Was lest ihr gerade? (Fantasy)

Es gibt 863 Antworten in diesem Thema, welches 150.843 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (27. März 2024 um 10:05) ist von Thorsten.

  • Es ist nun über ein Jahr her, dass ich Die Blechtrommel gelesen habe. Nun wird es Zeit für:

    Katz und Maus von Günter Grass. Eine kleine Novelle von ca. 150 Seiten und Teil 2 der sogenannten Danziger Trilogie.

    Warum poste ich das unter Fantasy? Nun, wie ich später herausfand, ist Die Blechtrommel unter anderem ein Vertreter des sogenannten Magischen Realismus. Ist klar, oder? Einerseits sehr politisch und ein Bild seiner Zeit, andererseits mit fantastischen Elementen. Oskar Matzerath konnte mit seiner Trommel Informationen zutage trommeln, die er niemals hätte wissen können, außerdem konnte er Glas zersingen und sogar gravieren ... Es war also Fantasy. Es ist bloß fraglich, ob der Knirps, der ja einen Dachschaden hat, wie man aus zwei Kapiteln, in denen andere Personen für ihn schreiben, lernt, sich das nicht einfach ausgedacht hat.

    Katz und Maus spielt nun auch in Danzig. Und Oskar hatte sogar einen kleinen Cameo-Auftritt im ersten Kapitel. Ob das Buch nun auch fantastische Elemente haben wird, kann ich bisher nicht sagen.

    Was gleich auffällt, ist, dass Grass auch hier wieder kein einfaches Buch gemacht hat. War ja klar, die Blechtrommel kam zwei Jahre vorher raus, in der Zeit war er immer noch jung und wild. Mal sehen, ob mich dieses Buch auch für sich gewinnen kann, denn der Vorgänger hat mehr Seiten gebraucht als dieses hier hat, um mich für sich gewinnen zu können.

    Schwierig zu lesen wird es deshalb, weil Grass' damalige Motivation die Beschwörung seines geliebten, aber verlorenen, Danzigs war. Er füllt die Sätze mit vielen, vielen Details und Beschreibungen und treibt es damit einfach etwas zu weit. Das kann man sich eh nicht merken.

    Ich bleibe dran.

    Häupter auf meine Asche!

  • Ausgelesen:

    Die Knebel von Mavelon von Steffi von Wolff.

    Die hat ja schon einige immer lustige Romane unters lesende Volk gebracht und sich mit diesem mal in die Fantasy vorgewagt.

    Hätte sie besser gelassen. Zwar macht der Titel neugierig und auch der erste Satz bis zum Ende des ersten Absatzes macht Lust auf mehr:

    "Ich finde die Pest zum Kotzen."

    Danach geht's aber meiner Meinung nach immer mehr bergab:

    Protagonistin Lilian Knebel wohnt in der Gemarkung Mavelon (Nähe Marburg) und damit ist auch schon der Titel des Romans erklärt. Ihr Grundproblem: Obwohl selbst nicht rothaarig sondern blond (aber nicht dumm) fürchtet sie sich davor, als Hexe angeklagt zu werden, erfindet aber nach der letzten Hexenverbrennung zufällig die Pille - mehr Hexe geht eigentlich nicht in den Augen der katholischen Kirche dieser Tage.

    Zusammen mit einem Henker, der kein Blut sehen kann, einigen anderen verqueren Charakteren und einer Kuh, die sich nur dann als solche fühlt, wenn sie ein Hirschgeweih am Kopf tragen darf, zieht man gen Norden auf der Flucht vor einem rachsüchtigen Grafen, einem vom "Hexenhammer" verwirrten geistlichen Würdenträger und rachsüchtigen Ehemännern.

    Im Laufe der Queste wird der Leser dann mit einem Haufen historischer Persönlichkeiten konfrontiert, über die er in weiten Teilen mehr wissen muß als nur deren Namen, um die Gags zu verstehen, die eingestreut werden.

    Nebenbei wird immer wieder die Verteilung der Pille zwecks Verhütung eingebracht, leider nie konsequent genug, um den Roman zu dem zu machen, was wohl beabsichtigt war.


    Teilnehmer (historisch) sind u.a.: Martin Luther, Klaus Störtebeker, Paracelsus, Anne Boleyn, Heinrich VIII., Christoph Kolumbus, Michelangelo und Boticelli sowie Hildegard von Bingen.

