern. Ich hoffe, ihr seid mir nicht böse, wenn ich sie jetzt erstmal so lasse.

    Nochmal vielen Dank euch!!

    Danke auch euch, Cory Thain und Sabrina, für eure Likes und für's Dranbleiben.

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

  • Spoiler anzeigen

    Das ist eigentlich gar nicht die Frage. Meiner Meinung nach stellt sich die Hauptfrage viel eher: Warum lässt sich der Troll überhaupt auf Johannes ein? Er könnte ihn einfach schnappen, ihm die Seele nehmen und den Jungen behalten. Also warum dikutiert er überhaupt erst?Ich habe diese Frage schlichtweg ignoriert, sonst hätte ich die Geschichte nicht zu diesem Ende führen können. Leider war die Idee für das Ende aber zuerst da (siehe Schreibwettbewerb), so dass ich eine Story dazu spinnen musste, wie der Junge in die Situation gerät, vor dem letzten Seelensplitter zu sitzen. Dafür brauchte ich einen Troll, der ihm die Möglichkeit gibt zum Puzzeln. Und natürlich am Ende eine freigelassene Mutter.

    Da hängt glaube ich auch ein wenig die Frage dran, ob es eine märchenhafte oder eine realistisch-phantastische Story sein soll. Bzw. was der Leser erstmal glaubt, dass es ist. Im Märchen ist die Frage meiner Meinung nach tatsächlich irrelevant, weil es im Märchen völlig in Ordnung ist, dass manche Dinge einfach so sind, wie sie sind. Der Wolf frisst die Großmutter und Rotkäppchen im Ganzen und die überleben das, wie man nach der Befreiung durch den Jäger sieht. Völlig unrealistisch, aber für's Märchen völlig in Ordnung. Das hilft dir jetzt nicht, außer vielleicht dass es erklärt, warum das so nie jemand in Frage gestellt hat ^^


    Ich habe den Grund des Trollkönigs bewusst offen gelassen, weil Johannes ihn nicht kennt. Mitleid? Ein gewisses Maß an Ehrgefühl?

    Das finde ich auch völlig in Ordnung. Trotzdem könnte es sein, dass du die Geschichte anders geschrieben hättest, wenn du einen klaren Grund für das Handeln des Trollkönigs gehabt hättest. Denn dann kannst du dich fragen: Wie wirkt sich der Grund /das Motiv auf das Handeln aus und wie wirkt sich das auf die Wahrnehmung durch Johannes aus.

    Eure Vorschläge fand ich trotzdem sehr interessant, bin mir aber noch unsicher, ob ich sie einbauen werde, und wenn ja - wie. Ich wollte die Geschichte nicht noch länger machen (Asni :D ) und für Thorsten war das Ende ja so schon zu lang. Es ist schwierig, wenn man es allen recht machen will.

    Nun, beim Überarbeiten könntest du ja auch kürzen und den Schwerpunkt anders ausrichten. Gerade bei Kurzgeschichten, mit denen man einen bestimmten Effekt beim Leser erzielen möchte, könnte man alles, was nicht dazu beiträgt weglassen oder anpassen. Ich will dir das nicht nahelegen, ich will nur sagen, dass das auch eine Möglichkeit wäre. Und gerade um sich im Schreiben zu verbessern, neue Fertigkeiten und Techniken zu lernen etc. wäre es sogar voll gut, wenn du die Geschichte einmal mehr als Märchen und einmal noch etwas realistischer schreiben würdest. Aber ich kenne das natürlich selbst... Theorie und Praxis ^^ Man hat ja auch keine Zeit dafür... :(

    Und noch eine Anmerkung: Eine lange Geschichte stört mich nicht. Ich hatte nur eher die Erwartung eine kurzes Märchen zu lesen, das zügig zu einem Ende kommt. Das hast du dann durch die Anzahl der Posts und der Kliffhanger am Ende (vermutlich jeden) Posts halt nicht erfüllt.

    --> Ich wiederhole mich nochmal: Du sollst es überhaupt nicht jedem Recht machen. DIR muss die Geschichte gefallen und du musst sagen: "Ja, so passt das, weil es mir so gefällt." Und ich denke auch, dass du das tust und sagen kannst ^^

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]