Herzlichen Danke für eure Likes, Kirisha und LadyK So, heute beginnt ein neues Kapitel. In einer ähnlichen Version war es im ersten Versuch schon enthalten, aber auch das wurde überarbeitet, weil es nicht stimmig war. Ich war mir auch hier wieder nicht sicher, ob es so bleiben kann und hab mal wieder meine strengste Beta-Leserin bitten müssen, drüberzuschauen. lichen Dank, Kiddel Fee
Da das Kapitel mit ca. 3.600 Wörtern ziemlich lang ist, teile ich es auch wieder in drei Teile.
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Kapitel 8
Kapitel 8 (1/3)
Gähnend verfolgte Etienne den Landeanflug des Frachtgleiters auf der ausgeleuchteten Plattform. Mit ihrem steten Wechsel zwischen grellem Aufleuchten und Verlöschen markierten die Positionsleuchten den Bereich, auf dem er aufsetzen würde. Die winzigen Gestalten in den violetten Overalls der Transport-Crew-Servicer hatten sich bei der ersten Ankündigung der Ankunft verzogen und der gesamte Bereich war menschenleer. Das geschah bei jeder Landung, denn wie so viele vorher ging auch diese einher mit dem Aufwirbeln einer beträchtlichen Menge Flugsandes, den der heute aus Nordwesten wehende Wind von der Küste auf die Plattform gebracht hatte. Eben drehte der schwere Gleiter den Bug nach Norden und sank dann langsam tiefer. Sobald sich die gelbe Wolke gelegt und der Landebereich wieder sichtbar war, kam das Bodenpersonal zurück und wartete auf das Öffnen der Ladeluke.
Erneut gähnte Etienne. Es war eine Ausnahme, dass er mitten in der Nacht hier in der Zentrale hockte. Er vertrat einen seiner Untergebenen, der sich krankgemeldet hatte. Aber er hatte die Schicht gern übernommen, denn diese Nacht versprach Abwechslung. Der Transport von Pitcairn brachte neue Häftlinge mit.
Ein Frachtgleiter besaß im Gegensatz zu den Lufttaxis, die bis zu vier Personen transportierten und ihre Landeplattform auf dem sonnenüberfluteten Obergeschoss des Ringes hatten, keinerlei Komfort. Er benötigte auch keinen, denn es waren Häftlinge, die er – neben den benötigten Gütern zur Versorgung des Rings – transportierte.
Sieben Gefangene waren angemeldet. Wie immer würde Dwayne Coholt mit seinen Leuten die Gruppe begleiten. Er wurde stets eingeteilt, wenn neue Ontas unterwegs waren. Und heute waren keine Timori-Sträftlinge dabei. Also würden sieben neue Ontas den Ring ab sofort ihr Zuhause nennen.
Etienne beobachtete, wie die Ladeklappe sich langsam senkte. Als sie fast den Boden erreicht hatte, sprangen zwei Ypir-Gardisten heraus und stellten sich rechts und links von ihr auf.
Gepanzert, natürlich, dachte er, mit Carbon-Schild und mit entsicherten Impulsoren. Als ob das nötig war. Die Gefangenen wurden betäubt transportiert, wie immer. Das tat man, um von vornherein auszuschließen, dass jemand Schwierigkeiten machte.
Jetzt schwebten die Graviboards eines nach dem anderen aus dem Frachtraum heraus und reihten sich nacheinander auf. Jedes Board wurde von einem Ypir flankiert, der es lenkte.
Etienne zoomte näher heran und musterte die reglosen Gestalten darauf. Es gab nicht Auffälliges zu sehen.
Der erste Ypir setzte sich auf einen Wink von Coholt in Bewegung und das Board blieb an seiner Seite. Die anderen folgten und die Gruppe marschierte in Richtung Fracht-Eingang. Nacheinander verschwanden die Bewacher mit den schlafenden Neuankömmlingen im Tor.
Etienne wechselte die Kamera, um ihren Weg weiter beobachten zu können. Im Korridor, der zur Klinik führte, fand er sie wieder und folgte der stummen Prozession mit Blicken, bis sie hinter den weißen Doppeltüren des Kliniksektors verschwand.
Zwanzig Minuten dauerte die Einweisung eines neuen Ontas, das wusste Etienne. Weitere zehn Minuten vorher musste man für das das Implantieren des Onta-Chips und das danach erfolgtende Aufwecken aus der Betäubung und einrechnen. In einer halben Stunde also würde der erste Onta frisch eingekleidet von zwei Gardisten in sein Quartier gebracht werden.