    Ebenfalls an Bord: Robin Hood, Kapitän Ahab inkl. Moby Dick sowie der Rattenfänger von Hameln.

    Im großen und Ganzen ein tolles Szenario, sollte man meinen. Nur wurde ich beim Lesen die Idee nicht los, daß die Autorin mit einer guten Grundidee in's Rennen ging, dann aber irgendwo den Faden verlor und sich durch's einfügen aller vorgenannten Persönlichkeiten von Kapitel zu Kapitle gerettet hat.

    Was sehr schade ist.

    Weil es auf Seite 256 so wunderbar zu lesen ist:

    "Ich sage nichts dazu. Ich meine, was soll ich denn dazu sagen? Ich, Lilian Knebel aus Münzenberg in der Gemarkung Mavelon, bin auf einem Schiff, das einen Wal hinter sich herzieht, um mit dem König von England Grundsatzdiskussionen zu führen. Neben einem nörgelnden Einbeinigen sind Piraten an Bord, ehemalige Sklaven, die ständig singen, und ein junger Künstler, der sein Lebenswerk darin sieht, künstliche Penisse zu basteln. Wenn jetzt noch einer der Passagiere sich jetzt noch zu dem jungen Künstler hingezogen fühlt, ist doch alles wunderbar."

    Dem würde ich mich gerne anschliessen. Aber sowas kann man nicht mal eben auf knappen 300 Seiten abhandeln, wie es Steffi von Wolff tut.

    Daher hat sich mein Daumen nach dem Lesen auch nach unten geneigt.:(:(:(

    Ein guter Ansatz, aus dem mehr hätte werden können. Für Zwischendurch jedoch akzeptabel.

  • Während ich den Grass lese, schiebe ich mal etwas einfacher lesbare Lektüre dazwischen:

    Die Tausend Herbste des Jacob de Zoet von David Mitchell. Da hat es mich einfach gejuckt, das nochmal zu lesen. :D

    Jacob de Zoet kommt 1799 als Kaufmann und Sekretär des neuen Faktors von der niederländischen Handelsstation Dejima vor Nagasaki nach Japan, das damals hermetisch vom Ausland abgeriegelt war. Er will Geld verdienen und die Gunst des Vaters seiner Verlobten gewinnen, damit der ihm und seiner Anna seinen Segen gibt. Doch dann verliebt er sich in eine junge Japanerin und muss bald begreifen, dass Verrat und Intrigen eigentlich das Land regieren ...

    Es ist ein schöner Kontrast zu Grass, da Mitchell hier die Sprache wirklich auf das allernötigste reduziert, ohne an Poesie zu verlieren oder steif zu wirken. Das hab ich damals schon bewundert. Außerdem will ich ein Auge darauf haben, wie die Szenen und der Plot eigentlich genau aufgebaut sind, jetzt, wo ich den Inhalt ja kenne.

    Es ist über weite Strecken ein historischer Roman, aber auch Fantasy, was erst mit fortschreitender Geschichte klar wird.

    Häupter auf meine Asche!

  • Die Knebel von Mavelon

    Das wäre der perfekte Titel für eine Parodie auf "Die Nebel von Avalon"... aber in deiner Beschreibung erkenne ich irgendwie keine großen Parallelen. :hmm: Ich muss aber auch gestehen, dass ich die Nebel von Avalon das letzte Mal vor gefühlt 100 Jahren gelesen habe.... und ohne Übertreibung könnte es tatsächlich im letzten Jahrhundert gewesen sein :hmm:

    Ich lese gerade Metro 2034. Hab's von einem Kollegen ausgeliehen, der es als das schlechteste Buch in der Reihe und irgendwie doof angepriesen hat. Mir gefällt's bisher erstaunlich gut. Die Erzählperspektive ist insofern anders, als quasi das Spotlight von Charakter zu Charakter weiterwandert, ohne jemanden je doppelt zu treffen (zumindest bisher). Also fast so, als gäbe es keine wirkliche zentrale Figur. Bin mal gespannt, ob das so bleibt oder ob das nur am Anfang so ist.

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Heyho Asni

    Das wäre der perfekte Titel für eine Parodie auf "Die Nebel von Avalon"... aber in deiner Beschreibung erkenne ich irgendwie keine großen Parallelen.

    Das ist ja das Problem - es gibt keine. Der Titel wurde meiner Meinung nach konstruiert, um das Interesse potentieller Käufer zu wecken, was wohl auch geklappt hat.

