Es gibt 574 Antworten in diesem Thema, welches 48.740 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (17. April 2024 um 13:00) ist von Thorsten.

  • Hey,

    ein paar Kleinigkeiten, ansonsten gefällt mir der Ansatz auch diesmal gut. Stimmung passt sich dem Prolog an. Es bleibt düster. :)

    Spoiler anzeigen

    Der sanfte Gong, der in der gesamten vierten Unterebene zu hören war, erklang.

    Vorschläge, weil mir dies doppel "der" nicht gefällt.

    Der sanfte Gong, welcher in der gesamten vierten Unterebene zu hören war, erklang.

    Ein sanfter Gong, der in der gesamten vierten Unterebene zu hören war, erklang.

    Seit vorgestern war die Kabine neben ihm leer geblieben. Wahrscheinlich war der Onta krank, oder er ...
    Tevor verbot sich, an der Stelle weiterzudenken.

    Für mich gehört "Tevor verbot sich, an der Stelle weiterzudenken." mit zu dem vorherigen Absatz. Es schließt den Gedanken ab. Dann geht es im neuen Absatz mit den Folgen weiter.

    Trotzdem hatte er etwas getan, wofür er nun für den Rest seines Lebens büßen würde. Was war es gewesen, das ihm dieses Schicksal eingebrockt hatte? Er konnte sich nicht erinnern, auch wenn er sich den Kopf zermarterte. Wie konnte man das vergessen? Er war Onta, ein Häftling, der wegen Verbrechen an der Menschlichkeit einsaß, und er hatte keine Ahnung, was dieses -

    Aha, dann liegt vielleicht doch hier das Übel begraben, von dem im Prolog die Rede war :hmm:

    Da sitzen sie wieder alle und fressen Eis ... Als wüssten sie nicht, wie ein Bier aufgeht!

  • Herzlichen Dank wie immer zuerst meinen Lesern Thorsten , Sensenbach und Rebirz für ihre Anmerkungen zum Text

    Antwortbox

    Danke, Thorsten, freut mich wirklich total, das zu lesen! :rofl:

    Sensenbach
    Rebirz

    Und natürlich vielen Dank auch an Iskaral und Kirisha für eure Likes :danke:

    _______________________________________________

    Zum vorigen Part: Kapitel 1 (1/2)


    Tevor hatte sein Abendessen in der Onta-Cantina beendet. Er stellte das Geschirr auf das schmale Transportband neben dem Tisch und stand auf. Gleich würde er im Park spazieren gehen. Die Vorfreude auf das Tageslicht ließ ihn unwillkürlich lächeln, auch wenn ihm nur die übliche Viertelstunde für den Spaziergang blieb. Mehr nicht, denn er war mit Sicherheit nicht der Einzige mit diesem Wunsch und sowohl der Platz als auch die Aufenthaltszeit im Park begrenzt. Er würde sehr sorgfältig auf den Abstand achten müssen, wenn ihm ein anderer Onta dort begegnete. Und um zehn Uhr abends hatten alle Häftlinge von der Morgenschicht in ihrer Zelle zu sein. Das Licht erlosch pünktlich und wer sich dann noch außerhalb befand, wurde registriert. Die Kameras sahen alles.
    Mit dem Ertönen des Signals verließ er – wieder mit ausreichend Abstand zu dem vor ihm Gehenden – die Cantina und trat danach aus der Reihe. Einer der Ypir-Gardisten neben der Tür bemerkte es, runzelte kurz die Stirn und tauschte ein Nicken mit seinem Kameraden, bevor er herüberkam.
    „Was ist los?“, verlangte er zu wissen.
    Tevor musste einen leichten Anflug von Panik niederringen, der ihn jedes Mal überfiel, wenn ein Gardist direkt auf ihn zukam.
    „Ich bitte um die Erlaubnis für Aufenthalt im Park“, stieß er hervor, ohne den Mann anzusehen.
    „Kennung!“
    Tevor streckte seine rechte Hand vor und sah zu, wie der Gardist den Scanner darüberführte. Sein Herz klopfte heftig, während er wartete. Er wusste: Der Mann vergewisserte sich erst über den Kommunikator an seinem Handgelenk, dass gegen ihn nichts vorlag und sein, Tevors, letzter Besuch der Oberfläche vierzehn Tage zurücklag.
    „Gewährt, TwoFive-O“, verkündete der Gardist. „Eine Viertelstunde. Melde dich beim Gardisten am Parkeingang!“, fügte er hinzu, drehte sich um und ging zurück auf seinen Posten.
    Tevor dankte, reihte sich hinter dem letzten Onta ein, der die Cantina verließ, und nahm dann am Lift eine der Plattformen, die nach oben fuhren. Vorfreude erfüllte ihn, welche die Anspannung in Windeseile verdrängte, und Erleichterung. Er hätte auch ein ‚abgelehnt‘ hören können, der Gardist hätte dazu nicht einmal einen Grund gebraucht. Ein falscher Blick konnte da reichen.
    Schon beim Aussteigen konnte Tevor riechen, dass er sich an der Oberfläche befand. Langsam ging er zum Eingang des Lauftunnels, durch den man in den Park gelangte. Während des Gehens sah er sich um. Der Himmel über ihm leuchtete in den herrlichsten Rottönen und zarte Wolken segelten darüber hin, die sich in der vollständig verglasten Innenfront des riesigen, ringförmigen Baus spiegelten.
    Manchmal wünschte er sich, seine Zelle wäre im oberirdischen Bereich des Gebäudes. Was sich außerhalb des Ringes befand, wusste er nicht und er glaubte fest daran, es von da aus sehen zu können. Vielleicht Berge, oder das Meer. Oder sogar Wald.
    Doch Ontas wohnten nicht dort oben, wo die Sonne schien und wo man Wind spüren konnte. Sie wohnten im dritten Untergeschoss, so, wie es Häftlingen zukam.

    Die Tür zum Lauftunnel wurde geöffnet und der Ypir-Gardist, der ihn in den Park gelassen hatte, winkte ihn zu sich.

    Tevor seufzte. Wie schnell die ihm zustehende Zeit vergangen war. Den Geruch nach frischem Grün noch in der Nase erinnerte er sich an die Freude, die er beim Laufen zwischen den sorgfältig gepflegten Rasenarealen empfunden hatte, und dass er dabei gelacht hatte wie ein kleines Kind.
    Während er – gefolgt von dem Gardisten - zum Lift zurückkehrte, dachte er an seinen ersten Besuch im Visodrom zurück. Zwei Credits hatte er dafür ansparen müssen. Der bequeme Sessel in der winzigen Kabine war noch dabei gewesen, sich seiner Körperform anzupassen, da hatte er schon 'Wald' auf dem Touchpad angetippt. Die Kabinenwände hatten sich grün gefärbt und eine 3D-Grafik entstand um ihn herum. Nie gesehene Pflanzen tauchten auf, Bäume, höher als die vier oberirdischen Etagen des Rings. Ein schmales Lächeln spielte um seine Lippen, als er sich erinnerte, wie er – verblüfft von der vollkommenen Illusion – fast vergessen hatte zu atmen. Überwältigt lag er in den Polstern, starrte hinauf zu den künstlichen Sonnenstrahlen, die durch die dicht belaubten Kronen auf sein Gesicht fielen und genoss den Geruch nach Erde und Holz.
    Als die zehn Minuten verstrichen waren und der Gong ertönte, war ihm gewesen, als hätte man ihn aus einem Traum gerissen. Eine tiefe, nie gekannte Sehnsucht hatte ihn gepackt. Alle danach verdienten Credits sparte er für weitere Besuche. Inzwischen hatte er auch Berge und Strand und anderes probiert. Doch keines war wie der Wald.
    Und jetzt, als die Erinnerung an dieses Erlebnis auftauchte, nahm er sich erneut vor, Credits zu sparen. Aber diesmal nicht für das Visodrom oder um eine Einheit Alkohol zu erhalten. Nein, er wollte endlich BuyVis aufsuchen können. Anstelle des Betrachtens von Grafiken wurde einem da das Kaufen von interaktiven Erlebnissen ermöglicht. Bei dem Besuch dort konnte man sich bewegen und saß nicht im Liegesessel. Und er träumte davon, einmal durch einen Wald zu laufen. Barfuß, das hatte er sich vorgenommen. Er würde die Schuhe ausziehen. Der Park im Innenbereich des Rings hatte einen Betonboden. Nur zwischen den Lauftunneln und Freizeitgebäuden wuchs sorgfältig geschnittener Rasen. Unerreichbar, wenn man kein Timori-Häftling vom Grün-Bereich war. Und er wollte diese Pflanzenriesen berühren, ihre rissige Oberfläche unter seinen Fingern fühlen, mit der Hand über das zarte Grün und durch das Gras streichen, das den Boden bedeckte.
    Er war vor seiner Zelle angekommen. Die Zwei und die Fünf, die genau wie der Block-Buchstabe „O“ Teil seines Namens waren, leuchteten kurz auf, als er seinen Handrücken über das blaue Scan-Feld zog. Mit einem dezenten Klack glitt die Tür auf. Gähnend trat er ein und vernahm mit einem halben Ohr, wie sein kleines Quartier hinter ihm wieder verriegelt wurde. Mit einem Seufzen streifte er die flachen Schuhe ab, ging zur Serviceeinheit und drückte auf die Taste, über die er ein Wasser bestellen konnte. Ein sanfter Ton am Lieferschacht verkündete kurz darauf, dass seine Bestellung bereitstand.
    Er entnahm den Becher und stürzte den Inhalt mit einem Mal hinunter, um gleich darauf eine neue Portion anzufordern. Wasser war nicht rationiert, im Gegensatz zum Essen. Eine Mahlzeit in der Cantina erhielt man nur nach dem Scan des Chips.
    Er drehte sich um und während er zu der winzigen Nasszelle marschierte, streifte er seinen hautengen, grauen Tages-Overall ab. Zischend öffnete sich die Tür, er trat ein und warf das Kleidungsstück in den Wäscheschacht. „Dusche, heiß“, befahl er der Service-Einheit und während das Wasser auf ihn herabprasselte, versuchte er sich vorzustellen, wie sich Regen auf der Haut anfühlte. Nicht nur auf Händen und Gesicht, überall, am ganzen Körper. Barfuß und Regen im Wald, nahm er sich vor, ich will beides erleben.

