Beiträge von Jufington

    Akrah (3/3)



    Der Heilige Staat

    Die Akrahnische Gesellschaft heute ist auf dem Grundpfeiler des Vultismus aufgebaut. Der Glaube bestimmt alles von Rechtssprache über Militär, Bildung, bis hin zu Aussenpolitik. Zu'Alim, als Staatsoberhaupt und Anführer des Glaubens, hält absolute Macht und spricht den Willen der Götter. Er hat das Land nach deren Vision wiederaufgebaut und ihm zumindest einen Teil seiner einstigen Grösse zurückgegeben.

    Akrah ist noch immer ein weites, wildes und teilweise sehr leeres Land. Es gibt die grossen Städte in Johriwaq, wo sich auch die Hauptstadt Baschnut befindet. Darüber hinaus gibt es die antiken Städte im Sakal-Tal, die dicht besiedelten Flutebenen um den Fluss Fawar und einige wichtige Hafenstädte entlang der Handelsrouten.
    Dazwischen befinden sich oft nur hunderte von Meilen Wüste, Gebirge, Buschland und Dschungel. Kleine, isolierte Dörfer durchbrechen die Einöde. Mikrokosmen, die sich wenig um das Geschehen in den Palastgärten von Baschnut scheren.
    Zu'Alim hat alle Zeichen von Stammeszugehörigkeit verboten, dennoch tragen viele Akrahnis stolz die Farben und Muster ihrer Clans und leben weiter ihre Traditionen.

    Akrah ist ein vielfältiges Land und es gibt wenig, was es zusammenhalten kann, wäre da nicht Narqhat, die gemeinsame Sprache aller Akrahnis, sowie der Drang, gemeinsam etwas grosses zu schaffen, der sogar einen eigenen Namen erhalten hat: Haqrushmat.
    Haqrushmat ist die Botschaft, die Zu'Alim predigt und in einem kleinen Büchlein zusammengefasst hat. Eine glorifizierte Version akrahnischer Geschichte, kombiniert mit einer Reihe von Liedern und Versen über die Wichtigkeit von Zusammenhalt und einer Warnung vor der drohenden Apokalypse. Haqrushmat wird in den Schulen der grossen Städte gelehrt, deren Besuch seit kurzem obligatorisch ist, sowie in den Dörfern durch Zu'Alims wandernde Priester gepredigt.



    Die Völker von Akrah

    Heute lebt im Heiligen Staat Akrah eine Vielzahl von Völker.

    Ganz im Süden leben die Menschen von Ilwah in ihren Blätterbedeckten Dörfern hoch in den Baumkronen.

    In den Hochebenen von Ishqat leben hochgewachsene Ziegenhirten mit dunkler Haut und Gewehren, mit denen sie angeblich auf eine halbe Meile Entfernung einen Schakal ins Herz treffen können.

    In den Flutebenen rund um den Fluss Fawar leben friedliebende Bauern und Mönche, die ihre Zeit lesend im Schutz von wasserumringten Zitadellen verbringen und ihr Wissen im Tausch gegen Nahrung mit den Bauern teilen.

    In den Bergen von Hiljat leben die Gorjani, ein äusserst schweigsames und genügsames Volk von Hirten, die den harten Boden ihrer steinernen Hütten jedem Bett bevorzugen. Sie gelten als begnadete Kunsthandwerker, meiden aber den Kontakt zur Aussenwelt. Man sagt, sie lassen ihre Toten von wilden Tieren fressen und pflegen noch immer eine Verbindung zu den heidnischen Götzen ihrer Ahnen.

    In dem schier endlosen Sandmeer von Muraat leben die Threknaari, ein stures Volk, versessen auf Pflicht und Ehre, welches seine Herden durch die Wüste führt, immer den Linien von unterirdischen Flüssen und Quellen folgend, deren Geheimnis sie mit ihrem Leben beschützen. Die Threknaari legen Konflikte mit Duellen bis zum ersten Blut bei. Sie vergiften ihre Kopesh dabei mit der Rose von Gasou, einer Blume, die nur bei Kontakt mit Wasser ihre blauen Blüten aus ihrer trockenen, stachligen Hülle schält.
    Der Verlierer des Duells wird in nahezu allen Fällen durch das Gift sterben, aber ihm bleibt genug Zeit, sich bei seiner Familie für seine Schmach zu entschuldigen und ausserhalb des Stammes einen ruhigen Ort zum Sterben aufzusuchen.

    Ein unterlegener Duelant der Threknaari bittet seine Familie um Verzeihung - Bild generiert durch Midjourney

    Im Sakal-Tal und den Bergen von Akrahniwaq lebt rund die Hälfte der ethnischen Akrahni in Städten, die vor Geschichte nur so strotzen. Einige der reichsten und mächtigsten Familien des Landes verweilen noch immer hier und geniessen es, wenn die Regierung um ihre Gunst werben muss, sei es die Stimme der Götter oder der Schah.
    Das Volk dieser Ur-Akrahni gilt als stolz, fromm und konservativ. Sie bekleiden seit Jahrtausenden der Herrschaft zahlreiche offizielle Ämter und sind als Seefahrer auf dem ganzen Kontinent anzutreffen.

    Und letztendlich im fruchtbaren Johriwaq im Norden des Landes leben die Johri. Sie sind so zahlreich, dass sie von manchen für die eigentllichen Akrahni gehalten werden. Ein Volk von Händlern, Bauern und Administratoren, deren redselige Art sich mit allen gutstellt und die viele Verbindungen zu den Kadraniern, Vodraskis und Zégornern pflegen.
    Die Mehrheit der Akrahni, die nach der Maisfäule das Land verlassen hatten, sind eigentlich Johri. In ihren verschiedenen Wahlheimaten haben sie sich ein gutes Leben als Bänker, Winzer, Händler, Kämmerer, Schreiberlinge und Steuerbeamte aufgebaut.
    In Der Heimat sind die Johri für ihren hervorragenden Wein und köstliche Küche, sowie für ihre Webkunst und Textilfärbereien bekannt.


    Der Vultismus

    Jahrtausende lang praktizierten die Akrahi die Riten des Novultismus. Sie hatten den Glauben an die Götter ohne Gesicht und Namen begründet und ihn weit über die Grenzen ihres Landes hinausgetragen. Doch in der Vision von Zu'Alim Ma'Kha offenbarten die Götter ihre Identität. Die Novultistische Lehre besagt, dass sie dies nur in zwei Fällen tun: Wenn sie der Menschheit für ihre Sünde verziehen haben und bereit sind, ihr das Geschenk der Sicht zu machen, sie zu einem höheren Status des Seins zu erheben und jegliches Unrecht und jede Gewalt in der Welt zu beenden. Oder aber, wenn die Götter ihrer Schöpfung überdrüssig sind und sich entschlossen haben, sie zu vernichten, wenn sie den Lehm der Welt wieder zu einem Klumpen formen und ihr Werk von neuem beginnen.
    Zu'Alims Vision liess die Meere nicht kochen, die Berge bröckeln und die Flüsse zu Teer werden. Ihm zufolge kann dies nur bedeuten, dass sich die Menschheit nun in einem Status der Ungewissheit befindet. Die Götter sind unentschlossen - sie haben noch nicht über das Schicksal der Menschheit entschieden und müssen nun von ihrer Rechtschaffenheit überzeugt werden.

    Die Identität der Götter - zumindest der Gruppe, die vor Zu'Alim getreten war, hat der Prophet im Büchlein Haqrushmat niedergeschrieben.

    Als Erstes erschien ihm Mulaiq, ein Fürst unter Göttern und ein Sprecher von Recht und Ordnung.

    Seine Gemahlin, Saabschi, kam als Zweites. Die Lebensspenderin wacht über Fluss und Meer.

    Ihre Schwester, Thuraba, bringt den Regen und spricht mit der Stimme des Donners.

    Als Viertes kam Baktusch, der Steinmetz der Berge und Gärtner der Wälder.

    Seine Tochter, Muthara, wacht über den fruchtbaren Boden, das grüne Gras und die Tiere, die darauf weiden.

    Niqwaat und Dhawaat erschienen als sechstes und siebtes. Die eine zieht tagsüber Urol über den Himmel, der Andere Nachts Magra.

    Laehat, der Ränkeschmied des Schicksals, kam als Achtes und stellte dabei auch den letzten vor - den schweigenden Almwuh, Sammler der Seelen.

