Hi Ich Hoffe euch gefällt meine Geschichte Ihr könnt gerne Kommentieren und mir schreiben.
Meine Geschichte heißt Ewige Nacht, Ewige Liebe
Klappentext : In den nebelverhangenen Wäldern von Amaranth, einem abgelegenen Ort voller Geheimnisse, begegnen sich zwei Seelen, die niemals zueinanderfinden dürften.
Angel, ein junger Vampir, trägt das Erbe der Unsterblichkeit und die Last seiner Herkunft. Aurora, eine sterbliche Frau mit einem Herzen voller Sehnsucht, ahnt nicht, dass ihr Schicksal längst mit der Dunkelheit verflochten ist.
Ihre Liebe ist verboten – und doch unausweichlich.
Doch die Schatten lauern näher, als sie glauben: Spike, Angels älterer Bruder, von Eifersucht und Gier zerfressen, will Aurora um jeden Preis für sich gewinnen. Was als Leidenschaft beginnt, wird zu einem gefährlichen Spiel aus Intrigen, Verrat und Blut.
Kann Liebe stärker sein als uralte Gesetze, tödliche Begierde und das Erbe der Nacht?
Ein Roman voller Leidenschaft, Verrat und der Frage, wie viel man bereit ist, für die Liebe zu opfern.
Prolog
Die Stille von Amaranth war trügerisch.
Zwischen den dunklen Silhouetten der alten Wälder schimmerte der Mond wie ein bleiches Auge, das jede Bewegung verfolgte. Der Wind strich durch die Zweige, als würde er Geheimnisse flüstern, die nur die Nacht verstehen konnte.
Angel stand am Rand der Klippen, den Blick auf das endlose Meer gerichtet. In seinen Augen brannte das Verlangen nach Freiheit – und nach etwas, das er nie haben durfte. Er spürte sie, lange bevor er sie sah: Auroras Herzschlag, sanft und regelmäßig, wie ein Lied, das ihn unwiderstehlich anzog.
„Du solltest nicht hier sein …“ murmelte er, mehr zu sich selbst als zu ihr.
Doch dann trat sie aus dem Schatten der Bäume. Ihre Augen, so lebendig und warm, trafen ihn wie ein Feuerstoß. In diesem Moment wusste Angel, dass es keinen Weg zurück gab.
Die Nacht hielt den Atem an, als ihre Welten aufeinanderprallten.
Und irgendwo im Dunkeln lächelte jemand kalt – Spike.
Denn jede Liebe fordert einen Preis.
Kapitel 1 – Nebel über Amaranth
Der Abend legte sich über die Wälder wie ein schweres, atmendes Tuch.
Dichter Nebel kroch aus den Schluchten, glitt über Felsen und Wurzeln, verschluckte Wege, bis selbst der Himmel wie ausgelöscht wirkte. Nur der blasse Schimmer des Mondes zog sich durch das Grau – wie eine Erinnerung an etwas längst Vergessenes.
Das Knarren der Kutschenräder hallte hohl zwischen den Bäumen wider. Das Schnauben der Pferde klang in der Dämmerung wie das Ächzen alter Seelen. Aurora zog ihren Umhang enger um die Schultern, doch die Kälte schien durch jeden Faden des Stoffes zu kriechen. Ihre Finger waren taub, die Haut darunter blass.
„Wie lange noch?“, flüsterte sie mehr zu sich selbst als zum Kutscher. Keine Antwort. Nur das gleichmäßige Klackern der Hufe.
Die Reise war endlos gewesen – über leere Dörfer, an stillen Flüssen vorbei, durch Landstriche, die aussahen, als hätte sie die Zeit vergessen. Und doch war sie gekommen. Zurückgekehrt, wie man ihr geschrieben hatte, nach Hause.
Ein Zuhause, das sie nie gesehen hatte, aber dessen Name ihr seit Kindertagen vertraut war:
Amaranth.
Schon als kleines Mädchen hatte Aurora ihrer Großmutter gelauscht, wenn diese am Kamin saß und von dem alten Haus sprach – von der Villa Valemont, die auf einer Anhöhe thronte, wo der Nebel nie wich. Von Gärten, in denen die Rosen auch im Winter blühten. Und von Dingen, die man besser nicht beim Namen nannte.
„In Amaranth schlafen die Alten nicht“, hatte ihre Großmutter immer gesagt.
„Sie wachen über uns – oder sie holen uns.“
Damals hatte Aurora gelacht. Jetzt, als die Kälte ihr bis in die Knochen drang, lachte sie nicht mehr.
Die Pferde hielten abrupt. Die Kutsche schwankte leicht, und Aurora stieß gegen die Wand. Der Kutscher, ein hagerer Mann mit wettergegerbtem Gesicht, drehte sich halb zu ihr um.