    "Lilian Knebel aus der Gemarkung Mavelon (in der Nähe von Marburg)"

    hätte wahrscheinlich und zu Recht keine Sau in einer Buchhandlung interessiert...:D:D:D

  • ... und ich blieb dran.

    Das waren 150 Seiten und sie waren teilweise zermürbend schwergängig. Ich hab schon ältere Bucher gelesen, die leichter reingingen. Aber Grass war damals jung und wild und wollte alle Register ziehen, gerade weil seine Kollegen zu sehr nüchterner Sprache neigen. Das geht mMn nach hinten los, denn dass sich das so schwergängig liest, hilft einfach keinem. Dabei schließen sich Leichtigkeit und Poesie gar nicht aus.

    Genug zum Stil.

    Katz und Maus behandelt die Beziehung zwischen dem Erzähler Pilenz und seinem (vermeintlichen) Freund Mahlke. Pilenz ist nämlich ziemlich ambivalent Mahlke gegenüber. Einerseits bewundert er, und seine Freunde auch, Mahlkes sportliche Leistungen und seine Wagnisse, wodurch sie ihn der Große Mahlke nennen. Andererseits spielt er Mahlke böse Streiche (die Katze und Mahlkes großer Kehlkopf, den sie für eine Maus hält) und redet schlecht über ihn.

    Pilenz ist außerdem ein unzuverlässiger Erzähler und meint, sich manchmal nicht an Details erinnern zu können, besonders wenn es seine mögliche eigene Schuld betrifft, macht dann aber viele Seiten später direkte Aussagen. Er kann sich also erinnern, wollte sich vorher aber rausreden.

    Diese Natur dieses Verhältnisses wurde mir erst ganz am Ende des Novelle klar. Plötzlich sah ich, was das ganze Vorgeplänkel da aufgebaut hat. Am Beispiel von Pilenz und Mahlke, Katz und Maus, werden Fragen nach Schuld am Schicksal anderer, Anerkennung während des Krieges und irgendwie auch Freundschaft erforscht. Eigentlich hochinteressant und gut durchdacht. Wenn es nur nicht so widerborstig geschrieben wäre.

    Trotzdem fallen bei aller Kritik und bei allem Übermut des jungen Grass einige wirklich großartige Passagen mit ab. Das muss man ihm lassen, oft denkt man sich: „Gut gesagt!“

    Müsste ich das Buch bewerten, bekäme es 3,5 von 5 Sternen von mir.

    Empfehlung kann ich nur aussprechen, wenn man sich für solche Sachen interessiert, obwohl sie etwas zu artsy fartsy verschwurbelt sind. Denn ein Mehrwert steckt natürlich drin. Ansonsten hat die Blechtrommel doch deutlich mehr zu bieten.

    Und Fantasy oder magischer Realismus war es dieses Mal auch nicht. War also doch der falsche Thread hierfür. :whistling:

    Häupter auf meine Asche!

  • kalkwiese

    Wir hatten 'Katz und Maus' als Schullektuere, daher musste ich in den ganzen Komplex 'was will uns der Autor damit sagen' und 'ist Mahlke's Schraubenzieher ein Symbol fuer den Nationalsozialismus' tiefer eintauchen.

    Ich denke ich teile im Wesentlichen Dein Fazit - mir war das zu schwurbelig, die Fragen die abgehandelt werden sind zweifellos interessant und relevant, aber die Art wie...

  • Der Schraubenzieher? Das halte ich für Quatsch. :rofl: Der Punkt ist mMn gerade, dass die Kinder am Anfang einfach Kinder sind, die Dinge tun, die Kinder eben tun. Und Mahlke wollte dazugehören und anerkannt werden, darum lernte er Schwimmen und hat sich immer beweisen wollen. Der Schraubenzieher sollte einfach von seinem Kehlkopf ablenken, so wie die Puschel und das Rotterkreuz. Letzteres gab's bei der Wehrmacht. Beide erfüllen einen gleichen Zweck, haben letztlich aber wenig genutzt. Das war es irgendwie schon mit den Parallelen. :hmm: Für ein Symbol des Nationalsozialismus muss man da um zu viele Ecken denken mMn.

    Eine entkrampfte Version der Novelle könnte echt toll sein. Hätte der Günter den Text mal hier im Forum hochgeladen! :D

    Häupter auf meine Asche!