    Der Gedanke eines Pantheons erschien zunächst vielen Akrahnis archaisch. Die Menschen im Süden des Subkontinents von Kalihadra beteten solche Gottheiten an, oder die Menschen des Fernen Ostens. Hier aber war man sich die Götter ohne Gesicht und Namen gewohnt. Die Idee einer überirdischen Macht schien vertrauter als das klare Bildnis eines mystischen Wesens.
    Doch in den abgelegenen, von Stämmen geprägten Regionen fand der Pantheon grossen Anklang. Dort, wo man auch die novultistischen Götter nie akzeptiert hatte, schienen diese neuen Gottheiten ein akzeptabler Kompromiss zu sein.
    Über die bald zwanzig Jahre von Zu'Alims Herrschaft hatte sich das anfängliche Misstrauen in überzeugten Glauben verwandelt. Die weissen Tempeltürme von Baschnut sind nun alle einer der Gottheiten gewidmet. Jede von ihnen hat eine eigene Priesterschaft, einen eigenen Feiertag und eigene Bräuche. Am Tag von Thuraba feiert man das Ende der Trockenzeit, am Tag von Muthara nehmen die Hirten ihre Schafe und Ziegen in das Buschland hinaus und der Tag vom Götterfürsten Mulaiq fällt auf den Geburtstag von Zu'Alim.

    Einer der wichtigsten Riten der Akrahni ist die Sternenprüfung, die Wadnja. Bereits zu novultistischen Zeiten mussten alle jungen Anhänger des Glaubens durch die Götter in ihrem Wert geprüft werden. Dazu machen sie sich nackt und alleine auf die Reise zu einem nahegelegenen Najmaldyra, einem Steinkreis, umgeben von hohen Säulen, meist mitten in der Wildnis. Dort verbringen sie eine Nacht in Meditation, bevor sie sich als gesegnete Erwachsene zurück in ihr Dorf begeben.

    Ein Pilger unterzieht sich der Wadnja - Bild generiert durch Midjourney


    Eine hoffnungsvolle Zukunft

    Die Menschen von Akrah leben heute unter der Kontrolle des heiligen Staats. Sie müssen sich nach dessen Regeln richten, aber ansonsten geht es ihnen gut. Die Hungersnot ist vorüber und der Handel fliesst wieder. Akrah hat im Vergleich zu Ardonien und Vodrask keine Kolonien und keine Manufakturen, die in grosser Menge Waren produzieren. Seine Armee ist unorganisiert, die Kriegsflotte in desolatem Zustand. Trotzdem sind alle Bedingungen erfüllt - der Aufstieg in eine neue Ära der Industrialisierung nur eine Frage der Zeit.
    Zurzeit ist der Frieden gesichert, doch Zu'Alim wird alt. Seine Zunge ist nicht mehr so scharf, wie sie einst war und er muss sich auf die Suche nach einem Nachfolger begeben, der die Legitimität seiner Herrschaft wahren kann.
    Gleichzeitig richtet sich sein Blick nach Norden, wo der Krieg zwischen Ardonien und Vodrask tobt. Der Traum von der Wiederherstellung akrahnischer Glorie bleibt bestehen, Zu'Alim wartet bloss auf eine Schwäche, die er ausnutzen kann. Darin war er schon immer gut und er ist fest entschlossen, seiner Herrschaft ein denkwürdiges Finale zu setzen.

    Der Subkontinent Kalihadra heute

    Akrah (2/3)

    Der Sterbende Löwe

    Die nächsten Jahrhhunderte sahen den Aufstieg des Vodraskenreichs und das Aussterben seiner Greifen, der Aufstieg des Feudalismus und die Entwicklung der Plattenpanzer, das Schisma zwischen Novultisten und Zarimisten und die Bildung einer komplexen politischen Landschaft, deren Zentrum nicht länger Akrah war.
    Akrah blieb einflussreich, aber neben dem Greifenreich schien seine Macht zu verblassen. Lange blieben seine Schahs damit beschäftigt, seine weiten Territorien und die duzenden Kulturen innerhalb seiner Grenzen zusammenzuhalten. Das Reich schien von einer Krise zur nächsten zu springen. Erst mit dem Tod der Greifen erkannte der Schah einen Hoffnungsschimmer und begann mit einem Plan, seine Macht auszuweiten.
    Er führte Grenzkonflikte mit dem langjährigen Rivalen Akrahs, dem Sultanat von Khareem. Mit der Eroberungen von Inseln an der khareemischen Küste härtete er seine Kontrolle über die südlichen Kadranischen Fürstentümer, die schon lange Tributstaaten Akrahs bildeten.
    Der Handel, der in die Fürstentümer floss, wurde durch Akrah kontrolliert und ihre Adelsgeschlechter zunehmends durch akrahnische Familien ersetzt.
    Doch die normalerweise machtlose Kadranische Liga blieb dieses Mal nicht tatenlos. Das Schutzbündnis zwischen den Fürstentümern rief Podrowos I, den König der Vodraskis um Hilfe. Diesem war Akrah schon lange ein Dorn im Auge und er nutzte diesen Feldzug als Chance, dessen Einfluss zu dämmen.

    Ein akrahnischer Späher im Krieg des Sterbenden Löwens - Bild generiert durch Midjourney

    Der Krieg des Sterbenden Löwen, als den der Konflikt später bekannt wurde, dauerte elf lange Jahre. Die Armeen Vodrasks und die der vereinten Fürstentümer zogen von Dorf zu Dorf und vernichteten alles, was ihnen im Weg stand. Die Verteidiger leisteten erbittert und mit allen Mitteln Widerstand. Sie überfielen Versorgungstrosse, legten Fallen, setzten Lager in Brand und verseuchten Oasen und Wasserlöcher mit Aas.
    Zehntausende Vodraskis starben, als sie immer tiefer in das Land drangen, bis zur unbarmherzigen Wüste von Muraat, die nur von Einheimischen durchquert werden kann.
    In der Oasenstadt Souanem Ghoreh gelang es den Vodraskis schliesslich, den geflohenen Schah gefangen zu nehmen und ihn zur Kapitulation zu zwingen.
    Was danach geschah, ist Geschichte. (Siehe Post zu Podrowos, Zweiter seines Namens)
    Der süsse Sieg der Vodraskis wurde schnell bitter, als Podrowos während seiner Siegesparade ermordet wurde. Der Täter war ein Akrahnischer Nationalist, der aufgrund seines Klumpfusses nicht bei der Verteidigung seines Landes helfen konnte.
    Die Besatzer verliessen nach dem Attentat fluchtartig die Hauptstadt und machten sich auf den langen Heimweg, um den Leichnam des Königs in Krusk bestatten zu können.
    Eine erneute Welle von Partisanenangriffen suchte sie beinahe sofort heim und verwandelte ihre Flucht in einen Kampf ums überleben, als die Invasoren führungslos durch die Wüste irrten, sich in kleine Gruppen spalteten und in ständiger Angst vor weiteren Überfällen lebten.

    Somit blieb Akrah seiner Kapitulation zum Trotz ein freies Land. Die Fürstentümer waren endgültig verloren, aber der Schah wurde von seinen Anhängern aus dem Kerker befreit und nahm sein Amt wieder auf.


    Die Maisfäule

    Nach dem Krieg begab sich Akrah zunehmend in Isolation. Während die stärkeren Mächte zu seinem Norden die Kolonialisierung der Neuen Welt begannen und selbst Iskriya zu seinem Osten sich in den unbesiedelten Gebieten Kalihadras ausbreitete, Begannen die Akrahnis lediglich mit der vorsichtigen Erschliessung des Ilwah-Dschungels zu seinem Süden. Die Schahs währten sich in der Hoffnung, durch Zurückhaltung Sicherheit und Stabilität wahren zu können, doch die Probleme gelangten bald schon von Aussen nach Akrah.

