@Tom Stark
ABER, wer einen Krieg anfängt nur um einen Mann zu stürzen, oder wer sein ganzes Volk in einen Krieg stürzt nur um seine Familie zu beschützen ist nicht "gut".
Das habe ich auch nicht behauptet, bzw. wollte ich mit dem Beispiel nicht ausdrücken.
Bevor wir anfangen, aneinander vorbei zu diskutieren:
Ich wollte keine allgemeine Stellungnahme zum Grundsatz Gut vs. Böse schreiben, mir ging es eigentlich eher darum, dass Charaktere oft viel zu viele Facetten haben um ausschließlich gut oder essenziell böse zu sein und dass sich die Position zwischen diesen Seiten immer wieder sehr schnell und sehr drastisch verschieben kann.
Mag sein, dass das vielleicht anders rüber gekommen ist. War schon ziemlich spät gestern Abend
Anders ausgedrückt: Einzig der besessenen König in deinem Beispiel ist weiterhin der Gute. Alle anderen entscheiden sich aus vielleicht verständlichen Gründen zu Bösewichtern zu werden.
Aus der Perspektive des Lesers stimmt das. Der König ist in einer tragischen Situation gefangen und auf diese Weise eigentlich unschuldig. Der General in meinem Beispiel sieht das womöglich anders. Beide haben einen unterschiedlichen Wissensstand und damit eine völlig andere Wahrnehmung, beurteilen somit die Umstände völlig anders. Der General weiß nicht, was im Hintergrund geschieht und will nur seine Familie in Sicherheit wissen - können wir ihm das wirklich ankreiden, weil wir für den Moment schlauer sind? Können wir dem Mann Unwissenheit zur Last legen?
Und das ist die Problemstellung auf die ich hinauswollte und nach der jeder für sich selbst entscheiden muss.
Wie moralisch verwerflich ist es denn, ein Unrecht aus ehernen Gründen zu tun? Ein Kriegstreiber zu sein, weil man seine Familie beschützen will. Kann man sich wirklich ein moralisches Urteil erlauben, wenn man selbst vielleicht genauso gehandelt hätte? Vielleicht hätte man das Selbe getan. Und nun? Wie aussagekräftig wäre die moralbasierte Entscheidung von jemandem, der selber keine blütenreine Weste hat?
Wie viele Tode wiegen auf, dass meine Familie am Leben bleibt? Wenn ich ein Unrecht aus Liebe begehe - der reinsten Emotion, die man im Stande ist zu fühlen, wie böse bin ich dann?
Schwierige Fragen. Könnte ich selber nie beantworten.
Oder, anders. Wie bösartig kann eine Tat sein, die man aus reiner Unwissenheit begangen hat - weil man es nicht besser wusste, weil man vielleicht in dem Glauben gehandelt hat, das Richtige zu tun - oder dazu gezwungen war?
Oder noch ein gedanklicher Anstoß.
Hätte jemand Hitler während seiner 12. Geburtstagsfeier erschossen, wäre derjenige ein sadistischer Verbrecher gewesen. Anderthalb Jahrzehnte später hätte man denjenigen als Volkshelden gefeiert, weil er damit vermutlich Milionen von Menschen das Leben gerettet und ein Weltkrieg verhindert hätte.
Ab wann, ab welchem Zeitpunkt, welchem Tag zwischen diesen Ereignissen, wäre der Schuss moralisch vertretbar gewesen?
Würden wir jemanden aus dem Jahre 193x dazu fragen können, würde dessen Antwort allein dadurch anders ausfallen, dass er im Gegensatz zu uns vielleicht noch gar nicht hätte ahnen können, was Hitler noch anrichten würde.
Kurzum: Darüber wird es nie eine einheitliche Meinung geben, weil jeder seine moralischen Grenzen anders zieht. Das Fundament mag heutzutage einheitlich und mehr oder weniger das Gleiche sein, aber was auf diesem Fundament steht, verästelt sich und unterscheidet sich von Mensch zu Mensch in diversen Nuancen. Jede einzelne moralische Entscheidung ist in ihrer Form einzigartig.
Ich fürchte, du bist in eine ganz moderne (deutsche?) Falle getappt. Nur weil es "menschlich" ist zu handeln, wie man handelt, ist es noch lange nicht ok.
