Miri , Rainbow , danke für eure Kommentare. Es hilft mir sehr, wenn ihr mir Einblick in eure Gefühls- und Gedankenwelt gebt während des Lesens, dann weiß ich, ob ich die Story richtig rüberbringe. Weiter so!
Es geht gleich weiter !
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“Er war hier, nicht wahr? Hat er überlebt, dein teurer Kendall? Hast du einen Weg gefunden, sein wertloses Leben noch ein wenig zu verlängern?”
Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, doch angesichts des Hasses, der plötzlich in der Miene ihres Gegenübers aufloderte, fehlten ihr die Worte. Gleichzeitig erlosch ihr Zorn auf Nate wie eine Kerzenflamme im Wind und machte Dankbarkeit Platz, weil ihr Freund abgehauen war, bevor Artax ihn hatte erwischen können.
Der blonde Mann kam näher, schlenderte fast beiläufig zu ihr herüber. “Ich will deinen Teil des Versprechens einfordern, Astra.”
“Lügner!” Sie glaubte ihm kein Wort. Die Abneigung in ihm war nicht zu übersehen. Gewiss musste er wegen ihres Handels hier aufgetaucht sein, doch nicht, um ihn einzulösen. Nein, er war hier, um sie und Nate zu strafen. Dafür, dass sie nicht nach seinen Regeln gespielt hatten, dass Artax seinen Willen nicht bekam. Der Elementale der Dunkelheit wollte Rache.
Doch diese würde sie ihm nicht gönnen.
“Was denkst du, Astra? Erst du, dann dein Freund? Oder soll ich erst ihn erledigen und dich dann mit den pikanten Einzelheiten seines Todes bekannt machen?”
Voller Abscheu trat sie einen Schritt beiseite und zwei zurück, vergrößerte den Abstand zwischen ihnen. Furcht streckte die Krallen nach ihr aus. Selbst wenn sie die Trägerin des Lichtes war, er besaß die Finsternis und in seiner verkommenen Seele gab es keinerlei Hemmungen, diese mit aller Kraft einzusetzen. Sie mochte ihn aufhalten können, doch sie hatte Angst vor dem, was sie bis dahin alles sehen würde.
“Sieh dich an, Astra. Noch immer fürchtest du dich vor mir.” Er sprach leise, fast mitfühlend, doch in den kalten Augen fehlte der übliche Spott. “Und du hast allen Grund dafür.”
Sie spürte den Türrahmen in ihrem Rücken und im gleichen Moment schien Artax zu explodieren. Die Dunkelheit schoss aus ihm heraus wie Wasser aus einem geplatzten Rohr. Schwärze erfüllte das Zimmer. Binnen eines Lidschlags konnte sie nichts mehr erkennen. Finsternis lähmte ihre Augen, verstopfte ihre Ohren und schien sich wie ein Knebel um Mund und Nase zu legen. Eisige Kälte umströmte sie, greifbare, dicke Finsternis.
“Fürchte dich, Astra”, klang es dumpf aus der Nacht um sie herum. Fast schien es, als wollte die Dunkelheit in sie hineinkriechen. Kalt und schwarz drang sie wie Gift immer tiefer …
“Nein!” Wut rauschte durch ihren Körper. Zwei strahlende Lichtkugeln erschienen rechts und links von ihr, dort, wo ihre Hände sein mussten. Sie flammten auf und zerrissen die Finsternis um sie herum wie fadenscheinige Lumpen. Die Kälte wich, der Druck schwand von ihren Ohren und aus der Schwärze um sie herum schälten sich erneut die Umrisse des Zimmers.
Zum ersten Mal erlebte sie am eigenen Leib, welche Kraft in Artax wohnte und was er in der Lage war, zu tun. Ihre Wut wich erneut der Furcht, die unangenehm in ihrem Bauch stach. Sie durfte sich nicht überrumpeln lassen. Die Überlegenheit ihres Elementes reichte nicht, denn an die Rohheit und Gewaltbereitschaft ihres Gegners kam sie nicht heran.
Und wieder schien er ihre Gedanken zu erraten.
“Das ist der Unterschied zwischen dir und mir, Astra. Wir verfügen beide über unglaubliche Gaben. Doch du bist zu gutmütig, um die volle Stärke der deinen auszuschöpfen, du weigerst dich, dein Potenzial zu nutzen und dir vorzustellen, was alles möglich ist. Hemmungen und falsche Scheu werden dich immer fesseln, weil du nicht wagst, weiterzugehen. Du bist schwach!”
Er streckte die Hand aus und schwarze Tentakel zischten ihr entgegen. Wie glitschig kalte Schlangen flochten sie sich um ihren Hals und drückten ihr die Kehle zu, langsam, fast genüsslich. Entsetzt schnappte sie nach Luft, doch kein rettender Atem wollte ihre Lunge füllen. Im Nu trübte ihr Sichtfeld ein und die Beine gaben nach. Mit einem dumpfen Laut fiel sie auf die Knie.
“Siehst du, was ich tun kann?” Er kam zu ihr und sah zu, wie ihre Finger gegen die Finsternis an ihrer Kehle ankämpften, diese jedoch nicht greifen konnten. “Im Gegensatz zu dir habe ich keine Skrupel, die Dinge zu machen, die ich will.” Beiläufig hob er die Rechte und strich ihr eine lose weiße Strähne hinters Ohr. “Ich kann dich berühren. Ich kann dich töten. Was auch immer mir einfällt - du wirst mich nicht daran hindern können, weil du schwach bist.”