    Die genaue Herkunft des Übels ist unbekannt, manche glauben, es sei ein Pilz, der ursprünglich Hirse in der Neuen Welt befallen hatte. Sicher ist, dass er auch am Mais der alten Welt grossen Gefallen fand.
    Der Befall breitete sich rasend schnell aus. Erst im Westen des Landes, dann über ganz Johrawaq bis über die Landesgrenzen - in den Süden von Kadranien und Vodrask. Tausende von Tonnen Korn verwandelten sich in Gift. Wer kontaminiertes Korn ass, egal ob Gebacken oder Gemahlen, riskierte Krämpfe, Lähmungen, Wahnsinn und den Tod. Millionen von Menschen wurden vor die Wahl gestellt, ob sie das dem Hunger vorzogen. Eine Million weitere packte ihre Sachen und suchte das Weite. Sie zogen in die Wüste, oder den tropischen Süden des Landes. Nach Kadranien, Zégorne und vor allem in die neue Welt. Akrahnis hatten als Händler und Bänker einen respektablen Ruf und waren als Söldner beliebt.
    Diejenigen, die zurückblieben, fanden sich in einem gescheiterten Staat wieder. Die Armee des Schahs fand sich unfähig, den Exodus aufzuhalten, die aufgebrachten Massen zu beruhigen und erst recht, das Leiden zu mildern.
    Die Maisfäule schlug nach Jahrtausenden der Herrschaft den letzten Nagel in den Sarg des Imperiums.
    Der Schah und seine Familie flohen zur Insel von Daruk'Wa, ein Stadtstaat im Osten des Kalihadrischen Golfs. Was auch immer von seinem Hofstaat geblieben war, nahm er mit und liess bloss das hungernde Volk zurück.


    Die Stimme der Götter

    Nur Tage nach der Flucht des Schahs sammelte sich das Volk um eine neue Figur. Zu'Alim Ma'Kha, ein ehemaliger Beamter aus der Hauptstadt Baschnut. Auch er hatte unwissentlich von dem befallenen Mais gegessen und war schwer erkrankt. In seinen Fieberträumen sind ihm die Götter ohne Gesicht und Namen erschienen und ihn davor gewarnt, dass dieses Unglück bloss der Anfang sei. Das Volk von Akrah habe ihre Gunst verloren und dies war seine Strafe. Sie informierten Zu'Alim, dass die ganze Welt ein noch viel schlimmeres Schicksal erleiden würde, sofern die Menschheit nicht von ihrem zerstörerischen Pfad abkäme.
    Nach seiner wundersamen Genesung bekleidete Zu'Alim ohne formelle Ausbildung das Amt eines Priesters und begann zu predigen. Ganz nach dem Vorbild Zarims zog er durch Baschnut und die umliegenden Orte und warnte vor dem baldigen Unheil. Seine Reden schürten Angst und Hass auf den Schah, der zu der Zeit noch in Baschnut weilte. Die Nachricht um den Wanderpriester, der als "die Stimme der Götter" bekannt wurde, verbreitete sich in Windeseile und als der Schah schliesslich floh, standen die Palasttore in Baschnut für Zu'Alim offen.
    Innerhalb weniger Monde gelang es ihm und seinen Anhängern, das Machtvakuum zu füllen und die Satrapen und Generäle in den Provinzen zu überzeugen, sich ihrer Mission anzuschliessen.
    Der Heilige Staat Akrah war geboren. Und glücklicherweise für Zu'Alim begann mit seinem Aufstieg auch die Milderung der Hungersnot.

    Das Volk lauscht Zu'Alims feurigen Reden - Bild generiert durch Midjourney


    Der Wiederaufbau des Landes blieb eine schwere Aufgabe, doch die Ordnung war gesichert. Zu'Alims feurige Reden entzündeten Euphorie und die Angst vor der Apokalypse hielt die Leute ruhig und folgsam.
    Seine Vision veränderte für immer das Bild, welches die Menschen von den Göttern hatten. Die Vision kleidete ihre Gestalt erstmals in menschliche Form und machte die alten Lehren des Novultisms bedeutungslos. Unter der Führung von Zu'Alim folgten die Leute von nun an einem neuen Glauben: Dem Vultismus.

    Das Recherche ausufern kann, kenne ich nur zu gut. :D Noch schlimmer habe ich es mit Worldbuilding - da will ich eigentlich eigentlich nur den Namen eines Dorfes und eine Stunde später bin ich wieder eine Seite Lore reicher, im Kapitel aber eigentlich überhaupt nicht weiter gekommen.

    Wenn ich etwas recherchieren muss, passiert es mir gerne mal, dass ich mein Geschreibsel so sehr auf dieses neue Wissen fokussiere, dass ich wahrscheinlich viel mehr dazu schreibe als nötig. Ich habe auch schon jeden Arbeitsschritt beim Ausnehmen eines Hasen oder die gesamte Organisation eines frühneuzeitlichen Heerlagers beschrieben.

    Benutzt ihr bestimmte Tools für die Recherche und das Sammeln von euren Informationen? Oder nervt euch Recherche eher und ihr quält euch da irgendwie so durch?

    Mittlerweile eigentlich primär KI und sekundär via Youtube oder die Websuche. Die Infos schreibe ich dann eigentlich selten auf, nur wenn sie in Entscheidungen für die Story oder das Worldbuilding resultieren.

    Diese landen dann irgendwo in den Untiefen meines OneNotes oder in einem meiner unzähligen Textfiles.

    Und was war eigentlich die spannendste, nervigste oder witzigste Recherche, die ihr je betrieben hat?

    Die nervigste betrifft wahrscheinlich Dampfmaschinen. Ich habe selber wenig technisches Verständnis und musste mir einprägen, wie eine Dampfmaschine funktioniert und vor allem welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, wenn man eine VOR der eigentlichen industriellen Revolution bauen möchte.

    Akrah (1/3)

    Im Süden der beiden zerstrittenen Grossmächte von Vodrask und Ardonien liegt ein Land, welches mit beiden von ihnen offene Rechnungen hat. Ein Land, welches sich ungern damit zufrieden gibt, nur ein Zuschauer in diesem Konflikt zu sein. Einst die Wiege der Zivilisation, das Reich der Philosophen und Gottkönige. Vorreiter der westlichen Kultur und gleichzeitig deren ewiger Widersacher. Dies ist der heilige Staat Akrah.

    Zwei moderne akrahnische Krieger aus dem Norden des Landes. Ein Musketier und ein Alqarib, üblicherweise ein Sohn einer einflussreichen Familie.


    Die Herrscher des Sakal-Tals

    Die Gelehrten Akrahs behaupteten schon seit je her, dass alle Grundgesetze des Westens ihren Ursprung in ihrem Land hatten. Ihre nördlichen Kollegen belächelten diese Selbstverherrlichungen lange, bis Ardonische Forscher vor wenigen Jahren eine Entdeckung in einem Höhlensystem im Sakal-Tal machten: Beschriftete Steintafeln innerhalb einer Grabstätte, viele tausend Jahre alt, mit dem ältesten je gefundenen Kalender. Die Wochentage - Dorut, Noschut, Caralut, Jedrut, Laschjut, Sakhrut und Vidnut - sind zweifellos akrahnischem Ursprung. Ebenso das Konzept der Götter ohne Gesicht und Namen, sowie die Basis der Schrift, die heute noch in Kadranien, Zégorne und Palus verwendet wird.
    Das Alter dieser Steintafeln wird auf über achttausend Jahre geschätzt. Viertausend Jahre älter als die ältesten Funde nördlich des Harandin.

    Das Sakal-Tal besteht aus fruchtbaren Flutebenen und Oasen, die sich alle um einen mächtigen See sammeln. Mit der Domestizierung der Maispflanze entstanden hier zahlreiche Stadtstaaten, die um die Vorherrschaft im Tal rangen. Einige dieser Städte, wie Rhenut, sind bis heute besiedelt geblieben und haben noch immer die antiken Tempeltürme aus Lehmziegeln in ihrer Mitte.

    Die Völker von Sakal waren nicht die einzige Kultur des heutigen Akrahs, bei weitem nicht. Dieses riesige Land war zu der Zeit die gesamte antike Welt, mit Kulturen, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten. Doch die Städte von Sakal waren die reichsten und mächtigsten. Und schon bald erlernten sie die Kunst der Seefahrt und verbreiteten ihre Kultur entlang der Küste. Sie gründeten Kolonien - teilweise weit ausserhalb der heutigen Landesgrenzen - und weiteten ihren Einfluss aus. Irgendwann standen die Stadtstaaten von Sakal unter dem Banner eines einzelnen Shahs und irgendwann herrschte dieser Shah über dieses gesamte Land, was von nun an als Akrah bekannt wurde.