  • Der Schraubenzieher? Das halte ich für Quatsch.

    So ganz abwegig ist es nicht - so ein Stahlding trifft ja irgendwie die Aesthetik der Nazis ('hart wie Kruppstahl'), und hat die Verbindung zur Industrie ('was zusammenschrauben') - z.B. Tolkien sieht die Nazis ja als die 'industriellen, kulturlosen Barbaren' (Saruman und seine industrielle Schmiede in Isengart ist sein Nazi), das Bild ist schon weiter verbreitet - die Dinge die Mahlke tut und hat um von seinem Adamsapfel abzulenken sind ja schon die zentrale Symbolik des Buches - Nazi-Ideologie als Schild um von persoenlichen Defiziten abzulenken.

  • Kaze no tani no Nausicaa (Nausicaa aus dem Tal der Winde) von Hayao Miyazaki

    Der Anime ist glaube ich bekannter, aber das ganze gibt's auch als mehrbaendige Manga-Geschichte - was soll ich sagen? Meiner Meinung nach das beste was es an Graphic Novel so gibt.

    Die Bilder sind - eines wie das andere - wunderschoen fein und detailliert (in einem Sepiaton) gehalten. Die Geschichte ist... beruehrend. Episch. Toll. Gleichzeitig todtraurig und doch von einem wunderbaren Optimismus durchdrungen.

    Etwas ist mit der alten, technologischen Welt passiert - in 7 Tagen ist sie zu Grunde gegangen, und jetzt sind grosse Teile davon vom Fukai bedeckt, einem Wald aus Pilzen in dem nur Insekten leben, denn die Pilze stossen giftige Sporen aus und ohne Schutzkleidung kann dort niemand ueberleben. Die Menschheit lebt an den Raendern dieses Gebiets, verteilt auf kleine Grenzenklaven wie dem Tal der Winde und groesseren Nationen, teilweise noch mit Rest-Technologie ausgestattet.

    Eines dieser Reiche, Tolmekia, zieht in den Krieg, und das Tal der Winde mit seinen 500 Einwohnern schuldet Vasallendienst - nachdem der Herrscher zu krank ist, zieht seine Prinzessin Nausicaa mit dem alten Kampfflugzeug in den Krieg, obwohl sie eher Heilerin und Forscherin als Kriegerin ist. Und es stellt sich heraus, dass ein anderes Reich nach alter Technologie gegraben hat - und eine der Waffen entdeckt hat die damals die Welt in Truemmer gelegt haben - was fuer Kushana, die Prinzessin von Tolmekia in ihrem Machtkampf mit ihren Bruedern von Interesse ist.

    Von Nausicaa bin ich schon lange Fan - der Charakter ist so wunderbar entworfen und dargestellt, das hat mich schon in jungen Jahren beeindruckt - ganz am Anfang gibt es eine starke Szene, Nausicaa's alter Lehrer hat ein Fuchseichhorn aus der Wildnis mitgebracht und stellt es ihr vor, sie streckt ihre Hand aus - und das Tier verbeisst sich darin. Er zuckt zusammen, aber sie bleibt ganz ruhig, haelt den Schmerz aus, laesst ihre Hand da wo sie ist und sagt nur leise 'Hab keine Angst!'Und das Tier laesst irgendwann los und wird ruhiger.

    So wollte ich seit ich das das erste Mal gelesen habe selbst mal werden...

    Also - kann ich nur uneingeschraenkt empfehlen reinzuschauen.

  • Ich habe mir mal wieder ein kleines Büchlein zur Hand genommen, da ich dieses Jahr irgendwie viele kurze Bücher lese.

    Es ist, um es mit Chaos' Worten zu sagen, auf Backpapier gedruckt, hat Schriftgröße 0,5 und ist immer noch ein Ziegelstein im Rucksack, mit seinen 780 Seiten Geschichte und weiteren 20 Glossar.

    Ja, es ist A Game of Thrones von George R. R. Martin. Habe jetzt etwa ein Zehntel gelesen und muss sagen, dass Martin schon ein toller Erzähler ist. Sein Stil ist auf die wesentlichen Szenen reduziert, er philosophiert nicht, er schweift nicht so sehr in inneren Monologen ab. Alles, was er darstellen möchte, macht er über die Interaktion seiner Figuren. Bisher schafft er es sehr sehr gut, die Gedanken seiner einzelnen Erzähler einzufangen und Kinder Kinder sein zu lassen und Erwachsene Erwachsene usw.

