Der Auftrag [Arbeitstitel]

Es gibt 109 Antworten in diesem Thema, welches 28.042 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (23. Januar 2018 um 22:26) ist von Tariq.

  • melli: Zu deinem letzten Beitrag. du gebauchst das Wort Assassinen. Versichere dich, ob du wirklich Assassinen meinst oder Attentäter; denn Attentäter flüchten nach einem Mord, Assassinen haben nicht die Absicht zu fliehen, sie laßen sich absichtlich gefangen nehmen, um als Märtyrer verehrt zu werden.

    Hier einmal ein Link zu Assassinen, sie unterscheiden sich also sehr von Attentäter. Daher weiß ich auch nicht ganz, ob du einen Assassinen meinst oder einen Attentäter.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Assassinen
    LG Maitreya

    Einmal editiert, zuletzt von Kiwi (20. November 2013 um 19:43)

  • Danke, Maitreya, mit Waffen kenne ich mich (wie man sieht) wirklich nicht aus. Bin dir für jeden Tipp dankbar. :thumbsup:
    Im Wiki Link steht, dass die Assassinen erst ab ab dem 11. Jahrhundert als Märtyrer zu sterben versuchten, vorher nicht (und es gab sie schon etwa 400 Jahre vorher)?

    Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    Albert Camus (1913-1960), frz. Erzähler u. Dramatiker

  • Wieso Maulkorb? :pflaster:

    Ich finde das Wort Assassinen durchaus in Ordnung, das wird in vielen Fantasyromanen einfach für Attentäter verwendet, unter anderem auch bei meinen Geschichten :D das klingt einfach besser als das deutsche "Attentäter"
    melli:
    Türsteher würden auch gehen

    LG
    Arathorn

  • melli: Ist doch nicht so schlimm, die wenigsten kennen sich damit aus. Nur wenn man den Kampfsport macht, dann fallen einem die Fehler auf. Ich denke auch mal, einem normalen Leser würde es auch gar nicht auffallen. War also nur ein Hinweis darauf.
    Aber dennoch wieder toll geschrieben und mach weiter so, :thumbsup:
    LG Maitreya

