Hey Leute
ich bin wieder zurück, nach einer längeren Pause und ich starte mein wieder gefundenes Forumsleben mit einer Kurzgeschichte. Über jeden einzelnen Kommentar bin ich dankbar und jede Kritik ist willkommen.
Dann wünsche ich euch viel Spaß:
Das Mondfest
„Ich bin ja so aufgeregt“, rief Claire beim Anblick des Festplatzes, wobei sich ihre Stimme leicht überschlug.
Ihre Freundin Sarina lächelte und strahlte bis über beide Ohren. Heute Abend war endlich Vollmond und zum ersten Mal in ihrem Leben durfte Claire an dem Fest teilnehmen und würde sehen, welche Bedeutung diese Nacht für die Nadár hatte. Jeden Abend, wenn ihre Mutter ihr die Geschichte von ihrem ersten Mondfest erzählte, konnte Claire es vor ihrem inneren Auge sehen und die Magie, die darin mitschwang, fühlen. Dass dieser Tag nun endlich erreicht war, machte ihr langes Warten endlich zu einem schönen Ende. Ein ende an dem auch sie die wahre Magie sehen und spüren konnte. Heute zahlte sich ihre Geduld aus.
Zur Feier der bestandenen Prüfungen trafen sich alle Nadár auf einer Waldlichtung, die von den Strahlen des Mondes erleuchtet war, um den neuen Abschnitt ihres Lebens willkommen zu heißen. Die beiden Freundinnen machten sich auf den Weg durch die Bäume hindurch, ließen die Schwingungen der Natur ihre Körper erbeben und schauten sich die Lichtung an, die in einem weißen Schimmer lag. Die Tanzfläche, die bereits voll besetzt war, lag in der Mitte eines Kreises, umgeben von marmornen Säulen, die bis in den Himmel zu ragen schienen. Das volle Licht des Mondes erleuchtete die Tanzfläche, wo die Nadár das Fest in vollen Zügen genossen.
Claire und Sarina blickten sich an, nickten und gingen gemeinsam zu ihren Freunden. Zusammen schlängelten sie sich durch die große Menge Nadár, um sich genau in der hell erleuchteten Mitte von der Melodie mitreißen zu lassen.
Claires Körper begann sich mit dem Tempo der Melodie zu bewegen. Ihre Hüften fingen an zu kreisen, während sie ihre Hände über den Kopf hob und kleine Schritte machte. Alles um sie herum geriet in Vergessenheit und sie gab sich voll und ganz der Musik hin, sog die Mondstrahlen in sich auf. Ein leichtes Kribbeln drang durch ihre Kopfhaut, floss runter zu den Schultern und verteilte sich auf die Arme und die Brust. Immer weiter glitt dieses wohlige Gefühl nach unten, zu den Fingerspitzen und in den Bauch, in die Beine hinein, bis zu den Füßen. Eine brennende Spur lag auf ihrem Körper und eine ungeahnte Kraft machte sich in ihr breit. Während beide Frauen sich von der Melodie weiter leiten ließen, streifte Claires Blick durch die Menge.
Von einer unbekannten Präsenz gelenkt, fiel ihr Blick auf die Säulen. Als wenn ein Magnet an ihrem Körper zog und sie so dazu bringen wollte, ihre Aufmerksamkeit woanders hinzulenken. Eine einzige von den weißen Säulen lag im Dunkeln und eine Art Nebel waberte drum herum. Das Einzige was sie erkennen konnte, waren strahlend blaue Augen, die blitzten wie zwei Sterne am Nachhimmel und sie unverhohlen anblickte. Der Rest der Person, welche sehr groß zu sein schien, war in der Dunkelheit der Nacht verschwunden. Keine Strähne war zu erkennen, deren Farbe hätte leuchten müssen durch die Magie. Auch seine Aura hätte mit der Magie des heutigen Abend mitschwingen müssen. Stattdessen schien es, als würde um ihn herum eine ganz andere Macht schweben, die alles andere abprallen ließ. Es war keine Ähnlichkeit zu den Nadár Männern zu erkennen. Keinerlei Anzeichen von den Elementen, die zu jedem von ihnen gehörten und die immer präsent waren, selbst nur als schwacher Schein. Aber bei dieser Person im Nebel, schien eine andere Zeit zu sein, ein anderer Ort, wo die Elemente nicht hinkamen. Die Macht des Mondfestes hatte dort an der Säule keine Kraft, was für Claire unerklärlich war.
