Wie teilt man dem Leser mit in welchem Jahr ein Buch spielt?

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 793 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (11. September 2024 um 23:09) ist von Feron.

  • Mal ne blöde Frage. Man sieht es ja schon am Titel. Mehrere meiner Beta-Leser haben angemerkt das sie das Jahr in dem mein Roman spielen soll nicht genau fest machen können (1901). Meine Annahme das es genügt, wenn der Klappentext das Datum nennt und der Rest des Buches dem einfach nicht widersprechen sollte, scheint falsch zu sein.

    Wie würdet ihr dem Leser diese Information übermitteln? Und wenn ich schon dabei bin, wie drückt man am elegantesten das Alter von Charakteren aus, ohne das es unorganisch rüber kommt?

  • Meine Annahme das es genügt, wenn der Klappentext das Datum nennt und der Rest des Buches dem einfach nicht widersprechen sollte, scheint falsch zu sein.

    Hmm. Ich hätte eigentlich auch gedacht, dass es nicht nötig ist ein Jahr zu nennen. Es ergibt sich ja meist aus der Geschichte. Bei dir könnte man anführen: die Jahrtausendwende war grade ein Jahr alt da…

    Bei Charakteren würde ich das Alter nur in Ausnahmefällen nennen, sondern indirekt eine Einordnung erlauben.

    Aussehen; graue Haare, Falten etc

    Beruf: Schüler, Student, Rentner etc

    Direkt (als Ausnahme): Trotz seiner 60 Jahre konnte es Franz mit viel jüngeren Sportlern aufnehmen.

    Direkt aber ohne Zahl: Die junge Frau, der Teenager etc

  • Sofern die Leser nicht das exakte Jahr wissen müssen, genügt vielleicht auch eine Randbemerkung über ein historisches Ereignis oder eine Neuerung?Weiss nicht was zu der Zeit aktuell war... Elektrisches Licht, Dampftraktoren, die Titanic, der dubiose neue Nachbar östlich von Frankreich?

  • Ich sehe es genauso wie Sensenbach und Jufington .

    Ich frage mich nun, inwieweit du es für wichtig ansiehst, dass es exakt im Jahr 1901 spielt. Es könnte ja auch grob um 1900 spielen, also 1890 oder 1905. :hmm:

    Es gibt auch Leute (ich zbs) die historisch vielleicht nicht so versiert sind und das Setting eher auf eine Epoche beziehen und weniger auf ein bestimmtes Jahr.

    Genauso empfinde ich das auch beim Alter einer Person. Wenn es vielleicht nicht ganz so relevant ist, wie alt eine Person nun exakt ist, umreiße ich das oft auch nur. Mittdreißiger, angehender Rentner etc.

  • Wie würdet ihr dem Leser diese Information übermitteln?

    Ich würde das irgendwie indirekt vermitteln, vielleicht mit einer kleinen Szene mit Verweis auf etwas, was in diesem Jahr (oder kurz vorher) passiert ist oder noch ansteht. Wikipedia ist da extrem hilfreich: 1901.

    Auf den ersten Blick fällt mir auf, dass in diesem Jahr zum ersten Mal Nobelpreise vergeben werden. Das könnte man als Zeitungsmeldung, die ein Charakter vorliest, mit einbauen.

    Je nachdem, wann genau im Jahr deine Geschichte spielt, könnte ein Charakter auch ein Datum auf einen Brief schreiben und ihm dabei der vermutlich häufige Fehler passieren, dass er noch 1900 denkt, zwei Nullen schreibt und sich darüber ärgert.

    Wichtig ist, dass sich die Handlung dabei irgendwie sinnvoll an den Rest deiner Geschichte anknüpfen lässt. Wenn die Geschichte also 1901 in einem kleinen, weltabgewandten Dörfchen einer fundamentalistisch-christlichen Gemeinde im Nirgendwo von Amerika spielt, wo es keine Zeitung gibt und es vielleicht auch egal ist, ob es 1901, 1912 oder 5661 (z.B. nach jüdischer Zeitrechnung) ist, dann passt das vielleicht nicht. Oder ganz besonders, wenn ein Zeitungsexemplar mit Datum eine Sensation ist, die den Plot der Geschichte los tritt.

    Weitere Gelegenheiten, bei denen man ein Datum anbringt und das jemand schreiben oder gravieren muss: Grabsteine/-kreuze, Karten zur Geburt von entfernt lebenden Verwandten, Gebäude (z.B. im Türstock oder im Giebel),...

    Ich könnte mir auch so etwas wie eine offizielle Ankündiung vorstellen. Ich bin wieder im militärischen Kontext und wieder auf dem Land in einem kleinen Dorf, wo vielleicht ein berittener Bote aus der Stadt ankommt und vor den versammelten Männer ab 18 Jahren "die Musterung des Jahres 1901" für den kommenden Samstag ankündigt etc pp. Die Schwierigkeit könnte hier sein, dass du einen Spagat in der Sprache zwischen der Imitation einer echten, offiziellen Ankündiung und der normalen Sprache deiner Charaktere hinbekommen musst, falls deine Charaktere eher so sprechen wie wir.

