Hallo. Die folgen viereinhalb Seiten gehören zu einem Vampire die Maskerade Fan-Fiktion… Ding, das ich ab und zu mal weiterschreibe wenn ich bei meinen eigenen Romanen zu krasse Schreibblockaden habe. Ich hoffe der Text passt von der Länge her noch in die Textfragmente. Ich hab hauptsächlich drei kleinere Probleme damit:
- Ich hab mir von Anfang an vorgestellt dass der Leser die Protagonistin während eines politischen Protestes kennen lernt, weil das meiner Meinung nach ein gutes Umfeld ist um ihre Persönlichkeit zu demonstrieren. Ich will aber eigentlich keinem Leser mit meiner politischen Meinung auf den Schlips treten, egal ob er zustimmt oder nicht. Es geht in der Geschichte schlicht nicht darum. Die erste Version erwähnte gar nicht wogegen sie protestiert, aber das fanden die Beta-Leser alle super albern und ich stimme zu… also ist es jetzt „Gentrifizierung von Wohngebieten“. Ist das zu „predigend“ geworden oder rutscht es in den Hintergrund wie es soll?
- Das zweite ist meine Protagonistin selbst. Ich bin suuuuuper schlecht darin Figuren zu schreiben die jünger sind als ich. Harriett ist siebzehn und der Text erwähnt das jetzt auch. Die wurde aber vorher oft für ein Kind gehalten, weil sie ein bisschen doof sein soll. Kommt sie jetzt als glaubhafter Teenager rüber?
- Der Vater der Broker Geschwister ist ein Amerikaner, daher streuen die beiden ab und zu englische Wörter rein. Der Grund dafür kommt aber erst später raus, da wir den Vater auf den ersten 5 Seiten nicht sehen. Hat irgendjemand eine Idee wie ich das vermitteln kann ohne dass es sich nach Zuviel Exposition anhört?
Ich muss es erwähnen da es nur ein Text-Fragment ist: Die Wachleute die später versuchen die Protagonisten fest zu nehmen sind „Ghule“ also gehirngewaschene Menschen, die durch üble Magie dazu gebracht wurden den Vampir dem sie dienen wie einen Gott zu verehren. Deswegen sind sie umgänglich bis ihr Meister beleidigt wird und werden erst dann sauer. Harriett und Adrian haben davon keine Ahnung da sie nicht wissen dass es so etwas gibt und Ghule auch so nicht von normalen Menschen unterscheiden könnten.
So… ich hoffe es gefällt einigermaßen.
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Harriett klammerte sich so fest an die Öffnung des Lüftungsschachtes, dass die Knöchel ihrer Finger weiß unter der Haut hervortraten und verlagerte ihr Gewicht vorsichtig von einer Seite auf die andere, bis es ihr gelang eines ihrer Beine auf den Vorsprung zu schwingen und sich daran empor zu ziehen.
Der Schmutz der Autoabgase hatte über die Jahre eine graue Patina an der Fassade gebildet und ihre Hände hinterließen deutliche Abdrücke darin. Deutlicher als ihr lieb war, den ihr Komplize und sie durften nicht hier sein.
Zitternd drückte sie ihren Rücken, so eng sie konnte, an die Hauswand, um nicht nach vorne zu Kippen. Bei jeder noch so kleinen Bewegung fühlte es sich an als würde der raue Putz die Aufnäher von ihrer Lederjacke reißen, wie ein Klettverschluss. Ein schwarzes Woll-Tuch mit einem Totenkopf-Wappen verbarg die untere Partie ihres Gesichts. Sie zog es herunter und holte röchelnd die Atemzüge nach, die sie in ihrer Not ausgelassen hatte.
Wassertropfen prasselten wie winzige, kalte Dolche auf ihre halb geschlossenen Lieder und ließen ein dreckiges Rinnsal aus Staub und Schweiß an ihren Wangen hinab laufen. Unter ihren Stiefels lag eine gewaltige Schlucht aus Glas und Beton. Inzwischen befand sie sich so hoch über der Straße, dass sie die Nummernschilder der Polizeiautos unter sich nicht mehr erkennen konnte. Der Lärm und die Schreie erreichten sie hier oben kaum noch.