„Hier endet mein Weg, Fräulein“, sagte er rau. „Die Villa liegt weiter oben.“
Aurora runzelte die Stirn. „Ihr begleitet mich nicht?“
Er schüttelte den Kopf, als wäre die Frage töricht. „Nicht, wenn die Nacht hereinbricht. Geht – und vergeudet keine Zeit.“
Bevor sie etwas erwidern konnte, schnalzte er mit der Zunge. Die Pferde setzten sich in Bewegung, und die Kutsche verschwand im Nebel. Zurück blieb nur das leise Echo der Hufe.
Aurora stand allein auf dem Pfad. Der Wind trug den Geruch von feuchtem Moos, Erde und etwas Eisenhaltigem mit sich. Vielleicht war es nur Einbildung – oder eine Erinnerung an Blut.
Sie zog den Mantel enger und ging.
Der Weg zur Villa war steil und von Wurzeln durchzogen. Zweige streiften ihre Haut, und Dornen zerrten an ihrem Rock. Der Nebel war so dicht, dass sie kaum ihre Hand vor Augen sah. Doch irgendwo vor ihr glaubte sie ein Licht zu erkennen – schwach, flackernd, wie eine Laterne im Wind.
„Fast da …“, flüsterte sie. Ihre Stimme hallte seltsam hohl zwischen den Bäumen wider.
Dann – ein Geräusch.
Ein Knacken. Schritte.
Aurora blieb stehen. „Hallo?“
Keine Antwort. Nur der Nebel, der sich um sie legte wie kalter Atem.
Dann wieder: Schritte.
Langsam. Näher.
„Ist da jemand?“, rief sie mit belegter Stimme.
Nichts. Nur das Rascheln der Blätter – und das Herz, das in ihrer Brust hämmerte.
Sie zwang sich weiterzugehen. Schritt für Schritt, bis der Nebel sich lichtete. Vor ihr tauchte das Tor der Villa auf – hoch, schmiedeeisern, mit Ornamenten, die sich in der Dunkelheit wanden wie Dornenranken.
Aurora legte die Hand auf das kalte Metall. Kaum berührt, ertönte ein leises Klicken. Das Tor öffnete sich von selbst – langsam, mit einem metallischen Stöhnen, als sei es lange nicht mehr bewegt worden.
Der Garten dahinter lag in Dunkelheit. Die alten Bäume warfen verzerrte Schatten über den Weg. Das Gebäude selbst – eine Villa aus grauem Stein – ragte majestätisch und still über den Nebel hinaus. Die Fenster waren schwarz, wie verschlossene Augen.
Aurora atmete tief durch und stieg die Treppen hinauf. Als sie die Tür erreichte, fiel ihr Blick auf den Türklopfer – eine stilisierte Rose aus Eisen, deren Blätter scharf wirkten wie Klingen. Sie hob ihn und ließ ihn gegen das Holz schlagen.
Ein dumpfer Schlag hallte durch das Haus.
Dann – Stille.
Gerade, als sie sich abwenden wollte, öffnete sich die Tür mit einem leisen Knarren.
Im Licht einer Kerze stand eine Frau.
Ihr Haar war grau, streng zurückgebunden, die Haltung aufrecht, ihr Blick scharf wie Stahl.
„Fräulein Aurora?“
Aurora nickte überrascht. „Mrs. Davorah …?“
Ein kaum merkliches Lächeln glitt über das Gesicht der alten Frau. „So ist es. Ich habe auf Sie gewartet, Kind.“
„Sie waren schon bei meiner Großmutter, nicht wahr?“
„Mehr Jahre, als mir lieb sind“, antwortete Davorah trocken. „Gott habe ihre Seele selig.“
Aurora trat über die Schwelle, und die Tür fiel hinter ihr ins Schloss.
Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Das Haus roch nach altem Holz, Wachs und etwas Undefinierbarem – wie eingesperrter Zeit. An den Wänden hingen Porträts: ernste Gesichter, fast alle mit denselben blassen Augen.
„Ich habe das Haus für Ihre Ankunft vorbereitet“, sagte Mrs. Davorah und nahm eine Kerze vom Tisch. „Es ist groß, still, aber es lebt noch. So wie Amaranth selbst.“
„Ich … danke Ihnen.“
„Die Villa hat auf Sie gewartet, Fräulein“, fügte die alte Frau hinzu. „Sie gehört Ihnen jetzt. Und sie wird Sie erkennen.“
Aurora runzelte die Stirn. „Erkennen?“
„Jedes Haus kennt sein Blut“, sagte Davorah nur, und ihre Stimme senkte sich zu einem Flüstern.
