Es gibt 728 Antworten in diesem Thema, welches 83.435 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (26. November 2024 um 00:55) ist von 20thcenturyman.

  • Hallo Ichuebenoch , Kirisha , Alraniss , Dinteyra , 20thcenturyman und Thorsten ,

    nachdem ich ein kurzes Brainstorming mit Thorsten zum Thema GPS hatte, brauche ich noch eine kleine Weile, bevor ich euch einen neuen Post bringe. Ich schreibe das Kapitel 61 noch einmal um, um Thorstens Ideen (nochmal ein dickes Dankeschön!!) einzuarbeiten. Also morgen kommt definitv noch kein neuer Teil, aber ich arbeite mit Hochdruck dran. :D
    Schönes Wochenende euch allen!

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

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  • So. :)

    Ich habe die ersten beiden Parts von Kapitel 61 jetzt angepasst. Keine Sorge, man muss sie nicht nochmal lesen, um den Anschluss zu finden.

    Es gibt nur ein paar geänderte Details:

    a) Das GPS-System für die Chips ist Geschichte. Das neue System heißt "HTS" (Human Tracking System). Wie es funktioniert, hab ich versucht, im Text zu erklären. Falls es irgendwie noch nicht ganz klar rüberkommen sollte, dann bitte einfach melden.
    b) Ich habe versucht, Ares ein bisschen mehr Beherrschung zu geben. :D
    c) Das Gespräch zwischen Mestor und Decker ist jetzt im Rahmes eines Besuchs von Decker. Durch die in Mestors Quartier angebrachten Kameras können Ares und Etienne die Unterhaltung verfolgen.

    Und nun der letzte Part. Damit wir hier mal zu einem Ende kommen. :rofl:

    zum vorigen Part: Kapitel 61/2

    Kapitel 61 (3/3)
    Das weitere Gespräch drehte sich um die Lieferung bestimmter Teile, für die Decker in Japan beim Zoll eine Ausfuhrgenehmigung erwirken sollte. Ares interessierte diese Unterhaltung nicht. Das Wichtigste hatten sie gehört

    „Zeichnen Sie die Unterhaltung auf, Webster“, wies Etienne an. „Für den Fall, dass noch irgendetwas über Pitt Island oder neue Ontattransporte gesprochen wird.“

    Ares schnaubte. Er hätte jetzt gern Mestors Gesicht gesehen. Das dürfte ein herber Schlag für den Kyrios gewesen sein. Ja, Elas konnte nicht beweisen, dass sein Bruder hinter dem feigen Anschlag steckte, aber Eurosafe beschäftigte auch keine Dummköpfe. Es bestand Gefahr, dass die Spur bis zu Mestor zurückverfolgt werden konnte. Auch wenn die Verbindung wohl nicht mehr über den Verhafteten hergestellt werden konnte. Offensichtlich wurde Versagen von Decker nicht toleriert.

    „Verflucht“, murmelte Ares. „Elas muss so schnell wie möglich nach New York!“

    „Erst einmal sollten wir mit Cane reden, meinst du nicht?“ Etienne verschränkte die Arme.

    „Das ist sehr gefährlich, weil Elas Greco noch immer aufgespürt werden kann“, wandte Webster ein.

    „Deshalb werde ich ihn begleiten.“ Ares sprach den Entschluss in dem Moment aus, in dem er ihn gefasst hatte.

    „Das wirst du nicht.“ Etienne sprang auf. „Erstens steht überhaupt noch nicht fest, ob Cane überhaupt helfen kann. Und selbst wenn er es kann, heißt das nicht, dass er bei dieser ganzen Sache auch mitmachen und sich nicht einfach in seinem Zimmer einschließen wird. Zweitens: Noch weiß dein Vater nicht, dass du Greco in Athen sehr wohl begegnet bist. Setz nicht alles aufs Spiel, indem du eure HTS-Signale erneut vom selben Ort ausgehen lässt!“

    Ares setzte zu einer Erwiderung an, aber Websters „Das klingt logisch“ kam ihm zuvor.

    „Es wäre unklug, Daktyl mit der Nase darauf zu stoßen, dass Sie und Greco sich treffen“, fuhr die KI fort. „Ich bin sicher, er überwacht Sie.“

    Etienne nickte bekräftigend. „Ares, Mestor ist paranoid. Du kannst von Glück sagen, dass er dir abgekauft hat, dass du den Maler in Athen nicht persönlich getroffen hast.“

    „Gut.“ Ares kniff die Augen zusammen. „Würdest du Cane fragen, ob er Elas helfen kann?“, fragte er und wunderte sich selbst über die Ruhe, die ihn plötzlich überkam. „Das wäre der erste Schritt. Danach sehen wir weiter.“

    Etienne nickte erneut und stand auf. „Mach ich sofort“, versicherte er. „Ich melde mich, wenn ich seine Antwort habe.“ Ein kurzes, zuversichtliches Lächeln und er ging.


    Zehn Minuten später trat er wieder in Ares‘ luxuriöse Commandanten-Wohneinheit. Sein Gesicht verriet schon, dass er nicht mit guten Nachrichten kam.

    „Cane kann an einen Frequenzwandler kommen und weiß, wie man ihn benutzt, sagt Isaiah“, begann er. „Aber er meint auch, das würde uns nicht helfen. Der Chip erhält eine Bestätigung, wenn das Signal, das er ausgesendet hat, vom nächsten Datenerfassungszentrum empfangen wurde. Eine Art Echo. Wenn nun für Signale, die ausgesendet wurden, keine Bestätigung kommt, weil sie nirgends empfangen wurden, toleriert das der Chip für maximal drei Stunden. Damit wird verhindert, dass bei Problemen in der Datenübertragung zwischen Chip und dem nächsten Zentrum sofort Alarm ausgelöst wird. Aber nach drei Stunden ohne Bestätigung passiert genau das. Das System wertet das nicht mehr als Störung. Der Chipträger erhält eine Warnung auf sein ComPad. Vergehen weitere zwei Stunden ohne bestätigten Signalempfang, wird das Gift im Chip freigesetzt. Wer also von der Bildfläche verschwinden will, hat fünf Stunden Zeit, seinen Chip irgendwie zu entfernen. Danach ist er tot.“

    Ares spürte ein Ziehen in den Kiefermuskeln, so fest presste er die Zähne zusammen.

    „Verdammt“, zischte er. „Kann nicht ein Mal etwas reibungslos laufen? Wie sagtest du vorhin zu Webster? ‚Wir wissen, wie das HTS funktioniert.‘ Einen Scheiß wissen wir!“

    Etienne ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.

    „Aber Cane denkt, dass die fünf Stunden ihm genug Zeit lassen, um das System auszutricksen“, fuhr er fort. „Er hat mir nicht gesagt, was genau er vorhat, aber er meint, wir sollen Elas nach New York City schicken. Wenn die genaue Ankunftszeit feststeht, will er sie wissen, um alles Weitere kümmert er sich.“

    „Er kümmert sich? Reden wir von dem Cane, der sich wegen eines freundschaftlichen Schulterboxhiebs schmollend in sein Zimmer zurückgezogen hat?“

    Etienne erwiderte nichts darauf.