Genau in diesem Moment merkte sie, wie es zum ersten Mal dazu kam, dass die Magie sich vollends auf sie einließ und sie ihre neuen Freunde ganz deutlich in ihrer Gegenwart fühlen konnte. Der Wind blies ihr sacht durch das Haar und wehte eine braune und eine weiße Strähne empor. Die Farben von den Haarsträhnen der Nadár fingen an zu leuchten, so kräftig, wie Claire noch nie etwas hatte strahlen sehen. Die Erde unter ihren Füßen bebte leicht und ließ die Kieselsteine im Takt der Musik tanzen. Die Luft war erhellt von leuchtenden Kugeln, die von jedem einzelnen der Tanzenden in den Himmel flogen. Ein Bild voller bunter Sterne wie aus einem Traum legte sich auf Claires Augen. Doch genau in diesem Moment stahl sich wieder dieser blaue Schein in ihr Blickfeld. Langsam bewegte sich der Mann, wie sie nun erkannte, vorwärts und kam hinter der Säule hervor. Er war schlicht gekleidet in eine schwarze Hose mit einem blauen Hemd, passend zu seinen Augen. Unter seinem leicht aufgeknüpften Oberteil konnte man seine blasse Haut leuchten sehen, kein Haar war auf seiner Brust zu erkennen. Sein Gesicht umrahmte blonde, mittellangen Haare. Volle, sinnliche Lippen zierten es. Jede seiner Bewegungen schien beherrscht und einfach vollkommen. Er kam direkt auf Claire zu, die inzwischen einfach nur da stand und keinen Muskel bewegen konnte. Es schien, als würde sie nicht mehr der Herrscher ihres eigenen Körpers sein. Ihre Augen waren auf sein markantes Gesicht, mit Grübchen auf den Wangen, gerichtet. Sie konnte seinem Blick nicht ausweichen, als würde er sie mit seinen Augen fesseln. Es gab niemanden sonst auf der Tanzfläche, nur sie und den Mann. Der Fremde war inzwischen bei ihr angekommen und umrundete sie, blieb hinter ihr stehen und zog scharf die Luft ein.
Claire konnte sich nicht erinnern, ihn je gesehen zu haben und war unfähig, etwas zu erwidern. Ihre Stimme wollte nicht gehorchen, das Einzige was man von ihr vernahm war das Schlagen ihres Herzens. Nie zuvor hatte sie es so laut schlagen hören.
Der Fremde trat wieder vor Claire, legte seine Hand um ihre Hüfte und zog sie an sich, was dazu führte, dass Claire unweigerlich eine Hand auf seinen Rücken legte. Als wäre es das Selbstverständlichste und Natürlichste, was sie jemals gemacht hatte. Mit der anderen nahm der Fremde ihre noch freie Hand in seine und begann mit ihr zu tanzen. Langsam bewegten sie sich über die Fläche. Claire spürte deutlich seine kalte Hand auf ihrer eigenen, sie war wie eingefroren. Unfähig, sich von ihm loszureißen, ließ sie es geschehen, sie genoss es sogar insgeheim. Sie konnte ihren Blick auch unter Anstrengung ihrer ganzen Kraft nicht aus dem seinen befreien.
Stundenlang tanzten sie, in einer leidenschaftlichen Umarmung, der Musik folgend und ohne ein Wort zu verlieren. Claire verlor jedes Zeitgefühl. Das Einzige, was sie wusste war, dass sie niemals wieder was anderes tun wollte, niemals wieder von irgend jemand anderem angefasst werden wollte als von ihm. Sie gab sich dem Unbekannten voll und ganz hin. Dieser senkte das Gesicht zu dem von Claire, strich mit seinem Mund eine unsichtbare Linie entlang. Es fühlte sich an wie ein Windhauch, aber so intensiv wie eine richtige Berührung und so willkommen wie das Element, das sie zu ihren Verbündeten zählen konnte. Sie fühlte sich unbeschreiblich und neigte ihren Kopf zur Seite, gab ihren Hals frei. Der Mann, der eindeutig ein Mensch zu sein schien, küsste den vor ihm liegenden Fleck Haut, ganz sanft und vorsichtig. Claire wusste nicht, wie ihr geschah, konnte sich nicht bewegen. Ihr war klar, das sie jede Minute ihres Lebens mit ihm verbringen wollte.
Endlich fasste sie ihren Mut zusammen und machte Gebrauch von ihrer Stimme, die sehr dünn und heiser klang, gar nicht nach ihrer eigenen.
„Wer bist du?“ Man musste sich schon stark anstrengen, um die Frage zu hören, die Claire dem Fremden stellte.
„Mein Name ist Nick“, antwortete ihr eine tiefe Stimme, schöner als alles, was Claire bisher in ihrem Leben gehört hatte.