    Wenn ich damit durch bin, ist es auch das erste englischsprachige Buch, das ich beende. Das wird langsam mal Zeit, würde ich sagen. Ich habe auch überraschend wenig Probleme mit der Sprache und komme nicht wesentlichen langsamer voran, als mit deutscher Sprache. :)

    Häupter auf meine Asche!

  • Ich quäle mich derzeit durch Tad Williams' "Der Drachenbeinthron". Vielleicht hat das ja schon mal jemand gelesen. Es gibt genau einen Grund, warum ich es noch nicht gänzlich aufs Altpapier gepfeffert habe: Williams hat einen unglaublich tollen, poetischen Schreibstil. Er malt Bilder. Er lässt Mond und Sterne lebendig werden. Es ist so unglaublich schön geschrieben, dass ich es nicht beschreiben kann. Leider überbietet er sich selbst dauernd mit Metaphern, deshalb muss man manche Absätze zweimal lesen. Das trägt auch nicht dazu bei, dass man durch diesen fetten Wälzer schneller vorankommt.

    Leider passiert in den ersten 100 Seiten so gut wie nichts. Da ist man schon froh, dass nach 200 Seiten endlich mal der König stirbt. Ziemlich ernüchtert habe ich auch jüngst festgestellt, warum der Autor sich so viel Zeit lässt, die Geschichte zu entfalten (40 Seiten lang läuft der Junge einfach nur durch den Wald): Es folgen noch mehrere weitere Bücher.

    Die Saga diente laut Klappentext wohl George R.R. Martin als Aufhänger für sein "Lied von Eis und Feuer". Das habe ich auch gelesen, aber da gingen die Intrigen viel komplizierter von der Hand. Tad Williams wirft zwar auch mit tausend erfundenen Grafentiteln, Ländern, zwielichtigen Höflingen, halb-unwichtigen Nebenfiguren und eigenen Sprachen um sich (deren Fachbegriffe keiner versteht), jedoch konnte Martin sehr viel schneller Spannung erzeugen.

    Ich empfehle das Buch daher als Einschlafgarant, und wenn sich mal jemand zu lyrischen Ergüssen motivieren will, denn da gibt das Buch echt was her.

    Was ich schreibe: Eden

  • Stadtnymphe

    Ich habe die Reihe auch gelesen, was aber schon ein paar Jahre her ist und dieses Buch fehlt mir in meinem Regal ... aus unerklärlichen Gründen - vielleicht habe ich es ja ins Altpapier geworfen :D

    Aber ich erinnere mich daran, dass ich es ähnlich empfand wie du jetzt. Dabei weiß ich gar nicht mehr so genau, worum es in der Handlung eigentlich geht :/

    (Das ist ja immer schon kein gutes Zeichen für eine Geschichte).

    Jedenfalls waren die Bücher danach nicht unbedingt anders - soweit ich das aus der Erinnerung heraus sagen kann.

  • Ich quäle mich derzeit durch Tad Williams' "Der Drachenbeinthron". Vielleicht hat das ja schon mal jemand gelesen.

    Ich hab die englische Version vor ein paar Jahren geschenkt bekommen und bestimmt zwei oder dreimal angefangen und wieder aufgehört, weil's mir gar zu langweilig war.

    „Alice, man darf sein Leben nicht nach anderen richten. Du allein musst die Entscheidung fällen.“ [Alice im Wunderland]

  • Vielleicht hat das ja schon mal jemand gelesen.

    Hm, ja - Geschmaecker sind verschieden, ich wuerde es als eines meiner Lieblingsbuecher in der Kategorie Fantasy nennen. Weil es sich Zeit nimmt die Geschichte zu entwickeln, die Charaktere zu formen, Nebenplots zu verfolgen... weil es eine absolut geniale Vision von Elben/Elfen (Sithi genannt) entwirft. Weil es sich die Frage nach Gut und Boese nicht so richtig einfach macht.