    „Also muss Elas doch nach New York City“, schlussfolgerte Ares, als das Schweigen belastend wurde. „Und da auch dein HTS-Signal nicht mit dem von Elas am selben Ort sein sollte, brauchst du gar nicht erst vorzuschlagen, dass du ihn hinbringst. Ich denke, ich frage Caty, ob sie das macht.“

    „Und was willst du ihr sagen, wenn sie fragt, warum Elas nach New York reisen muss?“

    „Dann mach einen besseren Vorschlag.“ Ares hasste es, dass sich von allen Seiten nur Hindernisse auftürmten. Sie traten auf der Stelle und die Zeit verrann, ohne dass sie eine Lösung fanden. Doch Etienne konnte nichts dafür. Schon wollte er sich für sein Auffahren entschuldigen, da kam sein Freund ihm zuvor.

    „Ich schlage vor, du lässt die Leute von Eurosafe ihren Job machen und deinen Vater begleiten. Die verstehen sich darauf, wichtige Persönlichkeiten zu beschützen. Und falls Greco sie nicht dabeihaben will, dann kann er sich eine private Schutztruppe anheuern, die er dann in New York City einfach abtreten lässt. Du, ich und Caty, wir sollten uns da raushalten. Erstens, weil es nicht sicher ist, ob dein Vater lebend bei Cane ankommt, und zweitens, weil keiner von uns mit ihm zusammen erwischt werden darf! Es steht zu viel auf dem Spiel. Vergiss nicht, was wir planen.“

    Ares sah immer noch Etienne an. Tief in sich wusste er, dass sein Freund Recht hatte: Impulsivität und überstürztes Handeln würden keinen Erfolg bringen. Sie mussten, nein, er selbst musste in Ruhe überlegen.

    „Warum kann Cane nicht nach Griechenland reisen?“, hörte er sich fragen. „Es würde das Ganze erheblich leichter und weniger riskant machen.“

    Etienne schüttelte den Kopf. „Das wäre natürlich viel besser“, gab er zu, „aber ich glaube nicht, dass es Isaiah gelingt, Cane dazu zu überreden. Vergiss nicht, dass der Junge Autist ist. Ich kenne mich mit dieser Krankheit nicht so gut aus, aber ich könnte mir vorstellen, dass es Cane Angst einflößt, die vertraute Geborgenheit der Wohngemeinschaft mit einer unbekannten Großstadt zu tauschen.“

    „Aber es würde die Gefahr für Elas reduzieren. Er müsste nicht reisen.“ Ares seufzte. „Also – würdest du nochmal mit Isaiah sprechen? Ich denke, es hängt von ihm ab, Cane davon zu überzeugen, dass die Reise nach Griechenland ein grandioses Abenteuer werden könnte.“

    Hier geht's weiter: Kapitel 62/1

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
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    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

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    2 Mal editiert, zuletzt von Tariq (5. November 2024 um 16:07)

  • Hallo liebe Tariq

    oh je. Das hört sich knifflig an und Elas könnte dabei ganz leicht unter die Räder kommen. (nicht nur er). Und was passiert mit ihm wenn man seinen Chip eliminiert? Wo geht er dann hin? Er kann wohl nicht einfach nach Griechenland zurückfliegen? Wie informieren sie ihn von diesem Plan ohne dass Mestor es mitbekommt? Dass Cane tatsächlich nach Griechenland fliegen wird glaube ich auf keinen Fall.

    Damit wird verhindert, dass bei Problemen in der Datenübertragung zwischen Chip und dem nächsten Zentrum sofort Alarm ausgelöst.

    Hier fehlt irgendwie etwas? "Alarm ausgelöst wird."

    Ich bin gespannt wie es weitergeht. Hoffentlich gibt es noch ein Treffen zwischen Ares und Elas. Auch wenn ich mir momentan nicht vorstellen kann wie es möglich werden soll. Vielleicht wenn sie die "Transformation" über die Bühne gebracht haben. Ich hoffe doch dass das klappen wird. (Auch wenn Cane vielleicht nicht der optimale Helfer ist der das ganze hinbekommen soll!)

    Taucht Frida nochmal auf? Die vermisse ich tatsächlich etwas ...;)

    Meine Geschichten: * Meermädchen * Kriegerkönigin * Dark Prince

  • Vielen Dank, Kirisha :)

    Das fehlende Wort hab ich ergänzt, immer gut, wenn so was gefunden wird, wenn man es selbst vorher übersehen hat. Ich freu mich auch sehr über deine Fragen. Das zeigt mir, dass ich a) Spannung wecken kann und b) diese Fragen bereits alle schon im Manuskript beantwortet habe. Und ich merke wiedermal, dass das ganze Werk wohl viel größer wird als ursprünglich geplant. Vielleicht muss ich zwei Bände daraus machen. :panik:
    Zu Frida - ja, wir begegnen ihr nochmal. Aber ein wenig gedulden musst du dich noch. *Hätte nie gedacht, dass die mal von jemandem vermisst wird* :D

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    Zum vorigen Teil: Kapitel 61/3

    ~~~ Kapitel 62 ~~~

    Kapitel 62 (1/X)
    „Ich beabsichtige, nach New York zu fliegen.“

    Der Mann, der heute in der dreiköpfigen Truppe der Beschützer das Sagen hatte und von Elas ins Zimmer gerufen worden war, starrte ihn an, als hätte er verlangt, dass man ihm den Mond vom Himmel holte.

    „New York City?“, wiederholte er, wohl in der Hoffnung, dass er sich verhört hatte. „Jetzt?“

    Elas nickte. „Sobald Ihre Vorbereitungen dazu abgeschlossen sind. Ich selbst habe nur wenige Dinge, die ich mitnehmen werde. Und die sind bereits gepackt.“ Er wies auf den kleinen Gravikoffer, den er sich zusammen mit ein paar privaten Sachen aus seinem Haus hatte bringen lassen.

    Der Blick des drahtigen Mannes in der schwarzen Eurosafe-Uniform folgte der Geste, doch er schaute danach nicht glücklicher drein.

    Elas verstand ihn. Schließlich war immer das Leben der schutzbedürftigen Porson nach wie vor in Gefahr und der Wunsch, diesen sicheren Ort zu verlassen, musste dem Mann einfach schwachsinnig vorkommen. Es konnte immer noch viel schiefgehen.

    „Sir, das verstößt ...“

    „Das ist mir bewusst.“ Elas legte seine ganze Autorität in den Blick, mit dem er den Mann vor ihm maß. „Ich habe das eben mit Ihrem Vorgesetzten geregelt, er wird Sie gleich informieren.“

    Und richtig: In diesem Moment hob der Beschützer in einer entschuldigenden Geste die Hand und berührte mit der anderen den Ohrknopf seines Headsets.

    Während der Mann mit seinem Vorgesetzten sprach, dachte Elas an die Unterhaltung mit Ares vorhin zurück. Seit sein Sohn ihm erklärt hatte, wie sich sein weiteres Leben gestalten würde, war nichts mehr selbstverständlich. Seltsamerweise stürzte ihn dieses Wissen weder in Panik noch in Verzweiflung. Seine Malerei, sein Bekanntenkreis, seine Heimat, seine Villa – alles war Geschichte. Ares hatte es ihm unmissverständlich klargemacht.