Ihr Blick glitt am Gebäude entlang zum Fenstersims ein Stück neben ihr. Adrian nutzte den sicheren Halt aus um den Gurt einer Sport-Tasche neu zu justieren, die er über seiner rechten Schulter trug. Mit seinen Handballen strich er von unten nach oben an seinem blonden Haarkamm entlang, um seine Mähne wieder in Form zu bringen. Er hustete, wagte es aber nicht sein Halstuch auch nur für seine Sekunde beiseite zu drücken. Die Innenseiten seiner Hände waren wund gescheuert und bluteten an vielen Stellen sogar. Als Harriett das sah, blickte sie auf die Innenseiten ihrer eigenen Finger. Nun da sie für einen Augenblick nicht mehr abgelenkt war, spürte auch sie ihre Wunden. Aufgeplatzte, weiße Blasen unter denen ihr aufgerissenes Fleisch glitzerte.
Schmerz vergeht. Ruhm währt ewig. Sie mussten es schaffen.
„Was ist los da drüben? Suchst du dir schon eine gute Stelle zum Sterben aus!?“ Rief sie in einem unversöhnlichen Tonfall zu ihm hinüber. Eine Windböe fegte durch ihr schulterlanges, dunkles Haar und die Strähnen warfen sich wie eine Augenbinde vor ihr Gesicht. Dennoch wagte sie nicht ihre Arme nochmals von der Wand zu nehmen. Die Gefahr ab zu stürzen war zu groß.
Ihr Bruder blickte nach unten um zu überprüfen ob inzwischen nicht doch einer der Beamten nach oben gesehen hatte, aber er erkannte nicht genug um Gewissheit zu haben.
„Du hast leicht reden, du blöde Kuh! Ich bin für Jugendstrafrecht zu alt, wenn die mich erwischen kommt das in meine Akte.“
„Und?“ Ihre Blicke trafen sich wieder. Es lag kein Spott in ihren moosgrünen Augen, nur ehrliches Unverständnis für die Welt der Erwachsenen, die ihr Bruder ohne sie betreten hatte. Adrians Mundwinkel zuckten nach oben, als er ihre drahtige Silhouette betrachtete, wie sie sich vor dem orangeroten Abendhimmel abhob. Sie hatte immer so fest daran geglaubt dass sie die Gene ihres Vater hatte und das sie zu einer Riesin heranwachsen würde, aber das Universum schien endgültig beschlossen zu haben das eine kleinere Version dieser Naturgewalt mehr als genug war. Die Knie ihrer Jeans-Hose waren aufgescheuert und weiße Fasern hingen von den Rissen herunter. Ein altes Pflaster klebte noch in ihrem Gesicht. Der Besitzer des Piercing-Ladens hatte sich geweigert der Siebzehnjährigen einen Ring durch die Braue zu stechen, also hatte sie sich selber Schmuck besorgt und ihn sich selbst durch die Haut gerammt.
Er begann sich zu fragen ob es wirklich möglich war das ein Mensch einfach von einer dummen Entscheidung zur nächsten stolperte und schließlich, mit all seiner Naivität und Unschuld intakt, dort stand wo sie war, Minuten davon entfernt geschnappt und verhaftet zu werden.
„Ich verlier meinen Job!“ Erklärte er und rieb seinen Daumen und Zeigefinger aneinander.
„Ach, so!“ Ihre Augen folgten einer rostigen Regenrinne entlang nach oben. Ob das dünne Blech-Rohr sie tragen würde, wenn sie es erreichen konnte?
„Adrian?“ Fragte sie, ohne ihn direkt an zu sehen.
Ein ungeduldiges „Mh?“ Ertönte als Antwort.
„Erinnerst du dich daran wie wir die Fliesen im Wintergarten selber verlegt haben, um uns den Handwerker zu sparen?“
„Ja! Du hast die Hälfte falsch herum eingesetzt weil du nicht auf die Packung geschaut hast und dachtest das Muster wäre abstrakt.“
Sie schaute erneut auf ihre zerfetzten Handflächen und versuchte ab zu schätzen wievielte ihrer Handlängen zwischen ihr und der Regenrinne lagen. Es war gerade so weit, dass sie nicht mit einem Bein auf dem Luftschacht stehen bleiben konnte, sondern den Sprung im Ganzen wagen musste.
