Also der Großteil meiner Vorstellung vom „Mittelalter“ ist definitiv von Hollywood und irgendwelchen Büchern geprägt. 😃 Das ist gar keine Frage. Zum Beispiel zur Verbreitung der Fähigkeit zu Lesen 😄
weil es eine solche Person auch nicht gab.
Zumindest konnte ich in keinem der Texte einen Hinweis darauf finden, daß im Falle von öffentlichen Hinrichtungen (egal in welcher Zeit) irgend jemand vor der Vollstreckung des Urteils dieses nochmal der versammelten Menge vorher verlesen hätte.
Da ziehe ich irgendwie andere Schlussfolgerungen daraus. Vielleicht war diese Aufgabe auch einfach nur wenig förmlich (statt Verlesen eines geschriebenen Urteils, das Verkünden der wesentlichen Entscheidung - die ja vielleicht auch einfach kurz und bündig mündlich abgehandelt worden war).
Ich finde es nachvollziehbar, dass es da keine allgemeinen Regeln so einer möglichen Aufgabe gab. Das ist ein kleines Detail, da gab es wichtigere Angelegenheiten (das materielle Recht, die Vollstreckung an sich, das „Gerichtsverfahren“). Und letztlich war ja sowieso alles (je nach Personen) mehr oder weniger willkürlich. Da galt es, die Großen Dinge zu regeln, schätze ich, und nicht so ein popeliges zweites Verkünden.
Und auch aus der Perspektive von Zeitzeugen… falls es solche Berichte überhaupt gibt… mag der Fokus auf der konkreten, grausamen Vollstreckung gelegen haben.
Zurück zur ursprünglichen Frage:
Wer bei Wikipedia das Wort "Büttel" eingibt, bekommt zur weiteren Suche zumindest folgende Begriffe:
"Scherge, Gerichtsdiener, Fronbote, Büttel, Bannwart, Ausrufer."
Keiner dieser Namen erfüllt das Kriterium, nach dem gefragt wurde.
Aber nur, wenn man die Frage wortwörtlich nimmt. Wenn man zu der Antwort kommt, dass es kein entsprechendes Amt nur für eine solche Aufgabe gibt, aber vielleicht ab und an trotzdem jemand was vor der Hinrichtung gesagt hat, können auch Büttel eine Rolle spielen. Oder eben Minister.
Ich kann mir gut vorstellen, dass das übliche Tagesgeschäft an Vollstreckungen ohne großes Trara von statten ging. Da waren keine großen Gewaltenteilungsgedanken dahinter und wahrscheinlich gab es jetzt auch nicht ständig Hinrichtungen; also brauchte man kein eigenes Amt für eine „Verkündung“. Wie du das geschrieben hast, hatte ja selbst der Scharfrichter weitere Aufgaben und Nebeneinkünfte (ob er die jetzt unbedingt brauchte oder ob sie ihn [später] nur reich machten, weiß ich nicht; er hatte jedenfalls Zeit für die Sachen).
Aber das da jemand wenigstens mal gesagt hat, was der Verurteilte verbrochen hat, halte ich grundsätzlich schon für realistisch.
Wenn man einen öffentlichen Platz wählt und nicht das Hinterzimmer einer Hausmeisterwohnung, dann will man ja die öffentliche Wirkung der Vollstreckung. Nach meiner Vorstellung aus dem Geschichtsunterricht waren da auch tatsächlich häufiger mal Zuschauer. Lässt man die jetzt einfach so stehen, zieht so sein Ding durch und haut dann wieder ab?
Ausgeschlossen ist das nicht; das kann schon an manchen Orten so gewesen sein. Aber ich halte das nicht für zwingend generalisierbar. Ich glaube, dass mehrere Beteiligte ein Interesse daran hatten, dass da jemand nochmal auf die Tat hinweist. Zum Beispiel König/Graf/Gutsherr/oder wer auch immer gerade Recht spricht, um nicht als willkürlich zu erscheinen + um die abschreckende Wirkung zu sichern („wer XY tut, wird bestraft“).
Ja, in kleineren Orten, mag Tat und Urteil sowieso bekannt sein, aber kann man das auch in größeren Orten voraussetzen? Was ist mit Fällen, die in der Umgebung begangen wurden und in der Stadt abgeurteilt werden? Hinzukommt vielleicht noch Volk, das nicht immer anwesend ist, etwa Seefahrer, Händler oder so.
Und auch die bei der Vollstreckung vor Ort befindlichen Personen konnten ein Interesse an einem Hinweis auf das Urteil haben. Laut Internet kam es vor, dass die Menge bei falscher Ausführung der Hinrichtung den Scharfrichter tötete. Die Scharfrichter werden in ihrer Ausbildung von solchen Vorfällen gehört haben. Da sie gesellschaftlich sowieso nicht geachtet waren, war dieser Lynchmop vielleicht auch eine konkret wahrnehmbare Bedrohung. In solchen Fällen liegt es nicht so fern, dass man auf die Idee kommt, vor der Hinrichtung auf das amtliche Urteil hinzuweisen (und damit die Menge auf den hoheitlichen Auftrag hinzuweisen und die eigene Verantwortung ein Stück wegzugeben).
Die Urteilsverkündung obliegt einem seiner Minister.
Ist dein Szenario eher mittelalterlich, würde ich dann tatsächlich den eingangs erwähnten Herold verwenden.
Denn der ist ja für adelige Zustände zuständig.
Wenn der Herold als eine Art Botschafter fungierte, passt die Einbindung meines Erachtens nicht so gut. Das Nicht-Tragen-Dürfen von Waffen klingt ein bisschen nach einer symbolischen Sache. Der Herold als friedvolles Wesen, das aus den weltlichen Gewaltvorgängen herausgehalten wird. Ihn jetzt auf ein Schafott zu stellen, verändert sein Bild.
Liebe Grüße
M.