Geschichte aus früheren Zeiten

Es gibt 12 Antworten in diesem Thema, welches 314 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Acala.

  • Hallo zusammen. Da ich zuvor ohne richtig auf die Regeln zu achten drauf los geschrieben habe, versuche ich es ein zweites Mal. Ich hoffe dieses Mal ist es besser als zuvor.


    Beim Durchblättern meiner alten Schulsachen habe ich eine High Fantasy Geschichte wiederentdeckt, die ich damals in einer Art Literaturkurs geschrieben hatte. Ich fand die Idee von damals gar nicht mal so übel und würde evtl. weiter daran arbeiten. Jedoch würde ich gerne erstmal Kritik dazu haben wollen. Inhaltlich wurde bis auf sehr wenige Kleinigkeiten wie z.B Rangbezeichnungen, nichts verändert. Beim Abtippen von den Blättern habe ich Grammatik-, Rechtschreib- und ein bis zwei Logikfehler behoben.


    Der Text besteht insgesamt aus knapp 7 Seiten. Um nicht wieder zu viel auf einmal zu schreiben, schicke ich zuerst die ersten zwei Seiten. Diesen Part kann man je nach Ansicht auch als Prolog bezeichnen. Ich habe den Text bewusst unter Textfragmente gepostet, da es sich noch nicht um eine Geschichte handelt die ich angefangen bzw. fortgeführt habe. Ich habe mich dann doch noch dazu entschieden, die Geschichte fortzuführen. Deswegen wurde der Text von Textfragementen hierher verschoben.


    Noch kleine Anmerkungen zur Welt und dem Aussehen der im Text vorkommenden Volkes bevor es losgeht:

    Ich habe vor Kurzem als ich den Text gefunden habe die Welt aus Notizen und Kritzeleien die an den Rändern der Blätter standen, auch abgetippt und etwas erweitert. Eine kleine Einsicht in die Welt:

    • Es lebt nur eine intelligente Rasse, genannt Amatak, auf der Welt
    • Sie können Magie nutzen (allerdings wird nicht jeder mit der magischen Gabe geboren)
    • Es gibt ein Kaiserreich welches über mehrere, jedoch nicht alle Provinzen/Länder regiert
    • Es gibt auch halbintelligente und primitive Rassen, die allerdings außerhalb der Grenzen der Welt leben und durch eine Grenze abgetrennt sind und regelmäßig Angriffe gegen die angrenzenden Länder durchführen
    • Es gibt verschiedene Religionen/Ansichten/Kulturen/Clans/Gilden


    Aussehen der Amatak (wird später relevanter):

    • Hautfarbe: Golden bis bräunliche und braune Farbtöne, manchmal auch grau in verschiedenen Stufen
    • An Weichstellen und im Gesicht hellere Hautfarbe des selben Farbtons
    • Leicht schuppige Körperhaut. An Weichstellen und Gesicht glatte/lederne Haut (ähnlich wie bei einer Echse)
    • Haarfarbe variabel
    • Augenfarbe variabel, i.d.R grünlich bis golden
    • Puppilen schlitzförmig oder seltener rund
    • Gesicht humanoid (kein Reptilienkopf)
    • Körperbau robust und eher lang
    • Spitze Finger (keine Krallen)

    So jetzt gehts aber los

                                                  

    1. Kapitel: Ein Tag voller Erinnerungen (Part 1)


    „Falazar … Falazar wach auf, du nichtsnutziger Trunkenbold!”, schimpfte eine weibliche Stimme. Sein Schädel fühlte sich an, als hätte ein Tavernenspieler seinen Kopf als Trommel benutzt. Seine Glieder und Muskeln waren steif wie ein Stock und sein Magen knurrte lauter als ein fauchender Tiger. „Hast du dich wieder bis in die Bewusstlosigkeit betrunken? Wie oft willst du das noch tun?”, fragte die Frau verächtlich. Scheinbar hatte er wieder eine Nacht voller Wein und Schnaps hinter sich. Es war schwer, die Augen zu öffnen und sein rechtes Auge pochte höllisch. Das Licht schien seine Augen regelrecht zu verbrennen. Wo war er nur gewesen? Wie viel hatte er wieder getrunken? Und wieso schmeckte er Blut? „Wer seid Ihr?”, fragte er mit knallroten Augen und versuchte aufzustehen, was ihn sehr viel Mühe kostete. Die Frau seufzte. „Irgendwann werde ich dich noch eigenhändig umbringen du Narr”, sagte sie genervt. Sie holte eine Ampulle mit einer roten Flüssigkeit aus ihrem Beutel und überreichte es Falazar. „Trink dies, dann weißt du wieder wer ich bin.”

    Er nahm die Ampulle und schnupperte misstrauisch daran. Die Flüssigkeit im Inneren roch … bitter? Oder säuerlich? Auf jeden Fall unappetitlich. Er zögerte. „Trink oder ich flöße es dir mit Gewalt ein, du Einfaltspinsel!”, drohte die Frau mit einer geballten Faust vor seiner Nase. In einem Zug spülte er die Flüssigkeit hinunter. Er keuchte auf und plötzlich erinnerte er sich wieder daran wer er war und was sich letzte Nacht abgespielt hatte.


    Er hieß Falazar. Falazar Maladet, Sohn des großen Magiers Ghaleat und der Meisterin der Diebesgilde in Ertea, Mardet. Letzte Nacht hatte er sich wieder in einer der Spelunken der Stadt eingefunden. Als vornehm gekleideter Bürger passte er zwar nicht dort hinein, allerdings bevorzugte er sie mehr als eine gute Taverne. Die ständigen Raufereien, die Karten- und Würfelspiele, aber vor allem die billigen Getränke, die mehr Spülwasser zu enthalten schienen als Wein oder Schnaps, versetzten ihn in eine gewisse Nostalgie. Ein Besuch in einer Spelunke erinnerte ihn immer an seine unbeschwerte Kindheit, in der er in den Sommermonaten mit seiner Mutter Mardet auf Reisen gewesen war.


    Damals hatte Mardet noch einen niederen Rang innerhalb der Diebesgilde von Ertea inne. Den Rang der Läuferin, um genau zu sein. Läufer erledigten einfache Aufgaben wie Botengänge oder kleinere Diebstähle für höherrangige Diebe. Als wären Botengänge und mickrige Diebstähle je eine Herausforderung für Mardet gewesen! Die lächerlich einfachen Aufträge waren stets so schnell erledigt, dass sie mehr als genug Zeit dafür fand, nebenbei ihr einziges Kind im Diebeshandwerk auszubilden.