Sie führte Aurora die Treppe hinauf, über knarrende Stufen, durch lange Flure mit schweren Vorhängen. „Ihre Großmutter hat die oberen Räume gemieden, seit Ihr Großvater starb“, erklärte sie. „Ich rate Ihnen, es ebenso zu halten – zumindest in der Nacht.“
„Warum?“
„Weil Amaranth bei Nacht anders ist.“
Aurora wollte etwas erwidern, doch da erreichten sie ihr Zimmer. Mrs. Davorah öffnete die Tür zu einem großen Raum. Ein Himmelbett, schwere Vorhänge, ein Kamin, in dem leise Feuer glomm.
„Hier schlafen Sie. Die Fenster bleiben nachts besser geschlossen. Und … wenn Sie etwas hören – ignorieren Sie es.“
Aurora stockte. „Etwas hören?“
„Das Haus lebt von Erinnerung, Kind. Und Erinnerung ist selten still.“
Sie stellte die Kerze ab und ging zur Tür. „Ich bin unten, falls Sie mich brauchen. Doch … rufen Sie nicht nach mir, wenn Sie flüstern hören.“
„Warum nicht?“
Mrs. Davorah lächelte dünn. „Weil es dann nicht mich ist, die antwortet.“
Bevor Aurora etwas sagen konnte, schloss sich die Tür hinter der alten Frau.
Sie blieb allein zurück.
Das Feuer knisterte leise. Schatten tanzten über die Wände, formten Gestalten, die sich zu bewegen schienen. Aurora trat ans Fenster. Der Nebel lag über dem Garten wie eine Decke aus Milch.
Etwas bewegte sich dort draußen. Eine Silhouette. Zu schnell, um sicher zu sein.
Ein Windstoß ließ die Kerze flackern. Dann – ein Flüstern.
Kaum hörbar, doch deutlich.
„Du bist endlich hier …“
Aurora fuhr herum.
Niemand da.
Das Feuer im Kamin erlosch, als hätte jemand die Luft abgeschnitten.
Und aus der Dunkelheit drang ein leises, unregelmäßiges Klopfen – von irgendwo aus dem Flur.
Klopf.
Klopf.
Aurora hielt den Atem an.
Dann Stille.
Langsam legte sie sich aufs Bett, die Decke bis ans Kinn gezogen. Der Wind drückte gegen die Fenster, und irgendwo im Haus schien etwas zu atmen.
Bevor sie die Augen schloss, flüsterte sie kaum hörbar:
„Großmutter … was hast du mir hinterlassen?“
Und tief in der Villa – ganz unten, dort, wo kein Licht mehr reichte – öffnete sich leise eine Tür.
Kapitel 2 – Das Flüstern der Mauern
Der Regen hat aufgehört, doch der Nebel bleibt.
Er hängt schwer über dem Garten, als wolle er die Villa in sich aufnehmen, um sie ganz zu verschlingen. Aurora steht am Fenster und sieht hinaus, die Hände an die kalte Scheibe gelegt. Ihr Atem zeichnet flüchtige Schleier auf das Glas, die sich sofort wieder auflösen.
Sie sollte schlafen, aber die Gedanken lassen sie nicht los.
Seit sie das Haus betreten hat, fühlt sie sich, als wäre sie beobachtet – nicht auf eine bedrohliche Weise, eher so, als würde jemand sie prüfen, sie still und aufmerksam mustern, ohne dass sie ihn sehen kann.
Der Wind pfeift über das Dach, und irgendwo schlägt eine Tür.
Mrs. Davorah hat gesagt, das Holz arbeite bei Feuchtigkeit. Aber Aurora weiß, dass es mehr ist. Häuser atmen nicht so. Häuser flüstern nicht.
Sie zieht den Vorhang zu, wendet sich vom Fenster ab und lässt den Blick durch das Zimmer schweifen. Es ist größer, als sie erwartet hat – hohe Decke, dunkle Holzbalken, ein Himmelbett mit schweren Vorhängen, die nach Lavendel und Staub riechen. Über dem Kamin hängt ein Gemälde ihrer Großmutter: dieselben Augen, dieselbe feine, stolze Haltung.
„Warum hast du mir nie erzählt, was hier wirklich war?“, flüstert Aurora.
Das Porträt antwortet nicht, aber die Schatten scheinen sich zu bewegen, als ob der Atem der Erinnerung selbst durch das Zimmer streicht.
Sie öffnet den kleinen Sekretär neben dem Bett. Darin liegt ein Brief, alt, die Tinte leicht verblasst.
