Heyho.
Ich steige mal ein.
Leute sperren
Im Moment wird auf sozialen Medien, wie Facebook, von Leuten, die ich mag, häufig geäußert, dass sie Leute Sperren, die nicht ihrer Meinung sind.
Was für uns alle schwierig ist: Die Reizüberflutung: Permanente "Informationen", so schnell, daß sie die meisten nicht oder nur teilweise verarbeiten können. Zu jeder geäußerten Meinung in Sekundenschnelle eine Gegenmeinung. Ständige Aufforderungen, etwas zu "liken" oder Scheisse zu finden. Und der (tatsächlich nur scheinbare Druck) sofort reagieren zu müssen.
Mal ehrlich: Das Massaker der Hamas und alles, was sich minutengenau danach welt weit über's Internetz verbreitet hat, hätte vor 30 Jahren etwa so ausgesehen:
Die Nachricht wäre abends um 20:00 Uhr in der Tagesschau gewesen. Die nächsten und neuesten Infos dazu etwa zur gleichen Zeit, einen Tag später. Und dann wieder einen Tag später.
Wir wurden informiert, aber in für unser Hirn erträglichen Dosen.
Uns fehlen heute einfach die Pausen. Liegt auch an uns selbst: Die meisten machen den Bockmist ja mit. Früher war ich froh, wenn die Leute in der Strassenbahn nicht soviel dummes Zeug gequatscht haben. Heute habe ich eher davor Angst, wenn die Bahn vollbesetzt ist, aber jeder nur noch auf sein Telephon starrt.
Die Menschheit verwandelt sich in einen Haufen Smombies. Und schlimmer noch: Weil sie nicht mehr miteinander reden, geht die Fähigkeit der Debatte, der Diskussion und des Meinungsaustausches immer rasanter verloren. Dann läuft es nur noch auf "Mag ich" "Mag ich nicht" hinaus. Und das ist der Scherbenhaufen und Grund dafür, warum Leute andere "sperren". Vom mündigen Menschen zum grenzdebilen Idioten im Sandkasten: "Mit Dir spiele ich nicht mehr".
Sollte man sich als Autor von allen Klippen fernhalten?
Ein Autor sollte sich von gar nichts fernhalten. Besser noch: Die Frage darf sich eigentlich gar nicht erst stellen, denn dann haben wir schon einen Schritt in die falsche Richtung gemacht...daß nämlich ein Autor sich im Vorfeld des Schreibens bereits Gedanken darüber macht, wie er sich formulieren "soll" (darf/kann etc.). Tut er das hat er bereits eine Vorzensur akzeptiert, an der jede schriftstellerische Impulsivität und Kreativität scheitern muß.
Er beschränkt sich schon im Vorfeld selbst. Wer so eine Geschichte startet, schreibt keine mehr, zumindest keine gute. Schöpferischer Geist lebt von frechen und ungehobelten Ideen. Und sich darüber zu erregen und darüber zu streiten - wenn es denn etwas darin zu streiten gibt - ist das nicht das, was Kreativität, also den schöpferischen Prozeß überhaupt erst einmal ausmacht?
Den gegenseitigen Austausch?
Wer hat denn das Recht, sich ein Recht anzumaßen, was "richtig" oder "falsch" ist an der Wortwahl in einem Text??
Michael Ende zum Beispiel ist sicherlich kein Rassist, ganz im Gegenteil. Er hat Herrn Ärmel das Wort „Neger“ nutzen lassen, um den spießigen Charakter zu charakterisieren. Heute würde er es sicher nicht so einsetzen. Die Verlagsentscheidung diese Stelle zu entschärfen ist daher möglicherweise in seinem Sinne. Aber wer weiß das?
Michael Ende ist tot. Ob er das Wort "Neger" heute nicht mehr einsetzen würde, bezweifele ich. Das sich sein Verlag posthum entschieden hat, das Wort nicht mehr zu verwenden, ist schlichtweg eine Unverschämtheit dem Autor und eine Frechheit dem Leser gegenüber (da er den Autor nicht mehr in der originalen Fassung zu lesen bekommt). Grob gesagt: Hier wird Schönrederei und Lüge (denn das ist es: Das Manuskript eines Schriftstellers ohne sein Einwilligung dahingehend zu verändern, daß es dem Zeitgeist entspricht) Tür und Tor geöffnet.
Wer das mag: Kauft die Neuausgaben.
Was machen wir mit offensichtlichen Rassisten wie Lovecraft, der große Literatur verfasst hat, aber in Teilen sehr problematisch ist?
Ich kann das nicht mehr hören: "Was machen wir mit..."
"Wir" machen da gar nichts mit. Was Du damit machst, würde ich gerne mal hören. Damit es nicht so schwer ist:
Ich mache mit dem Umstand, daß H.P.Lovecraft Rassist (war er das? Woran machst Du das fest? An seiner oder an unserer Zeit???) war gar nichts. Er war ein Kind seiner Zeit und hat uns, darin geboren, aufgewachsen und gestorben einige der intensivsten Horrogeschichten hinterlassen, die ich kenne.
Wer will der Richter über H.P.Lovecraft und seine Geschichten sein?