    Das Goldene Zeitalter

    Von da an begann die Blütezeit Akrahs. Handelsrouten bis in alle Winkel des Kontinents entstanden, kleinere Stadtstaaten und Stämme wurden unterworfen und zu Tribut gezwungen, die Gefangenen als Sklaven nach Hause gebracht, um Paläste, Bewässerungsgräben, Mauern und Tempeltürme zu errichten.
    Das Machtzentrum Akrahs verlegte sich zunehmend in den Norden, in das fruchtbare Land von Johrawaq. Die Johra waren nicht nur weit zahlreicher als die Akrahnis, sondern auch deutlich näher am Weltgeschehen. Von dort aus breitete sich die Zivilisation aus. Die kleinen Fürstentümer und Königreiche, die in den umliegenden Regionen entstanden, nutzten nicht nur die Grundlagen von akrahnischem Recht, Mathematik und Naturwissenschaften, sondern bekehrten auch zu ihrer Religion - dem Novultismus. Dieser Entwicklung haben wir es zu verdanken, dass die Grundpfeiler der westlichen Gesellschaft noch heute auf Akrah beruhen.

    Die kulturelle Vormacht Akrahs endete mit Zarim. Als der Prophet begann, durch Kraywa zu streifen und dabei seine Lehren zu predigen, fanden sie in den ausgebeuteten Unterschichten grossen Anklang.
    Der Schah zögerte nicht lange, die Lehren Zarims zu verbieten, was bloss Öl ins Feuer goss. Die Hinrichtung eines Anhängers von Zarim, der seine Reden öffentlich rezitierte, war dabei keine Hilfe.

    Das Westliche Solitonien mit Akrah zu seiner Blütezeit - 60 Jahre vor Zarim


    Freiheit um jeden Preis

    Es begann mit zusammengestreckten Köpfen in den Armenvierteln Akrahnischer Städte, mit spontanen Akten des Ungehorsams gegenüber den Statthaltern des Schahs. Die einfachen Leute, Sklaven und Angehörige eroberter Gebiete waren schon lange unzufrieden. Sie bildeten die stille Minderheit, den ethnischen Akrahnis oft zehn zu eins überlegen.
    Zarim hatte nie einen Fuss nach Akrah gesetzt - und doch begann der Krieg der Ketten hier.
    Die Arbeiter, die in Tallutseh einen Palast für den Sapraten errichten sollten, weigerten sich eines Morgens, ihre Arbeit aufzunehmen. Die Befehle der akrahnischen Vorarbeiter und Ordnungshüter wurden stillschweigend ignoriert, bis schliesslich ein Mann, der als Federführer in Verdacht kam, ausgepeitscht wurde. Erst wurden Steine geworfen, dann entstand ein Gedrängel, die Gewalt eskalierte, ein Arbeiter wurde erstochen, dann ein Soldat erschlagen. Wie ein Lauffeuer breitete sich die Gewalt auf der ganzen Baustelle aus. Danach in ganz Tallutseh, bis schliesslich das ganze Reich der Ordnungslosigkeit verfiel, von wo aus einmal mehr viele weitere Länder dem Beispiel Akrahs folgten und ihre eigenen Rebellionen führten.
    Doch nirgends auf der Welt erreichte die Gewalt die Brutalität, die in Akrah herrschte. Geschichten wie die des Massakers von Tarwahat belegen den Zarimismus bis heute mit einem düsteren Erbe.
    Die Garnison hatte die Masse nicht einmal provoziert, die sich der Oberstadt näherte. Sie hatte versucht, die Protestierenden auf Distanz zu halten und zum heimkehren zu überreden, doch nach reden war ihnen nicht zumute. Die Barrikaden der Oberstadt wurden förmlich überrannt, die Häuser der Oberschicht gestürmt und ihre Bewohner an den Haaren hinausgezerrt und mit Stöcken geschlagen. Es wurde gemordet und geraubt, die Novultistischen Priester hängte man an den Dachbalken ihrer Kirchen auf und der fliehende Satrap wurde ausserhalb der Stadt überfallen und erdolcht.
    Noch heute meiden viele Reisende die Hafenstadt. Lieber verzichten sie auf einen letzten Zwischenstopp, bevor sie ihre lange Reise in die Wüste von Muraat antreten als einen Fuss in diesen verfluchten Ort zu setzen.

    Nur wenige Monde nach dem Massaker trafen sich der Schah und sechs weitere Herrscher mit den Vertretern der Rebellion, welche mittlerweile völlig neue Dimensionen angenommen hatte. Widerwillig akzeptierte man die Freilassung aller Sklaven im Tausch gegen Frieden.
    Man sagt, der Schah sei bei der Unterzeichnung des Abkommens nicht dabei gewesen, er sei schon vorher wütend aus dem Saal gestürmt. Andere, kleinere Königreiche, konnten den Verlust der Sklaverei verkraften, doch Akrah war ohne sie verloren.
    Ob der Schah damit einverstanden war oder nicht, die Nachricht über das Ende des Kriegs der Ketten verbreitete sich rasend schnell im ganzen Land. Ohne zu wissen, ob das Gesetz nun galt oder nicht, packten hunderttausende von Sklaven ihre Sachen und liessen die einstigen Herrn zurück.
    Es folgten chaotische Jahre. Weitere Proteste, nun auch durch Landbesitzer und Aristokraten, religiöse Spannungen zwischen Novultisten und Zarimisten, regionale Unabhängigkeitsbestreben und alte Fehden zwischen den Befreiten und den ehemaligen Herren. Es blieben nicht genügend Leute um die Felder zu bestellen, der Handel versiegte, Hungersnöte brachen aus und Akrah verlor seine Kolonien in Jonissien.
    Die Krise währte zehn Jahre, bevor wieder einigermassen Ordnung hergestellt wurde. Der Schah hob sein Land aus der Asche, nicht gestärkt, aber lebendig. Die verlorene Arbeitskraft konnte kompensiert werden, zu einem Grossteil auch weil die befreiten Sklaven nach Arbeit suchten und sich mit Kost, Logis und einem Hungerlohn zufrieden gaben.

    Ein Akrahnischer Geldwechsler, der im heutigen Ardonien arbeitet. - Bild generiert durch Midjourney

    Die Diskussion hat mich gerade angeregt, mich etwas mehr mit den ursprünglichen Bewohnern meiner Region zu befassen.

    Die Schweiz wurde zwar nebst den Kelten auch lange von Römern, Alemannen und Burgundern bewohnt, aber im Volksmund gelten die Helvetii generell als Vorfahren der Schweizer. Wobei ich jetzt bei meiner Recherche gerade festgestellt habe, dass sie ursprünglich weiter nördlich am Rhein lebten, ein paar Jahrhunderte in der Schweiz Urlaub machten und bei ihrer Ausreise nach Gallien von Cäsar aufgehalten und gezwungen wurden, weiter im schweizer Mittelland zu leben, um Rom vor den Alemannen zu beschützen.

    Wie dem auch sei sind keltische Gene bei den Schweizern heute zumindest weit verbreitet und ich gebe mich jetzt dem Wunschdenken hin, keltischer Abstammung zu sein.

    Beeindruckend finde ich die schiere Grösse der keltischen Ausbreitung. Galizien in Westspanien und Galizien in der Westukraine bedeutet nämlich beides "Land der Gallier".

    Eine präzise Zusammenfassung der Mythologie finde ich leider auf die Schnelle nicht. Ich glaube das ist bei der Mythologie der Britannier einfacher als bei den Galliern auf dem Kontinent, da jeder Stamm seine eigenen Gottheiten hatte und die einzigen Überlieferungern von den Römern stammen.

    Alcarinque Da muss ich unfreiwillig an den Film Idiocracy denken, wo die Menschen der Zukunft zwar noch die Erfindungen der heutigen Zeit nutzen, aber keine Ahnung haben wie- oder warum sie funktionieren.

    Wäre auch interessant wenn die Leute rund um dieses Wissen fanatische Überzeugungen und neue Mythen entwickeln. Oder feudale Adelshäuser ihre Macht durch das geheime Wissen einer Technologie oder eines Verfahrens legitimieren. Z.B. weil sie die Einzigen sind, die einen Verbrennungsmotor bauen können.