„Aber hat das nicht Spaß gemacht? Und ist das Zimmer wie es geworden ist nicht absolut Unser? Wenn wir jetzt aufgeben verlieren all diese Leute hier ihr Zuhause, ihre Wintergärten, ihre fleckigen Tapeten und ihre schiefen Fliesen.“ Ihr Blick sank und ihre Mine verfinsterte sich, als würde sie den Verursacher dieses Elends bereits nieder starren.
Adrian zog die Knie an seine Brust und fuhr mit den Fingern über seine Stirn. Seine Augen brannten vor Ruß und anderem Schmutz. „Ich weiß was du meinst. Wir sind diesmal nicht betroffen, aber wir hätten es sein können und das werden wir eines Tages auch, wenn wir uns nicht wehren.“
Harriett stieß sich von ihrer Position ab und der Lüftung-Schacht klapperte und knarrte. Einen Wimpernschlag lang fühle sie die Schwerkraft, wie sie versuchte sie in die Tiefe zu reißen. Sie schlang beide Arme um die Regenrinne und klammerte sich fest, am ganzen Körper versteift, vor lauter Angst ihr Gewicht könnte die Verankerung lockern.
„Dann komm jetzt!“ Schrie sie mit noch immer fest zugekniffenen Augen; ein müdes, schmutziges Bündel Elend. Dennoch streifte kein Zweifel an dieser Mission auch nur ihre Gedanken.
Beide erklommen die letzten beiden Stockwerke, obwohl sie mehrmals das Gefühl hatte ihre Ausdauer würde sie verlassen, ehe ihre Füße den nächsten sicheren Halt fanden. Scharfe Schatten fielen auf den ergrauten Putz. Jemand von unten leuchtete sie mit einem Scheinwerfer an. Sie hatten jetzt nur noch so viel Zeit wie der Aufzug im Inneren brauchte um das oberste Stockwerk zu erreichen. Harriett zog sich als Erste über das Geländer und lief zu ihrem Bruder. Sie packte die Ärmel seiner Jacke, warf sich mit ihrem ganzen Gewicht nach hinten und hievte auch ihn ächzend und schnaubend nach oben.
Sie überquerten in langen Schritten das Dach und blieben am anderen Ende stehen. Eine tobende Menschenmenge hatte sich auf den Straßen von Frankfurt gesammelt wie brodelndes Öl in einem zu kleinen Topf. Wut lag in den Gesichtern und hing und wie ein dichter Nebel über den Massen. Rote Farbe und große Druckbuchstaben dominierten die Schilder. „Ihr habt eure Baupläne ohne uns gemacht!“ und hunderte andere Slogans gegen Mieterhöhungen in den ehemals erschwinglichen Wohnvierteln ihrer Heimat.
Dies war bereits der dritte Protestmarch zu diesem Thema und er hatte niemals aufgehört zu wachsen. Auch jetzt nicht. Noch immer kamen neue Gruppen aus der Innenstadt und den äußeren Bezirken hinzu um sich Gehör zu verschaffen und die ungeheuerliche Ungerechtigkeit zu verhindern, die man ihnen antun wollte. Wer keinen Platz mehr zum Stehen gefunden hatte stand auf Bänken, Mülleimern, Allee-Bäumen oder den Schultern seiner Freunde. Es war nass aber es regnete nicht. In einer Parallelstraße waren bereits Wasserwerfer im Einsatz um die schlimmsten Ausschreitung zu verhindern.
Adrian öffnete seine Sporttasche und zog ein eng zusammengefaltetes Banner heraus. Es war an einem Ende mit zusätzliches Leinen-Bändern versehen, die er an das Geländer binden konnte, sodass es die Front des Wohnkomplexes bedeckte, sobald er es hinunter stieß. Harriett half ihm, schreckte aber hoch als sie schwere Schritte von der Treppe aus hörte. Ihr Bruder sprang auf, klopfte ihr zweimal auf die Schulter und rannte zu der schweren, eisernen Tür.