    Mardet war an sich eine liebevolle, behutsame und nachsichtige Mutter. Jedoch streng, diszipliniert und geduldig, wenn es um das Beibringen des Diebeshandwerks ging. Nicht selten bestrafte sie Falzar, wenn er einen Fehler beim Lernen beging. Des Öfteren musste sie diese mit ihrer flinken und trügerischen Art ausbaden und Gegner ausschalten, die man hätte unbeschadet lassen können, um ihm aus der Patsche zu helfen.

    Auf diesen Reisen lernte Falazar viel über Taschendiebstahl, Schlösserknacken, Wortgewandtheit, Illusion und den Kampf mit dem Dolch. Aber auch über Loyalität, Logik und Ehre, obwohl das Letztere eigentlich ein Widerspruch zum Diebsein darstellte. Seine Mutter hatte jedoch ihre Prinzipien und Regeln: Sie beklaute niemals Arme oder Kranke, die wertvollen Gaben aus Gold und Silber in Tempeln und Wegeschreinen oder Mitglieder anderer Diebesgilden.

    Das Anwenden der Magie war auf diesen Reisen strikt verboten, denn Mardet hielt nicht viel davon. Magier bezeichnete sie stets als ‘tölpelhafte Schnösel’ und war der Meinung, dass Magie einen arrogant und besserwisserisch, aber vor allem verweichlicht und ungeschickt, werden ließ. Einen Gegner mit einem guten Dolch im Kampf oder einer gut durchdachten List ausschalten - das war Mardets Philosophie. Dennoch hatte sie ein gemeinsames Kind mit einem Magier gezeugt. Falazar fragte sich heute noch wie das überhaupt zustande gekommen war.

    Jahrzehntelang arbeitete sich Mardet zur Meisterin der Diebesgilde in Ertea hoch. Ein paar Jahre nach ihrer Ernennung zur Meisterin fiel sie einer Intrige zum Opfer. Sie wurde hinterhältig mit einer vergifteten Nadel getötet. Bis heute war unklar, wer der Mörder seiner Mutter war.


    Auch wenn Mardet stets gegen Magie und Magier war, musste sie dennoch gewähren, dass Falazar in den Wintermonaten bei seinem Vater Ghaleat über Magie lernte. Denn wer die magische Begabung hatte, musste die Grundlagen dieser erlernen, um sich und andere vor Verletzungen oder gar dem Tod durch falsche Anwendung zu schützen.

    Ghaleat, damals schon im mittelhohen Rang eines Pertis’ und Gründer der Magierschule von Thelaran, lehrte ihn alles über die theoretische und praktische Anwendung der Magie. Obwohl Falazar die Magie faszinierend fand, langweilte ihn die eintönige und langatmige Unterrichtsmethode seines Vaters. Im Gegensatz zu seiner Mutter war und ist sein Vater ein rationaler und humorloser Mann, der jedoch viel Wert auf Tugenden wie Anstand, Vernunft und Aufrichtigkeit legte. Falazar fand die Bezeichnung ‘tölpelhafter Schnösel’ auf seinen Vater nicht zutreffend. Naja, etwas schnöselig war er machmal schon, aber ein Tölpel war er definitiv nicht. Er war ein Mann von hoher Intelligenz, hohem Wissen und Willen, der den höchstmöglichen Rang der Magierwelt errungen hatte. Er war Magus Immanis und somit der Leiter seiner mittlerweile zur Akademie aufgestiegenen Magierschule. Diesen Titel verlieh ihm die Ordensakademie – eine Gemeinschaft der allerstärksten und weisesten Zauberer – für seine überragenden Errungenschaften und Dienste für die Magierwelt. Dafür bewunderte er seinen Vater trotz seines ‘steifen’ Charakters.


    Falazar hatte zwar nicht einen so hohen Rang wie Ghaleat erreicht – die Schuld dafür gab sein Vater seiner Mutter – jedoch im Rang eines Provectors, einem der niedrigeren Ränge eines Absolventen einer Magierakademie und dennoch erfahrener als die Besitzer des höchsten Ranges einer Magierschule. Es gab nicht viele Magier, die diesen Rang besaßen. Und noch seltener besaßen Magier die Ränge darüber. Des Weiteren war er ein ehrgeiziger, fleißiger und intelligenter Mann, der mit messerscharfer Logik kombinieren konnte.

    Deshalb war Falazar vom Großen Rat des Kaiserreichs damit beauftragt worden, das Verschwinden seines Volkes, der Amatak, zu erforschen. Zuvor scheiterten bereits andere Magier und Forscher, die das Verschwinden nicht erklären konnten. Obwohl der Rat auf seine Fähigkeiten und Talente setzte, wurde ihm schnell bewusst, dass diese in diesem Fall nicht viel helfen würden.

    Die Erfolge, die er bisher zu verzeichnen hatte, verdankte er eigentlich zum Großteil seinem Stiefbruder Garban. Garbandor, so wie er tatsächlich hieß, war ein höchst ambitionierter und enthusiastischer Forscher, der eigene Ermittlungen zum Verschwinden der Amatak betrieb. Falazar war der Meinung, dass der Große Rat eigentlich hätte ihn erwählen müssen. Allerdings fand dieser, dass Garban zu impulsiv und weltfremd sei. Tatsächlich stimmte das auch. Er brach des Öfteren in Wut aus, wenn ihm während seiner Forschungen etwas nicht gelang, und er lebte in seiner eigenen Welt. Garban hatte kein Interesse daran dem ‘Club der Narren’ als ‘Knecht’ zu dienen.

    Falazar war nun schon seit zwei Jahren an diesem Vorfall dran. War das Verschwinden seines Volkes etwa eine Krankheit? Eine Besessenheit? Oder etwas Übernatürliches? Vielleicht eine Art Bestrafung des Schöpfers? Aber wofür? Neben vielen anderen waren bereits mehrere von Falazar’s Freunden und einige Verwandte spurlos verschwunden. Wie viele Amatak ware bereits betroffen? Zehntausend? Fünfzigtausend? Oder vielleicht sogar hunderttausend?

