Ein interessantes Thema und ich stimme dir eigentlich in allen Punkten auch zu 99,99% zu
Ich glaube, über die Zeit haben sich meine Erwartungen stark verändert. Was sicherlich auch normal ist.
Man hat angefangen zu lesen, da waren die Handlungen noch recht simple, dann sollten die Geschichten langsam komplexer werden. Man hat sich nicht mehr mit "platten" Sachen zufrieden gegeben, wollte auch mal etwas anderes lesen, als immer nur das, was gerade aktuell war/ist.
Damals habe ich mich hier im Forum angemeldet, mit der Erwartung, auf Leute zu treffen, die das ähnlich sehen und die auch genug von dem Einheitsbrei haben.
Ich weiß jetzt nicht mehr, was ich direkt "erwartet" habe - eigentlich nicht viel nur eben etwas "eigenes"? Diese Individualität, die jeden einzelnen, ob nun berühmten Autor oder Hobbyschreiberling dazu veranlasst hat, sein eigenes Buch zu schreiben. Dieses "Etwas" was man anders machen wollte. Nicht nur Konsum.
Dann habe ich angefangen hier zu kommentieren und mich ebenfalls am Schreiben versucht. Dadurch hat sich mein Blickwinkel nochmals verändert.
Ich habe gemerkt, dass meine Erwartungen gewachsen sind. Das liegt vermutlich am Schreiben. Mir reicht es nicht mehr, wenn ein Bösewicht böse ist, weil Baum. Ich brauche Grauzonen - kann es aber akzeptieren, wenn angeführt wird, dass XY einfach wahnsinnig ist. Dann kommt es eben auf die Umsetzung dessen an.
Ich liebe Antihelden. Wer Antihelden im Buch hat, der hat mich als Leser xD
Und ich liebe raue Charakter, liegt vielleicht auch daran, dass ich - selbst als Frau - mich mit solchen Chars am besten identifizieren kann.
Ich bin auch mehr so der Typ "Hol ma Wodka, wir müssen über Gefühle reden!"
Genau das. Habe ich früher einfach nur Spannung erwartet und ein abgegrenztes Gut und Böse, hoffe ich heute immer auf Grauzonen oder Gründe und Motivationen. Wer mich kennt, wird wissen, dass mir - unabhängig vom Genre - der Bezug zum Charakter mit am wichtigsten ist. Ich erwarte keine sympathischen Charaktere oder Charaktere, mit denen ich mich identifizieren kann (wäre bei meiner Neigung für Serienkiller auch etwas grenzwertig ) Ich erwarte lediglich ein logisches Handeln von Figuren, die charakterlich vielleicht sogar in diese/unsere Welt passen würden. Das heißt in dem Sinne, das ich erkennen will, ob ein Autor einfach nur schreibt, um zu schreiben, oder ob er mit seinem Geschriebenen "lebt". Eine Figur kann auch völlig unlogisch handeln, bei genauerem Nachdenken aber könnte genau dieses Unlogische plötzlich Sinn machen.
Und genau dort setzt meine heutige Erwartung ein ein gutes Buch an. Ich mag es, wenn der Autor mit mir und meinen Gedanken spielt. Klar, wenn ich mir einen Krimi kaufe, dann habe ich bestimmte Anforderungen, oder eben Erwartungen an eben diesen. Und genau deshalb lasse ich mich gern überraschen, wenn man mit diesen Erwartungen bricht, oder sogar mit ihnen spielt.Gerade bei Krimis und Thriller hat man schnell ein Bild von bestimmten Sachen, was meist auch beabsichtigt ist.
Ein schönes Beispiel ist für auch heute noch "Ich bin die Nacht" von Ethan Cross. Das komplette Buch über wird man mit scheinbaren Klischee-Charakteren und einer geraden Handlung gespeist, nur um am Ende alles um 180 Grad zu drehen. Liest man das Buch nach dem Schluss noch einmal, bekommt man an vielen Stellen ein völlig anderes Bild (nicht an allen, einiges bleibt unlogisch, oder wird unlogisch xD) Aber meine Erwartungen wurden an diesem Punkt so über den Haufen geworfen, weil ich absolut nicht damit gerechnet habe.
Womit ich zum nächsten Punkt komme. Ich will mitfiebern. Ich will mit bestimmte Sachen selbst herleiten und auch zwischen den Zeilen lesen. Ich mag es nicht, wenn mir alle Details vorgekaut werden, Dinge, die man sich selbst herleiten kann, die man sich zusammenreimen muss. Deshalb müssen für mich auch nicht tausende Beschreibungen in einer Szene sein, jedes Detail ausgeschrieben und erläutert. Manchmal reichen Andeutungen, die gar nicht weiter ausgeführt werden, sondern einen einfach nur nachdenklich stimmen. Jeder Satz ins kleinste ausformuliert - dann habe ich manchmal das Gefühl, der Autor hält seine Leser für zu doof, um dieses oder jenes zu verstehen. Ich will nichts mega Anspruchsvolles für das ich erst 2 Jahre studiert oder stundenlang im Internet recherchiert haben muss -immerhin soll lesen ja auch etwas entspannend - aber ich will sprachlich auch nicht für blöd gehalten werden. Ein gewisser Anspruch darf dann schon vorhanden sein.
Was nicht mit dem nächsten Punkt gleichzusetzen ist:
* Ich mag als Leser nicht wenn der Autor nicht zum Punkt kommen kann - ich mag ausfuehrliche, detaillierte Beschreibungen gerne, aber wenn nach 100 Seiten nicht zu erkennen ist worum es in der Geschichte geht (ich kann gerne einen falschen Eindruck haben den ich spaeter korrigiere - aber wenn ich so gar keinen Eindruck habe...) - dann ist irgendwas nicht in Ordnung und das Buch disqualifiziert sich.
Stimme ich dir zu.
Ich will nicht schon alles auf den ersten 3 Seiten wissen, ich will, dass sich das Buch entwickelt, aber wenn ich nach den ersten 100 Seiten noch immer keinen Faden erkennen, noch immer im Dunkeln tappe und einfach nicht nachvollziehen kann, wohin sich das entwickelt, dann verliere ich die Lust. Weil das schnell den Eindruck erweckt, als wusste nicht mal der Autor, wohin er mit der Geschichte will, wie soll ich das dann als Leser herausfinden?
Genre... kann ich ehrlich gesagt nur mit der Grobeinteilung was anfangem, ich gestehe dass ich keine Ahnung habe wo der Unterschied zwischen High Fantasy und Low Fantasy anzusiedeln ist obwohl ich jetzt schon recht lange Fantasy-Leser bin (wenn mir das mal jemand erklaeren will, gerne). Daher bin ich auch nicht leicht zu enttaeuschen wenn jemand das Genre wechselt.
Den Unterschied habe ich auch nie so recht verstanden, weil der nicht so gravierend ist, dass man es klar voneinander abgrenzen könnte. Keine Ahnung. Ich glaube die Grobe Unterscheidung liegt im Aufbau der Welt.
High-Fantasy: Meist eine große Welt; eine klare Gestaltung von Gut und Böse; die Welt muss gerettet werden; der Erzählstil ist besonders episch.
Bei Low-Fantasy: wird oft Conan als Beispiel genannt; eine "kleinere" Welt bei der nicht die Rettung einer ganzen Welt im Mittelpunkt steht, sondern eher das Schicksal des Protas, weniger episch und die Abgrenzungen zwischen Gut und Böse verschwimmen;
Ob das wirklich so ist, keine Ahnung. Für mich ist die Unterteilung eher unnötig kompliziert und sinnlos