    Doch es störte ihn nicht. Mehr noch, er nahm es gern in Kauf. Es bedeutete eine Verbesserung, denn das, was er im Augenblick durchlebte, war unerträglich. Er zeigte schon paranoides Verhalten, dessen war er sich bewusst. Ein einfaches Klopfen an der Tür brachte sein Herz zum Stolpern, er lauschte auf jedes Geräusch, jeder unbekannte Laut von der Straße ließ ihn zusammenzucken, weil er Gefahr bedeuten konnte. Das kleine Hotel besaß keine verspiegelten Fenster, deshalb war die automatische blickdichte Verdunklung der transparenten Carbonscheibe sofort bei seiner Ankunft aktiviert worden. Der ständige Dämmerzustand im Raum zerrte an seiner Selbstbeherrschung. Den ganzen Abend hatte er auf der Couch gehockt und den Nachrichtensender eingeschaltet gelassen. Doch sein Name wurde nicht erwähnt. Wie man ihm schon nach seiner Anhörung versprochen hatte, war nichts von dem Anschlag auf sein Heim an die Öffentlichkeit gedrungen.

    Alles war besser als die jetzige Situation. Hier in Griechenland hielt ihn nichts mehr. Jannis war tot, sein Majordomus, der in seinem Haushalt gelebt hatte, seit er diese kleine Villa am Strand gekauft hatte. Der schon eher Freund als Angestellter gewesen war. Und Philo ...

    Philo war auf jeden Fall Freund und Angestellter gewesen. Elas machte sich nichts vor: Ohne ihn war er so gut wie hilflos, was seine Kunst anging. Ja, er malte die Bilder, aber am liebsten allein, abgeschieden. Philo bildete die Verbindung zur Welt, zu den Kunstbegeisterten, zu den Sozialen Medien. Er hatte sie gebildet. Es würde keinen zweiten wie ihn geben.

    Elas machte sich nichts vor. Er war siebenundfünfzig Jahre alt. Dass er nur noch zweieinhalb Jahre zu leben hatte, schreckte ihn nicht. Und dass er während dieser Zeit keine Bilder mehr verkaufen würde, ebenso wenig. Er war nicht auf Einkommen angewiesen. Sein Vermögen belief sich auf Summen, die ihm ein sorgloses Leben in der verbliebenen Zeit ermöglichten.

    Natürlich wäre es ihm lieber gewesen, wenn sein mysteriöser Helfer nach Griechenland käme. Doch das sei nicht möglich, hatte Ares erklärt, ohne Gründe dafür zu nennen.

    Elas hatte es akzeptiert. Der junge Mann, dessen Name Ares ebenfalls nicht genannt hatte, würde eine Lösung finden, das HTS-Signal dauerhaft abzuschalten. Ja, auch jetzt war es unterdrückt, doch das Gerät, welches das ermöglichte, gehörte Eurosafe. Und nur die Schutztruppe hatte die Befugnis, den Aufenthaltsort von bestimmten Personen hier in Europa für längere Zeit zu verbergen. Da sich aber der Zielort nicht mehr in Europa befand, endete die Absicherung seiner Person, sobald er den Transitbereich des New Yorker Gleiterhafens verließ. Ohne die Beschützer war er wieder ein aufspürbares Ziel. Und die Angreifer würden ihn finden, auch hinter verdunkelten Fenstern oder in irgendwelchen Kellerlöchern. Bis das Signal dauerhaft abgeschaltet wurde, damit es von den Datenerfassungszentren nicht mehr geortet werden ...

    „Sir, der Chef fragt, ob Americasafe in New York City ab dem Gleiterhafen Ihren Schutz übernehmen soll?“, unterbrach der Beschützer in diesem Moment seine Gedanken. „Er kann das organisieren.“

    Elas schüttelte den Kopf. „Ich werde dort selbst für meine Sicherheit sorgen.“

    An der Reaktion des Mannes erkannte er, dass dieser ihn wohl für verrückt hielt.

    „Aber ihr HTS-Signal wird aufspürbar sein, sobald wir nicht mehr in Ihrer Nähe sind!“, gab der Beschützer zu bedenken.

    „Ich weiß, doch nur für ein paar Minuten. Wie gesagt – ich sorge selbst für meine Sicherheit.“

    „Aber ich ...“

    Elas schüttelte den Kopf. „Meine Entscheidung ist getroffen. Ich werde Sie in New York City aus Ihrem Auftrag entlassen.“

    Der Beschützer starrte ihn noch einen Moment lang an, dann verschwand er ohne weitere Worte aus dem Zimmer.

    Elas nahm an, dass ab sofort die Vorbereitungen für seine Reise liefen. Ein wenig unbehaglich wurde ihm schon, denn Eurosafe würde damit lediglich noch für einen sicheren Transfer sorgen. Was danach kam, musste er anderen überlassen. Leuten, die er nicht kannte, die er nicht kontaktieren konnte und denen er vertrauen musste.

    Es klopfte. Der Beschützer von vorhin schob den Kopf herein.

    „Der Gleiter startet um einundzwanzig Uhr vom Dach eines nahegelegenen Hotels. Ihr Wagen steht eine Viertelstunde vorher bereit. Bitte tragen Sie das.“ Er reichte Elas eine der schwarzen Eurosafe-Uniformen mit einer ebenfalls schwarzen Mütze. „Verbergen Sie wenn möglich Ihr gesamtes Haar darunter. Sie müssen wie einer von uns aussehen. Ich hole Sie dann ab.“

    Elas nickte und nahm dem Mann die Sachen ab. Die Tür schloss sich wieder.

    Ein Blick auf sein ComPad verriet: Bis zur Abreise blieben zehn Minuten. Langsam erhob er sich, schaltete die Mediaeinheit ab und starrte danach noch eine Weile auf den schwarz gewordenen Monitor, ohne ihn wirklich zu sehen.

    Er war im Begriff, Europa zu verlassen. Das an sich war nicht außergewöhnlich. Er hatte es schon so oft getan. Aber diesmal fühlte es sich anders an. Es war der Start in etwas Großes, Neues. Etwas Unbekanntes.

    Hier geht's weiter: Kapitel 62/2

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
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    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

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    2 Mal editiert, zuletzt von Tariq (5. November 2024 um 16:18)

  • Zu 61/3:

    Inhaltlich hatten wir das meiste ja schon beredet :)

    Eine Sache aus einer ganz anderen Richtung wuerde ich noch anmerken:

    „Warum kann Cane nicht nach Griechenland reisen?“, hörte er sich fragen. „Es würde das Ganze erheblich leichter und weniger riskant machen.“

    Ares geht hier sehr schnell davon aus dass Cane die Sache unterstuetzt. Wieso? Selbst wenn Cane nicht Autist waere - weswegen sollte es ihm ein Anliegen sein, seinen Hals fuer Ares zu riskieren? Etienne ist doch sein Kumpel?! Sie haben also einen gemeinsamen Freund - aber das gibt Ares doch nicht automatisch die Position Cane so selbstverstaendlich zu nehmen?

  • Hier ist ja ganz schön viel geschrieben worden und ich hab noch nicht alles aufgeholt. Bin mit Kapitel 60 durch. Ich war überrascht, dass Elas so schnell in Gefahr gerät. Aber es passt schon und macht es auf jeden Fall spannend. Habe ein bisschen Schwierigkeiten, mir diese Falltür im Wohnzimmer vorzustellen. Die Möbel sind daran festgeschraubt? Wie groß ist die Falltür denn? Und trotzdem öffnet und schließt sie so schnell? Was ist, wenn Elas sich an den Möbeln stößt oder daran hängen bleibt? (Hab gerade ziemlich schräges Kopfkino.) Ich glaube das funktioniert nicht.