  • Kian duckte sich tief in die Schatten und eilte an den Hauswänden entlang. Sein Umhang würde bei diesem Wetter nicht auffallen, aber seine ruinierten Schuhe und der Gossenschmutz, der seine einfache Hose bis zur Hälfte des Schienenbeins verdreckt hatte, könnten ihn im Licht einer Laterne als Wistraner entlarven. In Liargan wurden die Gassen täglich gefegt. König Hamrun, dessen weitläufige Burg auf der Spitze des Hügels prunkte, hatte es gern sauber in der Residenzstadt seines Reiches.
    Einer spontanen Idee folgend suchte Kian den Richtplatz auf.
    Ein paar Gehängte baumelten im eisigen Wind an ihren Galgen, aber findige Menschen hatten ihnen bereits die Schuhe geklaut.
    Nur undeutlich nahm er am Rande des Richtplatzes den Pranger wahr. Es schien, als sei dieser absichtlich fern jeder Beleuchtungsquelle aufgestellt worden, um den Delinquenten wenigstens Nachts etwas Ruhe vor Spott und Prügel zu gönnen.
    Ein Wimmern kam aus der Richtung, laut genug, um den Regen zu übertönen. Zwar war es verboten, Leute am Pranger zu bestehlen, aber es war dunkle Nacht und niemand würde es bemerken.
    Es musste sehr unbequem sein, mit Kopf und Handgelenken in diesen Brettern festzustecken.
    Trotzdem waren die Geräusche, die der Mann von sich gab, der Situation nicht angemessen. Ein Opfer der Streckbank mochte nach Stunden so klingen.
    Wenn es, erschöpft von der Folter, kurz davor war, das Bewusstsein zu verlieren, die Schmerzen es aber nicht in die gnädige Schwärze entfliehen lassen wollten.
    Kian runzelte angewidert die Stirn. Offenbar hatte es einen Jammerlappen erwischt.
    Geschützt von der Dunkelheit, trat er an den Kopf des Mannes heran und ließ seine Faust gegen dessen Schläfe krachen.
    Das Wimmern verstummte abrupt. Kian grinste. Dieser Akt der Menschlichkeit würden den Kerl gerade mal ein paar Schuhe kosten und Kian selbst davor bewahren, dass der Trottel die Wachen rief. Die Hosen waren erfahrungsgemäß nach einem Tag am Pranger leider nicht mehr zu gebrauchen.
    Kian trat hinter das Holzgestell und bückte sich nach den Schuhen des Delinquenten. Ein heftiger Schmerz fuhr in seine Hand. Fluchend zog er sie zurück und sah sein Blut als schwarzen Streifen über die hellere Haut quellen.
    Ein empörtes Quieken war zu hören und es schien, als würden sich die Hosenbeine in der Dunkelheit bewegen. Kian stampfte ein paar Mal mit den Füßen und wartete, dass die Ratten verschwanden. Aber sie verschwanden nicht. Das Quieken nahm zu und schien sich an einer Stelle zu verdichten, als würden die Ratten sich zusammenrotten, um den Angreifer abzuwehren.
    Das war ungewöhnlich.
    Als Kian erneut mit einem Fuß in ihre Richtung auf den Boden stampfte, spürte er, wie eine blitzschnell an seinem Bein hochzulaufen begann. Mit einer einzigen Bewegung eines Dolches spießte er die Ratte auf und schleuderte sie weit von sich.
    Ob diese Viecher die Tollwut hatten?
    Ihm wurde unbehaglich zumute.
    Natürlich gab es auch Ratten in Liargan, aber normalerweise waren diese fast dezent und deutlich scheuer als die dreisten Verwandten in Wistran, so, als sei ihnen bewusst, dass sie dort nichts zu suchen hatten.
    Ein zweites Mal stampfte er mit dem Fuß auf und zertrat dabei zufällig eine von ihnen unter der Sohle. Ihr Todesquieken animierte die anderen endlich dazu, abzuhauen.
    Erleichtert bückte sich Kian erneut nach den Schuhen.
    Seine Finger ertasteten gute, dicke Sohlen. Doch der Rest der Schuhe war löchrig und die Nässe war warm. Plötzlich versanken seine Finger in rohem Fleisch, er berührte einen kleinen Knochen darin. Angeekelt zog er seine Hand zurück.
    Es schien, als würde ihm nichts anderes übrig bleiben, als seine eigenen Schuhe und die Hosenbeine in der nächsten, tieferen Pfütze notdürftig zu säubern.

    Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    Albert Camus (1913-1960), frz. Erzähler u. Dramatiker

  • :thumbsup: Richtig gut, jetzt passt dark fantasy auf alle fälle

    Das gefällt mir, und ich weiß nichtmal, ob mir sowas eingefallen wäre 8|

    LG
    Arathorn

    :staubsauger:

  • Es war nichts los in den Straßen von Liargan. Selbst die Wachmänner standen mit ihren Laternen an regengeschützten Stellen und begnügten sich damit, ab und zu einen gleichgültigen Blick in die nähere Umgebung zu werfen. Kian hielt seinen Umhang vorne zusammen und lief eilig, ganz wie ein harmloser Bürger, der spät in der Nacht nach Hause wollte.
    Er kannte seinen Weg. Es war nicht lange her, dass er in der Schmiedegasse einen Auftrag erledigt hatte. Den älteren Sohn eines verstorbenen Kaufmanns, ein Säufer und Spieler und der Erbe des väterlichen Geschäfts. Der jüngere Bruder war persönlich an ihn herangetreten und hatte ihn gut bezahlt. Die Brüder wohnten unter der Hausnummer 50. Weiter kannte er die Schmiedegasse nicht, aber das würde sich heute Nacht ändern.
    Die Grundstücke waren unterschiedlich groß.
    Gegenüber der Hausnummer 50 lag die Hausnummer 39, daran konnte er sich erinnern. Ab dort würde er zu zählen anfangen, denn im Dunkeln konnte man die Hausnummern nicht mehr erkennen.
    Auch hier huschten ab und zu Ratten über die Straße. Mehr, als gewöhnlich. Das musste an diesem verdammten Regen liegen.
    Das Haus Nummer 73 lag hinter einer hohen steinernen Mauer, das Tor war geschlossen.
    Mit einem Blick versicherte sich Kian, dass ihn niemand beobachtete, dann kletterte er die Mauer hoch. Die Steine waren nass, seine Hände und Füße eiskalt und es kostete ihn viel Mühe.
    Auf dem Grundstück war es ruhig, wie er sich mit einem misstrauischen Blick über die Mauerkrone überzeugte. Alles war dunkel. Er kletterte hoch und sprang auf eine Wiese herunter.
    Ein leises Fiepen und Rascheln in seiner Nähe machte ihn darauf aufmerksam, dass er nicht der Einzige war, der sich hier herumtrieb.
    Hinter dem Tor führte ein breiter Weg aus Kopfsteinpflaster zu einem dreistöckigen, schmucklosem Haus, ein einfacher Klotz, dessen Fassade weiß verputzt war. Die Fenster waren ungewöhnlich klein und alle mit Gittern gesichert, selbst im zweiten und dritten Stock. Kein Baum und kein Strauch stand auf dem Grundstück. Das war ein krasser Gegensatz zu allen anderen Häusern dieser Gegend.
    Vorsichtig schlich Kian im Schatten der Mauer einmal um das Grundstück herum. Es sah überall gleich aus. Flache Wiese zwischen Mauer und Haus und sonst nichts.
    Ein einfacher Auftrag? Kian schnaubte.
    Das Haus schien so sicher wie eine verdammte Festung. Noch nicht mal einen zweiten Eingang für die Dienstboten hatte er ausmachen können.
    Im Haus selbst schien alles dunkel zu sein, nichts bewegte sich hinter den kleinen Fenstern.
    Es wirkte verlassen, trotzig, unnahbar und unheimlich, wie Kian sich eingestehen musste.
    Aber er war nicht hier, um sich zu fürchten. Er hatte einen Auftrag zu erledigen.
    Geduckt eilte er über die Wiese an die Hauswand und lief einmal um das Gebäude herum. Es hatte tatsächlich keine Dienstbotentüre.
    Nur die Haustüre gewährte Eingang. Was war das denn für ein Mist?
    Kian verfluchte sich selbst, dass er diesen Auftrag überhaupt angenommen hatte.
    Eine Woche! Er würde morgen den ganzen Tag das Haus beobachten müssen.
    Verbittert machte er sich auf den Rückweg.

    Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    Albert Camus (1913-1960), frz. Erzähler u. Dramatiker

  • Genausogut wie der Rest :thumbup:
    Der Auftrag scheint sich ja ziemlich schwierig zu gestalten, und ehrlich gesagt habe ich keien Ahnung, wie es weiter geht. Hoffentlich hast dud ir was Gutes einfallen lasse :thumbsup: Hauptsache, es geht schnell weiter