    Dass er keine Antworten auf all diese Fragen hatte, zerbrach ihm den Kopf, zehrte zunehmend an seinem Ehrgeiz, ließ ihn festfahren und verzweifeln. Außerdem schien ihn der Wahnsinn langsam aber sicher zu ergreifen. Würde er wie seine Vorgänger auch im Wahn um sich wüten und alle mit sich in den Tod reißen, bevor er isoliert werden konnte? Nein, das würde er nicht! Nicht solange es Wein und Schnaps für Falazar Maladet gab, in denen er seinen verzweifelten Verstand bis zur Bewusstlosigkeit tränken könnte. Und wenn diese nicht mehr helfen sollten, dann würde er lieber sich selbst das Leben nehmen, anstatt Unschuldige zu töten.


    „Seldana? Wo…wo bin ich? Wie hast du mich gefunden?”, fragte er während er versuchte aufzustehen. Es kostete ihn sichtlich sehr viel Mühe.


    Ende Part 1

    2 Mal editiert, zuletzt von Tenger ()

  • Das gefällt mir gut, Tenger .


    "Er wird wiederkommen. Die Berge sind wie ein Virus. Man infiziert sich mit der Liebe zu ihnen

    und es gibt kein Gegenmittel. Sie führen in eine Sucht, man kommt nicht mehr von ihnen los.

    Je länger man sich woanders aufhält, desto größer wird das Verlangen, sie wiederzusehen."


    Chad, der Holzfäller

    aus "Der Wolf vom Elk Mountain"


    ___________________

    Einmal editiert, zuletzt von Tariq ()

  • Hi Tenger,

    kurze Frage: Was für eine Art von Feedback wünschst Du dir – nur inhaltliches oder auch formales? Mir ist beim Drüberlesen aufgefallen, dass sich ein paar Fehler bei der Setzung von Kommata eingeschlichen haben. Wenn Du möchtest, korrigiere ich Deinen Textauszug. Wollte vorher bloß nachfragen, ob Dir das recht ist :)

  • Hey Tenger,

    geht klar! Lust zum Korrigieren habe ich sowieso immer. Habe das Gefühl, ich lerne auch noch etwas, wenn ich in schwierigeren Fällen selbst mal nachschlagen muss ^^

    Zum Inhalt: Ganz wie Tariq habe ich auch kein Problem damit, sofort "mittendrin" zu sein: Hier und da eine Rückblende, dazu ein paar Hinweise über die Welt und ich bin bereit, in die Geschichte einzusteigen. Dabei muss ich nicht alles sofort verstehen – mir gefällt es, wenn es Puzzleteile gibt, die ich schon noch in meinem Oberstübchen selbst aneinanderfügen muss, um die Welt, über die ich lese, in ihrer Komplexität zu begreifen.

    Je nachdem, wen Du fragst oder wer sich hier noch meldet, wirst Du eventuell zu hören bekommen, dass du (in Teilen der Rückblende) zu telling statt showing und zu infodumping neigst. Eins vorweg: Mich stört es nicht.

    Die Frage ist, denke ich, wohin Du selbst stilistisch möchtest. Ich versuche einmal, es an einem Beispiel zu erklären:


    Damals hatte Mardet noch einen niederen Rang innerhalb der Diebesgilde von Ertea inne. Den Rang der Läuferin um genau zu sein. Läufer erledigten einfache Aufgaben wie Botengänge oder kleinere Diebstähle für Höherrangige Diebe. Allerdings hatte sie mehr Talent und war mit den niederen Aufgaben unterfordert, weswegen sie es sich nebenbei zur Aufgabe machte, ihr einziges Kind im Diebeshandwerk auszubilden.


    Hier erfahren wir, was es mit dem Rang des Läufers auf sich hat. Die mit der Position verbundenen Pflichten werden ziemlich sachlich abgearbeitet. Wenn Du mehr showing und weniger telling erreichen möchtest, könntest Du versuchen, den Erzähler ein wenig aus der Reserve zu locken – weniger sachlich, mehr subjektiv. Wie findet es der Erzähler, dass Mardet damals einen niedrigeren Rang hatte? Sie war unterfordert, also offensichtlich zu Höherem bestimmt. Das könnte man mit der Stimme des Erzählers deutlich machen und so das telling mindern:

    Damals hatte Mardet noch einen niederen Rang innerhalb der Diebesgilde von Ertea inne. Als wären Botengänge und mickrige Diebstähle je eine Herausforderung für Mardet gewesen! Die lächerlich einfachen Aufträge waren stets so schnell erledigt, dass sie mehr als genug Zeit dafür fand, nebenbei ihr einziges Kind im Diebeshandwerk auszubilden.

    Diese auf die Schnelle abgewandelte Version stellt dieselben Informationen bereit, bewertet sie aber. So wie ich es herauslese, hast Du einen personalen Erzähler mit sehr geringer Distanz zu Falazar gewählt – ein Erzähler also, der Falazar in den Kopf und über die Schulter schaut. Insofern würde es sich anbieten, Beschreibungen und Informationen so einzufärben, dass sie Rückschlüsse auf Falazars Sicht der Dinge preisgeben. Aber wie gesagt: Alles eine Frage des Geschmacks und der eigenen Wahl.

    Falls Du dahingehend mehr Informationen oder Tipps suchst, würde ich Dir das Büchlein Understanding Show, Don't Tell: And Really Getting It von Janice Hardy empfehlen. Sie hat auch einen Blog mit vielen hilfreichen Beiträgen, einsehbar hier: http://blog.janicehardy.com/

    Was deutsche Bücher oder Internetseiten zu der Thematik anbelangt, bin ich leider überfragt, sonst hätte ich dergleichen sofort empfohlen :(


    Zurück zu Falazar: Er scheint ein sehr schillernder Charakter mit einer Vielzahl interessanter Fähigkeiten zu sein. Dazu noch das Risiko, dem Wahnsinn zu erliegen? Eine explosive Mischung – spannend! Ich freue mich darauf, zu erfahren, wie es mit ihm weitergeht und welche Entdeckungen er noch machen wird.


    Nachfolgend findest Du die korrigierte Version. Hoffe, ich habe nichts übersehen. Eine kleine Übersicht:

    Rot = Verbesserungen
    Grün = Anmerkungen, Kommentare, Vorschläge
    Unterstreichung = kein Fehler, aber "Verschönerung" wäre möglich

    Ich habe versucht, nur minimal in den Text einzugreifen. Melde Dich bei Rückfragen gerne, falls meine Kommentare für Dich keinen Sinn machen.