Die Berührung seiner Fingerspitzen schien sengende Spuren auf ihrer Wange zu hinterlassen. Ihr Ekel wuchs zu einer übermächtigen Größe heran und wandelte sich zu heißem Zorn. Sie spürte, wie das Licht in ihr drängte, wie es an der Stelle des Hautkontakts aus ihr herausquoll wie Schweißtropfen und an ihr entlang floss. Wasser gleich flutete es über ihr Gesicht, schoss an der gequälten Kehle herab über Bauch und Brust. Die Schattenschlangen, die ihr die Luft nahmen, mussten weichen, verschwanden in ihrem gleißenden Licht. Das Leuchten umhüllte sie wie eine strahlende Rüstung.
Artax schrie, als hätte er sich verbrannt, und sprang einige Sätze zurück. Er riss die Hände vors Gesicht und kniff die Augen zu, um der Helligkeit zu entkommen und stolperte beinahe rückwärts über Nates verwaistes Bett.
Voller Verachtung sah Astra auf ihn hinab. “So einfach wirst du es nicht haben. Du warst mir ein unfreiwilliger, aber guter Lehrer.”
Ein anerkennendes Lächeln huschte über sein Gesicht und seine Augen blitzten. Langsam erhob er sich und klopfte den nicht vorhandenen Staub von seinen Ärmeln. “Ich bin beeindruckt. Kaum zu glauben, dass du dich wehrst.” Hass trat in seine Augen. “Aber denke nicht, dass du auch nur den Hauch einer Chance gegen mich hast.”
Erneut füllte sich der Raum mit Finsternis, doch dieses Mal reagierte sie schneller. Ihr Laser fuhr durch die Schwärze wie ein Schwert und trennte den Schatten von der befehlenden Hand seines Herrn. Eine weitere Lichtkugel zerfetzte die dunklen Schwaden und vertrieb jeden einzelnen Rest von Artax’ Attacke. Auch einen zweiten und dritten Angriff wehrte sie ab. Ihre Gabe harmonierte perfekt mit ihren Gedanken, ja, sie schien diese nicht einmal ausformulieren zu müssen. Es war, als würde die Kraft in ihr erkennen, was zu tun war, und von selbst agieren. Die Finsternis erreichte sie nicht mehr.
Artax hatte die Fäuste geballt und keuchte leicht, während sein Blick an ihr entlang glitt auf der Suche nach einem Schwachpunkt. Es wäre der perfekte Augenblick für einen Angriff ihrerseits - doch Astra konnte nicht. Sie hatte kein Problem damit, seine Schläge zu parieren, aber selbst auf ihn losgehen wollte sie nicht - zu groß war ihre Sorge, ihn mit ihrer Gabe vielleicht zu töten.
Artax hatte damit kein Problem. Er schrie wütend und sprang auf sie zu, streckte beide Hände aus und ließ sie Strahlen aus undurchdringlicher Schwärze aussenden. Rasch riss Astra einen Arm vors Gesicht, eine Lichtwand entstand und die Schatten trafen mit einem schrillen Kreischen darauf, bevor sie, ähnlich wie Glas, in tausende Scherben zersprangen und sich anschließend auflösten.
“Ich sehe, dass es nichts bringt, dich direkt anzugreifen.” Seine Stimme klang so bedrohlich, dass Astra unwillkürlich zwei Schritte zurück machte und wieder auf dem großen Gang stand. Langsam, wie ein Raubtier auf der Pirsch, kam er ihr nach. Die schwarzen Tentakel tanzten um seinen Arm. “Nichtsdestotrotz bist auch du nur ein sterblicher Mensch. Und wenn ich dich nicht mit der Dunkelheit töten kann, zerstöre ich dich eben mit etwas anderem!”
Binnen eines Lidschlags bildeten die dunklen Schlangen um ihn herum eine feste dunkle Kugel in seiner Hand, die er mit aller Kraft nach vorn schleuderte. Astra tauchte zur Seite weg und der Schattenball traf mit einem lauten Knall auf die Glasscheibe des Patientenzimmers hinter ihr. Diese zerbarst in einem Meer aus Splittern, welche Hagel gleich auf Astra hinabpasselten. Sie hob schützend die Arme und spürte, wie sich das Glas in ihre Haut hineinbohrte, wie es diese zerschnitt. Warme, klebrige Flüssigkeit tropfte von ihren Ellenbogen hinab auf ihre Wangen, Schmerz durchzuckte sie.
Der Elementale der Dunkelheit hatte nicht gescherzt. So stark seine Gier nach ihr gewesen war, so stark war jetzt auch der Drang, sie so gekonnt und qualvoll wie möglich zu vernichten. Es musste ihm wahrhaft Genuss bereiten, sie vor sich auf dem Boden kriechen zu sehen, nachdem sie ihr Versprechen gebrochen und ihn auch noch vor den Augen des gesamten Hortes mit ihrer Flucht lächerlich gemacht hatte. Für ihn war es das Finale eines Spiels, dessen Regeln er selbst festgesetzt hatte, und er wollte dieses so hoch wie möglich gewinnen.