Der Auftrag - Arbeitstitel
Mal ganz spontan ein kleiner Einstieg in eine Geschichte, von der ich nicht weiß, wie sie sich entwickeln wird. Aber ich wollt auch mal was Düsteres versuchen.
Eine schäbige Spelunke im übelsten Viertel der Stadt. Zwielichtige Gestalten an wackeligen Tischen, deren zerkratzte Platten einen klebrigen Belag aufwiesen. Schales Bier in schmierigen Gläsern.
Kian nahm einen Schluck und verzog angewidert das Gesicht. „Dein Bier schmeckt wie Eselpisse.“ knurrte er den Wirt an, der ihm schon den nächsten Humpen auf den Tisch knallte. „Es ist Eselpisse.“ sagte der Wirt ungerührt. „Macht 10 Silberlinge.“ Kian warf die Münzen auf den Tisch und goss das neue Bier auf den Boden, wo es in der stinkenden Schicht aus Erde, verschütteten Getränken, Erbrochenem und Rotz versickerte.
Der Wirt würde ihm alle zwanzig Minuten ein neues Glas Eselpisse hinstellen und Kian würde bezahlen, denn sonst flog er raus.
Aber er musste den Dreck ja nicht trinken.
Er kannte die Regeln. Sie waren überall gleich, egal, ob hier im Schwarzen Hund oder in den Kneipen der anderen Städte, deren Name mit Schwarz begann. In eine Kneipe mit dem Wort Schwarz im Namen ging man nicht, um etwas zu trinken. Man besuchte sie, um jemanden zu treffen. Heimlich.
Dazu gehörte immer ein Kapuzenumhang, damit das Gesicht im Schatten lag, ein Messer im Ärmel, falls das Treffen unerfreulich verlief, und ein paar Waffen zum Abgeben, denn in der Regel duldeten die Wirte keinen Mord in ihren Räumlichkeiten.
Es war nicht ratsam, sich im Gastraum aufmerksam umzusehen, wollte man nicht auf dem Heimweg eines plötzlichen Todes sterben.
Die kleine Hure da hinten, Kian schätzte sie auf höchstens zwölf Jahre, wusste das nicht.
Aufmerksam musterte sie die Gäste auf einen möglichen Kunden.
Wahrscheinlich war sie froh, bei dem Regen nicht auf der Straße stehen zu müssen, und der Hunger hatte ihrem knochigen Gesicht einen flehenden Ausdruck verpasst.
Als einer der Gäste ihr zuwinkte, entblößte sie mit zittrigem Lächeln ein lückenhaftes Gebiss und bewegte sich mit schwingenden Hüften an dessen Tisch.
Kian lächelte zynisch.
Ihr Kunde würde sich später in einer dunklen Gassenecke erst an ihr befriedigen und dann eine mögliche Zeugin seines Treffens aus dem Weg räumen.
Aber nicht das ärgerte ihn, sondern dass man ihn warten ließ.
Warten war ein unerfreulicher Zustand. Es bedeutete, dass man ihn nicht respektierte und es an der erforderlichen Achtung fehlen ließ.
Warten hieß, alle zwanzig Minuten zehn Silberlinge für Eselpisse blechen zu müssen. Aber das würde er seinem Geschäftspartner auf die Rechnung setzen. „Vogel?“ raunte eine Stimme in seinem Rücken. „Falke.“ gab Kian zurück. Na endlich.
Eine mittelgroße, hagere Gestalt nahm auf dem zweiten wackeligen Hocker an seinem Tisch Platz und wartete, bis der Wirt das Gesöff abgestellt hatte.
„Es ist ein leichter Auftrag.“ Kian konnte das Gesicht nicht sehen, aber das Grinsen hören. „Fast schon zu einfach für jemanden mit Eurem Ruf. Aber wenn mein Auftraggeber den Besten verlangt, soll er auch den Besten haben.“
Kian schwieg. Er mochte Schmeicheleien nicht.
„Dreissig Goldstücke zu je 20 Gramm.“
Kian runzelte wortlos die Stirn. Das war ein Vermögen. Niemand gab ein Vermögen für einen einfachen Mord aus.
Sein Gesprächspartner nahm einen Schluck Bier.
„Eine junge Frau. Ihr Name ist Adra Niran. Sie wohnt in der Schmiedegasse 73. Lebt mit ihrer Mutter und ein paar Bediensteten im Haus, der Vater ist tot. Erledigung des Auftrages binnen einer Woche, wie ist egal, keine Zeugen, Leiche soll gefunden werden.“
Kian nickte.
„Adra ist siebzehn. Unbewaffnet, keinerlei Kampfausbildung. Zahlung hier am Tage nach Auffindung der Leiche. Sind wir im Geschäft?“
„Zehn als Anzahlung.“ bestätigte Kian.
Ein Geldbeutel wechselte den Besitzer unter der Tischplatte. „Ich wünsche Euch gutes Gelingen und eine ruhige Hand.“ Der Hagere stand auf, deutete eine Verbeugung an und verließ eilends den Schankraum.