    Ich finde das Kapitel gut. Du hast den Einbruch und die Kalte Winternacht bildhaft beschrieben und es liest sich alles recht flüssig. Ich an deiner Stelle würde aber noch an der Formatierung arbeiten. Ein gut strukturierter Text lädt viel mehr zum Lesen ein, so wirkt es eher abschreckend.

    Ich weiss nicht, wie viele Kapitel vor diesem bereits kamen, aber der Auszug alleine gibt mir noch keinen wirklichen Grund zum Weiterlesen. Diebesgeschichten gab es schon einige, auch wenn hier noch ein magisches Artefakt im Spiel zu sein scheint. Lun gibt ja auch selbst zu, dass der Einbruch keine weitere Bedeutung hatte.

    Falls wir Lun mit diesem Kapitel also das erste Mal kennenlernen, würde ich mir an deiner Stelle nochmals einen Hook überlegen und den Status Quo möglichst früh brechen, um Interesse für ihre Geschichte zu erzeugen.

    Warakien (2/2)

    «[...] Herr Jerrik war zwar athletisch und talentiert, aber er hatte die Lanze bis dahin nur auf dem Holzschnitzelplatz angelegt. Godfryd dagegen hatte sie auf durchweichten Wiesen und gefrorenem Waldboden benutzt. Er war an der Grenze zu Warakien gewesen, als dieses zwischen dutzenden von Kriegsherren aufgeteilt wurde und sich gegenseitig zerriss, bis eine wütende Meute dasselbe schliesslich wortwörtlich mit ihrem Hohekönig – ihrem Arn Djetsa tat. Godfryd hatte die Grenze vor den Raubzügen der Warakier beschützt. Damals, als der Name Brotreiter noch Bedeutung hatte. Als die hungrigen Warakier gewillt waren, ihre Kriegskunst gegen nicht viel mehr als einen Kanten Brot unter Beweis zu stellen. [...]»

    - Imorym vom Rabenkamm



    Der Krieg in den Schatten

    Der junge Imow II. verstand schnell, dass sein Vater etwas böses getan haben musste. Das Misstrauen, welches seine Berater, die Djetsas und sein Volk ihm entgegenbrachten, verunsicherte und lernte ihn, sich keine Fehler zu erlauben. Er wuchs an seinen widrigen Umständen. Seine Isolation erlaubte ihm, viel Zeit für seine Bildung aufzuwenden. Sein enger Kreis an bekannten Gesichtern machte es ihm einfacher, Freund von Feind zu unterscheiden.
    Der junge Hochkönig zeigte ein Talent, Kompromisse zu schliessen. Er kleidete sich traditionell, führte aber die Reformen, die sein Vater unter Ardonischem Vorbild erschaffen hatte, weiter. Er vertrat die Interessen der armen Landbevölkerung, förderte aber Kunst und Literatur von Ost und West in den Städten. Er stärkte die Wirtschaft, indem er weite Landstriche urbar machte und in grossem Stil den Erzabbau förderte, gleichzeitig ernannte er aber auch die ersten Naturschutzgebiete in ganz Solitonien.
    Als junger Erwachsener war Imow bereits ein versierter Politiker und ein stilles Arbeitstier. Er arbeitete oft bis spät in die Nacht und wählte die Antwort auf jede Frage stets Sorgfältig, was ihm den Spitznamen "Der Schläfrige Imow" verschaffte.

    Während er sich nach aussen unterwürfig gab, beschloss Imow bereits mit fünfzehn Jahren, dass es an der Zeit war, seine Ketten abzustreifen.
    Wie immer wählte er sein Vorgehen mit Bedacht. Über den Zeitraum von zehn Jahren entledigte er sich seiner Geiselnehmern, einer nach dem anderen. Still und heimlich, mit Erpressung, Bestechung, Drohung und altmodischen Ermordungen verwendete er die Waffen seiner Feinde gegen sie. Die Djetsas realisierten gar nicht so recht, was geschah, so subtil waren die Ränke des schläfrigen Imows. Nicht, bevor es zu spät war und der Arn-Djetsa sich sich schliesslich als alleiniger Herrscher in einem neu erstarkten Warakien wiederfindet.

    Warakische Entdecker landen auf einer Insel in der Neuen Welt - Bild generiert durch Midjourney


    Die Warakische Renaissance

    So kommt es, dass Warakien aus seinem Schlaf erwacht ist und die anderen grossen Spieler Solitoniens herausfordert. Im Osten und Süden stossen seine Grenzen an die Gebiete der nomadischen Völker, bereit, weiter vorzudringen und sich die Steppen einzuverleiben. In der Frostsee breitet es seinen Einfluss auf die kleineren Inselvölker aus und macht den Palusiern ihre Vormachtstellung streitig. Währenddessen spülen die neuen Kolonien Reichtum in die Staatskassen und ermöglichen den Aufbau einer Starken Armee.
    Alle Anzeichen deuten aber darauf hin, dass das Land seine innere Spaltung beigelegt hat und sich darauf vorbereitet, auf das Weltgeschehen Einfluss zu nehmen. Noch hielt es sich aus dem andauernden Konflikt zwischen Ardonien und Vodrask hinaus. Diplomaten von beiden Seiten verweilen in Jeksyaw und versuchen, sich bei Imow Gehör zu verschaffen, doch wie immer lässt sich der Arn-Djetsa mit seiner Antwort Zeit. Er wägt die Angebote beider Seiten ab, prüft, wer von beiden die besseren Karten hat und fällt dann sein Urteil.

    Warakien heute


    Gesellschaft

    Angeblich fliesst das Blut von Zwergen in den Warakiern. Man kann sagen, dass dies bloss eine üble Nachrede aufgrund des eher kleinen, stämmigen Körperbaus dieses Volkes ist. Allerdings gibt es Gelernte, welche diese Theorie ernsthaft unterstützten. Es lassen sich tatsächlich einige gemeinsame Wortstämme und Traditionen mit den Zwergen der Trauerberge erkennen. Fraglich ist nur, wie es diese so weit von Zuhause zu den Seen, Wäldern und Flüssen des Nordens verschlagen haben sollte.

    Jedenfalls ist dies nicht die einzige Besonderheit der Völker Warakiens. Seine Bewohner sind divers und haben unterschiedliche Ursprünge. Einige fanden ihren Ursprung als Nomaden in der Steppe, andere als Schamanen in der Taiga oder Piraten in der Frostsee. Einige haben sich der Pferdezucht verschrieben, andere dem Schiffsbau. Einige halten ihre Bande eng und innerhalb des Dorfs, andere sind auf ständiger Suche nach neuen Erfahrungen und Abenteuern.
    Die grosse Mehrheit der Bewohner Warakiens sind Anhänger des Novultismus. Der Glaube an die Götter ohne Gesicht und Namen vermischte sich hier über Jahrtausende mit den örtlichen heidnischen Glauben und Traditionen und formte sich zur Novultistischen Kirche Warakiens. In der östlichen Wildnis sind die heidnischen Bräuche noch immer Vorherrschend, während sich von Westen her der Zarimismus angesiedelt hat.
    Die Lehren Zarims sind vor allem in den Gebieten verbreitet, die früher im Einflussgebiet Vodrasks waren und finden in den Novultistischen Glaubensgemeinden hohe Akzeptanz.

    Auch jetzt in Friedenszeiten ist die Armut weit verbreitet. Das Kämpfen in fremden Diensten, das sich in der Krise verbreitet hatte, wurde zu einer Art Tradition. Noch heute verlassen jedes Jahr zehntausende warakische Männer ihre Höfe, um im Dienste von Vodrask oder Ardonien in den Krieg zu ziehen. Ein Brotreiter zu werden gilt als letzter Schritt ins Erwachsenwerden. Ein grosses Abenteuer, von dem man sich bei der Rückkehr ein eigenes Gehöft leisten kann. Viele kehren nie zurück. Der träge Stellungskrieg in Dripol, Jorvask und den Trauerbergen hat mit dem agilen Kampf in den Steppen wenig gemeinsam. Es gibt weder Ruhm noch Reichtum zu holen, doch eingestehen will sich das niemand. Ein echter Warakier geht lieber mit dem Kopf durch die Wand.


    Natur

    Auch eine Erwähnung Wert ist die Natur Warakiens.