Er trägt das Wappen der Familie Valemont – eine Rose, durchbohrt von einem Dorn. Aurora hat ihn auf dem Nachttisch gefunden, gleich nachdem sie ihre Reisetasche abgestellt hat.
Mit zitternden Fingern bricht sie das Siegel.
ZitatMeine liebste Aurora,
wenn du diese Zeilen liest, bin ich längst gegangen. Ich weiß, du wirst eines Tages hierher zurückkehren. Vielleicht aus Pflicht, vielleicht aus Sehnsucht. Was auch immer dich führt – folge deinem Herzen, aber vertraue nicht jedem Schatten. Dieses Haus trägt mehr Leben, als du glaubst. Und manche Seelen ruhen nie.
Bewahre den Schlüssel, der dir gegeben wird. Und wenn du den Gesang in der Nacht hörst – lauf nicht davon.
Deine Großmutter Eleanor.
Aurora legt den Brief behutsam zurück.
Ihr Herz schlägt schneller. „Der Gesang in der Nacht“ – was meint sie damit?
Sie setzt sich auf die Bettkante und lauscht. Das Haus ist still, und doch glaubt sie, Schritte zu hören – irgendwo unter ihr, vielleicht im Salon.
Dann erklingt es.
Ein Ton, so zart, dass er fast nicht real wirkt. Eine Melodie, die sich wie Nebel durch die Flure zieht. Ein Klavier.
Aurora hält den Atem an.
Die Noten sind traurig, alt, aber so voller Gefühl, dass sie ihr Herz zu zerreißen scheinen. Es ist, als würde jemand durch die Musik weinen, als wären all die Jahre des Schweigens plötzlich in Klang verwandelt.
Langsam steht sie auf. Ihr Blick gleitet zur Tür.
„Mrs. Davorah?“, ruft sie leise.
Keine Antwort.
Barfuß tritt sie auf den Flur hinaus. Die Dielen knarren unter ihren Schritten. Das Licht der Öllampen flackert, als sie sich dem Treppenhaus nähert. Der Klang des Klaviers wird deutlicher – aus der großen Halle unten.
Sie sollte nicht gehen.
Aber sie geht.
Ihre Hand gleitet über das Geländer, das vom Alter glattpoliert ist. Der Geruch von Wachs und altem Holz liegt in der Luft. Als sie den Fuß der Treppe erreicht, spürt sie plötzlich eine Bewegung – ein Lufthauch an ihrem Nacken, als würde jemand dicht hinter ihr stehen.
Sie dreht sich um.
Niemand.
Doch die Luft ist wärmer geworden. Sie riecht nach Eisen und Rosen.
Aurora folgt der Musik bis zur Tür des Salons. Sie steht einen Spalt offen, und das Licht von Kerzen tanzt über den Boden.
Sie schiebt die Tür weiter auf.
Das Klavier spielt weiter, doch der Raum ist leer.
Kerzen stehen auf dem Flügel, ihre Flammen flackern, als sie eintritt. Die Noten klingen noch, obwohl niemand auf den Tasten sitzt.
Langsam geht sie näher. Ihre Finger zittern, als sie die Hand über die glänzende Fläche legt.
In der Luft hängt Wärme – die Art von Wärme, die von einem Körper ausgeht, der gerade noch da war.
„Wer ist hier?“, flüstert sie.
Das Echo ihrer Stimme ist ihr einziger Begleiter.
Dann – ein Schatten im Spiegel über dem Kamin.
Groß, schlank, ein Schemen mit Augen, die wie Gold glühen.
Aurora wirbelt herum.
Der Raum ist leer.
Doch der Geruch von Rosen bleibt.
Etwas in ihr sagt, dass sie willkommen ist. Und zugleich, dass sie fliehen sollte.
Sie geht zurück auf den Flur. Die Musik ist verstummt. Nur das Ticken einer alten Standuhr hallt durch die Stille.
Mrs. Davorah steht plötzlich am Ende des Korridors, eine Kerze in der Hand.
„Fräulein Aurora“, sagt sie ruhig, aber ihre Stimme hat einen Unterton von Sorge. „Sie sollten nicht nachts durchs Haus gehen. Manche Türen bleiben besser geschlossen.“
Aurora will etwas erwidern, doch sie bringt kein Wort hervor.
Mrs. Davorah mustert sie, ihre Augen schmal. „Sie haben ihn gespürt, nicht wahr?“
„Wen?“
Die Haushälterin zögert, als wäge sie ab, wie viel sie sagen darf. „Dieses Haus ist alt. Es hat seine Hüter. Manche sind aus Fleisch und Blut, andere … aus Erinnerung.“
Sie dreht sich um und fügt hinzu: „Kommen Sie. Morgen ist früh genug, um Fragen zu stellen.“
Aurora folgt ihr widerwillig die Treppe hinauf. Hinter ihnen scheint das Haus wieder in Schweigen zu verfallen.