    Und noch eine Kleinigkeit:

    Keine Ahnung“, gab er zurück. „Werde ich aber gleich erfahren.“ Sein Angestellter würde die Gäste hereinbitten, sie in der Vorhalle bei einem Getränk warten lassen und dann melden, wer gekommen war.
    „Gut, ich geh dann mal. Wenn es etwas Neues gibt, gebe ich Bescheid.“ Philo hob grüßend die Hand und verließ den Raum.
    „Mach das.“
    Elas sah seinem Agenten nach. Philo hatte die Tür offen gelassen, denn gleich würde Jannis hereinkommen und die Besucher anmelden.

    Das fand ich hier irgendwie doppelt gemoppelt, vor allem weil du vorher auch schon geschrieben hattest, dass Besuch kommt.

    LG

    Din

  • Hallo Thorsten und Dinteyra

    vielen Dank für eure Kommis und interessanten Anmerkungen.

    Antwortbox

    Ares geht hier sehr schnell davon aus dass Cane die Sache unterstuetzt. Wieso?

    Cane hat ja bereits zugesagt, zu helfen, Etienne hat ihn gefragt:

    „Gut.“ Ares kniff die Augen zusammen. „Würdest du Cane fragen, ob er Elas helfen kann?“, fragte er und wunderte sich selbst über die Ruhe, die ihn plötzlich überkam. „Das wäre der erste Schritt. Danach sehen wir weiter.“
    Etienne nickte erneut und stand auf. „Mach ich sofort“, versicherte er. „Ich melde mich, wenn ich seine Antwort habe.“ Ein kurzes, zuversichtliches Lächeln und er ging.

    Ares bittet Etienne, mit Cane zu reden, was der auch tut.

    Etienne ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Aber Cane denkt, dass die fünf Stunden ihm genug Zeit lassen, um das System auszutricksen“, fuhr er fort. „Er hat mir nicht gesagt, was genau er vorhat, aber er meint, wir sollen Elas nach New York City schicken. Wenn die genaue Ankunftszeit feststeht, will er sie wissen, um alles Weitere kümmert er sich.“
    „Er kümmert sich? Reden wir von dem Cane, der sich wegen eines freundschaftlichen Schulterboxhiebs schmollend in sein Zimmer zurückgezogen hat?“
    Etienne erwiderte nichts darauf.
    „Also muss Elas doch nach New York City“, schlussfolgerte Ares, als das Schweigen belastend wurde.

    Und hier kommt er mit Canes Antwort (ich habe jetzt nicht explizit dazugeschrieben, dass die Kommunikation eigentlich über Isaiah gelaufen ist. Es erschien mir in dem Moment ja nicht wichtig. Wichtig war Canes Antwort, dass er helfen will. Beantwortet das deine Frage? Ich will es keinesfalls so klingen lassen, als würde Ares hier über Cane verfügen oder ihn in Gefahr bringen, ohne an dessen Sicherheit zu denken. Wenn es noch nicht passt - was müsste ich dMn ergänzen?

    Habe ein bisschen Schwierigkeiten, mir diese Falltür im Wohnzimmer vorzustellen. Die Möbel sind daran festgeschraubt? Wie groß ist die Falltür denn? Und trotzdem öffnet und schließt sie so schnell? Was ist, wenn Elas sich an den Möbeln stößt oder daran hängen bleibt? (Hab gerade ziemlich schräges Kopfkino.) Ich glaube das funktioniert nicht.

    Schwieriges Thema. X/
    Die Falltür ist der gesamte Boden des Zimmers und ja, die Möbel sind festgeschraubt. Da sich die Falltür auf ein Passwort hin öffnet, hatte ich mir vorgestellt, dass Elas so Gelegenheit bekommt, sich auf den Sturz vorzubereiten und vielleicht auf Abstand zu den Möbeln zu gehen. Ich habe mit zwei Leuten vorher über Varianten von Falltüren gesprochen (Ich: "Ich brauche eine Möglichkeit, wie sich jemand blitzschnell innerhalb eines Zimmers in Sicherheit begeben kann." Antwort: "Falltür im Fußboden.") Deine Fragen sind da auch aufgetaucht und wir haben festgestellt, dass die Möbel befestigt sein müssen, um nicht auch hinabzustürzen und Elas dann vielleicht tatsächlich verletzen.
    Das Schließen der Falltür muss langsamer erfolgen, damit Elas nach dem Fall Zeit hat, sich außer Reichweite des Mechanismus zu bringen. Hier hatte ich schon erwogen, dass ein Kraftfeld den offenen Fußboden abschirmt, um eventuelle Eindringlinge davon abzuhalten, Elas einfach hinterherzuspringen, solange die Falltür offen ist. Aber das erschien mir dann einfach als zu viel Technik. Deshalb hab ich das verworfen. In der Szene ist der Leser ja ganz bei Elas und der denkt in dem Moment wohl nicht über den Mechanismus nach. Ich habe befürchtet, das Tempo und auch die Spannung durch zu viel Erklärung zu killen. Es war schon schwierig, die Funktionsweise so unterzubringen, dass es "beiläufig erwähnt" wirkt.
    Reicht dir das als Antwort? ?(

    Das fand ich hier irgendwie doppelt gemoppelt, vor allem weil du vorher auch schon geschrieben hattest, dass Besuch kommt.

    Stimmt, den zweiten Teil kürze ich. Danke :)

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    Chad, der Holzfäller
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  • Cane hat ja bereits zugesagt, zu helfen, Etienne hat ihn gefragt:

    Naja, ich stell' mir mal vor mich wuerde jemand fragen 'Kannst du mir mal mit meinem Manuskript helfen?'

    Okay, sage ich mal 'ja' und stelle mir vor dass ich das zugeschickt bekomme und dann durchlese. Wenn aber dann kommt 'Ja, ich hatte mir das so vorgestellt dass du jetzt morgen nach Stuttgart fliegst und da den Lektor vom Verlag triffst und mit dem die Sache erst noch mal durchgehst und es dann auf den korrigierten Stand bringst, und dann kannst du noch den Werbechef treffen, dazu muesstest du noch mit dem Zug nach Berlin, da koennt ihr dann das Promo-Material gestalten - vielen Dank!' - dann waere ich vielleicht nicht bereit diese Art von Hilfe zu gewaehren auch wenn ich Hilfe vorher zugesagt hatte.

    Also - mein Eindruck hier ist dass sie von Cane den Finger zugesagt bekommen haben, aber Ares ist hier bereit ihm den Arm an der Schulter auszureissen... hatte Cane jemals diese Art von Hilfe im Kopf gehabt?(

    Das ist so mein Unbehagen an der Szene auf den Punkt gebracht...

  • Also - mein Eindruck hier ist dass sie von Cane den Finger zugesagt bekommen haben, aber Ares ist hier bereit ihm den Arm an der Schulter auszureissen... hatte Cane jemals diese Art von Hilfe im Kopf gehabt ?(

    Ah, okay. Ja, dann muss ich das noch bisschen deutlicher machen, dass Etienne Cane erklärt hat, was sie von ihm wollen, und dass Cane das auch verstanden und trotzdem seine Hilfe zugesagt hat.

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  • Ich sehe gerade dass ich den neuen Abschnitt ganz übersehen hatte. Nun geht es also los. Elas fliegt nach New York. Wenn das mal gut geht!