    Hier geht's weiter: Kapitel 2 (1/2)

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

    5 Mal editiert, zuletzt von Tariq (1. November 2022 um 15:15)

  • Hallo Tariq

    auch diese Geschichte ist richtig hochklassig. Ich bin zwar nicht so der SF-Leser, aber eigentlich liest es sich doch sehr fantasymäßig (da geht es ja viel um Sinneseindrücke und Natur, außerdem wirkt alles fremd und exotisch). Tevor war in deiner vorherigen Version auch mein Lieblingscharakter, darum freut es mich, dass du ihm jetzt so viel Raum gibst und diesmal nicht so eine Menge Charaktere auf mich einprasseln. Ich bin ganz gespannt, was da noch alles kommt.

    Meine Geschichten: * Meermädchen * Kriegerkönigin * Dark Prince * No Way Out

  • So, heut geht's weiter, denn Sonntag ist "Ring"-Tag :D

    ZUerst wieder ein Dankeschön für eure Likes, Novize und Iskaral, und dir , liebe Kirisha für Like und den netten Kommi. Ich versuche, die SF doch eher subtil einzubringen, wenig direkt zu erklären und dafür mehr aus den Beschreibungen erkenntlich zu machen. Ich habe im kommenden Part einen solchen Erklärungsteil drin, bei dem ich noch nicht sicher bin, ob er bleibt oder wieder verschwindet. Also wenn euch irgendetwas sehr belehrend rüberkommt - einfach Bescheid geben (*hofft, dass jetzt nicht fünf verschiedene Stellen genannt werden :sack: *) Ich möchte, dass ihr meine Welt und das Leben darin versteht, will aber keinesfalls die Infos dazu mit dem Holzhammer bringen. :)

    So. Wir treffen zwei neue Charaktere. Sie sind euch sicher noch bekannt. Viel wurde an der Szene nicht geändert, weil sie im Grunde genommen eine Stütze des Plots ist.

    ______________________________________________

    Zum vorigen Part: Kapitel 1 (2/2)

    ~~~ Kapitel 2 ~~~


    Die Tür wurde geöffnet und Licht fiel in das Dunkel der Überwachungszentrale, die sonst nur vom Schein der Monitore erhellt wurde.
    Etienne wandte den Kopf nicht. Er wusste, wer gekommen war.
    „Und?“, drang Ares' Stimme an sein Ohr. „Alles wieder ruhig?“
    Er lachte leise. „Dir entgeht auch nichts, oder? Ja, alles wieder ruhig, keine Sorge.“ Ächzend dehnte er die verspannten Schultern und neigte den Kopf ein paar Male hin und her. „Du bist früh dran.“
    „Meine Ablösung war eher da. Ich konnte verschwinden.“
    Etienne hörte, wie sein Freund eine Taste am Versorgungsschacht tippte. Dann war ein leises Schaben zu hören: das Öffnen eines Helmvisiers.
    Jetzt drehte Etienne sich um. Sein Blick glitt über Ares‘ Silhouette, die sich vor dem hellen Rechteck der Tür abzeichnete. Die breiten Schultern verrieten, dass der Freund die superleichte Carbonrüstung über dem Overall trug. Ein seltener Anblick.
    „Licht!“, befahl er und musterte Ares im Schein der aufgeflammten Deckenbeleuchtung besorgt. „Du warst selbst dabei?“, fragte er. „Bei den dreien im Block H?“
    Ares winkte ab. „Das Übliche“, gab er zurück. „Sie meinten, das Kontaktverbot gilt nicht für sie.“ Ein melodisches Signal ertönte und die Abdeckung des Versorgungsschachtes glitt geräuschlos zurück.
    Ares nahm den Helm mit dem eingezogenen Voll-Visier ab und legte ihn und seine Handschuhe neben Etiennes Bedienpads auf den Tisch. Mit beiden Händen fuhr er sich über das Gesicht und durch die kurzen, schwarzen Haare. Erst dann nahm er die bestellte Wasserpackung heraus, öffnete sie und trank.
    Etienne musterte ihn noch immer. Ares‘ smaragdfarbener Overall, dem die Emerald-Garde ihren Namen verdankte, unterschied sich von denen der Ypir-Gardisten nur durch die silberfarbenen Schulterpartien. Sie wiesen seinen Freund als Axiom aus. Jetzt war das dunkle Grün überdeckt von Brust- und Rückenpanzer, Beinschienen und Waffenholster, aus dem der Griff von Ares‘ Impulsor herauslugte.
    Sein Freund wirkte angespannt. Die Probleme mit der Verletzung der Abstandsregel und dem Ignorieren des Kontaktverbotes machten einen Großteil seiner Arbeit aus.
    „Musstet ihr Gewalt anwenden?“, erkundigte er sich.
    „Ja. Sie haben es clever angestellt und mehrmals miteinander geredet, die fünf Sekunden dabei jedoch nie überschritten. Einfach kleine Pausen dazwischen gemacht.“
    Etienne nickte. Er hasste dieses System, das die Menschen derart isolierte, und er bewunderte die Ontas für ihre unermüdlichen Versuche, es auszuhebeln. „Nur hatten sie keine Ahnung, dass selbst das dem Sicherheitssystem auffällt und hier angezeigt wird.“