Völlig richtig. Der Mensch wird immer und immer wieder im Affekt handeln und dabei Fehler begehen. Und Mitgefühl mindert die Schwere dieser Tat nicht. Ich kann aber auch kein Mitgefühl für jemanden empfinden, der abgrundtief böse ist. Das kann ich (persönlich) einfach nicht. Im Umkehrschluss, ist jemand, der es schafft, sich mein Mitgefühl zu verdienen, nicht grundsätzlich ein böser Mensch, gleichzeitig aber auch kein Guter. Wo ich ihn auf der 1 (Gut) - 10 (Böse) Skala einordne, erschließt sich mir selbst erst dann, wenn ich ihn mit mir selbst vergleiche.
Zusammengefasst: Mir tun zwar auch die Opfer in Fantasy-Romanen leid, aber so ein echter Fantasy-Guter, der muss den Druck abkönnen ohne vom "rechten Pfad" abzukommen
Ich bin eher der Freund von Kompromissen, die auch ein bisschen die Schurkenseite des strahlenden Helden ankratzen. Macht denjenigen... menschlicher und bringt mir eher einen Bezug, mit dem ich etwas anfangen kann...
... wenn ich so drüber nachdenke, fällt mir auf, dass ich die guten Bösewichte eigentlich fast mehr mag als die Helden
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@Schreibfeder
@Ralath : Du hast jetzt nachvollziehbare Bösewichte erschaffen, aber "böse" bleiben sie dennoch.
Würde ich persönlich nicht so sagen. Mein eigenes Moralempfinden speist sich in gewisser Weise auch dadurch, ob ich eine Handlung nachvollziehen kann und wie ich selber in dieser Situation vielleicht gehandelt hätte. Das ist der Maßstab, nach dem ich dann nach Gut und Böse unterscheiden würde.
Jetzt nur folgene Frage: Wenn massenhaft Soldaten desertieren, was macht der Magier dann? Massenhaft den Deserteuren hinterher rennen und jeden einzelnen verbrennen? Klingt nicht schlecht, denn damit können die anderen Soldaten nicht mehr das Land verwüsten, weil ihnen ihr Kommandant fehlt. Zudem werden weitere Soldaten desertieren, weil nun ihre Führung fehlt.
...
Das der König von einem anderen Wesen beherrscht ist, was sich nur wehren will, macht besagtes Wesen auch nicht automatisch "gut". Es bleibt ein bösartiges Wesen, denn es hätte andere Möglichkeiten gegeben, als ein möglichst grausames Vernichten von Menschen.
Das ist natürlich alles Richtig und es wären wichtige Gedankengänge und Fragen, die man sich stellen sollte, wenn man daraus eine Handlung bauen wollte.
Wie oben schon gesagt, das Fallbeispiel war in seiner Tiefe nicht sooo ausgereift und ein Schnellschuss mitten in der Nacht. Die ganzen Argumentationslücken meinerseits und die Gegenmaßnahmen um die Bösewichte zu stoppen, überfordern mich grade ein bisschen.
Ich wollte damit nur kenntlich machen, dass jeder Charakter in einer Grauzone agiert, und der Farbton sich mit jedem Twist, jeder Szene, jeder Handlung eines Charakters und jeder Information und sogar durch das schlichte vergehen von Zeit, wesentlich ins hellere oder dunklere wandeln kann, ohne dass der Charakter zu 100% als schlicht gut oder schlicht böse abgestempelt werden kann.
Wie gesagt: Jetzt ist deine Geschichte zwar nachvollziehbar, da deine Bösewichte nicht eindimensional sind, aber sie bleiben "böse". Natürlich ziehe ich eine solche Geschichte lächerlichen HdR-Abklatsch vor, aber es kommt auch darauf an, wie es umgesetzt wird. Gibt es Mordversuche gegen den General? Versucht der Magier den König zu hintergehen? Inwieweit sind auch die Motivation der einzelnen Soldaten nachvollziehbar? Einfach nur sich sagen zu hören, dass man Befehle folgt, klappt nur bedingt. Und ein übermächtiger Magier ist auch nicht unbedingt logisch, denn warum gibt es keine anderen so mächtigen Magier? Irgendwie muss er seine Macht ja so bekommen haben. Und warum greifen die anderen Magier nicht ein? Was passiert, wenn gar ein kompletter Magierzirkel den Morden ein Ende bereiten möchte?
Puh, ich habe ehrlich nicht damit gerechnet, dass sich jemand so viel Mühe macht und dort so viel hineininterpretiert
An sich wäre das alles gar keine so schlechte Idee für einen Plot