    Ich habe mir gerade nochmal Gedanken über die Falltür gemacht. Tatsächlich finde ich die Vorstellung dass sich der gesamte Raum mit allen Möbeln herunterklappt ... tja irgendwie unglaubwürdig. Da müsste ja ein sehr tiefes Loch drunter sein damit ein z.B. 3x3 Meter langer Raum runterklappen kann ohne am Boden anzukommen. Außerdem wird Elas wohl schneller fallen als der Raum klappt ... also hohe Verletzungsgefahr. (je nachdem wo er steht).

    Eigentlich könnte er doch einfach eine Falltür zwischen den Möbeln haben - verdeckt von einem großen Teppich? Also eine Falltür in einem freistehenden Teil des Raumes? Bei Gefahr macht er drei Schritte und steht drauf. Das ist doch machbar. Es ist wohl nicht nötig dass er bei Gefahr innerhalb von einer Millisekunde in der Falltür verschwinden muss. Für die drei Schritte bleibt immer Zeit?

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  • Ich muss sagen, diese Welt wird immer mysteriöser und widersprüchlicher, je weiter man liest. (Kapitel 14 )

    Die Haftbedingungen sind brutal wie im Gulag. Allein das Warnbrennen, dazu die totale Überwachung. Auf der anderen Seite sorgt man sich aber um die Gesundheit der Insassen. Es gibt sogar ein Recht auf eine jährliche ärztliche Untersuchung. Und Vorschriften, die willkürliche Gewalt, gar Totschlag, gegen die Ontas verbieten.

    Und trotz der totalen Überwachung scheinen die Wärter in ständiger Angst zu leben. Ein Häftling schläft unruhig, seine Gehirnströme wirken seltsam, und schon hält man ihn für ein Sicherheitsrisiko und will ihm einen dieser Tracker verpassen.

    Und hat Trevor wirklich das Trinkwasser einer Stadt vergiftet? Oder sind das falsche Erinnerungen? Was steckt eigentlich wirklich hinter diesem ganzen Unternehmen?

    Und was für eine Welt ist das da draußen?

    Das Ganze ist wirklich spannend. Allerdings stelle ich mir die Auflösung schwer vor und widerstehe der Versuchung, zu den aktuellen Kapiteln vorzuspulen.

  • Vielen Dank, und fürs Weiterlesen und eure Anmerkungen.
    Kirisha Zur Falltür habe ich mir einen Vermerk ins Manuskript gemacht.
    20thcenturyman Deine Fragen zu Tevor werden später alle beantwortet. :D

    So, heute mal noch ein kurzer Part, damit ich den Abschnitt beschließen kann.

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    Zum vorigen Teil: Kapitel 62/1

    Kapitel 62 (2/x)
    Entschlossen hob er den Kopf, zog die schwarze Uniform an und schob – vor dem Spiegel in der Nasszelle stehend – sein schulterlanges graues Haar unter die Mütze. Ein letzter prüfender Blick, dann setzte er sich auf die Ruheliege und wartete.

    Der Ton für eine eingegangene Nachricht auf dem ComPad ertönte.

    „Wir sind so weit“, hörte er. „Öffnen Sie die Tür.“

    Elas gehorchte.

    Auf dem Gang vor dem Zimmer standen vier schwarz Uniformierte. Sie trugen Masken, sodass er den Mann von vorhin nicht erkannte. Auch ihm selbst wurde eine Maske gereicht, die nur die Augen freiließ. Dann schnallte ihm einer der Männer einen Impulsor-Gurt um. Unwillkürlich versteifte sich Elas. Nach Ares‘ Vermutung hatte eine solche Waffe Jannis und Philo getötet.

    „Sie müssen als einer von uns durchgehen“, erklärte der Mann und unterbrach damit seine Gedanken. „Er hier“, er wies auf einen, dessen Größe und Statur der von Elas glich, „läuft in der Mitte, zwei flankieren ihn. Ich gehe voran und Sie bilden den Schluss. Ich weiß, Sie sind es nicht gewöhnt, aber bitte versuchen Sie, Ihr Verhalten und Ihre Bewegungen den unseren anzupassen.“

    Elas nickte und zog die Maske über das Gesicht. „Es kann losgehen.“


    Eine Viertelstunde später lag das Lichtermeer des abendlichen Athens unter ihnen. Den Weg zum Hotel, auf dessen Dach der Eurosafe-Gleiter wartete, hatten sie ohne Zwischenfälle absolviert. Sofort nach dem Einsteigen war der Einstieg verschlossen worden und der Gleiter hatte mit ihm und drei der vier Männer an Bord abgehoben. Sie waren unterwegs in Richtung New York City. Fünfeinhalb Stunden hatte der Führer der Beschützer für die Reise veranschlagt. Elas konnte das kaum glauben, aber er hatte auch noch nie einen solche Gleiter benutzt. Schon der Start hatte ihn derart in den Sitz gepresst, dass ihm klar wurde, mit welcher Geschwindigkeit er erfolgt sein musste.

    Die Kabine war komfortabel genug, um ihm eine Liegeposition zu ermöglichen. Die Innenbeleuchtung wurde gedimmt, seine Beschützer machte es sich bequem und Stille kehrte ein. Das gleichmäßige Summen des Antriebs begleitete Elas in den Schlaf.


    Ein kaum wahrnehmbarer Ruck verriet, dass der Gleiter aufgesetzt hatte. Die Carbonfenster der Kabine waren eingedunkelt. Wahrscheinlich vermutete Eurosafe sogar hier in New York City einen Angriff auf ihn.

    „Man darf an Ihrem Auftreten nicht erkennen, dass Sie keiner von uns sind“, wurde ihm eingeschärft. „So bilden wir eine Einheit und ein eventueller Attentäter wird verwirrt. Er muss uns beobachten, um den Richtigen zu erwischen. Das kann uns wertvolle Zeit verschaffen.“

    Elas nickte. Er glaubte zwar nicht, dass die Vorsicht nötig war. Um herauszufinden, wohin sie geflogen waren, hätte jemand den Gleiter verfolgen und zeitgleich, wenn nicht vor ihnen landen müssen. Das hielt er für unmöglich. Aber die Männer in Schwarz ließen keine Zweifel zu. Erneut wurde er zum Letzten der Gruppe bestimmt, die anderen drei würden vor ihm gehen. Auf das Zeichen des Leaders liefen sie los. Sie passierten weder den Metalldetektor noch den Drogen- oder Sprengstoffscan. Unbehelligt und ohne Zwischenstopp erreichten sie den Ausgang des Transitbereiches. Hier blieben sie stehen.

    „An dieser Tür endet unsere Aufgabe“, meinte der Leader knapp und sah Elas eindringlich an. „Ich frage Sie zum letzten Mal: Sind Sie sicher, dass Sie allein zurechtkommen?“

    Elas nickte und hoffte, dass in dem Nicken mehr Überzeugung lag, als er fühlte.

    „In Ordnung.“ Der Beschützer nahm Elas den Impulsor-Gurt und das Gerät zur Signalabschirmung ab. Dann winkte er den Angestellten des Gleiterhafens herbei, der mit Elas‘ Gravikoffer in einigen Metern Entfernung wartete. „Hier sind Ihre Sachen. Ziehen Sie sich baldmöglichst um, diese Uniform dient nur Tarnzwecken und löst sich binnen einer Stunde vollständig auf.“

    Elas nickte erneut. „Ich danke Ihnen“, stieß er heiser hervor. „Ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar.“

    Der Blick der grauen Augen über der Maske blieb erstmals länger als eine Sekunde auf ihn gerichtet.