In ihrem Zimmer angekommen, stellt sie fest, dass die Kerze auf ihrem Nachttisch brennt – obwohl sie sie selbst nicht angezündet hat.
Daneben liegt eine einzelne, frische Rose. Dunkelrot.
Ein Tropfen Wasser – oder Blut – perlt von einem der Blütenblätter und färbt das Leinen.
Aurora schließt die Tür und lehnt sich dagegen. Ihr Herz klopft bis zum Hals.
Sie hebt die Rose an und riecht daran. Ein Hauch von Asche mischt sich in den Duft.
Im Spiegel hinter ihr bewegt sich etwas. Nur für einen Atemzug – eine goldene Reflexion, die wie ein Blick wirkt.
„Wer bist du?“, flüstert sie.
Der Spiegel bleibt still, doch irgendwo im Haus erklingt wieder der letzte Ton der Melodie – langgezogen, traurig und schön.
Aurora sinkt aufs Bett und spürt, wie ihre Lider schwer werden. Zwischen Schlaf und Wachen glaubt sie, eine Stimme zu hören, leise wie ein Kuss:
„Endlich bist du hier …“
Und der Nebel draußen scheint zu antworten.
Kapitel 3 – Die Begegnung im Nebel
Ein fahles Grau liegt über dem Morgen.
Der Nebel hat die Welt verschluckt. Selbst die Sonne scheint nur ein blasser Schimmer zu sein, der sich müde durch die Schleier kämpft. Aurora sitzt auf dem Rand des Bettes, die Rose in der Hand, die sie am Abend zuvor dort gefunden hat. Ihre Blütenblätter sind noch immer feucht, als hätten sie den Tau der Nacht in sich bewahrt.
Etwas an ihr fasziniert sie – und beunruhigt sie zugleich.
Kein Wasser, kein Duft von Erde haftet daran, nur dieser eigenartige Geruch nach Eisen und süßer Dunkelheit.
Ein Klopfen an der Tür lässt sie zusammenzucken.
Mrs. Davorah tritt ein, wie immer makellos gekleidet, das Haar zu einem festen Knoten gebunden. In ihren Händen hält sie ein Tablett mit Tee und Brot.
„Guten Morgen, Fräulein Aurora.“
„Morgen?“, wiederholt sie benommen. „Ich dachte … es wäre noch Nacht.“
„In Amaranth kann man das leicht verwechseln“, antwortet die alte Frau ruhig. „Hier bleibt der Morgen selten hell.“
Aurora lächelt schwach und schenkt sich Tee ein.
„Mrs. Davorah… die Musik letzte Nacht – wer hat gespielt?“
Die Haushälterin hält kurz inne, zu kurz, um unauffällig zu sein.
„Musik?“, fragt sie dann langsam. „Sie müssen geträumt haben.“
Aurora will widersprechen, aber der Ausdruck in Davorahs Augen lässt sie verstummen.
Da ist etwas, das die alte Frau nicht sagen will. Etwas, das sie schützt – oder fürchtet.
„Wenn Sie möchten“, sagt Mrs. Davorah nach einer Weile, „zeige ich Ihnen später den Garten. Ihre Großmutter hat dort viele Stunden verbracht. Vielleicht finden Sie dort ein wenig Frieden.“
Aurora nickt, doch ihr Blick fällt wieder auf die Rose.
„Und diese hier? Haben Sie sie mir gebracht?“
Mrs. Davorah folgt ihrem Blick. Für einen Augenblick verfinstert sich ihr Gesicht.
„Nein“, sagt sie knapp. „Aber wenn Sie klug sind, Fräulein Aurora, dann legen Sie sie fort.“
Sie nimmt das Tablett und verschwindet, bevor Aurora antworten kann.
Der Garten ist still, als Aurora später hinausgeht.
Der Nebel hängt noch immer zwischen den Bäumen, so dicht, dass jeder Schritt sie tiefer in ein Reich aus Schweigen führt. Feuchtigkeit legt sich auf ihre Haut, auf ihr Haar, und der Duft von Erde und feuchtem Laub erfüllt die Luft.
Die Villa hinter ihr verschwindet langsam aus dem Blickfeld.
Sie folgt einem schmalen Pfad, der zwischen Rosenhecken hindurchführt, deren Dornen sich wie kleine, schwarze Finger in den Nebel recken.
Und dann hört sie es wieder.
Kein Klavier diesmal – nur eine Stimme. Tief, klar und seltsam traurig. Sie scheint ihren Namen zu flüstern.