„Ich mach das! You go, Girl!“ Sicherheitsleute, die Innen Wache gehalten hatten stürmten nach oben. Sie trugen das Wappen von einer der vielen Firmen von Edward Hagenstadt, ein Schwert und ein stilisiertes „H“ mit einem eisernen Turmschild im Hintergrund. Die Geschwister hatten gelernt es zu hassen. Mit einem wilden Kampfschrei warf sich Adrian gegen die halb geöffnete Tür, warf die Männer zurück und stemmte sich mit dem Rücken gegen den Eingang um sie auf zu halten. Seine Schwester starrte zunächst zu ihm, schüttelte dann aber ihren Kopf als könnte sie ihre Unsicherheit einfach von sich schleudern. Sie machte den letzten Knoten und stieß das Stoff-Bündel herunter, sodass es sichtbar für alle wurde.
Das Banner der Broker-Geschwister, das von diesem bedrohten Wohnblock wehte, war aus Baumwolle und hatte einen sauberen, handbestickten Rand um zu verhindern dass sich auch nur ein einzelner Faden löste.
Es war das Bild einer stilisierten Flasche Reinigungsmittel, mit dem Wappen ihres Feindes auf dem Etikett. Und einem Schriftzug links davon. „Entfernt Skrupel von allen Oberflächen!“ Die roten Buchstaben hatten Ränder aus Reflektor Folie, sodass sie im Zwielicht aufleuchteten und auch nach Einbruch der Nacht noch zu sehen sein würden. Unterhalb des ersten Slogans begann ein zweiter, der wichtigste Teil des Kunstwerkes.
„Neun von zehn Politikern nutzen dieses Produkt am Arbeitsplatz!“ Gefolgt von einer Reihe von Namen, die nach der Meinung des Autors nichts, oder Zuwenig getan hatten um die Wohnungsknappheit zu lindern.
Ein dumpfer Knall war zu hören. Das Sicherheits-Team versuchte immer noch das Dach zu erreichen. Adrian spürte die Erschütterung des Metalls in seinem Rücken und abgeplatzte Bleifarbe rieselte bei jedem Aufprall in seinen Nacken. Er streckte seine Finger einem Stück Tauben-Draht entgegen, das in seiner Nähe lag. Wenn er dran kam, hatte er etwas das er benutzen konnte um den Türgriff zu blockieren. Harriett griff nochmals in die Sport-Tasche und zog ein altes, pinkfarbenes Megaphon heraus. Das veraltete Gerät war noch immer geschmückt mit verblichenen Venus-Symbolen und Anti-Atomkraft-Aufklebern. Am Griff hielt sich hartnäckig ein abgegriffenes Etikett mit dem Namen „Anna Broker“ darauf. Der Name der Vorbesitzerin war durchgestrichen und in einer neuen Handschrift durch „Harriett Broker“ ersetzt worden, nachdem man es übergeben hatte wie den Stab in einem endlosen Staffellauf.
Das donnernde Chaos erstreckte sich vor ihr, aber sie fühlte weder Nervosität noch Angst. Dies war kein Hindernis, sondern eine Leinwand, das perfekte Medium um der Welt zu zeigen wer sie war und wofür sie stand, laut, stolz und entschlossen. Der Parolen wurden leiser als sie den Lautsprecher an ihrem Mund hielt und alle Augen richteten sich auf sie. Das Plastik streifte ihre Maske. Sie hatte vergessen sie ab zu nehmen.
„Harriett! Lass es!“ Fauchte Adrian, aber sie hatte den Stoff bereits herunter gezogen.
„Ich habe absolut gar nichts zu verbergen!“ Ein weiterer Tritt erschütterte die Metall-Tür und er musste den Draht vorerst aufgeben um sie weiter mit seinem Gewicht geschlossen zu halten.
Das kleine Rad am Griff des Megaphones klickte. Sieben, acht, neun, zehn, sie drehte es so laut sie konnte.
„Sorry, dass meine Sachen nicht gebügelt sind.“ Begann sie und deutete auf ihre verdreckte Kleidung. „Das Gebäude war vorne abgesperrt und wir mussten erst an der Rückseite hoch klettern, aber jetzt bin ich hier und ich habe etwas Wichtiges zu sagen.“
Die greifbare Aura des Zorns und das verzweifelte Streben gesehen und gehört zu werden verbanden sich mit ihr, als sich die Blicke all dieser Fremden wie ein Laser auf ihr sammelten. Sie –war- die Rebellion.