Etienne wechselte auf andere Kameras und suchte mehr oder weniger aufmerksam in zufällig gewählten Bereichen nach Auffälligkeiten. Doch alles war ruhig. Das oberste Stockwerk des Rings schlief. Aber in den unteren Geschossen pulsierte dieselbe Aktivität wie am Tage. In den Timori-Werkstätten im ersten und den Onta-Werkstätten im vierten gab es keinen Tag-Nacht-Rhythmus. Ununterbrochen liefen die Produktionsbänder der Chips und in den knapp drei Jahren, die er jetzt im Ring lebte und arbeitete, hatte er nie erlebt, dass eines von ihnen angehalten oder gar über einen längeren Zeitraum stillgestanden hätte. Aber auch in den Versorgungseinheiten im zweiten und den Logistikabteilungen im fünften Untergeschoss herrschte dieselbe Betriebsamkeit wie am Tag, ebenso wie in der Klinik, den Freizeiteinrichtungen und den drei Cantinas.
Nirgends gab es etwas Aufregendes zu beobachten oder gar die Notwendigkeit, einzugreifen. Etienne wechselte zurück in den Kliniksektor und schaltete wieder auf die Kamera, die den Behandlungsraum drei überwachte, in dem die Ontas mittels eines Helms ihre Einweisung in den Ring und ihre Arbeitsaufgaben erhielten.
Ein schlanker Mann im weißen Overall der Medi-Servicer stand neben der Tastatur des in der Wand eingelassenen Bedienpads. Etienne erkannte Doktor Witt, den Leiter der Klinik. Einer der Neuankömmlinge hockte mit dem schwarzen Helm auf dem Kopf im Liegesessel in der Mitte des Raumes. Seltsamerweise waren die metallenen Fixierklammern um dessen Handgelenk und Hals geschlossen und Etienne sah nun, dass der Neue keineswegs ruhig dasaß, sondern sich immer wieder kurz aufbäumte und gegen die Fesseln ankämpfte. Die Doppeltüren öffneten sich und zusätzlich zu dem Bewacher des Ontas erschienen Dwayne Coholt und zwei weitere Ypirs im Raum. Der Axiom wechselte ein paar Worte mit dem Arzt, während der Gefesselte den Kopf hin und her warf.
Etienne runzelte die Stirn und beugte sich vor, um den Lautsprecher zu aktivieren.
„...ten Schweine!“, hörte er den Mann toben. „Bindet mich los!“
„Hat er den Chip schon?“ Dwayne richtete den Blick auf den Tobenden.
Der Arzt nickte. „Das Programm ist abgeschlossen. Ich habe ihm eben etwas zur Beruhigung injiziert, trotzdem fürchte ich, der Mann wird weiterhin Probleme bereiten.“
Dwayne verzog abfällig die Lippen. „Das werden wir sehen“, gab er zurück und gab einem der Ypirs einen Wink, die Gurte zu lösen.
Gespannt verfolgte Etienne, was nun geschah. Dass neue Ontas rebellierten, passierte selten. Meist waren sie viel zu geschockt von der Umgebung, in der sie aufwachten. Außerdem blieb ihnen zwischen der Injektion zum Aufwecken und dem Aufsetzen des Helmes gerade mal so viel Zeit, dass sie vom Graviboard auf den Liegesessel umsteigen konnten.
Coholt trat nahe an den neuen Onta heran, nachdem dieser vom Liegesessel gestiegen war. Er sagte etwas zu ihm, was Etienne nicht verstehen konnte. Das Grinsen, das danach über die Züge des Axioms huschte, war ein verächtliches, widerwärtiges, bei dem sich Etienne der Magen umdrehte. Er hatte schon vor langer Zeit begriffen, warum Ares diesen Kollegen so hasste: Dwayne Coholt war das Letzte. Er hatte Freude daran, andere zu quälen.
Der Klinikleiter betätigte den Türöffner und die beiden Ypirs - gefolgt von Coholt - geleiteten den Häftling, der sich inzwischen beruhigt hatte, hinaus. Da Etienne nichts Besseres zu tun hatte, verfolgte er den Weg der kleinen Kolonne mit Hilfe der Kameras. Der Gefangene, den die Gardisten rechts und links am Arm führten, wirkte benommen und ging willig mit.