  • Acala Wow! Da sind mir ja Fehler eingeschlichen, die ich überhaupt nicht bemerkt habe. Ich habe tatsächlich oft Wiederholungen verwendet. Danke dass du mir die Augen geöffnet hast 👍


    Der Aspekt mit dem showing und telling ist wirklich sehr interessant. Mir ist gar nicht in den Sinn gekommen, auch mal Sätze so zu schreiben. Kann man den beide Stile mischen oder sollte man sich für einen entscheiden? Bei der Sache mit dem Läufer frage ich mich auch, ob die Info zwingend in der Rückblende sein muss 🤔


    In den nächsten drei oder vier Parts (muss mal schauen wie ich den Rest aufteile), kommen noch zwei Rückblenden vor. Ich hoffe, dass das dann nicht zu viele Rückblenden sind. Deswegen heißt das Kapitel auch "Ein Tag voller Erinnerungen".

  • Hey Tenger,

    kein Problem, manchmal sehen vier Augen mehr als zwei :)

    Zu showing und telling: Ich bin da keine Expertin, versuche aber mal, das weiterzugeben, was ich bisher dazu gelernt habe.

    Es kommt hier ein bisschen auf die Situation an. Showing meint ja ganz salopp, dass du eine Situation dramatisierst, statt sie nur zu erzählen. Dabei muss man dem Leser nicht alles fein vorkauen, sondern kann ihn die Gefühle der Charaktere auch selbst interpretieren lassen.


    Blödes Beispiel:
    Telling: "Was du hier machst, ist telling!", rief Acala verärgert.
    Showing: "Was du hier machst, ist telling!", rief Acala und schlug mit der Faust so hart auf den Tisch, dass die Gläser darauf gefährlich ins Wanken gerieten.

    Im zweiten Beispiel kommen die Wörter "Ärger", "Wut" oder "Zorn" nicht vor, aber die Handlung "mit der Faust auf den Tisch schlagen" sollte klar machen, welche Emotion hier gemeint ist.

    Wenn man nun ein ganzes Buch lang nur showing betreibt, ist das natürlich auch nicht ideal. Das nimmt schnell enorme Ausmaße an und ist an einigen Stellen schlicht unnötig. Nehmen wir an, Dein Charakter muss kurz von A nach B reisen. Nehmen wir auch an, diese kleine Tour ist für die Handlung nicht weiter wichtig. In dem Fall reicht es, den Trip kurz mit telling darzulegen, z.B.: Acala ging von ihrem Arbeitszimmer in die Küche. Zack, fertig. Wenn in der Küche dann wieder etwas passiert, das handlungsrelevant ist, kann man erneut zum showing übergehen. Es bietet sich also durchaus an, beide Formen des Erzählens miteinander zu mischen.

    Das Schöne an showing ist – gerade für uns Fantasy-Schreiberlinge, denke ich –, dass man mit viel davonkommen kann :D Infodumps bzw. längere Passagen, in denen es ums worldbuilding geht, können Leser potentiell langweilen. Wenn man das nun aber mit einer Stimme verpackt, die sich Urteile über die Welt erlaubt, wird es interessanter.

    Blödes Beispiel:
    Infodump (telling): Acala hält vier Nymphensittiche und zwei Wellensittiche. Die Mischhaltung beider Arten kann problematisch sein, da Wellensittiche den Nymphensittichen auf die Nerven gehen können.
    Infodump (showing): Wie hieß es im Nymphensittich-Forum noch gleich? Ach ja – "Terrorherrschaft der Wellensittiche: Vorsicht geboten". Acala unterdrückte ein Schnauben. Terrorherrschaft? Von wegen! Da saßen sie, die beiden vermeintlichen Giftzwerge, und baten ihre vier größeren Verwandten mit gebührender Höflichkeit darum, am Futternapf ein wenig Platz zu machen: Ein sachter Stupser mit dem Schnabel gegen die Schulter. Gemecker oder Drohgebärden? Fehlanzeige!

    Ich habe eben noch in meinen Lesezeichen gestöbert und tatsächlich noch einen Beitrag auf deutsch gefunden, der das Ganze besser erklärt, als ich es jemals könnte: https://www.diebuchnachteule.de/2020/09/24/show-dont-tell/

  • So nach einer kurzen Pause geht es hier mit dem zweiten Part des 1. Kapitels weiter.


                                                                    

    1. Kapitel: Ein Tag voller Erinnerungen (Part 2)


    „Seldana? Wo … wo bin ich? Wie hast du mich gefunden?”, fragte er, während er versuchte, aufzustehen. Es kostete ihn sichtlich sehr viel Mühe. „Oh, ganz einfach. Ich war gerade auf dem Weg nach Thelaran, als Golmer mir erzählte, dass ein stinkender Lumpen von ‘nem Kerl hier in Halmstadt herumliegt”, antwortete sie sarkatisch mit einem Hauch von Ärger in der Stimme. Halmstadt war eine kleine Stadt, die ungefähr drei Kilometer vor Thelaran, der Hauptstadt Erteas lag.

    „Halmstadt? Wie bin ich denn hier gelandet?”, fragte er überrascht während er gekrümmt aufrecht zu stehen versuchte, sich dann aber auf ein umgekipptes Fass setzte. „Wie ich sehe, hast du eine nicht ganz so harmlose Nacht hinter dir”, stellte sie fest. „Wieso? Wie kommst du denn darauf?”, fragte Falazar unschuldig. „Na, weil dein Auge blau und deine Unterlippe wieder mal aufgeplatzt ist”, antwortete sie unbeeindruckt. Das war also der Grund für den Blutgeschmack im Mund. Seldana holte ihre Salbe aus ihrem Beutel und trug es ihm auf. Er hasste diese Salbe. Sie löste immer einen entsetzlichen Juckreiz aus. Noch mehr hasste er aber diesen Trank von eben. Den fürchterlichen Geschmack bekam er drei Tage nicht aus dem Mund.

    „Mit wem hast du dich diesmal angelegt”, fragte Seldana während sie die Salbe auftrug. „Nur eine kleine Rauferei mit Borg. Dieser Mistkerl hat mir vorgeworfen, dass ich beim Kartenspiel betrogen hätte. Und als wenn das nicht reichen würde, hat er sich auch noch über mein Aussehen lustig gemacht, obwohl ich ihn letztes Mal schon dafür verdroschen habe.” Borg war einer der Mitglieder der Diebesgilde in Ertea. Seit Kindertagen waren sie sich nicht grün. Seldana verschränkte die Arme unter der Brust und setzte eine ernste Miene auf. Sie schien durchschaut zu haben, dass das nicht die ganze Wahrheit war. Allerdings fing sie nun an zu kichern.