  • Den Drachenbeinthron fand ich damals eigentlich ganz gut, etwas altbacken was die Story angeht, hat mich aber gut unterhalten. Aber das ist inzwischen über 10 Jahre her, kann gut sein, das es mir nun tatsächlich zu Klicheehaft wäre. ^^

    Aktuell lese ich tatsächlich mal wieder Fantasy, und zwar eine Art alternative Vergangenheit und es kann mich mehr fesseln als ich gedacht habe (eigentlich reizt mich diese Art Fantasy nur wenig), das der Stil der Zeit recht gut getroffen wurde trägt natürlich auch dazu bei. Speziell den leicht spöttischen Unterton den ich bei Dickens ganz gerne mag, ist hier teils ganz gut getroffen:

    Jonathan Strange & Mr Norrell


    @Nausicaa: Danke für den Hinweis, wusste gar nicht das es dazu Mangas gibt, werde ich mir mal anschauen...

    Falken haben doofe Ohren

  • Vor zehn Minuten habe ich Kai Meyers "Die Spur der Bücher" beendet, danke für den Meyer-Tipp, kalkwiese !^^

    Ein bestechender Schreibstil - Metaphern und Symbolik, feinst püriert und doch nicht zu übermächtig, sondern wirklich filigran eingestreut. Man ist sofort im Viktorianischen London und glaubt sich zwischen den Buchhändlern selbst zu befinden. Die Dialoge sprühen - vor Esprit, Witz, Tiefsinn. Und die Idee der Bücherwelt hinter der Bücherwelt, der Seiten hinter den Seiten, die man liest, ist so meta, dass es einfach nur fantastisch ist. Zu der Bücherzauberei (Bibliomantik nennt man dies wohl) selbst gesellen sich die herrlichsten Attribute: mörderische Scheren, flatternde Origamivögel, besserwisserische Enzyklopädien, alexandrinische Flammen. Im Prinzip wird vieles, das irgendwo mal in Druck gegossen und zu einem Mythos geformt wurde, wieder ausgepackt.

    Die Charakter erschienen mir ein wenig seicht und keinen von ihnen habe ich ins Herz geschlossen, da dafür sehr wenig Raum blieb. Die Protagonistin ist vom typischen Schlag - selbstbewusst, intelligent, detektivistisch, kleines Trauma, trägt einen Revolver in der Manteltasche und kann sich, besonders gegen das männliche Geschlecht, durchaus behaupten. Leider weiß ich dafür nicht mal mehr, welche Haarfarbe die gute Mercy überhaupt hatte. Generell, die Namen der Figuren sind allerliebst, so edel wie Porzellan und auf der Zunge zergehend wie teure Schokolade.

    Tja, und die Handlung? Schwierig. Ich rühme mich ja selbst, komplexe Handlungsstränge zu entwerfen, aber hier konnte ich eigentlich nur mühsam hinterher hinken und mich stattdessen wenigstens an der dichten Atmosphäre erfreuen. Aber wer da wen umgebracht hat und warum, wieso die fiese Chinesin gar nicht mehr richtig auftaucht, wer der eigentliche Böse ist und warum der sich erst im letzten Moment durch einen "Ich bin der Bösewicht und muss das jetzt in drei Seiten Monolog erklären"-Move offenbart... das muss man selbst lesen. Eine Zusammenfassung der Handlung zu geben, fühle ich mich nicht in der Lage. Erstens kombiniert die Detektivin mir ein bisschen um zu viele Ecken. Hinweise werden äußerst dezent eingestreut, geschickt wieder vertuscht und dann mit großer Triumphgebärde ausgepackt. Das hat mich alles heillos verwirrt zurückgelassen.

    Ob ich mir Band 2 vornehme? Aber so was von. *auf zur Bibliothek*

    Was ich schreibe: Eden

  • Stadtnymphe

    Oh, schön, dass dir das so sehr gefallen hat! :D Mit "Die Spur der Bücher" hast du wohl einen der Einzelromane bzw. eines der Prequels der "Die Seiten der Welt"-Trilogie erwischt. Vielleicht - vielleicht! - trägt das zu deiner Verwirrung bei. Als erstes ist "Die Seiten der Welt" erschienen, auf Goodreads mit Seiten der Welt 1 und Bibliomantik 3 gekennzeichnet. Die Trilogie umfasst dann noch "DSdW Nachtland" und "DSdW Blutbuch". Die beiden anderen Bücher (die dann die Kennzeichnung Bibliomantik 1 und 2 haben) kamen danach raus. Vielleicht hilft dir das bei der Entscheidung. :)

    Ja, die Bibliomantik als Magiesystem ist irre cool, der Stil wunderschön lyrisch und lebhaft. Im ersten Teil der Trilogie hat man die magische Welt leider nur ein wenig kennenlernen können, darum bin ich froh, dass ich mir noch die nächsten beiden Teile ausleihen konnte. Die sind auf meiner Liste auch recht weit oben. Vielleicht sogar schon, wenn ich A Game of Thrones bald durch hab. :D

    Häupter auf meine Asche!