Aurora …
Sie bleibt stehen.
„Wer ist da?“
Keine Antwort – nur der Wind, der den Nebel bewegt.
Doch dann, als sie sich umdreht, steht er da.
Ein Mann, halb verborgen im Licht des Morgens. Hochgewachsen, mit dunklem Haar, das ihm leicht über die Stirn fällt. Sein Blick ist unergründlich – goldene Augen, die im Nebel zu glühen scheinen. Für einen Moment glaubt sie, den Atem zu verlieren.
Er sagt nichts.
Auch Aurora findet keine Worte.
„Sie … sind hier Fremde, nicht wahr?“ Seine Stimme ist leise, beinahe sanft, doch in ihr schwingt etwas, das sie nicht einordnen kann – eine Macht, ein Wissen, als hätte er schon Jahrhunderte gesehen.
Aurora nickt, unfähig, den Blick abzuwenden.
„Ich habe das Haus von meiner Großmutter geerbt“, sagt sie schließlich. „Ich wollte nur … es kennenlernen.“
Ein kaum merkliches Lächeln huscht über seine Lippen. „Dann hat das Schicksal Sie also hergeführt.“
Er tritt näher, so leise, dass seine Schritte kaum hörbar sind. Der Nebel scheint sich vor ihm zu teilen, als wolle er Platz machen.
Aurora spürt, wie ihr Herz schneller schlägt.
„Wer sind Sie?“
Er senkt leicht den Kopf, als wäre es eine Frage, die er schon oft gehört hat. „Ein Freund dieses Hauses“, antwortet er. „Man könnte sagen … ich gehöre zu seiner Geschichte.“
„Ein Freund?“ Sie lächelt unsicher. „Ich wusste nicht, dass es hier noch jemanden gibt. Mrs. Davorah hat nichts erwähnt.“
„Mrs. Davorah erwähnt nur, was sie für nötig hält.“
Seine Worte sind ruhig, aber da ist etwas Unausgesprochenes darin – eine Spur Bitterkeit, vielleicht auch Wehmut.
Aurora will noch etwas sagen, doch der Wind frischt auf. Ein paar welke Blätter wirbeln zwischen ihnen hindurch. Für einen Augenblick glaubt sie, dass sein Schatten sich nicht mitbewegt.
„Ich habe Sie letzte Nacht gehört“, sagt sie schließlich. „Sie haben Klavier gespielt.“
Er sieht sie lange an.
Dann nickt er langsam. „Ich spiele manchmal. Wenn die Nacht zu laut ist.“
„Ihre Musik … war wunderschön.“
Ein kaum wahrnehmbares Lächeln – aber in seinen Augen glimmt ein Schmerz, der tief geht. „Musik ist das Einzige, was nicht vergeht.“
Aurora senkt den Blick. Ihr Herz rast. Sie weiß nicht, warum, aber irgendetwas an ihm zieht sie an – eine Vertrautheit, die sie nicht erklären kann.
„Wie heißen Sie?“, fragt sie leise.
Er antwortet nach einem Moment.
„Angel.“
Der Name hängt in der Luft wie ein Versprechen.
Er passt zu ihm, denkt sie – etwas Reines und Dunkles zugleich.
„Ein schöner Name“, flüstert sie.
Er lächelt flüchtig. „Vielleicht. Aber kein harmloser.“
Dann tritt er einen Schritt zurück. „Sie sollten jetzt gehen. Der Nebel hält nicht jeden willkommen.“
„Und Sie?“
Er hält inne. „Ich bin der Nebel, Aurora.“
Bevor sie reagieren kann, löst er sich förmlich vor ihren Augen auf.
Der Wind hebt sich, die Rosen rascheln, und plötzlich steht sie allein zwischen den Hecken.
Aurora starrt in die Leere, ihr Atem geht schnell.
War er wirklich da?
Doch als sie zurück ins Haus geht, findet sie auf der Schwelle eine einzelne, dunkle Feder – schwarz wie Nacht, schimmernd wie Gold.
Sie hebt sie auf, und ihr wird klar, dass sie die Villa nie wieder als dasselbe sehen wird.
Denn der Schatten, der sie beobachtet hatte –
hat jetzt ein Gesicht.
Kapitel 4 – Schatten zwischen den Wänden
Die Stunden vergehen träge.
Aurora sitzt in der Bibliothek ihrer Großmutter, während draußen der Regen gegen die Scheiben schlägt. Der Duft von Staub, Leder und alten Seiten hängt in der Luft, schwer und vertraut zugleich. Auf dem Tisch liegt ein altes Tagebuch – das ihrer Großmutter.
Ihre Finger gleiten über den Einband, über die verblichenen goldenen Buchstaben: Elara Valemont.