    Im Südwesten, im wirtschaftlichen Herzen, ist das Land gezähmt. Die Ufer des Oreg und die Küsten rund um die Troskeyr Halbinsel sind dicht besiedelt.
    Rund um die Bucht von Esarg wird die Besiedelung spärlicher. Wale und Seehunde kommen in der Brutzeit hierher. Weiter nördlich, in der Bucht von Oros, wird die Seefahrt heimtückisch aufgrund der starken Gezeiten, die der Küste dort auch ihren Namen einbringt. Während der Ebbe bildet sich hier eine neue Landschaft aus Schwarzen Klippen und scharkantigen Becken, voll mit Fischen und Meeresfrüchten. Hier mündet sowohl der Oreg, wie auch die Raika, der grösste Fluss Warakiens.
    Die Raika befindet sich in einer Verwandlung. Sie ist die Brücke zur Besiedelung der warakischen Wildnis. Die Osnerk Handelsgesellschaft hat an ihren Ufern hunderte von Aussenposten errichtet, von denen aus Expeditionen in die Wildnis durchgeführt und Felder urbar gemacht werden. Die grossen Holzfällerlager der Gesellschaft senden ihre Erträge in der Form von Flössen in die Stadt, die von bis zu hundert Mann geflösst werden und Längen von tausend Schritt erreichen.

    Holzfäller im Magrul-Wald - Bild generiert durch Midjourney

    Hier, im Magrul-Wald beginnt das Reich der Giganten. Die Winter hier sind gnadenlos, die Sommer Mückenverseucht. Die roten Mammutbäume lassen jeden Mann winzig wirken, was durch die riesigen Farne noch verstärken. Diese bedecken den Waldboden meilenweit und ermöglichen das Durchkommen nur unter grosser Anstrengung.
    Hat man Pech, begegnet man einem Koloima. Die nördlichste aller Affenarten bewegt sich unbeeindruckt durch das Riesenfarn. Sie gehen aufrecht und schützen ihr solitäres Revier vor Eindringlingen, zu denen sie Menschen definitiv zählen.

    Obschon die Begegnung mit einem wütenden Koloima-Affen sehr gefährlich werden kann, ist das nichts gegen das, was einem verirrten Wanderer weiter südlich passieren kann.
    Die Draika Hügel sind nicht ganz so wild wie Magrul. Kleine Städtchen und befestigte Stammesdörfer liegen in den Wäldern, Mooren und Auen verstreut. Die Bauern hier versorgen sich selbst und begegnen Fremden generell gastfreundlich.
    Doch könnte man auch einem Troll begegnen.
    Trolle sind in Solitonien nicht heimisch. Die Warakier hatten sie in der Wildnis der neuen Welt entdeckt, gefangen genommen und nach Hause gebracht. Als tonnenschwere Trophäen zementierten diese Hünen die Stärke des Arn-Djetsa und erwiesen sich nach etwas Training als unersetzliche Arbeitskräfte. Ein einzelner Troll kann in einer Mine die Arbeit von sechs Männern verrichten und im Krieg kann er eine Kanone mit blossen Händen tragen und feuern. Mit ein bisschen Geduld kann man ihm sogar beibringen, die Kanone mit den Bleikugeln zu laden, statt beides separat auf alles zu werfen, dass sich bewegt.

    Aufgrund ihrer Andersartigkeit werden die Regeln des Zarim nicht auf Trolle angewendet. Es hat sich jedoch rasch herausgestellt, dass diese es nicht schätzen, wenn ihnen jegliche Rechte verwehrt bleiben. Viele der gefangenen Hünen, die sich in ihrer eigenen Sprache als Mokah bezeichnen, sind in die Wildnis Warakiens geflüchtet. Hunderte von ihnen treiben dort mittlerweile ihr Unwesen.
    Ihre Zeit bei den Menschen hat sie viele Dinge gelernt sie erkennen lassen, wie leicht es sich von Schafherden und Feldern leben lässt, wie einfach es ist, einen vor ein Fuhrwerk gespannten Ochsen zu erlegen und wie hilflos Bauerndörfer einem einzelnen Troll ausgeliefert sind.

    Eine Begegnung mit einem entlaufenen Troll sollte dringlichst vermieden werden - Bild generiert durch Midjourney

    Deine Geschichte liest sich soweit sehr angenehm und ist trotz dem simplen Alltag spannend!

    Ich kann mich meinen Vorredner:innen grösstenteils anschliessen. Das Hollgrim Magie als Mumpitz abtut finde ich aber nicht abwegig, schliesslich können viele Leute auch in unserer Zeit nichts mit Physikern, Mathematikern und Biologen anfangen.

    Ich frage mich, ob es die Erwähnung von Magie überhaupt braucht. Ich war nämlich auch immer auf der Suche nach Anzeichen, ob Rikian bereits Magie verwendet. Andererseit verstehe ich aber auch, wenn du sie erwähnen willst - schliesslich spielt die Geschichte in deiner Welt, wo Magie, nehme ich an, ein wichtiger Teil der Kultur ist.

    „Ihr schuldet Meister Hollgrim 144 Silbermünzen“, sagte Rikian, der mit besorgter Miene hinterher gekommen war.

    Hier hat mich überrascht, dass der Fuhrmann das Geld einfach so bezahlen kann. Hatte er 144 Silbermünzen dabei? Das klingt nach einer Menge Geld.

    Weiter geht's mit einem Länder-Showcase. Da ich mich beim Schreiben wieder etwas vergessen habe, werde ich daraus zwei Teile machen - auch, um den natürlichen und geografischen Aspekten etwas Raum zu lassen.

    Lasst mich gerne wissen, wenn ich an diesen Texten etwas ändern sollte. Kürzer, länger, mehr Kultur, weniger Geschichte, etc.


    Warakien

    Der Wilde Norden

    Alle Warakier haben zwei Gesichter. Eines für den Sommer und eines für den Winter.
    Es ist ein fruchtbares Land. Zumindest im Süden, wo hölzernen Türme und weitläufige Stadtmauern über den Feldern thronen und die Flüsse Leben und Handel spenden. Es ist aber auch ein raues Land mit stürmischer See und kalten Winden. Die Siedlungen im Norden und Osten sind weit verstreut und die Winter sind lang. Hier braucht es starke Anführer, die tun, was nötig ist, um ihre Siedlung in den Frühling zu bringen.

    Den Respekt für Stärke haben alle Warakier gemeinsam. Von den Seefahrern der Frostsee, zu den Flössern der grossen Flüsse und Hirten der Steppen, bis hin zu den Schamanen des fernen Ostens. Warakien ist divers, seine Leute vereint im Glauben an die Stärke ihres Grosskönigs - den Arn-Djetsa.

    Lange war es ruhig rund um dieses weitläufige Land. Lange Zeit wusste niemand so recht, was sich hinter seinen Grenzen abspielte und niemand mochte dorthin gehen und es herausfinden.
    Das Land steckte in einer tiefen Krise. Das Volk verhungerte, Söldner, die rasch als Brotreiter bekannt wurden, stellten ihre Schiesskunst gegen einen Hungerslohn unter Beweis. Der Arn-Djetsa habe sein Recht zu herrschen verloren, hiess es.
    Nun werden aber Schiffe mit grün-silberner Flagge weit im Westen, an der Küsten der neuen Welt gesichtet. Handelsgüter aus dem fernen Osten gelangen plötzlich über eine warakische Strassen ins westliche Solitonien. In der Neuen Welt, wie auch in der Alten gründen die Warakier Aussenposten und Städte. Die Palusier, die sich bereits als die Herren der Neuen Welt währten, sind fassungslos ob der Dreistigkeit ihrer totgeglaubten Nachbarn und müssen sich doch eingestehen, dass sie nichts gegen die unerwartete Konkurrenz ausrichten können.
    Niemand weiss so recht, wozu sie fähig sind, aber Warakien ist zurück. Die Scherben des Arn-Djetsatums scheinen aufgewischt und zu einem neuen ganzen verleimt. Die Zeit wird zeigen, ob es dieses Mal für die Ewigkeit hält oder doch wieder zum Scheitern verurteilt ist.