    „Passen Sie auf sich auf“, erwiderte der Mann leise, dann gab er den beiden anderen einen Wink und binnen Sekunden waren sie zwischen den Menschen in der Transithalle verschwunden.

    Elas atmete einmal tief durch. Jetzt begann es. Sein Leben allein. Und das Erste, was er tun würde, war, seine Verkleidung loszuwerden. Mit einem schmalen Lächeln auf den Lippen marschierte er los in Richtung der Nasszellen..


    „Wenn Sie der Maler sind, nicken Sie!“

    Die Männerstimme hinter ihm ließ ihn zusammenfahren. Er stand mit dem Rücken zur Tür und war eben fertig mit dem Umziehen. Die schwarze Uniform hatte er kurzerhand in den Müllschacht geworfen.

    Seine Hände, die gerade den Magnetverschluss der leichten Jacke schließen wollten, sanken herab. Bedrohlich hatte die Stimme nicht geklungen, aber aus irgendeinem Grund wagte er nicht, sich umzudrehen. Nur ein zaghaftes Nicken brachte er zustande. „Bin ich. Und wer sind Sie?“

    „Nennen Sie mich Kyle.“ Die Antwort kam nach kurzem Zögern, fast widerwillig.

    Erneut nickte Elas. Kyle Wahrscheinlich war das nicht der richtige Name des Ankömmlings. Die Stimme hatte jung geklungen.

    Er drehte sich um und versuchte mit einem kurzen Blick unter die Kapuze das Alter des Sprechers zu erkennen. Doch ein vor das Gesicht gebundenes Tuch ließ das nicht zu.

    „Ich soll Sie abholen. Kommen Sie mit.“

    Hier geht's weiter: Kapitel 62/3

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

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    Einmal editiert, zuletzt von Tariq (5. November 2024 um 16:19)

  • Zu 62/1:

    Hm, ja, gefaellt mir... Doch, das ist gut eingefangen wie er da die Veraenderungen in seinem Leben ueberdenkt.

    „Kyrios, das verstößt ...“

    War das nicht so dass es eine Affektiertheit von Mestor war, dass er sich 'Kyrios' nennen laesst? Wieso wird Elas jetzt so genannt? Oder stehe ich auf dem Schlauch?(

    Und nur Eurosafe hatte die Befugnis, den Aufenthaltsort von bestimmten Personen für längere Zeit zu verbergen.

    Hm, Wortklauberei, aber ich glaube nicht dass 'nur' Eurosafe so eine Befugnis hat - in USA zum Beispiel gibt es doch vermutlich auch irgend eine Organisation die eine aehnliche Funktion hat, und vermutlich gibt es auch irgendwelche geheimen staatlichen Organisationen die sowas machen koennen...

  • Vielen Dank, Thorsten , für deine Rückmeldung.

    Antwortbox

    War das nicht so dass es eine Affektiertheit von Mestor war, dass er sich 'Kyrios' nennen laesst? Wieso wird Elas jetzt so genannt? Oder stehe ich auf dem Schlauch ?(

    Ja, Mestor lässt sich im Ring mit Kyrios ansprechen. Eine Affektiertheit, stimmt, genauso wie er die Dienstränge der Emeraldgarde mit griechisch abgleiteten Namen bestückt hat (Axiom, Ypir). Im Kapitel 2 regt sich Etienne gedanklich schon darüber auf:

    Zitat

    Axiom, Ypir ... Verächtlich verzog Etienne die Lippen. Die Emerald-Garde bestand aus Angehörigen der Streitkräfte der Vereinigten Kontinente. Axiome waren schlichtweg Offiziere, Ypir-Gardisten Soldaten. Diese griechischen Bezeichnungen waren von Mestor Daktyl eingeführt worden. Der Herr des Rings – selbst ein Grieche – hatte sogar seiner eigenen Person eine griechische Bezeichnung gegeben. Es war eher ein Titel, denn er nannte sich Kyrios.

    Ähnliche Gedanken wälzt auch Ares in seinem Gespräch mit Frida im Kapitel 4, als er aus dem Konzert geholt wirde und bei seinem Vater zum Rapport antreten soll.

    Zitat

    Wie erwartet verengten sich ihre Augen, als sie ihn zornig anstarrte. „Ich habe den Kyrios über jeden einzelnen Vorfall informiert“, gab sie eisig zurück.
    Kyrios, dachte Ares verächtlich, das griechische Wort für Herr. So ließ sich sein Vater, der an seinen ethnischen Wurzeln eisern festhielt, anreden, wohl weil er den Ring erbaut hatte und der Eigentümer war.

    Eine weitere Stelle ist der Abend bei der Ausstellung in Athen. Ares wird von einem Hotelangestellten mit 'Kyrios' angesprochen:

    Dann spricht Ares auch Elas so an:

    Zitat

    Ares begann sich äußerst unbehaglich zu fühlen. Was hatte das zu bedeuten? Woher kannte der Maler seine Narbe!
    Er räusperte sich. „Eine gute Idee“, brachte er hervor. „Gehen Sie voraus, Kyrios.“
    Greco, der ihn noch immer anstarrte, als wäre er ein Geist, nickte langsam, bevor er sich umdrehte und zur Treppe ging.

    Ich schiebe es mal auf die relativ langen Abstände zu den Parts, in denen die Bedeutung des Wortes und die Verwendung erklärt wurden. Immerhin hab ich Kapitel 2 im Juli 2022 gepostet. :D
    Ich würde trotzdem gern wissen, ob du der Meinung bist, ich müsste das noch einmal auffrischen. Dass die Männer von Eurosafe Elas als Griechen in Griechenland mit 'Kyrios' ansprechen, hielt ich für selbstverständlich. Oder sollte ich eine andere Anrede wählen? Wenn ja - welche?

    Und da sind wir auch schon bei deinem zweiten Punkt:
    Ich verstehe vollkommen, was du meinst und ich gestehe, ich hab hier keinen Plan. Ich habe ja noch nicht einmal einen Namen für die (immerhin für die ganze Welt maßgebende) Institution, die den Chip eingeführt hat. Stattdessen versuch(t)e ich, alles, was mit Politik zu tun hat, sorgfältig zu umschiffen. Aber genau diese Institution, die die Chips eingeführt hat, sollte in meiner Vorstellung auch das Recht haben, ihn oder einzelne seiner Funktionen abzuschalten. Nun brauche ich bloß noch einen beeindruckenden Namen dafür. Irgendwelche Ideen ...? :huh:

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

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  • Dass die Männer von Eurosafe Elas als Griechen in Griechenland mit 'Kyrios' ansprechen, hielt ich für selbstverständlich.

    Um... macht man das auf Neugriechisch so? Ich hab' keine Ahnung, ein kurzer Blick auf die Beispiele einer Online-Referenz zum Begruessen und Veranschieden auf Neugriechisch hat es zumindest nicht drin... Ich hatte generell den Eindruck dass es heutzutage eher informell abgeht...

    Auf Altgriechisch ist das jedenfalls keine Anrede sondern wirklich die Bezeichnung fuer einen Herrscher ('Gott der Herr'). Also, versuchst Du hier 'Herr Greco' zu uebersetzen?

  • macht man das auf Neugriechisch so?

    Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung, aber ich hatte auch gar nicht vor, mich der exakten Wörter zu bedienen. Alle Wörter sind nur Anlehnung an Griechisch, egal ob Kyrios, Axiom, Onta, Othoni, Ypir. Und ich wollte bewusst eine Abhebung vom heutzutage normalen Griechisch, da wir uns ja hundert Jahre in der Zukunft befinden. Und ich wollte auch keine Unterschiede zwischen Alt- und Neugriechisch herausheben. Es sind ja nur einzelne Worte, die Mestor im Ring eingeführt hat.
    Wenn Mestor sich als Kyrios anreden lässt, hatte ich dabei schon im Hinterkopf, dass er das wie einen Titel handhabt. Also hier gerne - Herrscher. Oder Herr, wie Etienne es durch seine Gedanken dem Leser erklärt. Aber ich wollte auch, dass es die normale Anrede für männliche Griechen ist. Deshalb ja, "Herr Greco" wäre die Übersetzung.

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
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    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

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  • Wenn Mestor sich als Kyrios anreden lässt, hatte ich dabei schon im Hinterkopf, dass er das wie einen Titel handhabt. Also hier gerne - Herrscher. Oder Herr, wie Etienne es durch seine Gedanken dem Leser erklärt. Aber ich wollte auch, dass es die normale Anrede für männliche Griechen ist.

    Okay - diesen Punkt fand ich ohne den Hintergrund der Welt zu kennen einfach verwirrend. Woher soll der Leser wissen dass Du da als normale Anrede fuer maennliche Griechen verwendest, Mestor es ander anders verwendet? Was dann zu der interessanten Frage fuehrt - was spricht Elas eigentlich fuer eine Sprache? Wenn Mestor 'Kyrios' verwendet - sprechen die dann Englisch im Ring und es faellt deshalb auf? Redet Eurosafe auf der anderen Seite Griechisch mit Elas?

    (Bin vielleicht nur ich, ich hab' einfach ein feines Sensorium fuer Fremdsprachprobleme in Texten, es kann gut sein dass den meisten Lesern so was eher egal ist).

  • Wenn Mestor sich als Kyrios anreden lässt, hatte ich dabei schon im Hinterkopf, dass er das wie einen Titel handhabt. Also hier gerne - Herrscher. Oder Herr, wie Etienne es durch seine Gedanken dem Leser erklärt. Aber ich wollte auch, dass es die normale Anrede für männliche Griechen ist. Deshalb ja, "Herr Greco" wäre die Übersetzung.

    Ich wollte mich auch mal kurz in die Diskussion einmischen. Ich habe tatsächlich auch etwas gestutzt als Elas ebenfalls mit Kyrios angeredet wurde. Letztlich ist "Kyrios" ja im Ring eine ungewöhnliche Anrede mit einer speziellen Bedeutung. In Griechenland wo sie alle griechisch sprechen müsste also eigentlich die ganze Unterredung von Elas mit seinen Leuten auf Griechisch stehen. Nicht nur das "Kyrios". Wenn du die Unterredung übersetzt aber die Anrede auf griechisch stehenlässt stellt man den Zusammenhang zu dem Titel von Mestor her. Deswegen habe ich beim Lesen auch an der Stelle gestutzt und mich gefragt wie das gemeint ist. Ich hatte dann für mich den Schluss gezogen den du auch erklärst. Dass das in Griechenland wohl so üblich ist.

    Aber vielleicht würde ich es im Nachhinein dann doch nicht so machen. Denn dadurch fällt das Alleinstellungsmerkmal von Mestor weg. Man denkt dann nicht mehr: "Er will als etwas Besonderes gelten" bzw. "Will wie ein König angeredet werden" sondern dann könnte es auch sein "er will den griechischen Flair bewahren und so angeredet werden wie es in seiner alten Heimat üblich ist". Das wäre dann ein sentimentaler und damit sympathischer Grund und es wäre nicht mehr der despotisch-überhebliche Grund dafür.

    Meine Geschichten: * Meermädchen * Kriegerkönigin * Dark Prince

  • 62/2


    Sehr konspirativ und auch durchdacht wie sie ihn da als einen aus dem Team ausgeben. Auf der anderen Seite wirkt es ein bisschen wie eine Antiklimax wenn sie ihn dann komplett alleine lassen...

    Um herauszufinden, wohin sie geflogen waren, hätte jemand den Gleiter verfolgen und zeitgleich, wenn nicht vor ihnen landen müssen.

    Ich wuerde annehmen dass man auch in dieser Welt nicht einfach ohne einen Flugplan irgendwo hin fliegen und landen kann wo man mag (das Chaos und Unfaelle waeren vorprogrammiert) - insofern hat der Teamleiter da schon recht, der Moment wo sie den Gleiter verlassen ist wohl der gefaehrlichste weil sie da an einem Ort sind an dem durchaus eine Falle vorbereitet sein kann - immerhin gute 5 Stunden waeren Zeit die Anrufe zu machen und alles vorzubereiten...

  • Antwortbox

    Zuerst wie immer vielen Dank für eure Anmerkungen.
    Nach einigen Wochen, in denen beim Ring gar nichts ging, und nach ziemlich viel Kopfzerbrechen, wie ich eure Kyrios-Stolperstelle entschärfe, habe ich mich entschlossen, die Kyrios-Anrede der Eurosafe-Beschützer in Griechenland zu streichen. Damit fällt auch die Stelle mit der Schrecksekunde raus, in der Ares bei der Ausstellung in Athen von einem der Terastios-Angestellten mit 'Kyrios' angesprochen wird, obwohl die von euch nicht als verwirrend bezeichnet und von Thorsten sogar gelobt wurde. Ich bin nicht glücklich damit, aber ich habe jetzt 'Sir' als Anrede, denn 'HERR soundso' werde ich auf keinen Fall verwenden.
    Außerdem wurde von mir ziemlich früh im Manuskript jetzt noch eingefügt, dass im Ring Englisch gesprochen wird. Muss ja, bei dieser internationalen Besetzung mit Personal und Häftlingen. Irgendwie hatte ich vorausgesetzt, dass das die einzig mögliche Sprache dort sein kann. Hm, war wohl doch nicht so erkennbar.

    Thorsten , zum Thema Flugplan hab ich eine Erklärung in meinem Manuskript eingefügt. Kommt im nächsten Kapitel. Es gibt keinen Flugplan für Eurosafe. Auch ergänzt habe ich, dass Elas noch einmal klarstellt, nach der Landung auf den Schutz der adäquaten amerikanischen Organisation zu verzichten.

    Man merkt dem neuen Text vielleicht an, dass ich momentan wie mit angezogener Handbremse schreibe, aber ich will euch nicht länger warten lassen.

    Zum vorigen Teil: Kapitel 62/2

    Kapitel 62/3

    Der Mann drehte sich um, bevor Elas weitere Fragen stellen konnte. Zielstrebig marschierte er auf den Ausgang zu, an dem die Beschützer Elas vorhin verlassen hatten. Elas blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Sein Blick war auf den Rücken seines Führers gerichtet. Ein schmaler Rücken, schlaksige Glieder, aber eine federnde Kraft in den Schritten, die in den seinen fehlte. Definitv ein junger Mann.

    „Wohin gehen wir?“

    „Keine Namen, keine Orte. Ich bringe Sie nur zum Treffpunkt.“

    Elas schwieg. Die Zurückhaltung dieses Kyle war verständlich. Er war ein Fremder und er hatte Gefahr im Gepäck. Das Tempo, das sie an den Tag legten, ließ erkennen, dass Kyle das wusste. Trotzdem blieben sie unter Menschen. Kyle ging aufrecht und verriet durch seine Bewegungen nicht, dass sie mit einer Verfolgung rechneten.