„Edward von Hagenstadt hat das Gutachten für diesen Wohnblock fälschen lassen, um ein nur zehn Jahre altes Gebäude als baufällig ab zu stempeln. Er versucht eine Modernisierung durch zu setzen, die nicht gebraucht wird und um die ihn, verfickt nochmal, niemand gebeten hat! Alles als Vorwand die Mieten zu erhöhen bis das alles hier nur noch für ihn und seine reichen Freunde da ist!“ Mit einer Handbewegung machte sie auf die beiden sich gegenüber liegenden Wohnblöcke aufmerksam, die den Platz überblickten. Polizeibarrikaden versperren den Zugang zu den Treppenhäusern. Die Bauarbeiten hatten kurz bevor gestanden. Aber nun würde sich hier nichts mehr bewegen, nicht wenn sie es verhindern konnte.
Nach unzähligen Versuchen gelang es einem der Wachleute einen Fuß zwischen die Tür und den Rahmen zu stellen, sodass ihr Bruder sie nicht länger geschlossen halten konnte. Mit einem Hechtsprung nach vorne, schnappe Adrian sich das Stück Draht, sprang zurück auf die Füße, wirbelte herum und traf seinen Gegner mit einer Kopfnuss. Als die Wache zu taumeln begann, gab er dem Mann einen Schubs nach hinten, schlug den Eingang wieder zu und wickelte den Taubendraht mehrmals um den Türgriff und einen hervorstehendes Rohr gleich daneben. Endlich in der Lage seinen Posten zu verlassen, klopfte er den Staub von sich und trat neben seine Schwester an den Rand des Daches, wo er die Straße überschauen konnte. Sie atmete tief ein und fuhr fort.
„Es sind in beiden Wohnblöcken zusammen mehr als achtzig Familien betroffen. Eltern mit Babys jünger als zwei Monate und Rentner älter als neunzig. Kranke Menschen, behinderte Menschen, Menschen welche die –Dreistigkeit- besessen haben sich ein Dach über dem Kopf zu wünschen ohne einen zweiten oder dritten Job an zu nehmen.
Hagenstadt blick von soweit oben auf diese Stadt runter das er –nichts- sieht außer Glas und Beton, aber mit jedem der gehen muss, weil er hier kein Zuhause mehr findet, verschwindet auch ein Stück von Frankfurt, ein Stück Menschlichkeit das man mit Geld nicht ersetzen kann, also seit wütend! Anger get`s shit done! Und wenn euch der Lackaffe immer noch nicht zuhört dann schreit noch lauter!“
„Hast du das geprobt?“ Fragte Adrian, dicht neben ihr, als sie kurz aufhörte zu sprechen. Harriett spürte das Blut in ihren Ohren rauschen und schnappte nach Luft wie ein gestrandeter Fisch.
„Den ganzen Morgen vor dem Spiegel.“ Meinte sie knapp.
Er knuffte in ihre Rippen und sah sie liebevoll an. „Du machst das gut.“
Pyrotechnik zischte. Raketen heulten und hinterließen auf ihrem Flug in den Sonnenuntergang dichte Rauchsäulen. Kurz darauf erreichte ein angeforderter Drahtschneider das Dach. Das bittere Ende war wieder einmal gekommen.
„Kommen sie bitte von der Kante weg!“ Verlangte einer der fünf Männer. Das Visier an seinem Helm war herunter geklappt, aber Adrian erkannte dass es derselbe war, dem er das letzte Mal ins Auge gespuckt hatte.
„Sie lernen!“ Kommentierte, er mit einem selbstgefälligen Grinsen. Harriett lachte, winkte der Menge zum Abschied und trat wie gewünscht von Rand zurück.
Sowohl sie selbst als auch ihr Bruder trug ein Messer bei sich und die Wachleute hatten gut erprobte Schlagstöcke an ihren Gurten. Jeder von ihnen konnte die Schuld, wenn ein Kampf ausbrach auf den anderen schieben und juristischen Konsequenten durch geschicktes lügen ausweichen. Hier oben auf dem Dach waren sie unter sich.