    LG
    Arathorn

  • Kian schlief zum Geräusch des Regens ein und wurde mit ihm wieder wach. Inzwischen gab es zwei Stellen in seiner Kammer, wo Wasser durch die Decke tropfte. Der kleine Ofen war in der Nacht mangels Brennmaterial ausgegangen und es war lausig kalt.
    Kian sah den weißen Wölkchen seines Atems nach und verspürte großen Widerwillen, das Bett zu verlassen.
    Adra Niran. Wer immer diese Frau auch sein mochte, inzwischen nahm ihr Kian all die Umstände und den Aufwand, den ihr Beseitigen zu erfordern schien, persönlich übel.
    Seine schlechte Laune gab ihm die Energie, die klamme Bettdecke beiseite zu werfen und sich von der mit Stroh gefüllten Matratze zu erheben.
    Es besserte seine Laune nicht, feststellen zu müssen, dass seine Sachen immer noch nass waren. Nicht nur feucht, sondern richtig nass. Er war zu faul gewesen, sie gestern noch auszuwringen.
    Teufel auch, in dieser verdammten Dachkammer würde sowieso nichts trocknen, er konnte schon froh sein, dass seine Klamotten nicht gefroren waren.
    Sein Körper protestierte zitternd, als er die nassen, kalten Sachen wieder anzog. Es wäre Blödsinn, trockene Wäsche bei dem Wetter zu verschwenden. Der Regen hatte nicht nachgelassen, und der Himmel war so dicht mit dicken, grauen Wolken bedeckt, dass man den Beginn eines neuen Tages nur schwer erahnen konnte. Kian schätzte, dass es etwa halb Acht sein musste.
    Er packte sich einen kleinen Beutel mit etwas trockener Wäsche, guten Schuhen und einem vernünftigen Umhang zusammen. In Karbs Keller würde er sich umziehen, um in Liargan nicht aufzufallen.
    Die Erinnerung an das seltsame Haus in der Schmiedegasse machte ihn nachdenklich.
    Was mussten das für paranoide Leute sein, die sich so eine Festung in eine Gegend bauten, die sonst von freundlichen Gebäuden beherrscht wurde, mit großen Fenstern und blumengeschmückten Gärten?
    Wenn dieses Haus Ausdruck der allgemeinen Gesinnung seiner Bewohner sein sollte, konnte er sich glücklich schätzen, wenn seine Mauern nicht eine ganze Armee schwer bewaffneter Kämpfer verbargen.
    Kian holte die Goldmünzen unter den Dielen hervor und steckte sie in seinen Gürtel. Er würde heute einen Barbier in der Nähe des Hauses suchen und sich so richtig aufhübschen lassen. Haare waschen und schneiden, Rasur, das volle Programm.
    Nirgends wurde soviel geklatscht wie bei einem Barbier. Er hoffte, dort etwas über das seltsame Haus und dessen Bewohner zu erfahren.

    Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    Albert Camus (1913-1960), frz. Erzähler u. Dramatiker

  • Wieder top, man kann sich das Ganze richtig gut vorstellen :thumbsup:
    Eine richtig unangenehme Situation, ich kann mir das gut vorstellen, da es bei mir gerade auch nicht besonders warm ist :thumbdown:

    Zitat

    großen Widerwillen, das Bett zu verlassen .

    Da muss das Leerzeichen vor verlassen weg.
    Und das wars auch schon wieder, zu meckern gibts echt nischt :thumbsup:

    LG
    Arathorn

  • In Liargan schien etwas passiert zu sein, denn es gab doppelt so viele Wachleute auf den Straßen wie zuvor. Nach seinem letzten Auftrag hatte Kian die Stadt ein paar Tage gemieden und fühlte sich unangenehm überrascht. Gestern Nacht hatte der Regen die Wachmänner vor zuviel Eifer bewahrt, manche mochten sich auch in gastliche Häuser begeben haben. Aber heute schützte ihn auch nicht die Kapuze seines guten Umhanges, unter dem er wenigstens trocken blieb, davor, mehrfach angesprochen zu werden, wer er sei und was er hier wolle.
    So etwas war ihm noch nie passiert und Kian wurde sehr unbehaglich zumute. Schließlich führte er ein ganzes Waffenarsenal mit sich und es wäre mehr als dumm, wenn einer der Wachleute auf den Gedanken kommen würde, den Fremden etwas näher in Augenschein zu nehmen.
    Kian gab sich als Kaufmann aus, der nur auf der Durchreise war. Den misstrauischsten Wachmann fragte er nach einer soliden Herberge, ließ sich von ihm zu ihr führen und trat unter den Augen des Mannes dort ein, um sich ein Zimmer zu mieten.
    Das war zwar ursprünglich nicht sein Plan gewesen, erwies sich aber überraschend als sinnvoll. Das Zimmer war sauber, warm und trocken und der Preis für eine Nacht nicht höher als die Hundert Silberlinge, die er bei jedem Erkundungsgang an Karb los wurde. Außerdem lag die Herberge schon ziemlich nahe an der Schmiedegasse und sparte ihm täglich einen weiten Weg.
    Kian wärmte sich ein wenig am Ofen auf in der Hoffnung, dass der Wachmann die Zeit nutzte, um die Umgebung der Herberge zu verlassen.
    Dann machte er sich erneut auf den Weg. Trotz des Wetters waren nun mehr Menschen unterwegs. Hastig, schweigend, mit gesenkten Köpfen eilten sie durch den Regen. Meist Dienstboten und Handwerker. Auch Kutschen fuhren, doch alles spielte sich unter unnatürlichem Schweigen ab.
    Hinter den Fenstern der Häuser war Licht zu erkennen und auch in der Schmiedegasse herrschte das Minimum an Betriebsamkeit. Dienerschaft war unterwegs, um einzukaufen, Holz zu holen, Einladungen zu überbringen. Nur das Tor von Haus Nummer 73 war fest verschlossen.
    Genervt sah Kian, wie der nächste Wachmann ihn schon von Weitem musterte und schließlich Kurs auf ihn nahm. Bei diesem Wetter bewegten sich alle schnell und zielstrebig vorwärts. Sein Schlendern fiel auf, doch man konnte einen Tatort schlecht im Stechschritt mit gesenktem Kopf erkunden. Er ließ seinen Blick schweifen wie ein Reisender, der sich für die Gegend interessierte – und erstarrte. Gegenüber von Haus Nummer 73 gab ein schmiedeeiserner Zaun den Blick auf das Grundstück von Haus Nummer 112 frei. Das Gras stand viel zu hoch, und Unkraut hatte sich in den einst gepflegten Rabatten breit gemacht. Kian straffte sich und überquerte die Straße, um einen Blick auf das Haus nehmen zu können. Es lag etwas versteckt hinter einer Trauerweide und ein paar Büschen – und es war dunkel und die Fenster, die er von hier aus erkennen konnte, waren leer. „Wohin des Wegs, mein Herr?“ Der Wachmann war an ihn herangetreten und musterte ihn kritisch. „Gott zum Gruße, Wachmann.“ Kians Lächeln war echt. „Ich bin fremd hier und suche einen Barbier, denn wie Ihr unschwer erkennen könnt, hat die lange Reise von Elmsfurth nach Liargan Spuren in meinem Gesicht hinterlassen. Eigentlich bin ich nur auf der Durchreise, aber ein Freund und Geschäftspartner von mir sucht für sich und seine Familie ein Haus in Liargan in der Absicht, eine Zweigstelle in der Reichsstadt zu eröffnen. Deshalb schaue ich mich ein wenig um, trotz des schlechten Wetters.“ An dieser Stelle begann der Wachmann, freundlicher auszusehen. „Sagt mir, guter Mann, steht dieses Haus hier etwa leer?“ fuhr Kian fort. „Ja, schon seit ein paar Wochen. Aber leider kann ich Euch nicht mit weiteren Informationen dazu dienlich sein, ich bin erst vor kurzem in dieses Revier gewechselt. Mit einem Barbier kann ich Euch aber weiterhelfen, und vielleicht verfügt er über Informationen, ob dieses Anwesen zum Verkauf steht oder nicht. Der Barbier befindet sich nur zwei Straßen weiter.“ Während der Wachmann ihm kurz den Weg beschrieb, kam eine vierspännige Kutsche die Straße herunter – und hielt direkt vor ihrer Nase am Tor zu dem Haus 73. Kian versuchte, sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen. Er kannte diese Kutsche.
    Sie fiel allein dadurch auf, dass sie unendlich teuer schien, aber kein Wappen Hinweis auf den Besitzer gab. Das war so selten, dass fast jeder diese Kutsche kannte, auch wenn man nie über sie sprach. Es war die inoffizielle Kutsche der Königsfamilie selbst, die dort hielt.

    Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    Albert Camus (1913-1960), frz. Erzähler u. Dramatiker

  • :thumbsup: , wie immer (vorhin war ich mit unserem Teddy beschäftigt :D )

    Gut geschrieben, nur der Absatz ist ein wenig lang. Außerdem ein Logikfehler: Es heißt, Kian wäre mehrere Wochen nciht in Liargan gewesen, obwohl er dort kurz zuvor erst war ?( Oder zählt das nicht, weil es nachts war?