    „Ich warne dich”, sagte Falazar und erhob den Zeigefinger. Er wusste genau, dass er in seiner vornehmen Kleidung nichts in einer Spelunke zu suchen hatte, und dass das Gesindel dort, ihn deswegen aufziehen würde. Jedoch konnte er auch nicht wie ein Beutelschneider herumlaufen, da zum einen sein Vater wert darauf legte, dass er saubere und feine Kleidung trug, und zum anderen er für den Großen Rat arbeitete. Der Große Rat wusste zwar von seinen nächtlichen ‘Spaziergängen’, duldete dies jedoch, da er seit Längerem wieder der einzige war, der im Gegensatz zu seinen Vorgängern wertvolle Erfolge zu verzeichnen hatte. Seiner Meinung nach, verdiente er aber diese Wertschätzung nicht.

    Gerade als er an seinen Vater gedacht hatte, schaute er auf seine Kleidung hinab. Er sah ja schlimmer als ein zerlumpter Bettler aus. Sein dunkler Umhang lag verstaubt und zerknittert auf dem Boden. Der kostbare schwarze Seidenmantel wies an den Enden und Armen Schlitze auf und in der linken Hälfte seiner grünen Leinenhose war ein langer Riss. Vor allem fragte er sich, wo sein anderer Stiefel abgeblieben war. Wie er sich noch erinnerte, behielt Borg seinen teuren braunen Lederhut als ‘Entschädigung‘. Den müsste er sich demnächst von dem Dreckskerl zurückholen.

    „Jetzt bekomme ich aber Angst”, sagte Seldana ironisch und imitierte einen ängstlichen Gesichtsausdruck. Falazar schmunzelte leicht. „Wo bist du gewesen?”, fragte er, als er ächzend aufstand. „In Taramandor”, antwortete sie, während sie ihm hoch half. Taramandor war die prächtige Hauptstadt des Kaiserreichs. „Hast du deine Aufgabe endlich erledigt?”, fragte er. „So gut wie”, antwortete sie knapp. „Das ist jetzt aber nicht wichtig. Wichtiger ist, dass ich mich um diese Schnitte an deinen Armen kümmere. Wie zum Henker hast du dir die zugefügt?”, fragte sie verwundert, als sie seine Ärmel hochzog. Falazar blickte auf seine Arme und schien jetzt erst zu bemerken, dass er dort verletzt worden war, und die Wunden pochten. „Scheint eine etwas größere Sache gewesen zu sein als nur eine kleine Rauferei“, stellte Seldana stutzig fest und holte eine Tinktur und Tuchstreifen aus ihrem Beutel heraus. Sie schüttete ein wenig davon auf die Tücher und wickelte sie dann um seine Arme. Falazar stieß einen unterdrückten Schmerzlaut aus und biss sich auf die Zähne. Es brannte wie glühende Kohlen auf der Haut. Das Pochen wurde stärker.

    „So! Jetzt erzählst du mir genau, was gestern Abend geschehen ist”, forderte Seldana zu wissen, als sie den letzten Tuchstreifen verknotete. Jetzt bewahrheitete sich seine Vermutung, dass sie ihn durchschaut hatte. „Nichts Schlimmes“, log Falazar weiter. Er wusste, dass sie zornig werden würde, wenn sie die Wahrheit erfuhr. Seldana hob eine Augenbraue und stemmte ihre Arme an die Hüften. „Es ist unwichtig, Seldana. Wie gesagt, nur eine kleine Rauferei mit Borg. Nichts weiter“, versuchte er sie zu überzeugen. Sie ließ in ihrer Haltung nicht nach und blickte zudem auch noch stur drein. Falazar kannte diesen Blick. Es war vergeblich, jetzt noch weiter zu lügen. Er stieß ein Stöhnen aus und fing an zu erzählen.


    Als er gestern Abend gerade seinen zweiten Becher Wein trank, beobachtete er, wie Borg Limena, der neuen Schankmagd einen Klaps auf den Hintern gab. Sie war zwar nicht amüsiert, allerdings lächelte sie ihm zu, weil dies Zinkers ‘Vorschrift‘ war. Zinker war der schäbige wieselgeschichtige Wirt der Spelunke Des Kaisers Haus. Der Mann war nur auf Profit aus und das Leben und die Empfindungen anderer waren ihm vollkommen unwichtig. Sein eigenes Leben war ihm jedoch immens kostbar. Er hatte sogar einen Schutzvertrag mit der Diebesgilde, die sein Leben und seine als edle Taverne getarnte Spelunke beschützte. Viele ortsunkundige Reisende waren bereits in Zinkers Falle getappt, in der sie um ihre Geldbeutel erleichtert worden waren.

    Borg, der seine Gemahlin nicht mal von einer Ziege unterscheiden konnte, fasste Limenas Lächeln als Einladung auf und bedrängte das arme Mädchen auf unverhältnismäßige Weise. Falazar war dazwischen gegangen, was nach der besagten kleinen Rauferei damit endete, dass Borg mit dem Rücken auf den harten Holzboden aufschlug. Zinkers Schläger hatten sie danach auseinander gehalten und die um die beiden Störenfriede versammelte Menge aufgelöst. Normalerweise würde dies einen Rauswurf für beide zur Folge haben. Da Falazar jedoch dank seiner Mutter ein hohes Ansehen innerhalb der Diebesgilde besaß – obwohl er selbst kein Mitglied war – würde sein Rausschmiss unangenehme Fragen für Zinker bedeuten. Und da Zinker den Schutz der Gilde ersucht hatte, durfte er auch Borg nicht hinausschmeißen. Er war nunmal Mitglied – wenn auch ein Lausiger – und Gildenmitglieder durften nicht aus der Spelunke befördert werden. Es sei denn, es gab einen triftigen Grund.

    Später am Kartentisch war der Ziegensohn Borg ebenfalls ins Spiel eingestiegen. Paar Runden später, als Beschuldigungen über den Tisch flogen, dass Falazar betrügen würde, ließ er das Fass zum Überlaufen, als er über Mardet hergezogen war. Falazar hatte den Tisch umgeworfen und ihm mit einem Schlag ins Gesicht sofort die Nase gebrochen. Das laute Knacksen des Nasenbeins und der schmerzerfüllte Aufschrei Borgs hallten noch immer befriedigend in seinen Ohren.