    Jubilarfeiern könnten auch funktionieren, z.B. mit christlichen Hintergrund wie Silberne Konfirmation / Firmung oder mit bildungsbezogenem Hintergrund wie Schulabschluss / Klassentreffen oder vielleicht auch mit militärischem Hintergrund wie die Entlassung aus der Reserve nach (müsste man jetzt googeln, aber mal als Beispiel) 25 Jahren. Bei diesen Gelegenheiten ließe sich auch das Alter der Charaktere ein bisschen mit einordnen oder sogar ohne es zu nennen trotzdem mitteilen: Mit 20 den Wehrdienst abgeschlossen, mit 45 aus der Reserve ausgeschieden. Das ließe sich auch gut zur Beschreibung des Settings verwenden, erfordert aber unter Umständen ein bisschen mehr Rechercheaufwand.

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Da es sich um eine historische Geschichte handelt, muss ich deinen Beta-Lesern schon recht geben. Da ist das Jahr doch ein elementares Element, ob die Geschichte korrekt dargestellt ist und ob die innere Logik stimmt.
    Leute, die historische Romane lesen, sind für gewöhnlich fit in dieser Thematik und interessieren sich dafür. Da reicht der Klappentext nicht. Obgleich es bequemer ist.

    Bei der verkauften Literatur in diesen Genre sehe ich da mehrere Wege.

    1) Das Jahr (oder das Datum) mit den Ort direkt am Anfang der Geschichte. Schlicht und einfach, ohne große Hervorhebung.

    2) Ein Deckblatt, auf dem das Jahr (oder das Datum) mitsamt einen zeitgenössischen Zitat steht.

    3) Relativ weit am Anfang eine Kurzzusammenfassung der aktuellsten Themen, wie als wenn jemand eine Zeitung zusammenfasst (oder du beschreibst gar direkt, wie einer deiner Charaktere die Zeitung liest und kommentiert).

    Selbstverständlich kannst du auch versuchen (wenn es für deine Geschichte nicht relevant ist) das Jahr zu umschiffen, indem du "Anfang des Jahrtausends" (oder so) schreibst. Aber da machst du dir fast mehr Mühe, als wenn du einfach nur das Jahr erwähnst. Außerdem ist es gerade bei 1900+ doch sehr extrem, da der Erste Weltkrieg vor der Tür stand. Da wird einer, der von Geschichte eine Ahnung hat, sehr genau die Worte auf die Goldwaage legen. Ebenso wie bei zum Beispiel einem Buch vom Sezzionskrieg in den USA. Die Vorgeschichte von Kriegen ist meist übermächtig und kann man nicht einfach wegwischen.

  • Ähnlich zu Schreibfeder s guten Vorschlägen fällt mir noch ein, dass ich auch an Kapitelanfängen durchaus Jahresangaben kenne. :hmm: Das würde vor allem dann Sinn ergeben, wenn deine Geschichte über mehrere Jahre spielt, ansonsten würde ich mich für eine Angabe im Fließtext entscheiden, bei der man entweder grob die Zeit einordnen kann oder es an konkreten Ereignissen (siehe Asni s Post) festmachen kann.

    Häupter auf meine Asche!

  • Zitat

    Sofern die Leser nicht das exakte Jahr wissen müssen, genügt vielleicht auch eine Randbemerkung über ein historisches Ereignis oder eine Neuerung?Weiss nicht was zu der Zeit aktuell war... Elektrisches Licht, Dampftraktoren, die Titanic, der dubiose neue Nachbar östlich von Frankreich?

    Zitat

    Ich frage mich nun, inwieweit du es für wichtig ansiehst, dass es exakt im Jahr 1901 spielt. Es könnte ja auch grob um 1900 spielen, also 1890 oder 1905.

    Es ist eigentlich nicht so wichtig. Ich habe das Jahr gewählt, weil mein Roman theoretisch „Altered-Reality“ ist und ich es geschmacklos gefunden hätte, wenn sich die interne Politik von Vampir-Clans auf reale Kriege auswirkt. Außerdem hätte ein verhältnismäßig kleines Liebes-Drama vor dem Hintergrund anders gewirkt als ich es wollte.

    Ich hatte die Idee, da es ja in Frankreich spielt vielleicht die Weltausstellung zu erwähnen aber dann muss ich mich drauf verlassen das die Mehrzahl der Leser damit was anfangen kann. Das es noch nicht überall elektrisches Licht gibt und die Automobilindustrie gerade erst im Aufschwung ist habe ich schon drin. Aber anscheinend ist bei manchen Lesern tatsächlich die Jahreszahl gewünscht.