Aurora zögert, dann schlägt sie es auf.
Die Schrift ist schwungvoll, altmodisch.
Zitat„Die Nächte werden länger, und die Schatten scheinen zu atmen. Ich höre wieder die Musik. Er spielt. Ich weiß, ich sollte mich fürchten – aber ich tue es nicht. Sein Lied ist wie ein Gebet aus einer anderen Zeit.“
Aurora liest die Zeilen mehrfach. Ihr Herz klopft schneller.
„Er spielt …“
Das kann kein Zufall sein.
Sie lehnt sich zurück, während das Feuer im Kamin schwach flackert. War Angel schon damals hier?
Die Vorstellung ist absurd – und doch fühlt sie sich richtig an.
Mrs. Davorahs Stimme reißt sie aus den Gedanken.
„Sie lesen Elaras Aufzeichnungen.“
Aurora hebt den Kopf. Die alte Frau steht in der Tür, das Gesicht unbewegt, die Hände gefaltet.
„Ich wollte nur verstehen …“, sagt Aurora. „Sie schreibt über jemanden, der Musik spielt. Über jemanden, der in der Nacht kommt.“
„Viele Nächte sind hier laut“, erwidert Davorah ruhig. „Ihre Großmutter hatte eine lebhafte Fantasie.“
„Aber sie klingt nicht wie jemand, der sich Dinge einbildet.“
„Manchmal ist Einbildung der einzige Schutz, den ein Mensch hat.“
Die alte Frau tritt näher, nimmt das Tagebuch und schlägt es zu.
„Elaras Zeit ist vorbei, Fräulein Aurora. Und Sie sollten nicht versuchen, sie zurückzuholen.“
Aurora blickt ihr nach, als sie geht.
Doch bevor Davorah die Tür schließt, fügt sie leise hinzu:
„Nicht alles, was schön klingt, ist harmlos.“
Später, als die Nacht wieder über Amaranth fällt, kann Aurora nicht schlafen.
Der Regen hat aufgehört, aber der Wind trägt das Flüstern der Bäume durchs Fenster.
Sie steht auf, zieht sich den Mantel über und nimmt die Kerze vom Nachttisch.
Der Flur liegt still da – zu still.
Ihr Herz schlägt in ihrem Hals, als sie die Treppe hinuntergeht. Das Licht der Kerze zittert.
In der großen Halle flackern die Schatten über die Wände, tanzen zwischen Porträts und Spiegeln.
Da – Musik.
Leise. Verloren. Ein Klavier, irgendwo tief im Haus.
Aurora folgt dem Klang.
Er führt sie zu einer Tür, die halb offensteht. Das Licht dahinter ist schwach, golden.
Sie tritt ein – und bleibt stehen.
Angel sitzt am Flügel, ganz in Schwarz, den Blick auf die Tasten gerichtet.
Seine Finger bewegen sich lautlos, fast schwebend.
Die Melodie ist traurig, aber von einer Schönheit, die ihr den Atem nimmt.
Aurora wagt kaum, sich zu rühren.
Sie beobachtet ihn, wie das Kerzenlicht über seine Haut gleitet, über die scharfen Konturen seines Gesichts. Er wirkt fast unwirklich – wie ein Traum aus der Dunkelheit selbst.
Dann hört er auf zu spielen.
„Ich wusste, dass Sie kommen würden“, sagt er leise, ohne sie anzusehen.
Aurora errötet. „Ich … wollte nicht stören.“
„Sie stören nicht.“
Er steht auf, dreht sich langsam zu ihr um. Seine Augen treffen ihre – und sie weiß, dass er sie spüren kann. Jede Unsicherheit, jeden Herzschlag.
„Sie haben Fragen“, sagt er.
„Zu viele“, flüstert sie. „Wer sind Sie wirklich?“
Er lächelt schwach. „Ein Teil dieses Hauses. Ein Teil der Nacht. Und vielleicht … ein Teil von Ihnen.“
Aurora weicht nicht zurück. „Ich habe Ihre Musik gehört, bevor ich wusste, dass Sie existieren.“
„Vielleicht haben Sie mich schon immer gehört.“
Er tritt näher. Der Raum scheint sich mit seiner Anwesenheit zu füllen, schwer, vibrierend, warm.
Aurora hebt den Blick, ihre Lippen teilen sich, doch bevor sie etwas sagen kann –
Ein Geräusch.
Ein leises Knacken, wie ein Schritt im Flur.
Angel verharrt. Seine Züge verhärten sich, seine Augen verdunkeln sich zu Bernstein.