    Danach war alles sehr schnell gegangen. Plötzlich umzingelten ihn sechs von Borgs Lakaien, die allesamt mit Dolchen ausgerüstet waren. Falazar hatte zweien blitzschnell in die Kehle geschlagen und sie getötet. Einem Dritten hatte er mit bloßer Hand die Schädeldecke zertrümmert. Als noch drei übriggeblieben waren, hatte er nur noch gespürt, wie ein dumpfer Schmerz seinen Kopf durchquerte und eine Flüssigkeit sich darüber ergoss. Borg, die Ratte hatte ihm eine volle Weinflasche auf dem Kopf zerschmettert. Falazar war zu Boden gefallen und hörte nur noch Borgs schelmisches Lachen und wie er davon faselte, was er mit Mardet machen würde, wenn sie noch leben würde. Grauenvolle und geschmackslose Aussagen. Danach war Falazar schwarz vor Augen geworden und er erinnerte sich nicht mehr an den Rest des Abends.


    Seldana war während der Erzählung rot angelaufen.

  • Hey Tenger,

    wie schön, dass es mit Deiner Geschichte weitergeht! Ich wollte eigentlich schon Montag etwas zu Deinem aktuellen Textauszug schreiben, habe es zeitlich aber nicht hinbekommen.

    So, dafür aber jetzt: Die Fortsetzung gefällt mir! Die Dynamik zwischen Falazar und Seldana ist sehr schön dargestellt. Seldana zieht Falazar auf, ja, aber das scheint eher neckischer oder freundschaftlicher Natur zu sein – ich bekomme den Eindruck, dass die beiden sich schon recht lange kennen und sehr genau wissen, wie der jeweils andere tickt.

    In der Rückblende wird mit Borg der erste Bösewicht und damit auch Konfliktpotential eingebaut. Dadurch, dass Falazar aus Furcht, Seldana könne zornig werden, zunächst nicht mit der Sprache über die Ereignisse in jener Nacht herausrückt, wird Spannung erzeugt. Was konkret macht Seldana zornig? An der Schlägerei alleine kann es nicht liegen, denn Falazar prügelt sich offenbar häufig. Liegt es an dem, was Borg über Mardet zu sagen hatte? Kannte Seldana Mardet? Wie passt sie in das große Ganze? Ich freue mich darauf, Antworten auf diese Fragen zu bekommen, wenn Du die nächsten Teile Deiner Geschichte ins Forum stellst!

    Zum Text selbst habe ich eine Reihe von Anmerkungen und Vorschlägen.

    Infodumps
    Was ich nun schreibe, ist sicherlich sehr subjektiv, aber ich merke es trotzdem mal an.

    Halmstadt war eine kleine Stadt, die ungefähr drei Kilometer vor Thelaran, der Hauptstadt Erteas lag.

    Taramandor war die prächtige Hauptstadt des Kaiserreichs.

    Diese beiden Sätze haben mich beim Lesen aus der unmittelbaren Handlung herausgeworfen. Sie wirken, als ob der Schreiber, also Du, hervortritt und dem Leser Zusatzinformationen zum worldbuilding an die Hand gibt (infodump). Blödes Beispiel: Das ist in etwa so, als säßest du im Kino, vollends auf einen Film konzentriert, und dein Sitznachbar tippt dir auf die Schulter und wispert: "Wusstest du, dass der Film in Neuseeland gedreht wurde?"

    Damit dieser Effekt nicht einsetzt und die Immersion des Lesers aufrechterhalten wird, müsste man diese Informationen so verpacken, dass die Autoren-Stimme wieder in den Hintergrund tritt. Am unkompliziertesten wäre es, wenn man stattdessen Falazars Stimme in den Vordergrund stellt.

    Diesen Auszug

    Halmstadt war eine kleine Stadt, die ungefähr drei Kilometer vor Thelaran, der Hauptstadt Erteas lag.

    „Halmstadt? Wie bin ich denn hier gelandet?”, fragte er überrascht [...]


    könnte man zum Beispiel folgendermaßen umformulieren:

    "Halmstadt?" Aber das Kaff war doch drei Kilometer von Thelaran entfernt! Was zum Henker trieb er so weit der Hauptstadt Erteas? "Wie bin ich hier bloß gelandet?", fragte er überrascht [...]

    Dieselben Informationen, aber verpackt in Falazars Wahrnehmung.

    Absatzstruktur
    Ich hatte Probleme damit, dem Dialog zwischen Falazar und Seldana zu folgen, weil die Redeanteile der Figuren nicht mit Absätzen voneinander getrennt sind. Ein paar zusätzliche Absätze würden dem Leser helfen, auf einen Blick zu entscheiden, wer gerade spricht. Man könnte nun einwenden: "Wieso? Da reden doch sowieso nur zwei Leute, also geht es immer hin und her, ganz einfach!" Jedoch ist es nicht so simpel, wenn man es etwas eingehender betrachtet. Ich schmiere mal in dem Auszug herum, um mein Problem deutlicher zu machen.

    „Halmstadt? Wie bin ich denn hier gelandet?”, fragte er überrascht [Alles klar, hier redet Falazar.] während er gekrümmt aufrecht zu stehen versuchte, sich dann aber auf ein umgekipptes Fass setzte. „Wie ich sehe, hast du eine nicht ganz so harmlose Nacht hinter dir”, stellte sie fest. [Dass hier Seldana spricht, erfahre ich implizit nur über den Inhalt des Gesprochenen und explizit über das Pronomen "sie" in der inquit-Formel. Rein vom Optischen her hätte es aber auch sein können, dass der Redeanteil noch zu Falazar gehört, denn auf seine Handlung (auf das Fass setzen) folgen ja erneute Anführungszeichen.] „Wieso? Wie kommst du denn darauf?”, fragte Falazar unschuldig. [Erneut verraten mir nur der Kontext und die inquit-Formel, wessen Redeanteil das ist.] „Na, weil dein Auge blau und deine Unterlippe wieder mal aufgeplatzt ist”, antwortete sie unbeeindruckt. [Hier genauso.]