  • Mit "Die Spur der Bücher" hast du wohl einen der Einzelromane bzw. eines der Prequels der "Die Seiten der Welt"-Trilogie erwischt.

    Ja, das ist mir schon aufgefallen. Wobei ich das Bibliomantik-System eigentlich gerafft habe, obwohl ich das Prequel gegriffen hatte. Eher die Handlung wars... Naja, auf zu Band 2.^^

    Was ich schreibe: Eden

  • Ich habe mir mal wieder ein kleines Büchlein zur Hand genommen, da ich dieses Jahr irgendwie viele kurze Bücher lese.

    Es ist, um es mit Chaos' Worten zu sagen, auf Backpapier gedruckt, hat Schriftgröße 0,5 und ist immer noch ein Ziegelstein im Rucksack, mit seinen 780 Seiten Geschichte und weiteren 20 Glossar.

    Ja, es ist A Game of Thrones von George R. R. Martin. Habe jetzt etwa ein Zehntel gelesen und muss sagen, dass Martin schon ein toller Erzähler ist. Sein Stil ist auf die wesentlichen Szenen reduziert, er philosophiert nicht, er schweift nicht so sehr in inneren Monologen ab. Alles, was er darstellen möchte, macht er über die Interaktion seiner Figuren. Bisher schafft er es sehr sehr gut, die Gedanken seiner einzelnen Erzähler einzufangen und Kinder Kinder sein zu lassen und Erwachsene Erwachsene usw.

    Wenn ich damit durch bin, ist es auch das erste englischsprachige Buch, das ich beende. Das wird langsam mal Zeit, würde ich sagen. Ich habe auch überraschend wenig Probleme mit der Sprache und komme nicht wesentlichen langsamer voran, als mit deutscher Sprache. :)

    So, ich bin durch mit dem Teil!

    Mein Urteil:

    Martin ist ein toller Erzähler, bei dem Urteil bleibt es. Er schafft es, einem seine Protagonisten nahe zu bringen, also fast immer, denn Sansa ist einfach dumm. Meistens. Sie zu mögen fällt mir wohl am schwierigsten. :rofl: Ansonsten fand ich alle toll. Ich habe auch immer viel über die Serie gehört und wie viele Protagonisten da stürben, "Don't grow too attached" und sowas, aber in Band 1 ist das eigentlich noch recht zahm. Man hat mit prophezeit, dass ab Band 2 der harte Shit losgeht. :D Ohje!

    Beim alter mancher Figuren habe ich mich schon mal unwohl gefühlt. Allein dass Daenerys anfangs 13 Jahre alt ist ...

    Das Buch hat eine recht trockene Prosa, was mir hilft, es auf Englisch zu lesen. :rofl: Ob das auf Deutsch auch bei mir ziehen würde, kann ich nicht sagen.

    Die vielen Handlungsstränge (neun Protagonisten!) machen die Handlung ziemlich träge. Was meine ich damit? Nun, es vergehen zwar Monate in der Geschichte wie im Flug, da es aber neun Protagonisten gibt, kann es sehr lange dauern, bis man wieder zu einem von ihnen zurückkehrt. Dinge, die nebenher passieren, werden teilweise durch Gespräche zusammengefasst, was ich nur deskriptiv meine, nicht als Kritik. Es gibt viele Dinge - Namen, Geschichten, Verwandtschaftsbeziehungen -, die man auch schnell mal vergisst oder die erstmal irrelevant erscheinen, viele Kapitel später tritt dann aber vielleicht eine vorher nur beschriebene Person in Aktion und wird relevant. Da überrascht es mich tatsächlich, dass Martin angeblich ohne viele Notizen schreibt und alles aus dem Kopf heraus macht. :hmm:

    Insgesamt hatte ich das Gefühl, zu lange an dem Buch gelesen haben. :rofl: Seit etwas über einem Monat habe daran gesessen und mich bemüht, täglich ca. 2 Kapitel zu lesen (danach wurde ich dann doch immer müde vom Englisch).

    Ja, Teil 1 macht definitiv Lust auf mehr, aber irgendwie brauche ich jetzt auch eine Pause.

    Häupter auf meine Asche!