    Ares schüttelte den Kopf. „Die begreifen es nie“, knurrte er.
    „Es ist ein menschliches Bedürfnis, mit jemandem zu reden“, wandte Etienne ein. „Und der Mensch ist nun mal ein soziales Wesen.“
    Ares‘ Blick konnte einen frösteln lassen. „Daran hätten sie denken sollen, bevor sie sich durch ihre Taten ins Abseits des sozialen Systems katapultiert haben“, entgegnete der Freund kalt. „Ihnen sind jegliche Rechte abgesprochen worden, außer zu leben, bis sie sechzig Jahre alt sind.“
    „Trotzdem, diese Konditionierung mit dem Schmerz ...“
    „Ich sag doch: Sie haben es sich selbst zuzuschreiben“, schnitt ihm Ares das Wort ab. „Hör auf Mitleid mit ihnen zu haben. Das verdienen sie nicht und das sind sie auch nicht wert. Wer Verbrechen an der Menschlichkeit begeht, hat keine Menschlichkeit mehr zu erwarten. Und nun lass uns von was anderem reden.“
    Er nickte. „Hast du den Eindruck, dass diese Vorfälle häufiger auftreten?“, forschte er.
    Ares kratzte sich am Dreitagebart. „Nein“, gab er zurück. „Aber das herauszufinden, fällt ja wohl eher in deinen Aufgabenbereich.“
    Wieder lachte Etienne. „Wir forschen nur bei Auffälligkeiten und der Computer hat keine angezeigt.“
    „Erzähl mir nicht, dass ihr Tracker den ganzen Tag nichts anderes tut, als auf einen Auftrag zur Observierung eines Ontas oder einen Alarm des Sicherheitssystems zu warten!“ Ares klang müde.
    Etienne grinste. Die Bezeichnung Tracker verletzte ihn nicht, obwohl er seit einem halben Jahr keiner mehr war. Man hatte ihn zum Vertreter des erkrankten Chefs der Sicherheitszentrale ernannt.
    „Du hast ja recht“, lenkte er gutmütig ein. „Wir sehen alles. Auch eure Einsätze“, fügte er mit hochgezogener Augenbraue hinzu. „Das gestern in der Onta-Cantina – war das nicht ein bisschen zu ... hart?“
    Ares Lippen wurden zu einem dünnen Strich. „Der Ypir wurde von mir bereits verwarnt. Aber du weißt vielleicht nicht, dass das nicht der erste Regelverstoß dieser Onta war und dass sie diesmal sogar Gegenstände als Waffe benutzt hat.“
    „Was geschieht jetzt mit ihr?“
    „Arrest. Verschärfter. Sie hat einen Gardisten angegriffen.“
    „Verschärfter?“ Unbehaglich zog Etienne die Schultern hoch. „Ist das gerechtfertigt? Ich ...“
    „Etienne, wir sind Freunde. Es ist besser, du mischst dich da nicht ein.“ Ares warf die Wasserpackung in den Recyclingschacht und griff nach Helm und Handschuhen. „Feierabend für den aufmerksamsten Tracker des Ringes“, verkündete er übergangslos. „Deine Ablösung wartet schon auf dem Korridor. Ich verstehe sowieso nicht, wieso du immer noch diese Arbeit hier machst, wenn du doch momentan deinen Boss vertrittst. Aber das Thema hatten wir ja schon.“ Er grinste schief. „Wohin gehen wir heute Abend?“
    Etienne erhob sich und überlegte. „Zu BuyVis? Ein Konzert?“ Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Freund nach diesem Tag noch etwas unternehmen wollte. Doch wahrscheinlich benötigte Ares ein bisschen Ablenkung. Er war weicher, als er sich gab und nach außen wirkte. Ein Mann mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn, der dafür einstand, dass Vergehen auch bestraft wurden. Aber Ares hatte – im Gegensatz zu zwei anderen Axiomen - keine Freude daran, Menschen zu bestrafen, selbst wenn es Ontas waren. Er tat es, weil er es als nötig empfand.
    Und weil es sein Job war. Etwas anderes als ein Axiom und später vielleicht sogar Chef der Emerald-Garde zu sein, kam wohl für den Sohn von Kyrios Mestor Daktyl auch nicht in Frage.

    Hier geht's weiter: Kapitel 2 (2/2)

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

    4 Mal editiert, zuletzt von Tariq (31. Juli 2022 um 17:46)

  • Liebe Tariq

    Hier bekommen wir mehr Einblick in die inneren Zusammenhänge der Institution. Passt :)

    Spoiler anzeigen

    Die Tür wurde geöffnet und Licht fiel in das Dunkel der Überwachungszentrale, die sonst nur vom Schein der Monitore erhellt wurde.
    Etienne wandte den Kopf nicht. Er wusste, wer gekommen war.
    „Und?“, drang die Stimme seines Freundes an sein Ohr. „Alles wieder ruhig?“
    Er (Ares?) lachte leise. „Dir entgeht auch nichts, oder? Ja, alles wieder ruhig, keine Sorge.“ Ächzend dehnte er die verspannten Schultern und neigte den Kopf ein paar Male hin und her. „Du bist früh dran.“

    Hier könnte man durcheinander komme wer mit "er" jeweils gemeint ist.

  • Spoiler anzeigen

    Sehr schöner Abschnitt. Ich mag es, dass du die Besonderheiten der Welt quasi nebenbei einführst und für mich funktioniert es so sehr gut.

    Etienne ist allerdings ganz schön kritisch. Die ganze Zeit kritisiert zu werden, könnte Ares wohl auch mal nerven.

    Mal sehen, wie es weitergeht!

    bevor sie sich durch ihre Taten ins Abseits

    Meine Geschichten: * Meermädchen * Kriegerkönigin * Dark Prince * No Way Out

  • Hey Tariq

    Zwei Dinge die mir aufgefallen sind:

    „Gewährt, TwoFive-O“, verkündete der Gardist. „Eine Viertelstunde. Melde dich beim Gardisten am Parkeingang!“, fügte er hinzu, drehte sich um und ging zurück auf seinen Posten.
    Tevor reihte sich hinter dem letzten Onta ein, der die Cantina verließ, und nahm dann am Lift eine der Plattformen, die nach oben fuhren. Schon bei Aussteigen konnte er es riechen, dass er sich an der Oberfläche befand.

    Hier fehlt mir irgendwie die Erleichterung oder generell eine Reaktion auf das Gewähren des Ausflugs in den Park. :hmm:

    „Etienne, wir sind Freunde Es ist besser, du mischst dich da nicht ein.“

    Da fehlt ein Satzzeichen :)

    Was den Inhalt angeht halte ich mich noch etwas zurück. Ich will erst mehr darüber wissen, was jetzt grundlegend anders ist, aber die Stimmung passt wie auch zuvor schon. Und ich grüble fleißig darüber wer die Ontas wirklich sind und was für ein Geheimnis hinter dem Ring steht! Wie schon in der alten Version habe ich ein paar Ideen aber schauen wir mal, was du jetzt daraus gemacht hast :)

    Da sitzen sie wieder alle und fressen Eis ... Als wüssten sie nicht, wie ein Bier aufgeht!

  • Hallo, ihr LIeben, es ist Sonntag und - ihr wisst schon - "Ring"-Tag :D

    Vielen Dank wie immer zuerst, dass ihr noch dabei seid und eure interessanten Gedanken mit mir teilt! Ich kann's nur immer wieder sagen: Das hilft mir sehr.

    Antwortbox
    Sensenbach

    Hier bekommen wir mehr Einblick in die inneren Zusammenhänge der Institution. Passt :)

    Das freut ich zu hören, danke! :)

    Hier könnte man durcheinander komme wer mit "er" jeweils gemeint ist.

    Hm, eigentlich immer nur Etienne, denn es ist ein Etienne-Abschnitt. Für Ares steht "sein Freund". Ich habs mir aber nochmal angeschaut und etwas angepasst.

    Kirisha

    Sehr schöner Abschnitt. Ich mag es, dass du die Besonderheiten der Welt quasi nebenbei einführst und für mich funktioniert es so sehr gut.

    Das freut mich. Ich bemühe mich immer, den Holzhammer gar nicht erst anzufassen, geschweige denn ihn zu verwenden :rofl:

    Etienne ist allerdings ganz schön kritisch. Die ganze Zeit kritisiert zu werden, könnte Ares wohl auch mal nerven.

    Ja, das sollte genau so rüberkommen und Ares ist ja genervt und bittet Etienne im Hinblick auf ihre Freundschaft sich nicht in seine Aufgabengebiete einzumischen. Schön, dass das so rübergekommen ist.

    Rebirz

    Hier fehlt mir irgendwie die Erleichterung oder generell eine Reaktion auf das Gewähren des Ausflugs in den Park. :hmm:

    Das schaue ich mir auf jeden Fall nochmal an. Vielleicht bastle ich die Stelle nochmal um. Danke für den Hinweis! :thumbup:

    ______________________________________________

    Zum vorigen Teil (Kapitel 2/1)

    ~~~ Kapitel 2 (2) ~~~

    Eine halbe Stunde später stand Etienne mit Ares bei BuyVis im Vorraum. Gelangweilt musterte er das überdimensionale Touchpad, auf dem man auswählte, was man für seine Credits erleben wollte. Der diensthabende Servicer schien sich Zeit zu lassen, doch Etienne verspürte weder Ungeduld noch Ärger darüber.