    Ja, zu meinem letzten Kommi: Ich meinte das Leerzeichen nach verlassen, da kommt nämlich ein Punkt. War nur ein Tippfehler :whistling:

    LG
    Arathorn

  • Die Nacht zählte nicht wirklich, er hatte die Stadt ein paar Wochen nach seinem letzten Auftrag gemieden, was da abgegangen ist in der Zwischenzeit, weiß er nicht.
    Ok, ich guck noch mal nach dem Tippfehler, danke.

    Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    Albert Camus (1913-1960), frz. Erzähler u. Dramatiker

  • Textlich gesehen, gibt es überhaupt nix zu bemängeln. Keine Rechtschreibfehler oder ähnliches. Prima!

    Zwei Sachen, die mir nicht logisch erscheinen:

    Zitat

    Das Haus Nummer 73 lag hinter einer hohen steinernen Mauer, das Tor war geschlossen.[...]
    Auf dem Grundstück war es ruhig, wie er sich mit einem misstrauischen Blick über die Mauerkrone überzeugte. Alles war dunkel. Er kletterte hoch und sprang herunter.

    Er ist Assassine, sollte also möglichst lautlos vorgehen. Ist der Aufprall auf Pflasterseinen nach einen Sprung von einer hohen Mauer, nicht sehr laut? Ich weiß aus Erafhrung, dass selbst aus 1,5 Metern es schon mächtig knallt, wenn man mit den Beinen auf Stein aufschägt, es sei denn man hechtet von oben nach vorne und führt eine Rolle aus, aber sowas von einer hohen Mauer...wohl eher nicht. :D

    Zitat

    Nach seinem letzten Auftrag hatte Kian die Stadt ein paar Wochen gemieden und fühlte sich unangenehm überrascht.

    Jetzt bin ich verwirrt. Hat Kian nicht nur eine Woche Zeit, um den Auftrag zu erfüllen?

    ---

    Ich habe jetzt den dritten Auszug bis zu deinem letzten veröffentlichten in einem Rutsch durchgelesen, weil es sich so flüssig und angenehm liest. Ich finde das Tempo vollkommen richtig, die Geschichte wird langsam aufgebaut und das Setting mit detailierten Beschreibungen sehr gut geschildert. Es bleibt sehr spannend. Gut, dass nichts überstürzt wird.
    Zwar hatte ich bisher nicht das Gefühl eine Dark Fantasy Geschichte (eher low Fantasy) zu lesen, aber was nicht ist, muss ja nicht bleiben. ;)

  • Ok, der Sprung könnte laut sein, aber vergiss nicht, es regnet und draussen ist ja keiner.....

    Mit dem letzten Auftrag meinte ich den davor (könnte z.B. der eine Bruder gewesen sein), nicht den aktuellen Auftrag, den hat er ja noch nicht erledigt.
    Ich dachte, das wär mit "hatte gemieden" klar ausgedrückt, dass das schon länger zurück liegt. Hmm...

    Dark Fantasy soll da noch reinkommen. Ich bastel dran. :D

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    Albert Camus (1913-1960), frz. Erzähler u. Dramatiker