    Sie liefen durch Straßen, Gassen, Höfe. Elas wurde klar, dass er den Rückweg allein nie finden würde. Längst war er außer Atem. So viel hatte er sich lange nicht bewegt. Noch dazu führte er den Gravikoffer mit sich. Auch wenn das Gepäck kein Gewicht bedeutete, so war es doch nicht einfach, sich damit durch die Menschen zu drängen. Sein ComPad zeigte kurz nach acht und im abendlichen New York waren noch viele unterwegs.

    Nach und nach lichteten sich die Passantenströme und er hatte Gelegenheit, sich umzusehen. Er war schon in New York City gewesen, aber nicht in solchen Gegenden. Mit der Anzahl der Menschen nahm auch die Sauberkeit der Gehwege und die Unversehrtheit der Häuser ab. Die hell strahlenden Werbetafeln an den Cloudscrapern machten billigen, oft defekten Leuchtreklamen Platz. Das Viertel, in dem sie jetzt unterwegs waren, gehörte zu den Gegenden, in die er sich nie freiwillig begeben würde. Abfall lag in den Rinnsteinen und auf den Gehwegen, Menschen lungerten herum, die ihn und – wie er vermutete – seinen Koffer interessiert musterten.

    Irgendwann kamen sie an eine der alten U-Bahn-Stationen. Ohne sein Tempo zu verlangsamen, marschierte Kyle zwischen den Säulen der Eingangshalle hindurch ins Innere. Unter den Schuhen knirschten herabgefallene Reste der ehemaligen Deckenverkleidung und auch hier lag überall Müll. Man hatte Kabel aus den Wänden gerissen, Rohre, anscheinend alles, was sich irgendwie zu Gold- oder wenigstens Kupfereinheiten machen ließ. Die Wände trugen verzerrte Schriftzüge, riesige, unleserliche Buchstaben in Farben, die früher einmal grell und bunt gewesen sein mussten. Es war duster hier drinnen und mit jedem Schritt, den sie zurücklegten, gewann die Dunkelheit, die vor ihnen lag und auf die Kyle zielstrebig zuhielt, fast physisch an Raum. Beklemmung legte sich auf Elas‘ Brust. Die Luft war verbraucht, roch nach Qualm, nach irgendetwas Süßlichem und nach Exkrementen. Angeekelt sah er sich um, bemerkte die Blicke von Männern und Frauen, die sich in die Ecken der Halle drückten und jeden, der vorbeiging, finster musterten. Etwas Bedrohliches ging von ihnen aus, doch niemand rührte sich oder sprach sie an.

    ‚Furcht‘, redete er sich ein, während er zu erkennen versuchte, wohin er seine Füße setzte. ‚Das ist ein Ausdruck ihrer Furcht. Sie halten mit diesem Blick andere fern. Sie schützen sich und wohl auch das, was sie besitzen, vielleicht sogar bei sich tragen.‘

    Kyle ignorierte die Lifte zu beiden Seiten der Halle und hatte bald die Abgänge zu den Gleisen erreicht. Die breite Rolltreppe, die er wählte, war stark beschädigt und hing teilweise bedenklich durch. die Handläufe, herausgerissen aus ihren Führungsschienen, hingen traurig herab und die transparenten Carboneinfassungen rechts und links der Stufen schienen stellenweise wie mit einem riesigen Hammer bearbeitet. Hatte sich hier jemand ausgetobt oder seine Wut ausgelassen? Oder war etwas anderes die Ursache für die Zerstörung gewesen?

    Während er sich hinter Kyle auf den seit Jahrzehnten stillstehenden Stufen vorsichtig nach unten tastete, ließ Elas seinen Blick erneut wandern. Der untere Teil der Station bot einen noch verwahrlosteren Anblick aus als der obere. Es war deutlich kühler und auch finsterer. Man sah kaum die Hand vor Augen. Einen kurzen Moment blickte er zurück, hinauf, dorthin, wo er den Fuß auf die erste Stufe gesetzt und damit das Licht hinter sich gelassen hatte. Jetzt sah er auch, dass die anderen vier Rolltreppen in einem derart desolaten Zustand waren, dass man sie nicht mehr benutzen konnte.

    Unvermittelt trat er ins Leere. Mit einem erschrockenen Ausruf griff er nach dem erstbesten Halt, der sich ihm bot und bekam einen der herabhängenden Handläufe zu fassen. Kyle war herumgefahren und sah zu, wie er sich ungeschickt wieder hochzog. Eine plötzliche Wut auf sich selbst schoss in Elas hoch. Verdammt, wie ungeschickt er sich anstellte! Was sollte der junge Mann denken? Dass er einen Tattergreis führte?

    Hastig befreite er seinen Fuß von einer Kabelschlinge, schenkte dem Loch, an dem sich früher eine Stufe befunden hatte, einen zornigen Blick.

    „Wir können weiter“, murmelte er.

    „Passen Sie auf, wo Sie hintreten“, ermahnte Kyle. „Wer sich hier unten verletzt, hat keine Hilfe zu erwarten.“

    Elas nickte. Er hatte den Ernst in den Worten gehört und sie bedurften keiner weiteren Erklärung. Mit dem ersten Schritt in diese U-Bahn-Station war er aus dem sozialen Umfeld, zu dem er bisher gehört hatte, herausgetreten. Ein Schritt in eine andere Welt, eine, in der sich wohl jeder selbst der Nächste war und in der man sich nicht um den Menschen neben sich scherte. Er begann sich zu fragen, worauf er sich hier eingelassen hatte. Ja, er war in Griechenland in Lebensgefahr gewesen, und ja, in diesem Hotelzimmer hätte er sich nicht ewig verkriechen können, aber es gegen das hier einzutauschen?

    Ares hat es für dich organisiert, versuchte eine Stimme in seinem Hinterkopf, ihn zu beruhigen. Vertrau ihm, es wird alles gutgehen. Das hier ist nur ungewohnt, fremd. Niemand bedroht dich. Folge einfach diesem Kyle und warte ab, was kommt.

    Dass Kyle ihn in eine Falle locken würde, hielt er für ausgeschlossen. Welchen Nutzen sollte das haben? Um ihm den Gravikoffer abzunehmen, hätte der junge Mann ihn nicht erst hier herunterbringen müssen. Das wäre ihm mit Sicherheit schon am Gleiterhafen problemlos möglich gewesen. Und Goldeinheiten trug heute niemand mehr bei sich. Sein ComPad würde nur auf seine Stimme reagieren. Ja, Kyle konnte ihn zwingen, einen Finanztransfer mündlich anzuweisen, doch auch das hätte er mit vorgehaltener Waffe oder mit zwei, drei Freunden als Verstärkung längst tun können. Nein, Kyle hatte ein Ziel. Jenen ominösen Treffpunkt. Und mit Sicherheit wartete dort die Person, von der Ares gesprochen hatte.

    In diesem Moment holte Kyle einen Leuchtstab aus seiner Jacke und schaltete ihn an. Das sanfte Licht ließ Elas unwillkürlich aufatmen. Ja, alles würde gut werden.

    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen
    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.
    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."

    Chad, der Holzfäller
    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"

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