    Ares hielt sich einen der bereitliegenden, kleinen Lautsprecher ans Ohr und wählte aus der Datenbank das Programm für heute Abend aus. Seinem versunkenen Nicken nach würden sie etwas Ruhigeres hören. Bei dem Musikstück davor war das noch ganz anders gewesen. Ares‘ Oberkörper hatte im Rhythmus eines hämmernden Beats gewippt und die matt glänzenden Schulterstücke der Axiom-Uniform ließen dazu diffuse Lichtreflexe über die Wände zucken.

    Axiom, Ypir ... Verächtlich verzog Etienne die Lippen. Die Emerald-Garde bestand aus Angehörigen der Streitkräfte der Vereinigten Kontinente. Axiome waren schlichtweg Offiziere, Ypir-Gardisten Soldaten. Diese griechischen Bezeichnungen waren von Mestor Daktyl eingeführt worden. Der Herr des Rings - selbst ein Grieche - hatte sogar seiner eigenen Person eine griechische Bezeichnung gegeben. Es war eher ein Titel, denn er nannte sich Kyrios. Ares, der griechisch sprach, hatte gemeint, dass es Herr bedeutete.

    Jetzt erschien eine Blondine und murmelte eine Entschuldigung, als sie sah, wer da wartete. Sie war klein und kräftig, der hellblaue Overall schien Mühe zu haben, ihre üppigen Kurven zu verhüllen, und besonders am Busen drohte er den Kampf zu verlieren. Ärgerlich über sich selbst schüttelte Etienne den Kopf, als er merkte, wohin sich seine Augen und gleich darauf seine Gedanken verirrten, und er zwang den Blick wieder zu ihrem Gesicht.

    „Er wählt noch“, meinte er mit belegter Stimme, wobei er mit dem Kinn in Ares’ Richtung deutete. „Wir nehmen eine Doppelkabine.“ Dann streckte er sein Handgelenk vor. Den Axiomen standen alle Freizeiteinrichtungen des Rings kostenlos zur Verfügung, so oft und so lange sie wollten. Sein Besuch hingegen kostete ihn Credits.

    Die Blondine nickte und wies auf den Scanner für den Chip. „Sie können schon in die Zwei gehen“, erklärte sie nach dem Piepton.

    „Ich warte.“ Etienne stellte sich erneut vor das Touchpad neben der Eingangstür.

    Vor drei Wochen, beim letzten Konzert, das er mit Ares gebucht hatte, hatten sie Musik gehört, die man vor rund hundert Jahren als Metal bezeichnete. Nicht sein Geschmack, aber sein Freund hatte sich abreagieren müssen. Es war der Tag gewesen, an dem einer der Ontas eine Glasscheibe der Lichtsäule zerschlagen und sich in den Lichtschacht gestürzt hatte. Bis heute war es nicht gelungen, herauszufinden, wie der Mann es geschafft hatte, das als unzerbrechlich bekannte Material zu zerstören. Etienne dachte mit Unbehagen daran zurück. So etwas war bis dahin nie vorgekommen, zumindest nicht, seit er selbst den Ring sein Zuhause nannte. In Marseille, der schmutzigen, lauten Hafenstadt, in der er bis dahin gelebt hatte, war es öfter zu Selbsttötungen gekommen. Hunger und Gewalt hatten das Leben der verzweifelten Menschen bestimmt. Um Geld oder Lebensmittel-Chips wurde hart gekämpft. Wer schwach war, den raubten die Stärkeren aus. Manchen passierte das sogar mehrfach. Es gab Banden, deren Brutalität dabei keine Grenzen kannte. Wer seine Chips verlor, verhungerte. Viele Männer, denen dieses Schicksal drohte, brachten zuerst ihre Familie um, um ihr diesen Tod zu ersparen, und töteten sich dann selbst. Mit Vorliebe direkt vor dem Gebäude der Stadtregierung.

    Er atmete tief durch und versuchte die Gedanken zu vertreiben. Sein Vater hatte sich bei einem dieser Raubüberfälle gewehrt und eine schwere Verletzung davongetragen, die aus ihm einen Krüppel und aus der Mutter eine Prostituierte gemacht hatte. Für Frauen war das oft der einzige Ausweg, wenn der Mann die Familie nicht versorgen konnte. Trotzdem kannte Etienne Hunger. Erst als er zu Hause ausgezogen und in einer WG untergekommen war, zeichnete sich ein Lichtstreif am Horizont ab. Schon während seiner Ausbildung konnte er den Lebensstandard der Familie etwas heben. Und in den Jahren danach als Polizist in New York City war es noch besser geworden. Die Mutter konnte wieder ...

    „Träumst du?“ Ares‘ Stimme riss Etienne aus der Vergangenheit. Ruckartig drehte er sich um und winkte mit einem schiefen Lächeln ab. „Ich dachte gerade an dieses Metalkonzert“, gab er zurück und ärgerte sich sofort. Das hatte er nicht sagen wollen. Es war nicht klug, den Freund an das Ereignis zu erinnern, das dem gemeinsamen Abend damals vorausgegangen war.

    Ares‘ Gesicht verfinsterte sich erwartungsgemäß. „Keine Sorge, heute gibt’s Klassik. Auf geht’s! “

    Etienne lächelte der Blonden kläglich zu, doch sie senkte den Blick.

    „Kabine zwei“, murmelte sie befangen.

    Ares packte ihn an der Schulter und schob ihn vorwärts, ohne seinen Chip scannen zu lassen. Die Blondine sah ihnen nach. Etienne wusste: Sie kannte seinen Freund. Es gab nur sechs Axiome und man war sowohl als Onta als auch als Servicer gut beraten, sich deren Gesichter zu merken, denn Axiome waren faktisch immer im Dienst.

    Hier geht's weiter: Kapitel 3 (1/1)

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

    3 Mal editiert, zuletzt von Tariq (17. August 2022 um 16:02)

  • Ich bin leider (auch urlaubsbedingt...) ein gutes Stueck hinterher, aber zu 1/1:

    Da sind fuer meinen Geschmack immer wieder kleine Unstimmigkeiten drin - nicht wirklich schlimm, aber doch irritierend - kommt vielleicht vom Ueberarbeiten?


    Hier wirken die 15 Minuten wie etwas das Tevor sich ueberlegt - als Platzgruenden und wegen der Zeitsperre:

    Die Vorfreude auf das Tageslicht ließ ihn unwillkürlich lächeln, auch wenn ihm maximal eine Viertelstunde für den Spaziergang blieb. Mehr nicht, denn er war mit Sicherheit nicht der Einzige mit diesem Wunsch und der Platz im Park begrenzt.

    Hier ist genau die gleiche Zeit etwas das der Ypir ihm aufdrueckt - kann Zufall sein, aber wirkt ein bisschen seltsam hier:

    „Gewährt, TwoFive-O“, verkündete der Gardist. „Eine Viertelstunde.

    ***

    Innenfront des riesigen, kreisrunden Baus spiegelten.

    Ungluecklicherweise stelle ich mir bei einem kreisrunden Bau als erstes keinen Ring vor sondern eben einen runden Bau - was spricht dagegen das Gebaeude hier offen als ringfoermig zu bezeichnen?

    ***

    Den Geruch nach frischem Grün noch in der Nase

    Die Beschreibung des Parks bis zu diesem Punkt ist praktisch nur der Himmel - das macht es etwas ueberraschend dass jetzt von frischem Gruen die Rede ist - da haette ich mir einen Halbsatz gewuenscht wie der Park eigentlich beschaffen ist, so wie's ist wirkt das so als waere es ein tristes Betonloch und er schaut halt nicht hin sondern nur an den Himmel.


    ***

    Er war vor Glück wie benommen gewesen, als er nach draußen trat: Es regnete!

    Das passt absolut nicht zum Himmel den Du vorher beschrieben hattest: Der Himmel über ihm leuchtete in den herrlichsten Rottönen und zarte Wolken segelten darüber hin - aus zarten, leuchtenden Wolken fallt kein Regen, der faellt nur aus den dicken grauen :)

    ***

    Dieser Satz ist nicht halb so informativ wie Du vielleicht denkst, weil der Unterschied zwischen Grafiken und Visionen (hat ja beides was mit 'sehen' zu tun...) nicht ohne Vorkenntnis klar ist.

    Anstelle des Betrachtens von Grafiken wurde einem da das Kaufen von Visionen ermöglicht.

