Ich hab mir heute endlich "A little hatred" von Joe Abercrombie vom Buchhändler meines Vertrauens abgeholt! Und ab sofort lese ich das natürlich... hoffentlich bin ich nicht morgen nach einer schlaflosen Nacht damit fertig
Mit einem Tag Verzögerung beim Start (vielleicht waren es auch zwei oder drei ) hab ich "A little hatred" jetzt bis auf das letzte Kapitel durch und darf sagen, dass ich es liebe! Die POV-Charaktere sind wieder wunderbar menschlich-komplex und sympathisch. Das ging mir bei Abercrombies anderen Büchern nicht so. Da gab es immer mindestens einen Charakter, den ich eher anstrengend fand. Hier möchte ich am liebsten zu jedem Charakter ein eigenes Buch lesen. Zum Glück kommen in der Trilogie ja noch zwei weitere Bücher
Zu den Charakteren: Es gibt einen jungen, aufstrebenden Helden, Leo dan Brock, "the Young Lion", der im Kampf gegen die Northmen unter Black Calder und Scale Ironhand (zwei alte Bekannte, wer "The Heroes" gelesen hat) sich natürlich einen Ruf, besser noch eine Legende erkämpfen möchte. Ruhm und Ehre und so... Das unterscheidet ihn auch überhaupt nicht von seinem Erzfeind auf der anderen Seite Black Calders Sohn Stour Nightfall aka The Great Wolf (allerdings / zum Glück kein POV-Charakter).
Ebenfalls ein POV-Charakter ist Orso dan Luthar, der Thronfolger, der noch nutzloser zu sein schein als sein Vater Jezal. Das Sympathische an ihm ist für mich, dass er überhaupt nicht königlich-abgehoben ist, sondern eher ein netter Typ, der irgendwie versucht, eine echte Bedeutung für sein Leben, eine wirkliche Aufgabe für sich zu finden.
Bull Broad dagegen versucht nur, jeglicher Gewalt aus dem Weg zu gehen. Der aus dem Kriegsdienst ausgeschiedene Veteran verliert seine Farm dank neuer Gesetze an seinen Grundherren und flieht mit seiner Frau und seiner Tochter in eine aufstrebende Industriestadt. Wer Abercrombie kennt, ahnt schon, dass nichts sich so hoffnungsvoll entwickelt, wie man eben gehofft hat... Broad ist für mich eine etwas tragische Gestalt, mit der ich gut mitfühlen kann.
Das waren die männlichen POV-Charaktere. Kommen wir zu den weiblichen, die tatsächlich alle irgendwie schlauer wirken als ihre männlichen Kollegen.
Savine dan Glokta... ja, der Name klingt schon wie ein Lied, das mit dem Versprechen auf Laszivität und Lust beginnt und mit unbeschreiblichen Horror im House of Questions endet. (Anmerkung: auch wenn letzter Satz ziemlich schwachsinnig ist, mir gefällt er so gut, dass er hier stehen bleibt). Savine ist Unternehmerin, Investorin und dezent kriminell. Sie nutzt alle Mittel, um zu gesellschaftlichem Ansehen, Macht und Reichtum zu kommen. Sie erinnert mich an eine bildhübsche, weibliche Version von Sand dan Glokta, der immer noch als Arch Lector im Hintergrund manche Fäden zieht. Gerade frage ich mich, was sie sympathisch macht... nun, würde ich sie in der echten Welt kennen lernen, fände ich sie vermutlich abstoßend karrieregeil, charakterlich langweilig aber trotzdem irgendwie aufregend attraktiv. Die Geschichte aus ihrer Sicht zu sehen allerdings, macht richtig Spaß, vielleicht auch, weil sie gegen Männer und Frauen triumphiert, die genauso handeln wie sie.
Das absolute Gegenteil zu Savine ist Rikke, die Tochter des Dogman. Sie wird von epileptischen Anfällen geplagt, was wohl mit ihrem Long Eye zusammenhängt, also der Fähigkeit, in die Zukunft zu blicken. Rikke ist bodenständig, offen, ehrlich... einfach ein netter, leicht verrückter Mensch. Dass sie auch mal auf Bayaz trifft, lässt hoffen, dass sie auch im nächsten Teil der Trilogie eine große Rolle spielen wird.
Vick dan Teufel klingt auch vom Namen her schon gut... wer The First Law gelesen hat erinnert sich vielleicht an Sepp dan Teufel, einen des Verrats beschuldigten und verurteilten Widersacher (oder zumindest Spielfigur) Gloktas... Vick ist seine Tochter, die nachdem sie Jahre in Straflagern in Angland überlebt hat, sich nun unter die sog. Breaker mischt. Die Breaker stehen der beginnenden Industrialisierung und ihrer sozialen Konsequenzen kritisch gegenüber und wollen eben mindestens für gerechte Löhne und anständige Arbeitsbedingungen kämpfen bzw. daher kommt auch ihr Name die Maschinen zerstören. Durch ihre Geschichte is Vick ein bisschen wie der alte Glokta, mental durch Folter etc. zerstört und ein bisschen unfähig, soziale Bindungen zu anderen Menschen einzugehen. Aber dennoch versucht sie es. Darüber hinaus macht sie noch einiges mehr, aber ich möchte nicht spoilern
So... jetzt hab ich doch mehr geschrieben als ich wollte, aber nicht zu allem, zu dem ich etwas schreiben wollte . Aber es hat einfach Spaß gemacht Kurzum: ein geniales Buch, das einfach Spaß macht zu lesen. Vorausgesetzt vielleicht, man mag die eher düsteren, zynischen, von intrigen geplagten Spielarten der Fantasy.