„Woher kommst du … Ich meine, was machst du hier?“, flüsterte Claire mit sanfter Stimme zurück.
„Ich bin auf einer wichtigen Mission, zumindest war ich es bis eben noch. Aber die Lichter und die Melodien haben mich so abgelenkt. Oder Vielleicht lenkten sie mich ja auch …“ Während er das sagte, ruhte sein Blick auf dem ihren und wieder fühlte es sich an, als würde die Welt um sie herum stillstehen. Kein Wort wurde mehr gesagt, man hörte nur noch synchron die Schläge ihrer Herzen, die im gleichen Takt schlugen und sich gegenseitig ergänzten.
Claires Augen fingen an zu leuchten, genauso wie ihre Haarsträhnen. Wie durch eine unsichtbare Macht gesteuert, nahm sie seine Hand und führte ihn von der Tanzfläche, weg von den anderen und hinein in den nun dunklen Wald. Beide folgten einem unsichtbaren Weg, hin zu einem wunderschönen Platz, der an einem stillen See lag. Sie blieben stehen und blickten sich tief in die Augen, verloren sich in diesen. Ohne dass jemand etwas sagen musste, wussten beide, was sie tun wollten. Die Luft um sie herum erwärmte sich leicht und blies ihnen sacht ins Gesicht, gab ihnen einen Kuss zur Bestätigung für das, was nun folgen würde. Langsam kamen sie sich näher, breiteten die Arme aus. Leidenschaftlich umarmten sie sich, während ihre Lippen den Weg zu den jeweils anderen fanden. Der Boden unter ihren Füßen fing an zu beben, sodass die beiden ihr Gleichgewicht verloren. Sie landeten auf einem Bett aus weichem Moos. Die Magie, die Claire durchzuckte, bahnte sich ihren Weg an die Luft, sickerte durch ihre Haut und in den weichen Boden. Während die beiden in ihrer Umarmung blieben und ihrer Leidenschaft freien Lauf ließen, bildeten sich grüne Schlingen. Sie brachen durch das Moos und verschlungen sich ineinander, bildeten eine Art Fläche, die sich über die beiden Liebenden legte wie ein Kokon. Geschützt vor der Außenwelt gaben sie sich ganz ihren Gefühlen hin und erschufen eine Art Magie, die Claire so noch nie gesehen hatte.
Blitze durchzuckten den Himmel, die Farben der Elemente blinkten immer wieder auf und bildeten ein buntes Spiel. Doch plötzlich und ohne die geringste Vorwarnung war alles ruhig. Es schien, als hätte selbst der Mond aufgehört, sein Leuchten der Welt zu präsentieren.
„Claire, wo warst du denn? Du hast das Beste verpasst“, holte Sarinas Stimme die träumende Claire wieder zurück ins Hier und Jetzt.
„Was? Ich war im Wald, ich mein, ich war doch die ganze Zeit hier … Oder?“ Claire wusste nicht, was geschehen, was real oder Traum war.
„Du warst ganz plötzlich weg, selbst Nohlan konnte mir nicht sagen, wo du dich versteckt hattest.“ Gab Sarina zurück und blickte ihre Freundin fragend und leicht zweifelnd an.
Claire konnte sich nicht daran erinnern, wieder zu der Lichtung gegangen zu sein. Sie blickte sich verwirrt um, aber von dem Unbekannten fehlte jede noch so kleine Spur. War er wirklich ein Mensch gewesen? Nein, das konnte nicht sein, der Umgang mit Menschen war verboten. Zudem gab es für solche Wesen gar keine Möglichkeit zu Ihnen, in ihr Land zu kommen. Sie kannten keine Magie und wussten nichts von den Ländern, die parallel zu der Menschenwelt existierten. Es musste eine andere Spezies gewesen sein, eine andere Erklärung gab es einfach nicht für die Macht, von die er eingehüllt war. Andererseits war sie nicht spürbar gewesen, als sie getanzt hatten. Spielte ihr Gehirn ihr einen Streich? Ihr Kopf dröhnte leicht, als hätte sie zu viel getrunken, und ihr Bauch fühlte sich flau an. Etwas an ihr hatte sich verändert, sie konnte es ganz genau fühlen. Eines Tages würde diese Veränderung ihr Herz schwer machen, obwohl es das Schönste sein würde, was ihr jemals passiert war. Claire schloss die Augen und speicherte das Bild des Mannes in ihrem Inneren ab, um es nie zu vergessen. Sie bemerkte gar nicht, dass sie währenddessen ihre Hand auf ihren Unterleib gelegt hatte, in dem es leicht kribbelte.
LG Sora