Eine kleine Vampirweihnachtsgeschichte aus Transsylvanien ( Kurzgeschichte)
An einem grauen Winternachmittag, leise rieselte der Schnee, mühten sich zwei Pferde mit einer Kutsche ab, die sie über eine schmale Strasse ziehen mussten. Welche durch einen düsteren Wald führte. Wo tiefe Schatten Schutz boten vor dem trüben Sonnenlicht.
"Die Tiere sind wieder mal die Vernünftigsten", ließ sich eine tiefe Stimme zwischen den Bäumen vernehmen. Sie schien zu einem älteren Mann zu gehören.
"Sieh nur, wie nervös ihre Ohren zucken. Wie angespannt sie wirken."
"Anders als diese Opfer in dem Gefährt", antwortete eine zweite, jünger wirkende Stimme.
"In der dunklen Jahreszeit durch diesen Wald mitten in Transsylvanien! Und dann so spät aufgebrochen. Wenn die vor Einbruch der Nacht in Sicherheit sein wollen, darf aber nichts mehr schief gehen."
Die erste Stimme ließ ein Kichern hören.
"Ein Radbruch zum Beispiel wäre ganz schlecht."
Die Pferde wieherten warnend. Sie ahnten wohl etwas. Doch der Kutscher ließ die Peitsche knallen. Widerwillig trabten sie weiter und dachten sich ihren Teil. Ein knirschendes Geräusch ertönte. Die Kutsche neigte sich zur Seite. Notgedrungen blieben die Zugtiere stehen.
"Radbruch", triumphierte die jüngere Stimme. "Das ist ja schon fast zu einfach."
Der Kutscher kletterte hinunter von seinem Hochsitz. Eine Kutschentür öffnete sich. Zwei edel gekleidete Frauen entstiegen dem Gefährt. Auf ihren Köpfen trugen sie rote Bommelmützen. Ganz in Weihnachtsstimmung, wie es schien.
"Nicht schlecht, nicht schlecht", meinte der Ältere.
Auf die Frauen folgte ein Mann in mittleren Jahren.
"Den kannst du haben", fügte er hinzu.
"Nicht zu fassen", erregte sich sein Gesprächspartner. "Siehst du irgendwo ein Kreuz oder wenigstens Knoblauch? Wie sorglos die Leute aus der Stadt heutzutage sind. Glauben die etwa, wir wären zahnlos geworden?"
"Man nennt sie Touristen", erläuterte der erste Sprecher. " Sinnlos durch die Gegend zu fahren ist ihre Sache. Etwas erleben, ein wenig Abenteuer und Grusel. Denken, ihnen könnte nichts passieren. Weihnachten in Transsylvanien. Der letzte Schrei!"
"Immerhin haben sie wenigstens ein Ersatzrad dabei", stellte der Jüngere anerkennend fest. "Anders als die von voriger Woche".
Der Kutscher machte sich an die Arbeit. In aller Ruhe. Der männliche Fahrgast dachte gar nicht daran, ihm zu helfen. Statt dessen holte er eine eigenartige Apparatur aus der Kabine. Auf einem Metallgestell war ein seltsames Ding befestigt. Der Mann ließ die beiden Frauen Aufstellung vor der Konstruktion nehmen und zog sich eine schwarze Kapuze über den Kopf. Es blitzte.
"Was beim Grafen war das", fragte der Ältere entgeistert.
"Ich glaube, sie nennen es Fotografie", lautete die Antwort. "Irgendwie entstehen so Bilder, ganz ohne Pinsel und Farbe. Sie wollen wohl ein Erinnerungsstück. Guckt mal, wir in Transsylvanien, mitten im Düsterwald!"
Plötzlich war Wolfsgeheul zu hören.
"Ah, unsere Kinder der Nacht", sagte die erste Stimme. "Welch schöne Musik sie machen".
Die Touristen zeigten keine Furcht. Neugierig näherten sie sich dem Waldrand, offenbar in der Hoffnung, endlich mal einen echten Wolf in freier Natur zu sehen.
"Jetzt laufen sie uns auch noch direkt in die Arme", freute sich der Jüngere.
"Warte", warnte der Andere. "Hör genau hin. Das sind Werwölfe!"
"Ach ja. Heute ist ja Vollmond. Mist. Das Abkommen sagt, die Strasse gehört dann ihnen. Wie konnten wir das nur übersehen!"
Der Kutscher hatte seine Arbeit beendet. Die Leute stiegen wieder ein.
"Jetzt wäre es dunkel genug", beschwerte sich der zweite Sprecher "Und wir müssen sie laufen lassen. Das war`s mit dem Weihnachtsmahl!"
"Wir haben ja noch ein paar von voriger Woche", tröstete ihn sein Kumpan.
"Trotzdem", beharrte er. "Reste saugen zu Weihnachten! Wozu habe ich denn unser Schloss so schön geschmückt? Eines sage ich dir. Das passiert uns nicht noch mal!