    Ein Warakischer Brotreiter - Bild generiert durch Midjourney


    Die Herrschaft der Djetsas

    Die Menschen des heutigen Warakiens haben sich schon früh zu einer Vielzahl von kleinen Königreichen und Herzogtümern zusammengeschlossen. Die Anführer dieser Machtgefüge, die Djetsas und ihre Gefolgen, die Totzkas, regierten nicht durch Familienrecht, wie es in den Dynastien des Westens üblich war, sondern durch das reine Versprechen von Stärke und Schutz. Der Djetsa beschützte das Volk vor Raubzügen von Nomaden, wilden Stämmen und anderen Djetsas, im Gegenzug half dieses ihm dabei, seine Macht behalten zu können.
    Diese Art der Abmachung klingt simpel, erforderte aber eine Menge Verhandlungen und Diskussionen. Diese wurden zwischen dem Djetsa und Vertretern des Volkes in sogenannten Lonsuds vereinbart. Ein Lonsud konnten Tage dauern und es war nicht unüblich, das beide Seiten ihre Konditionen durch Erpressung, Drohung und Manipulation zu verbessern versuchten.

    Zum Schutz gegen Bedrohungen von aussen, Namentlich gegen die Plünderer der Zarchjem, wählten die Djetsas unter sich einen Anführer, einen Arn-Djetsa - Hochkönig.
    Diese zusätzlichen Ebene der Autorität verwandelte die Region in die Frakische Föderation. Ein Bund, der zwar Sicherheit verschaffte, aber auch die Intensität der Machtkämpfe erhöhte.
    Nachdem die Kluften zwischen den Djetsas jahrzehntelang immer grösser wurden, endete der halbjährliche Lonsud der Föderation in einem Blutbad. Der Arn-Djetsa selbst wurde von einem Stein erschlagen, mindestens sechs weitere Djetsas erstochen und nochmals doppelt so viele erlagen in den Wochen und Monaten darauf mehr oder weniger suspekten Unfällen. Die Föderation war gescheitert. Zurück blieb ein Flickenteppich aus kleinen Königreichen, Herzogtümern und Stämmen, von denen nicht wenige durch fremde Mächte wie das vodraskische Greifenreich absorbiert wurden.

    Erst als die Grenzen des ehemaligen Reichs vor einer erneuten Bedrohung standen, sahen die Djetsas wieder den Bedarf für einen Anführer.
    Von Kadranien bis zu den fernen Ländern von Iskriya und Yani raunte man den Namen eines Feldherren aus der Steppe. Yok-Qang, der himmlische Qang, der versprochene Prinz, der den nomadischen Völkern zum Paradies verhelfen sollte.
    Die Djetsas hatten keine andere Wahl, als sich dem Schutz ihres Stärksten hinzugeben, dem Djetsa von Warakien.
    Der Krieg gegen Yok Qangs Horde dauerte Jahrzehnte an und endete erst, als der Kriegsherr dem Alter erlag und sein geschwächtes Reich unter seinen Generälen aufgeteilt wurde.
    Die Warakier, die mittlerweile viel von den Invasoren gelernt hatten, setzen nun erfolgreich ihre Pistolen bewaffnete Kavallerie gegen die Überreste der Horde ein und eroberten sich somit das Land zurück.

    Die Überreste der Frakischen Föderation während der Yok Qang Krise


    Ein wackeliger Thron

    Mit der Vertreibung der Nomaden begann ein Zeitalter des Wachstums. Das Arn-Djetsatum breitete sich nach Osten bis zu den unbekannten Horizonten des Rasselnden Meers aus, und seine Städte im Westen wuchsen zu Metropolen heran Der Handel blühte wieder auf und neue soziale Schichten von Händlern, Bänkern, Handwerkern und Bürokraten entstanden.
    Doch war die Herrschaft der Warakier alles andere als stabil. Die Nomaden waren geschlagen, also mussten sich viele Djetsas fragen, welchen weiteren Nutzen der Schutz Warakiens ihnen bieten konnte.
    Als diese Djetsas ihre Forderungen in einem Lonsud stellten, reagierte Arn-Djetsa Imow aus dem Hause Ormjel alles andere als gelassen. Ein Machtspiel begann, dass zwei Jahrzehnte andauern sollte. Die Djetsas und der Hochkönig untergruben gegenseitig ihre Autorität, sabotierten sich, wiegelten Freund wie Feind gegeneinander auf. Die Leidtragenden dabei waren meist das Volk.
    Mit dem wachsenden Unmut in der Bevölkerung wurden auch die Methoden des Arn-Djetsa immer brachialer. Stück um Stück wurden Aktion und Reaktion gewalttätiger, bis Imow schliesslich den Befehl gab, der sein Ende einläuten sollte.

    Der Befehl Imows wird verlesen - Bild generiert durch Midjourney


    Der Würfelkönig

    Die Männer des Arn-Djetsas trafen am frühen Morgen in einem der aufständischen Dörfer ein und verlasen sein Dekret: Jeder zehnte Mann soll als Strafe für die Aufmüpfigkeit seiner Gemeinde das Leben lassen. Entschieden wurde das Los mit einem Würfelspiel. In Gruppen von 10 soll gewürfelt werden, der Verlierer wurde auf der Stelle erschossen.
    Schon vor diesem Schicksalshaften Tag gingen Gerüchte um Imows labilen Geisteszustand um. Der Hochkönig war launisch geworden, sein Hofstaat fürchtete seine Wutausbrüche und sadistischen Zeitvertriebe.
    Von Dorf zu Dorf zogen seine Henker und hinterliessen nicht nur eine blutige Spur, sondern auch die verbitterte Feindschaft der Überlebenden. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Leuchtfeuer und die Dörfer, die auf dem Weg seiner Männer lagen, hatten nicht vor, ihr Schicksal tatenlos abzuwarten.
    Im ganzen Land brachen Kämpfe aus. Das Dekret, welches Ruhe und Ordnung schaffen sollte, stürzte Warakien in einen Bürgerkrieg.
    Das Chaos dauerte zwei Monde an. Als die Kämpfe schliesslich die Hauptstadt Jeksyaw erreichte, hatte selbst seine Leibgarde den Glauben in Imow verloren.
    Während der Hochkönig sie schreiend zur Verteidigung des Palasts aufforderte, hoben sie ihn von den Füssen und trugen ihn zum Balkon. Unter Gezeter und Gezappel warfen sie den wahnsinnigen König in die wütende Menge.
    Was mit Imow geschehen ist, wurde nie ganz geklärt. Einen Körper hatte man nie gefunden. Einige prahlten damit, seine Knochen zu haben, aber bestätigen konnte man das nie. Auch die Kleider und Regalien des Herrschers hatte man nie vollständig auftreiben können, wobei Stücke davon noch Jahrzehnte später auf Schwarzmärkten und in Kellern versteckt gefunden wurden.

    Noch in dieser Nacht berieten sich die Djetsas, was mit der Familie des gefallenen Imow geschehen, und vor allem: Wer das Land an seiner Stelle regieren sollte. Eine kleine Mehrheit setzte sich dafür ein, die Familie am Leben zu lassen und seinen Sohn, ebenfalls Imow, auf den Thron zu setzen. Die Familie Ormjel hatte während zweihundert Jahren Herrschaft viel zum kollektiven Bewusstsein der Warakier beigetragen und sollte das Land vor einem kompletten Kollaps bewahren. Ausserdem war der neue Imow erst fünf. Eine ideale Marionette für seine Puppenspieler.

    Fortsetzung folgt

    Thorsten Uuh, die Idee mag ich, aber ich kann verstehen, warum sie für die weitere Ausarbeitung schwierig ist.

    Für die involvierten Menschen ist das Szenario wie ein kosmischer Horror. Ein Krieg so gewaltig, dass die Erde darin bestenfalls einer strategisch einigermassen nützlichen Insel gleichkommt. Wahrscheinlich geht es im Konflikt um Dinge, die selbst die Generäle nicht wissen und einfach ihre Befehle ausführen, in der Hoffnung dass der Planet nicht beiläufig vernichtet wird.


    Ich hatte noch einen weiteren Gedanken, der sich am Titel von David Fromkins Buch "Europe's last Summer" orientiert, welches den Monat vor dem Kriegsausbruch 1914 behandelt.

    Die Bewohner einer industrialisierten Grenzregion geniessen das schöne Sommerwetter, Angehörige verschiedener Kulturen treffen sich am Stammtisch, ein Paar beobachtet von einer Blumenwiese aus Züge, die Kanonen an die Grenze fahren, während Diplomaten in den Hauptstädten verzweifelt versuchen, den Krieg aufzuhalten. Mir schwebt eine Ruhe vor dem Sturm vor, die sowohl unbeteiligte, wie auch beteiligte Perspektiven beleuchtet. Einige wollen den Konflikt verhindern, andere profitieren davon.