  • Das Tor wurde geöffnet, und auf der anderen Seite der Kutsche schienen Leute einzusteigen. Die Kutsche wackelte unter deren Bewegungen. Die Fenster des Gefährts waren mit dunklen Vorhängen bedeckt, und als die Kutsche abfuhr, hatte Kian niemanden gesehen. Das Tor war wieder geschlossen.
    Auf dem Weg zum Barbier schossen Kian die unterschiedlichsten Gedanken durch den Kopf.
    Kein Wunder, dass man ihn so gut bezahlte.
    Entweder der König selbst hatte was mit der kleinen Adra, dann war sein Auftraggeber im Kreis der Königin zu suchen, oder aber Hamruns einziger Sohn hatte sich in eine Bürgerliche verschossen, dann war er hier auf Wunsch des Herrscherpaares.
    Wenigstens verließ der Vogel das Nest, wenn auch unter schwerem Schutz. Eine Woche.
    Nicht immer war ein Auftrag durchführbar. In Kians Vergangenheit gab es bereits zwei Fälle, in denen er erfolglos geblieben war.
    Einer war abgetaucht und dass so gründlich, dass er spurlos verschwunden blieb. Und in einem Fall wäre es glatter Selbstmord gewesen.
    In beiden Fällen hatte er, um seinen Ruf zu wahren, schließlich die Auftraggeber eliminieren müssen. Diese Option hatte er hier nicht.
    Der Barbier hatte geöffnet.
    Kian betrat den überraschend großen Laden. In Regalen aus dunklem Holz standen alle möglichen Flacons, die einen Herren schöner machen sollten. Vor einem Tresen, der Waschschüsseln als Unterlage diente, standen acht bequem aussehende Sessel, deren Rückenlehne so angebracht war, dass man darin halb zum Liegen kam. Die Sessel waren alle leer. Ein kleiner, schmierbäuchiger Mann, der nur noch einen dünnen Kranz dunkler Haare, dafür aber einen gewaltigen, an den Enden kunstvoll hochgezwirbelten Schnurrbart trug, kam erfreut, dass auch an diesem trüben Tage jemand in seinen Laden gefunden hatte, dienstbeflissen herbeigeeilt.
    Kian versicherte sich in Gedanken nochmal, dass er keine für den Barbier sichtbaren Waffen am Körper trug, dann ließ er sich den Mantel abnehmen und bestellte einmal das volle Programm. Der Barbier sah aus, als wäre er reich beschenkt worden. „Mit einer Maniküre, der Herr?“ versicherte er sich vorsichtshalber. „Natürlich.“ gab Kian zurück, als wäre etwas anderes undenkbar.
    Eine Weile ließ er den Barbier um sich herumwuseln und Schälchen mit Flüssigkeiten für seine Hände, Rasiercreme, Schampoo, Krüge mit warmen Wasser und ähnliches bereitstellen.
    Die Konversation begann beim Haare waschen, und sie begann mit dem Wetter. Beim Haare schneiden hatte Kian es geschafft, das Gesprächsthema auf dieses Wohnviertel einzugrenzen und ließ nebenbei fallen, dass er eventuell in die Schmiedegasse zu ziehen gedachte, denn dort wäre ihm ein leeres Haus aufgefallen. Er sah im Spiegel, wie sich das Gesicht des Mannes für einen Augenblick verzog.
    „Nun ja, eine achtbare Gegend, eigentlich.“ murmelte der Barbier und klapperte emsig mit der Schere an Kians Haaren herum.
    „Ja, so schien es mir auch. Nur das Haus gegenübersah mir etwas....seltsam aus.“ Schnipp schnipp schnipp.
    „Ach, Ihr meint bestimmt das Haus mit der großen Mauer. Jaja, in der Tat, es wirkt etwas fremd in dieser Gegend.“
    „Kennt Ihr vielleicht die Familie, die dort wohnt? Haben sie einen anständigen Ruf?“
    Für einen Moment rang der Anstand mit der Lust, zu tratschen im Gesicht des Barbiers, dann beugte er sich vor, um klarzustellen, dass die folgenden Informationen vertraulicher Natur wären.
    „Nun ja, sie scheinen schon etwas seltsam zu sein.“ raunte er mit leiser Stimme in Kians Ohr, während er geschickt die Haarspitzen kürzte.
    „Angeblich eine Witwe mit ihrer Tochter und ein paar Bedienstete. Aber die Witwe ist schon ziemlich alt und sehr hässlich, sie sieht eher wie eine alte Hexe aus denn wie die Mutter des Mädchens. Aber das Mädchen soll sehr hübsch sein. Man sagt, sie sei eine richtige Schönheit. Ich habe schon Leute sagen hören, sie sei engelsgleich und so schön, dass jeder Mann sofort seinen Verstand vergäße.“ Der Barbier seufzte hingerissen. „Vielleicht erklärt das die merkwürdige Manier der anderen. Sie sind wohl durch die Bank weg sehr unfreundlich, grüßen nie, betreiben keine Konversation und pflegen keine Bekanntschaften. Sie haben sich richtig gehend in diesem Haus eingeigelt, vielleicht, um die Unschuld des Mädchens zu bewachen. Die Familie wohnt selbst erst seit wenigen Monaten in diesem Haus. Es stand lange Zeit leer, wisst Ihr, darin soll sich einst eine Tragödie ereignet haben, aber es ziemt sich ja nicht, darüber zu tratschen.“
    „Was Ihr nicht sagt...“
    „Ach, das war eine ganz schreckliche Geschichte. Ein offenbar geistig kranker Mann nutzte dieses Haus, um junge Mädchen in seinen Keller zu sperren und dort zu foltern. Ganz schreckliche Geschichte. Er wurde aber schon vor zehn Jahren hingerichtet. Gevierteilt auf dem Richtplatz, ich war selbst dabei. Hat geschrien und gejammert wie ein Weib, kurzum, er ist so elend verreckt, wie seine Schuld es einforderte. Danach wollte niemand mehr in diesem Haus wohnen. Nun, die Familie kannte die Geschichte bestimmt nicht, als sie das Anwesen erwarb. Oder aber es macht ihnen nichts aus. So, wie die Männer aussehen, würde man zweiteres auch glauben, aber ich will diesen Leuten kein Unrecht tun, ganz gewiss nicht.“
    „Das hört sich nach einer großen Sippschaft an, die dort wohnt.“
    Mit unbehaglich verzogenem Gesicht brachte der Barbier den Rasierschaum auf. „Nun, offiziell ist es ja nur eine Witwe mit Tochter und Gefolge. Aber...nun, die Leute reden. Das Gefolge besteht ausschließlich aus Männern, denen man im Dunkeln lieber nicht begegnen würde. Und auch die Frau Mutter würde mich im Dunkeln erschrecken. Wenn sie überhaupt die Mutter ist. Man hat den Eindruck, das Mädchen wird dort – nun ja, mehr oder weniger unter Arrest gehalten. Von der alten Frau und ihren sechs Begleitern. Finstere Gestalten sind das, irgendwie unheimlich, wirklich. Vielleicht seht Ihr sie ja mal zufällig, dann werdet Ihr das Gerede verstehen. Trotzdem, das Mädchen muss wohl immer sehr zufrieden wirken. Sie lächelt immer, sagen die Leute. So ein abwesendes Lächeln, als sei der kleine Engel noch halb im Himmel. Ich habe sie ja noch nie persönlich gesehen, aber die Leute sind ganz beeindruckt von dem Mädchen.“