Sie hielt die Arme vor sich um sich Handschellen anlegen zu lassen, zog ihre Hände aber dann ruckartig zurück an den Körper, als man versuchte sie zu schließen.
„Ups! Zu langsam! Nochmal? Ok!“
Adrian schloss sich der Hänselei begeistert an.
„Nicht aufgeben, Simon! Ich weiß du schaffst es!“ Lachte er. Der Mann war anders als sie kein Halbstarker mehr. Er überragte selbst Adrian noch um mindestens einen Kopf und er hatte Schultern so breit das ihn jedes Packpferd darum beneidet hätte. Er zog Luft durch die Zähne ein, atmete dann aber langsam durch die Nase aus, ehe er sprach.
„Kinderchen, der Spaß ist vorbei. Wir bringen euch jetzt runter zu den Bullen, genau wie das letzte Mal und auch das nächste Mal wenn ihr so was abzieht. Weil das mein Job ist. Ich verschwendet hier –eure- Zeit und nicht meine.“
Zwei Wachleute aus der Gruppe bewegten sich in einem Bogen um die Geschwister herum um sich zwischen sie und den Abgrund zu drängen. Nur um sicher zu gehen. Die Klettverschluss-Abdeckung über den Schlagstöcken war schon zurückgezogen, nur falls die Vernunft erzwungen werden musste.
Erneut versuchte Simon Harriett in Handschellen zu legen. Er hielt dabei mit seinen müden, bernsteinfarbenen Augen strengen Blickkontakt, aber sie zog erneut ihre da gebotenen Arme in der letzten Sekunde zurück.
„Du brauchst diesen Job nicht so dringend wie die Leute unter uns den Wohnblock brauchen!“ Rief sie und spuckte erneut gegen das Visier. „Wir machen auch immer weiter also warum lenkst –du- nicht endlich ein!?“
Der Tritt eines Stahlkappen-bewehrten Stiefels traf ihre Kniekehle und ihr rechtes Bein knickte weg. Eine schwere, gepanzerte Hand packte ihre Schulter und drückte sie mit dem Gesicht auf das geteerte Dach. Ein kurzer, erstickender Schrei hinter ihr verriet dass auch Adrian nun die Sonderbehandlung bekam. Sie konnte nur noch die dunklen Stiefel und Hosenbeine vor sich erkennen. Die Handschellen klickten.
Simon streckte seine Hand aus und war dabei sie am Kragen zu packen, zögerte aber. Der Anführer der Wachleute nahm sich mehr als nur einen Moment Zeit sich die Aufnäher auf ihrer Lederjacke an zu sehen, ebenso wie ihr nun zerkratztes Gesicht und die aufgescheuerten Hände.
„Es ist nichts persönliches, ok?“ Anstatt sie an ihrer Kleidung auf die Füße zu reißen, packte er sie unter den Armen und stürzte Harriett ab, als sie sich ächzend von selbst aufrichtete.
„Dein Hurensohn von Boss macht es persönlich!“ Hallte es von den Wänden um sie herum. Das Licht eines Scheinwerfers spiegelte sich im Schutzvisier ihres Gegenübers, sodass sie seine Augen nicht länger sehen konnte. Etwas war anders. Harriett ging ein kalter Schauer über den Rücken, so stark das sie sich beinahe wünschte die letzten Worte nicht gesagt zu haben. Die Männer wirkten plötzlich unendlich weit weg und ihre Körperhaltung versteifte sich. Simon trat näher und das Leder seiner schwarzen Diensthandschuhe knirschte als er seine Finger zu einer Faust ballte.
Ein Schlag mitten in den Magen drückte alle Luft aus ihren Lungen. Die Wucht des Aufpralls schleuderte sie gegen die Stahltür hinter ihr und ihr Kopf hinterließ einen Blutfleck auf der grauen Bleifarbe, während ihr gefesselter Körper langsam daran herunter rutschte. Schmerz breitete sich von der Körpermitte in ihrer Brust und ihren Gliedern aus. Nebel umschlang die Ränder ihres Sichtfeldes. Das letzte was sie sah ehe ihre Sinne ihr vollständig entglitten waren die fünf Männer, die ihre Waffen zogen und auf Adrian einschlugen, der wehrlos am Boden lag.