    Wie waer's mit 'interaktiven Erlebnissen' oder so - das trifft's eigentlich ganz gut finde ich...

    ***

    Sind aber alles wie gesagt primaer Kleinigkeiten, die melancholische Stimmung und die Freude an den kleinen Dingen finde ich in dem Abschnitt gut getroffen.

  • Hallo Thorsten
    zuerst einmal ...

    ... willkommen zurück. Ich hoffe, dein / euer Urlaub war mindestens so toll wie deine Bilder es sind :love:

    Und dann noch: Ich füge meine Anmerkungen der Einfachheit halber mal blau in dein Zitat ein, auch wenn man Zitate eigentlich nicht verändern sollte (da gab's mal einen User, der da sehr drauf geachtet hat. Weiß nicht mehr, wer es war.).

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

  • Liebe Tariq

    Jetzt besuchen wir BuyVis und lernen etwas über das karge Leben draussen. Nur ein paar Kleinigkeiten im Spoiler.

    Spoiler anzeigen

    Eine halbe Stunde später stand Etienne mit Ares bei BuyVis im Vorraum und musterte gelangweilt das Angebot an Konzerten auf dem Touchpad. Der diensthabende Servicer schien sich Zeit zu lassen, doch Etienne verspürte weder Ungeduld noch Ärger darüber.

    Ares hielt sich die winzigen Lautsprecher der Musikdatenbank ans Ohr und wählte das Programm für heute Abend aus.

    Hier hat mich irritiert, dass er sich die Ohrhörer ans Ohr hält. Streng genommen hat eine Datenbank auch keinen Lautsprecher.

    Seinem versunkenen Nicken nach würden sie etwas Ruhigeres hören. Vorhin war das noch ganz anders gewesen. Ares‘ Oberkörper hatte im Rhythmus eines hämmernden Beats gewippt und die matt glänzenden Schulterstücke der Axiom-Uniform ließen dazu diffuse Lichtreflexe über die Wände zucken.

    Axiom, Ypir … Die Emerald-Garde bestand aus Angehörigen der Streitkräfte der Vereinigten Kontinente. Axiome waren schlichtweg Offiziere, Ypir-Gardisten Soldaten. Diese griechischen Bezeichnungen waren von Mestor Daktyl eingeführt worden. Der Herr des Rings - selbst ein Grieche - hatte sogar seiner eigenen Person eine griechische Bezeichnung gegeben. Es war eher ein Titel, denn er nannte sich Kyrios. Verächtlich verzog Etinne die Lippen. Ares, der griechisch sprach, hatte ihm verraten, dass es Herr bedeutete.

    Aus welcher Perspektive sind diese Gedanken, die Erklärung zu den Rängen wirkt auktorial.

    Jetzt erschien eine Blondine und murmelte eine Entschuldigung, als sie sah, wer da wartete. Sie war klein und kräftig, der hellblaue Overall schien Mühe zu haben, ihre üppigen Kurven zu verhüllen, und besonders am Busen drohte er den Kampf zu verlieren.

    Ärgerlich über sich selbst schüttelte Etienne den Kopf, als er merkte, wohin sich seine Augen und gleich darauf seine Gedanken verirrten, und er zwang den Blick wieder hoch zu ihrem Gesicht.

    „Er wählt noch“, meinte er mit belegter Stimme, wobei er mit dem Kinn in Ares’ Richtung deutete. „Wir nehmen eine Doppelkabine.“ Dann streckte er sein Handgelenk vor.

    Die Blondine nickte und wies auf den Scanner für den Chip. „Sie können schon in die Zwei gehen“, erklärte sie nach dem Piepton.

    „Ich warte.“ Etienne stellte sich vor das überdimensionale Touchpad neben der Eingangstür, auf dem man auswählte, was man für seine Credits erleben wollte. Beim letzten Konzert, das er mit Ares gebucht hatte, hatten sie Musik gehört, die man vor rund hundert Jahren als Metal bezeichnete. Nicht sein Geschmack, aber sein Freund hatte sich abreagieren müssen. Es war der Tag gewesen, an dem einer der Ontas eine Glasscheibe der Lichtsäule zerschlagen und sich in den Lichtschacht gestürzt hatte. Bis heute war es nicht gelungen, herauszufinden, wie der Mann es geschafft hatte, das als unzerbrechlich bekannte Material zu zerstören.

    Etienne dachte mit Unbehagen daran zurück. So etwas war bis dahin nie vorgekommen, zumindest nicht, seit er selbst den Ring sein Zuhause nannte. In Marseille, der schmutzigen, lauten Hafenstadt, in der er bis dahin gelebt hatte, war es öfter zu Selbsttötungen gekommen. Hunger und Gewalt hatten das Leben der verzweifelten Menschen bestimmt. Für Geld oder Lebensmittel-Chips musste man kämpfen. Wer schwach war, verhungerte. Viele Männer, denen dieses Schicksal drohte, brachten zuerst ihre Familie um, um ihr diesen Tod zu ersparen, und töteten sich dann selbst. Mit Vorliebe direkt vor dem Gebäude der Stadtregierung (Stadtregierungsgebäude). Vorschlag wegen des langes Wortes.

    Er atmete tief durch und versuchte die Gedanken zu vertreiben. Sein Vater hatte sich bei einem dieser Raubüberfälle gewehrt und eine schwere Verletzung davongetragen, die aus ihm einen Krüppel und aus der Mutter eine Prostituierte gemacht hatte. Für Frauen war das oft der einzige Ausweg, wenn der Mann die Familie nicht versorgen konnte. Trotzdem kannte Etienne Hunger (Vorschlag, um das "hatte" zu umgehen). hatte Etienne Hunger kennengelernt. Erst als er zu Hause ausgezogen und in einer WG untergekommen war, zeichnete sich ein Lichtstreif am Horizont ab. Schon während seiner Ausbildung konnte er den Lebensstandard der Familie etwas heben. Und in den Jahren danach als Polizist in New York City war es noch besser geworden. Die Mutter konnte wieder ...

    „Träumst du?“

    Ares‘ Stimme riss Etienne aus der Vergangenheit. Ruckartig drehte er sich um und winkte mit einem schiefen Lächeln ab. „Ich dachte gerade an dieses Metalkonzert“, gab er zurück und ärgerte sich sofort. Das hatte er nicht sagen wollen. Es war nicht klug, den Freund an das Ereignis zu erinnern, das dem gemeinsamen Abend damals vorausgegangen war.

    Ares‘ Gesicht verfinsterte sich erwartungsgemäß. „Keine Sorge, heute gibt’s Klassik. Auf geht’s! “

    Etienne lächelte der Blonden kläglich zu, doch sie senkte den Blick. „Kabine zwei“, murmelte sie.

    Ares packte ihn an der Schulter und schob ihn vorwärts, ohne seinen Chip scannen zu lassen. Die Blondine sah ihnen nach. Etienne wusste: Sie kannte seinen Freund. Es gab nur sechs Axiome und man war sowohl als Onta als auch als Servicer gut beraten, sich deren Gesichter zu merken. Ein Axiom war faktisch immer im Dienst. Und er erhielt keine Credits. Diese beiden Gedanken hängen nicht direkt zusammen. Den Satz mit den Credits habe ich nicht verstanden, heißt es, er wird nicht bezahlt? Alle Freizeiteinrichtungen des Rings standen ihm kostenlos zur Verfügung, so oft und so lange er wollte.

    Einmal editiert, zuletzt von Sensenbach (24. Juli 2022 um 20:35)

  • 2/1: Find' ich gut, den kurzen Clash der beiden Persoenlichkeiten/Weltanschauungen der da thematisiert wird, das bringt deutlich mehr Spannung rein als die erste Version.


    Eigentlich hatte ich nur eine kleine Sache bemerkt:

    Etienne nickte unglücklich. „Nur hatten sie keine Ahnung, dass selbst das dem Sicherheitssystem auffällt und hier angezeigt wird.“ Seine Hand wies zu den Monitoren.

    Einmal - wieso wirkt er ungluecklich darueber dass das Sicherheitssystem funktioniert? Und zweitens - die Beschreibung wohin seine Hand weist ist irgendwie ueberfluessig, ich denke aus dem Kontext ist deutlich klar was 'hier' ist.

  • Hey Tariq

    Ich hab auch endlich noch den letzten Teil nachgeholt. Zu meckern hab ich nichts gefunden und geändert hat sich zur alten Version glaube ich auch nichts, oder?