„Sie sollten jetzt gehen“, sagt er tonlos. „Schnell.“
„Was ist los?“
„Nicht ich bin das, wovor Sie sich fürchten sollten.“
Aurora spürt die Kälte, die plötzlich in den Raum dringt – als hätte jemand ein Fenster geöffnet, obwohl alles geschlossen ist. Ein Hauch, so kalt, dass ihre Haut brennt.
„Gehen Sie, Aurora.“
Sie läuft den Gang hinauf, das Herz rast.
Hinter ihr hört sie Schritte – nicht seine. Schwerer. Langsamer.
Ein anderes Atmen.
Und eine Stimme, kaum hörbar, aber voller Versprechen und Gefahr.
„Sie riecht nach Licht.“
Aurora rennt die Treppe hinauf, schlägt die Tür zu und drückt sich mit dem Rücken dagegen.
Draußen herrscht Stille.
Nur der Wind, der den Regen trägt – und irgendwo, weit unten, wieder Musik.
Aber diesmal ist sie anders.
Dunkler.
Verführerischer.
Ein zweites Klavier antwortet auf das erste.
Zwei Melodien – hell und dunkel, ineinander verwoben.
Und Aurora spürt, ohne zu wissen warum:
Sie ist nicht nur zwischen zwei Welten gefangen.
Sondern zwischen zwei Brüdern.
Kapitel 5 – Spike tritt auf
Die Sonne war längst hinter den Bergen versunken, als Aurora sich wieder zum Anwesen aufmachte. Der Nebel hatte die Felder und Wälder in ein bleiches Grau getaucht, und jeder Schritt auf dem feuchten Boden schien die Stille nur zu verstärken.
Aurora dachte an Angel. Seit ihrer Begegnung im Wald konnte sie ihn nicht vergessen. Jedes Geräusch ließ sie aufhorchen, jeder Schatten ließ sie zusammenzucken. Sie wusste, dass sie sich ihm näherte – gefährlich nah – und doch fühlte sie sich unwiderstehlich zu ihm hingezogen.
Plötzlich hörte sie Schritte hinter sich. Schwer, selbstsicher, fast arrogant. Sie drehte sich um und erstarrte.
Ein Mann stand im Nebel, hochgewachsen, mit schwarzem Mantel, der bis zu seinen Stiefeln reichte. Sein Haar war dunkel wie Ebenholz, seine Augen blitzten kalt und durchdringend.
„Na, das ist ja eine hübsche Überraschung“, sagte er mit einem Lächeln, das charmant, aber gleichzeitig bedrohlich wirkte. „Aurora … nicht wahr?“
Aurora schluckte. „Wer … wer sind Sie?“
„Ich bin Spike“, erwiderte er knapp. „Ein Bruder von … Angel.“
Auroras Herz stolperte. „Angel hat einen Bruder?“
Spike trat näher, sein Blick schien alles zu durchbohren. „Ja. Und ich rate Euch, auf ihn Acht zu geben.“
„Warum?“ fragte Aurora, obwohl eine innere Stimme ihr sagte, dass sie sich vor ihm in Acht nehmen sollte.
Spike lächelte wieder, aber diesmal wirkte es wie ein Messer, das langsam in Fleisch geschnitten wurde. „Weil Liebe oft Schmerz bedeutet, Fräulein. Und weil ich das, was ich will, niemals kampflos aufgeben werde.“
Aurora wich einen Schritt zurück. Irgendetwas an ihm machte sie nervös – eine Mischung aus Faszination und Angst. „Sie … Sie machen mir Angst“, gestand sie leise.
„Das solltet Ihr fühlen“, sagte Spike leise, beinahe liebevoll, aber seine Augen verrieten etwas anderes: Eifersucht, Wut, Gier. „Ich habe lange gewartet, Aurora. Und ich werde nicht zulassen, dass ein anderer mein Recht stiehlt.“
Aurora spürte, wie die Luft um sie kälter wurde. Sie wollte fliehen, doch ihre Füße schienen festzuwachsen.
„Ihr solltet besser nach Hause gehen“, flüsterte Spike, und das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht. „Noch könnt Ihr wählen, wem Ihr folgt – dem Licht … oder der Dunkelheit.“
Bevor Aurora antworten konnte, wandte er sich um und verschwand im Nebel, so plötzlich, wie er erschienen war.
Aurora stand allein da, die Worte des Fremden hallten in ihrem Kopf nach. Sie wusste nicht genau, was sie mehr fürchtete: die Gefahr, die von Angel ausgehen konnte, oder die Dunkelheit, die Spike versprach.
Doch tief in ihrem Inneren wusste sie eines: Dies war der Beginn eines Spiels, das sie nicht gewinnen konnte – und das ihr Herz für immer verändern würde.