    Es gibt für Romane gewisse "Regeln" für das Einfügen von Absätzen. Ich bin kürzlich in einem anderen Thread schon auf diese Thematik eingegangen, also kopiere ich das, was ich dort geschrieben habe, einmal hier rüber:

    Das Schöne an der Unterhaltungsliteratur ist in dieser Hinsicht, dass man nicht ganz an die starre Regel "Ein Gedanke, ein Absatz!" aus Essays gebunden ist. Stattdessen kann man die Absatzstruktur noch viel weiter ausdifferenzieren. Ich habe es so gelernt, dass man in der Belletristik Absätze einfügt, wenn:


    a) ein Sprecherwechsel stattfindet (inklusive nonverbaler Äußerungen),
    b) ein Wechsel der handelnden, denkenden oder reagierenden Figur stattfindet,
    c) einer Beschreibung eine weitere folgt, die sich aber auf andere Handlungselemente bezieht.


    Das macht es dem Leser einfacher, dem Geschehen zu folgen. Hier ein Link zu einem Artikel, wo das ganz gut erklärt ist: https://lektorat-infidia.blogs…2/absatze-in-romanen.html

    Wendet man diese Regeln an, ist für den Leser auf einen Blick klar, wer spricht. Das sähe bei dem Ausschnitt aus Deinem Text dann so aus:

    „Halmstadt? Wie bin ich denn hier gelandet?”, fragte er überrascht während er gekrümmt aufrecht zu stehen versuchte, sich dann aber auf ein umgekipptes Fass setzte.

    „Wie ich sehe, hast du eine nicht ganz so harmlose Nacht hinter dir”, stellte sie fest.

    „Wieso? Wie kommst du denn darauf?”, fragte Falazar unschuldig.

    „Na, weil dein Auge blau und deine Unterlippe wieder mal aufgeplatzt ist”, antwortete sie unbeeindruckt.

    In einem weiteren Schritt könntest Du die inquit-Formeln ('er sagte', 'er fragte', etc.) zurückschrauben, da durch die Absatzstruktur jetzt absolut deutlich ist, wer spricht. Alternativ könntest Du sie auch etwas variieren, indem du einige von ihnen der wörtlichen Rede vorausgehen lässt. Momentan sind die inquit-Formeln alle nachgestellt, was auf Dauer ein wenig eintönig wirkt.

    Diese kurzen Absätze sehen vielleicht erstmal etwas gewöhnungsbedürftig aus, aber es wird in Romanen tatsächlich so gehandhabt. Hier ein Beispiel aus Stephen Kings Pet Sematary (1983), S. 8 (keine Spoiler):


    Rückblenden
    Auch das ist wieder sehr subjektiv: Dein 1. Kapitel (Part 1 eingeschlossen) hat nun zwei Rückblenden (Falazars Vergangenheit & Kneipenschlägerei), die in sehr kurzen Abständen aufeinander folgen. Ich habe mich beim Lesen gefragt, ob man die Rückblende zur Spelunke nicht ein wenig anders gestalten könnte.

    Als er gestern Abend gerade seinen zweiten Becher Wein trank, beobachtete er, wie Borg Limena, der neuen Schankmagd einen Klaps auf den Hintern gab. [...] Danach war Falazar schwarz vor Augen geworden und er erinnerte sich nicht mehr an den Rest des Abends.

    So, wie sie nun ist, wirkt die Rückblende sehr distanziert: Erst geschah A, dann geschah B, usw. Klar, ist ja auch eine Rückblende. Aber: Falls Borg und Zinker für die weitere Handlung relevant sind, könnte es vielleicht einen Versuch wert sein, die Schlägerei zu vergegenwärtigen und die Szene dramatischer auszumalen, statt die Ereignisse nur erzählerisch "abzurattern". Ich sehe da Potential für eine verdammt gute Actionszene.


    Falls Borg, Zinker und die Schlägerei nicht für die weitere Handlung relevant sind, könnte die Rückblende gekürzt werden. Momentan habe ich den Eindruck, dass die Rückblende vor allem dazu dient, den Leser auf Seldanas Reaktion (Zorn) einzustimmen, obschon der Leser noch nicht weiß, welche Aspekte der Schlägerei diese Wut konkret zutage treten lassen. Wenn das tatsächlich so ist, könntest du Falazar mit Seldana einfach nur über ebendiesen Punkt sprechen lassen.

    Ausdruck
    Bei Lesen bin ich über ein paar Passagen gestolpert, die hinsichtlich des Ausdrucks verbessert werden könnten.

    Seldana holte ihre Salbe aus ihrem Beutel und trug es sie ihm auf.

    Ein paar Runden später, als Beschuldigungen über den Tisch flogen, dass Falazar betrügen würde, ließ brachte er das Fass zum Überlaufen, als er über Mardet hergezogen war.

    Falazar hatte zweien blitzschnell in gegen (?) die Kehle geschlagen und sie getötet.

    Hier bin ich unschlüssig, was die Präposition "in" angeht und mich würde sehr interessieren, was andere Foristen dazu denken. Was ich mir beim Lesen vorgestellt habe, ist, dass Falazar die Lakaien mit einem Schlag gegen den Kehlkopf tötet.

    'Jemandem einen Dolch in die Kehle rammen' – das klingt sprachlich in Ordnung. 'Jemandem einen Armbrustbolzen in die Kehle jagen' – hmm, eventuell noch akzeptabel. Ich würde in dem Fall aber eher 'Jemandem einen Armbrustbolzen durch den Hals jagen' schreiben. Aber 'Jemandem in die Kehle schlagen'? Geht das? Für mich liest sich das irgendwie nicht "rund".

    Als noch drei übriggeblieben waren, hatte er nur noch gespürt, wie ein dumpfer Schmerz seinen Kopf durchquerte und eine Flüssigkeit sich darüber ergoss.

    Mir ist 'durchqueren' hier ein bisschen zu schwach. Wir erfahren, dass dem guten Falazar soeben eine Weinflasche über den Kopf gezogen wurde! BAMM! Das ist kein Schmerz, der mal so vor sich hindümpelt. Vielleicht wäre 'durchschoss' eine Alternative?
    Verflucht, der Beitrag ist nun doch ziemlich lang geworden :panik:Hoffe, du kannst mit dem Feedback etwas anfangen. Wenn ich mich irgendwo blöd oder unsinnig ausgedrückt habe, lass es mich bitte wissen und ich werde versuchen, mich besser zu erklären.

  • Hallo Acala. Freut mich, dass der Inhalt dir bisher gefällt. Wieder einmal eine sehr schöne und ausführliche Kritik. Vielen Dank dafür 👍

  • Hey Tenger,

    Mein 15-jähriges Ich hat da wieder eine Rückblende geschrieben. Aber ich denke, dass das dann zu viel des Guten wäre. Oder was denkst du? Ich tendiere eher dazu, dass in einen Dialog zu erzählen.