  • Feron wenn du einen Bezug zur realen Welt baust, ist doch eine etwas häufigere Angabe der Jahreszahl kein Thema. ;)

    Deine Leser werden es zurecht fordern. Geschichten mit historischen Kontext müssen korrekt sein, ansonsten wird die interne Logik geradezu zerschossen. Auch wenn es sich um Vampir-Fantasy oder Romanzen handelt. Wenn es nicht gerade die Steinzeit ist, ist ein genaues Jahr schon ziemlich wichtig. Gerade wenn du wichtige Themen wie die Weltausstellung, elektrischen Licht oder Automobile erwähnst. Ich hatte häufig historische Romane in der Hand, bei denen selbst im Nachwort die Autoren dann genau dargestellt haben, an welche Quellen sie gezapft haben, welche Daten sie dann warum übernommen haben.
    Das Thema wird in der Literatur also sehr ernst genommen.

  • Ich hatte die Idee, da es ja in Frankreich spielt vielleicht die Weltausstellung zu erwähnen aber dann muss ich mich drauf verlassen das die Mehrzahl der Leser damit was anfangen kann. Das es noch nicht überall elektrisches Licht gibt und die Automobilindustrie gerade erst im Aufschwung ist habe ich schon drin. Aber anscheinend ist bei manchen Lesern tatsächlich die Jahreszahl gewünscht.

    Falls du dich auf die Vampire von Rankental beziehst sehe ich das Problem deiner Betaleser da nicht. Du erwähnst diverse Gegenstände die deutlich machen dass es kein Mittelalterroman ist sondern bereits in der frühen Neuzeit spielt. Reicht für mich vollkommen. Eine Jahreszahl in einer Welt mit Vampiren würde mich womöglich sogar eher irritieren.

    Meine Geschichten: * Meermädchen * Kriegerkönigin * Dark Prince

  • Deine Leser werden es zurecht fordern. Geschichten mit historischen Kontext müssen korrekt sein, ansonsten wird die interne Logik geradezu zerschossen. Auch wenn es sich um Vampir-Fantasy oder Romanzen handelt.

    Da sehe ich eigentlich eine kleine Einschränkung :hmm: Bzw. würde argumentieren, dass es drauf ankommt, ob die Geschichte, die wir kennen, Relevanz für Story hat. Ein abgelegenes Dorf oder Tal, in dem Themen des täglichen (Über-)Lebens das Geschehen dominieren oder das Übernatürliche wichtiger ist, könnten auch darauf verzichten, auf das einzugehen, was draußen in der Welt passiert. Meiner Einschätzung nach dürften das auch viele Leser so sehen.

    Ich denke da gerade an den Film "Das finstere Tal", das letztlich ein Westerndrama in den Alpen ist. Das funktioniert (zumindest für mich) sehr gut, obwohl "Western" und "in den Alpen" nicht zusammenzupassen scheint. Soweit ich mich erinnern kann, werden da auch keine Jahreszahlen genannt.

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Asni ich möchte jetzt keine Diskussion um des Kaisers Bart. :)

    Klar, irgendwo auf dem Dorf ist es ziemlich egal, ob 1901, 1902, 1903...aber auch nur bedingt. Ab 1914 wird selbst auf dem Dorf keine logische Schonung geben können.

    Außerdem verstehe ich das Problem nicht. Wenn man schon im Klappentext das Datum 1901 erwähnt, sollte es aus meiner Sicht auch kein Ding sein, das Jahr zum Beispiel auch als Überschrift zu nennen.

    Dies, so denke ich, ist das Minimum. Soll auch Leser geben, die nie den Klappentext lesen, weil sie sich nicht spoilern wollen.


    Achso..ja...ich kenne die Geschichte von Feron nicht. Ich muss meine Beiträge also allgemeinverbindlich formulieren. Die Frage ist ja auch hier allgemein formuliert.

  • Ja. Es ist Vampire von Rankental. (Sorry! Ich schäme mich das so lange kein update kam. Ich arbeite dran.)

    Ich will kein Extrem in beide Richtungen. Es soll geschichtlich überzeugend genug sein, um durchschnittliche Leser nicht vom Plot ab zu lenken, aber auch nicht so historisch akkurat das ich jetzt noch zwei Jahre Recherche einplanen muss. Ich denke einfach das diese Arbeit (in meinem Fall) ab einem gewissen Punkt sinkende Erträge bringt.

    Mein Problem ist halt das 1901 sehr spezifisch ist und das ich ja nicht nur das Richtige Jahr finden muss, sondern 1901 in Südfrankreich, ländlich und obere Mittelschicht. Und da werden die Quellen knapp.

    Ich danke euch allen für eure Hinweise. Ich setzte das ein oder andere im ersten Kapitel um, wenn ich das nächste Mal drüber gehe. Es hat mich wahrscheinlich für einen Moment nur mehr verunsichert als es sollte. Meine Beta Leser sind klasse, aber die müssen nicht immer Recht haben. Es ist allgemein ein gutes Gefühl von allen Seiten so viel Unterstützung zu bekommen. ^^