    Die beiläufig eingebrachten Infos zur Welt finde ich geschickt gewählt. Sie wirken hier passend platziert, weil wir ja sowieso "nur warten" und es ist auch nicht zu viel.

    Passt also und kann weitergehen :)

    Da sitzen sie wieder alle und fressen Eis ... Als wüssten sie nicht, wie ein Bier aufgeht!

  • Hallo, liebe Leser :)

    Antwortbox
    Sensenbach

    Danke dir für's Weiterlesen, Sensenbach , und ganz sehr auch für deine hilfreichen Anmerkungen. Ich habe das meiste davon übernommen. Das "um, um" lasse ich so stehen, weil mir keine andere Formulierung gefällt. Aber die Perspektive bei der Erklärung zu den Rängen habe ich nochmal deutlicher gemacht.

    Credits sind Boni, die man sich durch Mehrarbeit und gute Führung verdient und die man in Freizeiteinrichtungen oder Vergünstigungen (z.B. Alkohol) investiert. Axiome haben keine Credits und kriegen alles umsonst. Ich habe es mal dahingehend geändert. Eine Stelle, an der man Credits erklären könnte, ohne den Erklärbär zu bemühen, habe ich noch nicht gefunden. Vielleicht kann ich es ganz am Anfang deutlich machen, an der Stelle, in der Tevor über seine erarbeiteten Credits nachdenkt.

    Danke nochmal :thumbup:

    Thorsten

    Danke auch dir für seine Anmerkungen.

    Einmal - wieso wirkt er ungluecklich darueber dass das Sicherheitssystem funktioniert?

    Hm, so sollte es nicht rüberkommen. Ich passe es an. Etienne ist eher unglücklich, dass es überhaupt existiert und die Ontas zu derartigen Aktionen förmlich zwingt. Er bedauert sie.

    Und zweitens - die Beschreibung wohin seine Hand weist ist irgendwie ueberfluessig, ich denke aus dem Kontext ist deutlich klar was 'hier' ist.

    Stimmt. Das hab ich rausgenommen.

    Rebirz

    Danke vielmals für dein Lob, das freut mich total!

    geändert hat sich zur alten Version glaube ich auch nichts, oder?

    Nun ja smilie_denk_49.gif, der Chip ist jetzt legal, es gibt einen tollen Lift und die Ontas wohnen in den unterirdischen Etagen des Ringes. :rofl:

    Nein, im Ernst, ich hab viel geändert, kann aber beim besten Willen jetzt nicht sagen, was es auffallen wird. Ich hoffe aber, dass sich alles nahtlos zusammenfügt, denn es stimmt: Momentan ist es noch kein Neuschreiben, sondern nur ein Ändern der alten Fassung. Das wird aber nicht so bleiben.

    Danke auch für eure Likes, Iskaral und Kamar :thumbsup:

    So, anbei das Kapitel 3, das so kurz ist, dass ich es in einem Part unterbringe. Ob die Aufteilung so bleibt, überleg ich mir noch.

    Zum vorigen Teil: Kapitel 2 (2/2)

    ~~~ Kapitel 3 ~~~

    „Wir haben einen Onta, der zu euch will.“ Die Stimme des Gardisten aus dem ComTab klang gelangweilt. „Ist eine Einzelkabine frei?“
    „Zwei freie Kabinen für je eine Stunde“, gab Thilia zurück. Sie war überrascht. Ein Onta? Dass die Garde einen dieser Häftlinge zu BuyVis brachte, war lange nicht vorgekommen. Unter den Kunden gab es kaum welche. Ihnen fehlten die Credits. Sich Visionen zu kaufen, war nicht billig und sie besuchten eher das Visodrom. Trotzdem kam ab und an einer. Und wer einmal da war, tauchte immer wieder auf. Darin unterschieden sich die Ontas nicht von den anderen Kunden: Das, was sie sahen, wenn der Helm auf ihrem Kopf saß und die Saugnäpfe der Elektroden den Kontakt hergestellt hatten, schien sie zu verändern. Es entwickelte sich zu etwas, was sie nicht steuern konnten, zu einer Gier, die sie zwang, mehr und mehr Credits zu verdienen.
    Thilias Finger betätigte die rote Taste und die Scheibe aus bruchfestem Carbon schob sich aus dem Tresen heraus nach oben. Obwohl ein Gardist den Onta begleitete, würde sich der Eingang erst öffnen, wenn dieser Schutz zwischen ihr und dem Vorraum voll ausgefahren war. Ontas waren unberechenbar. In der Servicer-Cantina erzählten sich die anderen manchmal die wildesten Geschichten über diese Schwerverbrecher.
    Als die Metalltür zurückglitt, hob sie den Kopf. Der Onta trat ein, gefolgt von einem Ypir-Gardisten.
    Sie musterte ihn flüchtig. Definitiv ein Neuling. Seine Scheu, gepaart mit mühsam bezähmter Neugier, verriet es ihr. Der Mann war klein, aber immer noch größer als sie, hatte eine durchschnittliche Statur und trug die Haare so kurz wie alle Grauen. Das einzig Auffällige an ihm waren seine Ohren: Sie standen etwas ab.
    „Was möchtest du?“, fragte sie und registrierte verwundert, dass sie ihn wider Erwarten sympathisch fand, ohne dass der ein einziges Wort gesagt hatte. Er wirkte verunsichert, was nicht ungewöhnlich war. Jeder, der zum ersten Mal ihr Reich betrat, hatte keine Vorstellung, was ihn erwartete. Sein Blick glitt über die Bilder, die an den Wänden entstanden und wieder verblassten, um zu wechseln und eine neue Ansicht zu bieten. Eben flutete grünes Licht den Vorraum und an der großen Fläche neben der Tür zu den Kabinen wurde dichter Laubwald sichtbar.
    „Das!“, entfuhr es ihm und sein Finger wies auf das sonnenlichtdurchtränkte Grün. Gleich darauf wandte er sich ihr zu. „Tut mir leid“, meinte er und lächelte zaghaft. „Das kam gerade im passenden Moment.“
    „Kein Problem.“ Unbewusst straffte sie ihre Haltung und strich sich das schulterlange Blondhaar zurück. „Also Laubwald. Wie viele Credits möchtest du ausgeben?“
    „Ich ... was bekomme ich für fünf?“
    „Eine halbe Stunde bei Tageslicht und Sonne.“
    „Und wenn ich Regen möchte?“
    „Das wäre dann ein Extra und kostet zwei weitere Credits. Wegen des Wassers und der Ganzkörper- und Kabinentrocknung danach. Hast du einen Wechseloverall dabei?“
    „Nein.“ Erschrocken riss er die Augen auf.
    „Am Versorgungsmodul kannst du dir über deinen Chip einen bestellen.“
    Seltsamerweise freute sie sich, als sie sah, dass er ihr geschäftsmäßiges Lächeln erwiderte.
    „Danke. Ich nehme heute erstmal nur den Wald. Ohne Regen.“
    Sie nickte. „Dort ist der Scanner.“ Ihre Hand wies auf die Scan-Einheit außen an der Scheibe, deren Lesefläche blau aufleuchtete.
    Der Onta hielt seinen Chip daran. Es piepte. „Fünf Credits abgebucht“, verkündete die Computerstimme.
    „Er hat die Vier, ist auf der rechten Seite die Letzte.“ Thilia zeigte dem Gardisten den Durchgang zu den Kabinen. Sie wusste, er würde den Besucher bis zu der für ihn bestimmten Tür begleiten und erst gehen, wenn das Schloss hinter ihm eingerastet war. „Betritt die Schleuse, nimm den Helm, der dort auf dem Bord bereitliegt, und dann geh weiter in die Kabine. Schließe die Tür hinter dir, stell dich auf die schwebende Plattform in der Mitte des Raumes und setz den Helm auf. Erschrick nicht, seine Saugnäpfe heften sich automatisch an deine Stirn und Schläfen. Das ist beim ersten Mal etwas unangenehm, aber du wirst es ein paar Sekunden später nicht mehr spüren. Sobald das Programm gestartet ist, kannst du laufen, so weit und wohin du willst. Auch Hinlegen oder Springen ist möglich. Das Programm bremst dich, wenn die maximale Entfernung erreicht ist. Um deine Hüfte wird sich ein Ring-Kraftfeld schließen. Es ist zum Schutz, damit du nicht von der Plattform stürzt. Du wärst nicht der Erste, der hier mit blutender Nase wieder rausgeht.“
    Der Onta lachte und obwohl sie diese Warnung schon unzählige Male ausgesprochen und keine Miene dabei verzogen hatte, lächelte auch sie.
    „Wenn die halbe Stunde um ist, lösen sich die Saugnäpfe. Ein leichtes Schwindelgefühl ist normal. Bleib ruhig stehen, bis es abklingt, dann setz den Helm ab. Steig erst danach von der Plattform, verlass die Kabine und leg ihn wieder auf die Ablage in der Schleuse. Dann warte, bis die Tür sich öffnet und der Gardist dich abholt. Alles ganz einfach. Sollten irgendwelche Probleme auftauchen, dann sage deutlich Ende und deine Vision wird abgebrochen. Du kannst den Raum nicht vorher verlassen, denn du wirst die Tür nicht finden. Bei Abbruch werden keine Credits erstattet. Hast du noch Fragen?“
    Er wirkte etwas überfordert wegen der Flut an Informationen, doch er schüttelte den Kopf. „Vielen Dank.“
    Sie nickte und sah ihm nach, bis er – vom Gardisten begleitet – im Durchgang zu den Kabinen verschwand
    .