    Ich finde die Idee super, das per Dialog abzuwickeln :thumbsup: So böte sich dir auch viel Spielraum, um die Charaktere weiter auszubauen – zum einen hinsichtlich ihrer gemeinsamen Vergangenheit, zum anderen aber auch hinsichtlich ihres (gegenwärtigen) Umgangs miteinander.


    Man muss ja auch nicht alles auf einmal erklären.

    Genau so ist es. Ich finde es selbst oft ziemlich schwierig, zu entscheiden, ob der Leser nun unbedingt eine bestimmte Information benötigt und falls ja, in welchem Umfang.

    Meine Methode, um von infodumps wegzukommen, ist inzwischen, mich so richtig in die Charaktere hineinzuversetzen, aus deren Perspektive die Geschichte geschrieben ist.

    Frei erfundenes und schnell zusammengeschustertes Beispiel:
    "Der Tod von Königin Ingeborg der Ewiggestrigen im Jahre 1256 hinterließ das Reich in Aufruhr, da sie keinen Thronerben hatte."
    Ist das ein Satz, den einer meiner Charaktere denken würde? Eher nicht; vielmehr komme ich da selbst zu Wort und erteile dem Leser eine kleine Lektion in Sachen Geschichte.

    "Und dann hat die alte Vettel von Königin den Löffel abgegeben. Das musste nun zehn Jahre her sein, vielleicht länger. Hatte bis zu ihrem Tod acht Ehemänner überlebt, aber es nicht zustandegebracht, auch nur eine Blage in die Welt zu setzen. Ein Thronstreit als Abschiedsgeschenk ans Reich. Schönen Dank auch, Königin Ingeborg."
    Das hingegen könnte schon eher die Gedankenwelt eines zynischen Protagonisten widerspiegeln.

    Diese Methode wende ich auf weite Teile meiner Texte an. Bei Beschreibungen von Landschaften oder Personen wirkt dieses Vorgehen ebenfalls Wunder. Ein Charakter mit einem militärischen Hintergrund nimmt die Welt sicherlich ganz anders war als ein verträumter Künstler. Was fällt dem Soldaten an einer Ruine auf? Könnten dort Feinde lauern? Ein Hinterhalt? Gibt es strategisch gute Positionen, von denen aus er etwas sehen kann, aber nicht unbedingt selbst gesehen wird – etwa hinter einem bröckligen Teil der Fassade? Der verträumte Künstler würde stattdessen vielleicht einen inneren Monolog über die Vergänglichkeit führen und über die einstige Glorie des Bauwerks nachdenken.

    Man soll einen Absatz machen, wenn ein neuer Gedanke beginnt.

    Grundsätzlich schon – etwa in Essays –, aber bei der Unterhaltungsliteratur ist es doch ein wenig anders ;) Hier muss man sich, glaube ich, auf eine alternative Definition von 'neuer Gedanke' einlassen, damit man die Regeln für das Einfügen von Absätzen ohne Weiteres verinnerlicht.

    Miserable Beispiele

    Spricht nun Figur B statt Figur A? Neuer Gedanke!
    'Bestes Sommerwetter', sagte Tom.
    'Ach ja? Die Bullenhitze kann mir gestohlen bleiben!', sagte Max.


    Handelt nun Figur B statt Figur A? Neuer Gedanke!
    Tom stand auf und machte sich auf den Weg zum Kühlschrank. Mit einem eiskalten Bier in der Hand würde sich Max' Laune sicherlich bessern. Tom riskierte einen Blick zurück auf die Veranda.
    Max raunte und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn.


    Bezieht sich eine Beschreibung nun auf Objekt B statt auf Objekt A? Neuer Gedanke!
    Es war ja wohl kaum so, als würde Tom bei der Hitze nicht schwitzen. Sein weißes T-Shirt klebte ihm förmlich am Rücken, seine braunen Haare an seiner Stirn.
    Warum musste Max bei den Temperaturen auch unbedingt ein schwarzes Polohemd tragen? Tom schüttelte kaum merklich den Kopf und kehrte mit dem eisgekühlten Bier zur Veranda zurück.


    Wirkt irgendein Ereignis B auf Handlung A ein? Neuer Gedanke!
    Tom reichte Max die Bierflasche und ließ sich auf einem der hölzernen Gartenstühle nieder. Er räkelte sich mit ausgestreckten Beinen und den Händen am Hinterkopf in der Sonne. So ließ es sich leben!
    Plötzlich läutete es an der Tür.

    Natürlich sind die Beispielabsätze oben sehr kurz, aber das muss in einem richtigen unterhaltungsliterarischen Text nicht so sein. Eine Beschreibung kann je nach Erfordernis durchaus viel mehr Sätze und damit auch mehr Platz in Anspruch nehmen; dasselbe gilt für komplexe Handlungen oder Redeanteile.

    Könnte man die Inquit Regeln "kreativ" durchgehend verwenden, ohne den Leser zu langweilen oder zu ermüden?

    Ja, kann man theoretisch – und zwar mit "blinden" Inquit-Formeln. "Blind" sind solche Inquit-Formeln, die wir quasi automatisch überlesen und die uns daher kaum ins Auge fallen: 'sagen' und 'fragen' sind die prominentesten Beispiele dafür. Wenn ich mich richtig erinnere, hat Suzanne Collins das in ihrer The Hunger Games-Reihe so gemacht. Wenn man nun aber "exotischere" Synonyme für 'sagen' und 'fragen' verwendet, geht dieser Effekt verloren und das Augenmerk wird wieder auf das entsprechende verbum dicendi gelenkt: 'krächzen' oder 'sich erkundigen' sind viel auffälliger und werden beim Lesen nicht so schnell übergangen.

    Ich würde die blinden Inquit-Formeln allerdings trotzdem mit Vor- oder Nachstellung sowie Einschub variieren. Blind hin oder her, es fällt auf, wenn vor jeder Äußerung 'Er sagte: [...]' und nach jeder Äußerung '[...], sagte er' steht.

    Genau. Quasi wie der "Todesschlag" im Kampfsport

    Okay, dann würde ich persönlich wirklich die Präposition 'gegen' anstelle von 'in' verwenden.

    Einmal editiert, zuletzt von Acala () aus folgendem Grund: Ausdruck