    Die Phantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    Albert Camus (1913-1960), frz. Erzähler u. Dramatiker

  • Mir gefällt die Geschichte wirklich richtig gut :):thumbsup:

    Hab nichts zu bemängeln, die wesentlichen Kleinigkeiten wurden ja schon genannt :)

    Ich bin gespannt wie es weiter geht und freu mich auf den nächsten Teil :)

    Ich finde vorallendingen die Handlung richtig super, wirklich ein hoch auf deine Ideen :thumbsup:

  • Soso, ein etwas ruhiger Teil mit einer interessanten Erzählung eines Barbiers. Klingt sehr interessant, mal schauen, wo die Story hinausläuft muahaha.

    Zitat

    Das Tor wurde geöffnet, und auf der anderen Seite der Kutsche schienen Leute einzusteigen, Die Kutsche wackelte unter deren Bewegungen.

    Hast du wohl übersehen. Muss natürlich kleingeschrieben werden.

    Zitat

    „Ja, so schien es mir auch. Nur das Haus gegenübersah mir etwas....seltsam aus.“ Schnipp schnipp schnipp.
    „Ach, Ihr meint bestimmt das Haus mit der großen Mauer.

    :thumbsup:

    LG

    Kiwi

    • Offizieller Beitrag

    Kian warf die Münzen auf den Tisch und goss das neue Bier auf den Boden, wo es in der stinkenden Schicht aus Erde, verschütteten Getränken, Erbrochenem und Rotz versickerte.


    Hab es erst angefangen zu lesen, aber find es schon klasse. Muss noch eniges aufholen, aber das werd ich die Tage packen,.. hab Urluab.
    Die Formulierung ist einfach genial und das klingt fast nach meiner Stammkneipe ha ha ha
    Ich konnt net mehr vor Lachen.