    Hier geht's weiter: Kapitel 4 (1/2)

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

    Einmal editiert, zuletzt von Tariq (7. August 2022 um 11:44)

  • Hey Tariq

    Es entwickelte sich zu etwas, was sie nicht steuern konnten, zu einer Gier, die sie zwang, mehr und mehr Credits zu verdienen.

    Interessanter Faktor :hmm:

    Diesen Teil habe ich viel unpersönlicher in Erinnerung. Also das die Unterhaltung der zwei nicht so locker und "gefühlvoll" war. Gefällt mir vor allem, weil die Frau zuvor noch die negativen Punkte der Ontas hervorgehoben hat und ihn dann plötzlich unbewusst sympathisch findet. Das unterstreicht meine Vermutung, dass die Häftlinge möglicherweise gar nicht so böse sind wie uns glauben gemacht werden soll :P

    Kann weitergehen :)

    Da sitzen sie wieder alle und fressen Eis ... Als wüssten sie nicht, wie ein Bier aufgeht!

  • Zu 2/2:

    Den Abschnitt finde ich insgesamt ein bisschen unrund, weil er viele Themen aufmacht aber dann versanden laesst.

    der hellblaue Overall schien Mühe zu haben, ihre üppigen Kurven zu verhüllen, und besonders am Busen drohte er den Kampf zu verlieren

    Wenn ich sowas schreiben wuerde waere das ein sexistisches Klischee... :D

    Aber anders gefragt - was sollen wir draus ziehen? Dass Etienne sich einsam fuehlt und sie deshalb anstarrt? Oder dass hier sehr attraktive Servicer eingesetzt werden weil da die hohen Tiere vorbeikommen?

    Ich hab' das Gefuehl wir lernen hier irgendwas ueber den Ring oder Etienne, aber ich bin mir nicht so richtig im klaren darueber was.

    Der Gedanke ist ja ironisch formuliert und nicht bewundernd, es klingt als ob Etienne sich hier ueber die Situation belustigt zeigt - warum?

    (Der eine oder andere ist vielleicht versucht zu antworten dass man hier nicht so viel reininterpretieren soll - aber wenn eine Frau so geschildert wird, kann man heute damit rechnen dass Leser automatisch fragen - warum?)

    So etwas war bis dahin nie vorgekommen, zumindest nicht, seit er selbst den Ring sein Zuhause nannte. In Marseille, der schmutzigen, lauten Hafenstadt, in der er bis dahin gelebt hatte, war es öfter zu Selbsttötungen gekommen. Hunger und Gewalt hatten das Leben der verzweifelten Menschen bestimmt. Für Geld oder Lebensmittel-Chips musste man kämpfen. Wer schwach war, verhungerte. Viele Männer, denen dieses Schicksal drohte, brachten zuerst ihre Familie um, um ihr diesen Tod zu ersparen, und töteten sich dann selbst. Mit Vorliebe direkt vor dem Gebäude der Stadtregierung.

    Okay - schoener Gedankengang vom Selbstmord des Onta zu den Erinnerungen. An dieser Stelle wuerde ich logischerweise erwarten dass er danach auf den Onta abfaehrt - warum hat der sich umgebracht? Immerhin ist er nicht gezwungen um Lebensmittel-Chips zu kaempfen, und hungern muessen sie auch nicht.

    Etienne's Sinn fuer Gerechtigkeit sollte da die Frage aufwerfen was das fuer eine Welt ist die ihre Buerger verhungern laesst und die Verbrecher gegen die Menschlichkeit in recht sicherer Existenz leben laesst - oder so.

    Statt dessen geht's so weiter:

    Er atmete tief durch und versuchte die Gedanken zu vertreiben. Sein Vater hatte sich bei einem dieser Raubüberfälle gewehrt und eine schwere Verletzung davongetragen, die aus ihm einen Krüppel und aus der Mutter eine Prostituierte gemacht hatte. Für Frauen war das oft der einzige Ausweg, wenn der Mann die Familie nicht versorgen konnte. Trotzdem kannte Etienne Hunger. Erst als er zu Hause ausgezogen und in einer WG untergekommen war, zeichnete sich ein Lichtstreif am Horizont ab. Schon während seiner Ausbildung konnte er den Lebensstandard der Familie etwas heben. Und in den Jahren danach als Polizist in New York City war es noch besser geworden. Die Mutter konnte wieder ...

    Was ist 'einer dieser Raubueberfaelle'? - vorher war von Selbstmorden vor dere Stadtverwaltung die Rede, nicht von Raubueberfaellen, wo ist das Referenzwort zu 'dieser' im vorangehenden Textabschnitt?

    Irgendwie passen die beiden Gedankengaenge nicht zusammen - inhaltlich schon irgendwie - Selbtsmord im Ring, Selbstmord in Marseille, Armut in Marseille, Etienne's Kindheit - das geht schon, aber wie's geschrieben ist erwartet man nicht dass der zweite Block auf den ersten folgt, die scheinen mir zwei verschiedene Gedanken zu entwickeln.

    Das sind alles keine grossen Sachen, aber ich denke da kann man noch ein bisschen die Gedanken stringenter auf ein Thema hin entwickeln... :)

  • Antwortbox

    Für Sensenbach und Kirisha : Herzlichen Dank für's Weiterlesen und eure netten Worte. Ich freu mich, dass der Umgang zwischen Thilia und Tevor genau so bei euch angekommen ist, wie ich es erhofft habe. Leider werde ich euch aber nicht spoilern, indem ich verrate, ob das noch Bedeutung haben wird.

    Für Rebirz

    Diesen Teil habe ich viel unpersönlicher in Erinnerung. Also das die Unterhaltung der zwei nicht so locker und "gefühlvoll" war. Gefällt mir vor allem, weil die Frau zuvor noch die negativen Punkte der Ontas hervorgehoben hat und ihn dann plötzlich unbewusst sympathisch findet. Das unterstreicht meine Vermutung, dass die Häftlinge möglicherweise gar nicht so böse sind wie uns glauben gemacht werden soll :P

    Stimmt, daran habe ich gebastelt. Thilia war in der vorigen Version auch ein Onta, genau wie Tevor. Aber da die Ontas in der neuen Version einen anderen Status haben (arbeiten nicht in öffentlichen Bereichen) musste Thilia ein Servicer werden. :) Ihre Gedanken habe ich demzufolge auch anpassen müssen. Die waren ja vorher nicht möglich, weil sie selbst ein Onta war. Und zu deiner Vermutung - smilie_i_023.gif, sorry :)

    Für Thorsten

    So, dann geht's heute weiter mit dem ersten Part von Kapitel vier.

    Zum vorigen Teil: Kapitel 3 (1/1)

    ~~~ Kapitel 4 ~~~

    Im sechsten Teil des Konzertes wurde die Musik plötzlich leiser und verstummte dann.
    „Axiom Ares Daktyl, Ihre Anwesenheit ist im Konferenzraum drei erforderlich.“
    Ares seufzte. So angenehm die Frauenstimme des Computers auch war, er hasste sie. Schon oft hatte sie ihn gestört, egal, ob er gelesen, geschlafen, die Infos vom Tag oder Musik gehört hatte. Sein erholsamer Abend war soeben beendet worden, das Lösen der Saugnäpfe an den Schläfen bestätigte es. Konferenzraum drei konnte nur eines bedeuten: Sein Vater hatte ihn über den Chip aufspüren und durch den Computer wissen lassen, dass er nach ihm verlangte. Das ComPad benutzte er nie. Ares wusste nicht einmal, ob er eines besaß.
    „Ende!“
    Er wartete, bis er den Helm absetzen konnte, und richtete sich aus dem bequemen Liegesessel auf. Missmutig sah er zu Etienne hinüber. Der hatte die Stimme nicht gehört und schwelgte weiter in den Klängen von Smetanas „Moldau“.
    Etwas Unfreundliches brummend stand Ares auf und ging zur Tür. Draußen legte er den Helm ab und wandte sich zum Ausgang. Die Blonde am Empfang sah ihn erstaunt an, als er allein auftauchte.
    „Sagen Sie meinem Begleiter, ich wurde weggerufen.“
    Sie nickte knapp und er verließ den Kuppelbau. Noch immer verärgert marschierte er durch die transparenten Tunnelröhren des Innenbereichs zu den Liften. Wann würde sein Vater endlich aufhören, ihn herumzukommandieren wie ein Kind? Ist erforderlich, hatte die Computerstimme gesagt. ,Wird befohlen‘, würde es eher treffen, dachte er verdrossen. Er war nur ein Axiom! Musste er bei jeder Besprechung dabei sein? Und wieso nur er? Was war mit den anderen fünf? Warum brauchte man überhaupt Axiome dabei? Für die wichtigen Sachen hatte der allmächtige Mestor doch die Commandantin, von der die Offiziere alle Einzelheiten erfahren würden.
    Frida Busch, die Chefin der Emerald-Garde war Schweizerin und der skrupelloseste Mensch, den Ares kannte. Sie fraß seinem Vater aus der Hand, zeigte jedoch anderen gegenüber erbarmungslose Härte. Ihre bevorzugten Opfer waren Ontas. Sie bestrafte die kleinsten Vergehen mit nicht nachvollziehbarer Grausamkeit. Dabei bewegte sie sich immer im vorgegebenen Rahmen, schöpfte dessen Möglichkeiten aber bis zum Maximum aus.
    Der Vorfall in der Cantina, den Etienne vorhin angesprochen hatte, fiel ihm ein. Ob die Onta sich so verhalten hätte, wenn ihr klar gewesen wäre, was ihr blühte? Nicht jedes Vergehen wurde so hart bestraft, aber sie hatte einen Gardisten angegriffen. Und das mit einer improvisierten Waffe. Das Loch, in dem sie drei Tage verbringen musste, war geeignet, einen Menschen um den Verstand zu bringen: Eine winzige licht- und schallisolierte Zelle. Kontakt mit anderen Menschen während des Arrestes, Nahrung und Wasser gab es nicht. Und auch keine Möglichkeit, zu schlafen, weil permanent ein hochfrequenter Ton ausgesendet wurde, der verhindern sollte, dass der Delinquent einschlief.
    Am Morgen des vierten Tages würden die Ypir-Gardisten anstelle der eingesperrten Onta ein zuckendes, wimmerndes Bündel finden, das mit ausgetrockneten Lippen um Wasser flehte. Es wäre nicht das erste Mal. Wer diese drei Tage mit gesundem Geist überstand, verstieß nie wieder gegen die Regeln. Wer nicht, war danach gebrochen. Solche Überbleibsel, wie Frida sie einmal genannt hatte, ließen sich nur noch für Arbeiten in der Reinigung oder Entsorgung gebrauchen. Und kein Onta konnte einen anderen warnen vor dem, was einem bevorstand, wenn man sich falsch verhielt.
    Die Lifte tauchten vor ihm auf. Eine weibliche Onta, die vor ihm auf die Standplattform hatte treten wollen, wich hastig zurück. Er verkniff sich ein Nicken. Als Axiom bedankte man sich nicht bei Ontas.
    Seine Plattform stieg nach oben, vorbei an den Quartieren der Servicer im ersten Obergeschoss und den Unterkünften und Trainingsräumen der Garde im zweiten. Im dritten verließ er den Lift. Doch er wandte sich nicht sofort dem Sektor der Konferenzräume zu, sondern trat an die Glaswand. Es war kindisch, seinen Vater warten zu lassen, doch er ließ sich von ihm nicht gern Vorschriften machen. Es reichte, wenn Frida das tat.
    Unter ihm breitete sich der kreisrunde Innenbereich des Ringes aus, durchzogen von den symmetrisch angeordneten durchsichtigen Lauftunneln. In der Mitte ragte die Glassäule empor, die bis zum ersten Obergeschoss reichte und das Licht einfing. Es fiel vier Stockwerke tief in den ebenfalls gläsernen Lichtschacht und ermöglichte der kleinen Grünanlage an seinen Innenwänden üppiges Wachstum.
    Ares presste die Lippen zusammen, als augenblicklich vor seinem inneren Auge das Bild vom zerschmetterten Körper des Ontas auftauchte, der nach dem Sturz durch den Schacht unten zwischen den Pflanzen aufgeschlagen war. Anfangs hatte er gegrübelt, was den Mann dazu getrieben hatte. Den Ontas fehlte es an nichts hier im Ring. Sie hatten anstelle von Großraumzellen ein Quartier für sich allein, ausreichende Mahlzeiten und Möglichkeiten, ihre Freizeit angenehm zu verbringen. Irgendwann war er bei dem Punkt angekommen, dass der Onta an einer psychischen Störung gelitten haben musste. Eine Erklärung, die zumindest ihm einleuchtete. Er wusste aber, dass Etienne das anders sah. Missmutig runzelte er die Stirn. Etienne und seine Onta-Sympathien! Irgendwann würden sie
    deswegen noch in einen richtigen Streit geraten ...
    Er riss seinen Blick von der Lichtsäule los und ließ ihn weitergleiten über den kleinen Park und dann an der Glasfront der gegenüberliegenden Ringhälfte hinaufwandern, bis er die Gleiter-Landeplattform auf dem Dach erreichte. Nicht zum ersten Mal kam ihm der Gedanke, dass sein Vater fähige Architekten mit der Planung des Gefängnisses beauftragt hatte. Der gesamte oberirdische Teil des Ringes hätte auf den ersten Blick ein Feriendomizil oder ein Sanatorium sein können. Wenn da nicht die unteren Stockwerke gewesen wären: dreihundert durch isolierenden Kunststoff voneinander getrennte Arbeitsplätze sowie der Verpackungs-, Logistik- und Entsorgungsbereich.
    Ares wandte sich ab von der Glaswand. Er hatte sich genug Zeit gelassen und es brachte nichts, seinen Vater zu verärgern. Er sah schon Fridas hochmütiges Gesicht vor sich, das die Freude über den unvermeidlichen Anschiss kaum verbergen konnte. Sie hasste ihn. Und er sie.
    Er ging an den Gästequartieren und den Kabinen für die Besucher der Timori-Häftlinge vorbei. Hier oben gab es keine Abstandsregeln. Weder Gardisten noch Servicer mussten Distanz wahren und die Reinigungs-Timori auch nicht, da sie keine Onta-Chips trugen. Trotzdem trat einer von ihnen zur Seite, als er ihm im Korridor begegnete.
    Das grimmige Lächeln lag noch auf Ares‘ Lippen, nachdem die beiden Hälften der Doppeltür mit der großen Drei darüber leise zischend auseinander geglitten waren und er eintrat
    .

    Hier geht's weiter: Kapitel 4 (2/2)

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

    ___________________

    Einmal editiert, zuletzt von Tariq (14. August 2022 um 18:38)

  • 3/1 - eigentlich kaum was anzumerken, nur diesen Satz finde ich leicht missverstaendlich:

    Der Mann war klein, aber immer noch größer als sie, hatte eine durchschnittliche Statur und trug die Haare so kurz wie alle Grauen.

    Ich haette 'Statur' jetzt auf die Groesse bezogen, und dann ist es eigenartig ihn erst als klein und dann als durchschnittlich zu bezeichnen, aber Du meinst wahrscheinlich eher seine Breite. Ich frag' mich ob es da einen besseren Begriff gibt...