    Da faellt mir spontan ein Traum ein den ich mal hatte - ein mit mttelalterlicher Technologie gebautes Tauchboot das mit seiner Crew hunderte von Kilometern ueber einen unterirdischen Fluss faehrt und da Schwierigkeiten meistern muss.

    Etwas sehr ähnliches kommt in der Buchreihe Drachenelfen von Bernhard Hennen vor. Da gibt es ein paar Zwerge, die in einem solchen Tauchboot (Sie nennen es Aal) bis zu einem unterirdischen See fahren, wo über dem Wasserspiegel, an der Hölendecke ein Turm steht, von wo aus nach seltenen Materialien gesucht wird.

    Sehr detaillierte Beschreibungen wie es in diesem Ding riecht, was mit den menschlichen - verzeihung - zwerglichen Ausscheidungen gemacht wird und was das enge Aufeinanderleben so mit den Leuten anstellt. Fand ich eine der besten Stellen im ganzen Buch.

    Bestimmt habt ihr im Alltag auch immer wieder mal urplötzlich Ideen für Geschichten oder Settings, die euch zwar faszinieren, aber irgendwie auch von Anfang an keine Chance auf eine Umsetzung haben. Ideen zum Wegwerfen halt.

    Ich dachte mir, es wäre witzig, mal einige dieser Gedanken zu teilen. Wer weiss, vielleicht kann sich ja jemand von den verworfenen Ideen eines anderen inspirieren lassen.:D

    Als Beispiel: Letztens habe ich mir Gedanken gemacht zu einer Sci-Fi Geschichte, in der es eigentlich ausschliesslich um Bergbau geht. Die Menschheit erobert den Kosmos, aber unsere Protagonisten sind nie wirklich an den grösseren Geschehnissen interessiert, sondern sind Frachtschiff-Kapitäne, Firmenchefs, Minenarbeiter und Anwälte, die sich um die seltensten Ressourcen und reichsten Asteroiden und Monde streiten.

    Stellt es euch wie Dune oder Avatar vor, aber der, der als erstes eine Ladung Spice oder Unobtanium zum Heimatplaneten bringt, gewinnt.

    Beim genaueren Überlegen ist das Setting gar nicht mal so absurd, es gab schliesslich auch mal ein Anime zu Weltraum-Müllsammlern:hmm:

    Planetes

    Was waren eure verworfenen Geistesblitze?

    Hier folgt mal ein eher charakterzentrierter Teil. Der König von Vodrask hatte ich in meiner Geschichte bisher kaum einmal erwähnt, aber ich fand, er sei mal einen Deep Dive wert. Auch um dem Grund seiner Abwesenheit näher zu kommen.

    Podrowos, zweiter seines Namens


    Des Königs letzte Parade

    Podrowos I. war ein grossartiger Mann. Er herrschte zu einer Zeit über Vodrask, als sich viele der Älteren noch wilde Geschichten und Jugenderinnerungen von echten Greifen erzählten. Doch mittlerweile waren die Greifen alle tot. Vodrask war seiner grössten Waffe beraubt, und doch überdauerte es. Unter der Herrschaft von Podrowos erlangte es sogar einen Teil seiner einstigen Grösse zurück.
    Podrowos legte die Grundsätze der heutigen Husaria. Er begründete den königlichen Postdienst und das königliche Gestüt und trieb im ganzen Reich den Bau von Strassen und Kanälen voran. Podrowos war kein Greifenkönig mehr, er war ein König zu Pferde und zeigte seinen desillusionierten Volksleuten, dass die Vodraskis auch ohne Greife ihren Stolz wahren konnten.

    Nicht nur beim Volk war Podrowos beliebt, sondern auch bei den Feinden Vodrasks. Selbst der ardonische Erzfürst spricht in engen Kreisen in den höchsten Tönen vom legendären König. Nicht umsonst heisst das südlichste ardonische Fürstentum 'Königsdelta', benannt nach seinem Befreier.

    Podrowos starb in Baschnut. Tausende Meilen von seiner Heimat entfernt in einem Krieg, den er elf Jahre lang für die Interessen anderer ausgefochten hatte.
    Die Vodraskische Intervention zur Befreiung der südlichen Fürstentümer war ein grosser Erfolg. Das Schahdom von Akrah wurde zurückgedrängt und kapitulierte vor dem taktischen Geschick des Husarenkönigs. Die Siegesparade in Baschnut sah Podrowos als gefeierten Feldherren, von allen bejubelt. Er starb in einem Bett aus Rosen, mit dem Armbrustbolzen eines Partisanen im Hals.

    Vielleicht war es Podrowos' frühzeitiges Ende, dass ihm diesen heldenhaften Status bescherte. Seine Herrschaft war angetrieben von jugendlichem Elan. Er kämpfte für seine Ideale und gab sein Leben für die Hoffnung einer besseren Zukunft.

    Das ist etwas, was man von Podrowos II. bisher nicht behaupten kann.

    Podrowos I. vor seiner Ermordung - Bild generiert durch Midjourney


    169 Jahre nach dem Tod des Husarenkönigs

    Die Freude im ganzen Land war gross, als man den Namen des Knaben erfuhr, den Königin Liwia ihrem Gemahl Boris schenkte: Podrowos. Sicherlich würde auch er zu einem grossen Krieger heranwachsen, genau wie sein Vorfahre.
    Der Vater des Jungen, Boris, blieb bestenfalls als mittelmässiger König in Erinnerung. Unter seiner Herrschaft erreichte die Verschuldung der Krone ihren Höhepunkt und die Maisfäule stelle die arme Bevölkerung vor die Wahl zwischen Tod durch Krankheit oder Hunger. Gerade als die Krise gelöst schien, begann in Borheim die Trauerbergkampagne und Vodrask fand sich im Krieg mit Ardonien und Jorvask wieder. Nicht einmal einen Mond in den Konflikt hinein erlitt der übergewichtige Boris einen Herzinfarkt und hinterliess seinen vierzehnjährigen Sohn Podrowos auf dem Thron.

    Podrowos II. sah vom Beginn seiner Herrschaft an keinen Ausweg aus dem Schlamassel. Vodrask war nicht auf diesen Krieg vorbereitet. Ihre Husaren trafen in Borheim auf disziplinierte ardonische Pikenformationen und in Jorvask auf verwinkelte, mit Kanonen bestückte Wälle und Gräben. Beides unüberwindbare Hindernisse für die vodraskische Kavallerie.
    Nach nur einem Jahr musste Vodrask einen Frieden und den Verlust von borheimischen Gebieten akzeptieren. Podrowos konnte nichts dafür, aber die Schmach fiel auf ihn und seine Familie zurück.

    Die Leute sagen, diese Erfahrung traumatisierte den jungen König. In den ersten Jahren seiner Herrschaft gab er sich noch Mühe, sein Reich zu bereisen und sich den Leuten zu zeigen. Aber schon da merkte man, wie unangenehm ihm diese Ausflüge waren. Als er Volljährig wurde und der Königsmutter keinen Gehorsam mehr schuldete, wurden seine öffentliche Auftritte seltener.
    Anders als alle bisherigen Könige seiner Dynastie erhielt Podrowos nie die Ausbildung eines Husaren und besuchte auch keine Offiziersschule. Er geht nicht auf die Jagd, er reitet ungern und er zeigt keinen Gefallen an Turnieren.
    Dafür pflegt er aber einen weiseren Umgang mit der königlichen Schatzkammer als es sein Vater tat. Unter Podrowos werden Steuern konsequenter eingetrieben, die Korruption - wenn auch weiterhin hoch - konnte eingedämmt werden, während langsam wieder Geld in die königliche Schatzkammer fliesst.

    In einer Sache ähnelt Podrowos tatsächlich seinem alten Herrn - auch er ist ein Romantiker.
    Seine Gemahlin, Marzena, kannte er bereits seit seiner Kindheit und versprach ihr schon da, sie eines Tages zu ehelichen. Die Tochter eines mächtigen Zlakta schenkte ihm mehrere Kinder, darunter auch einen Sohn und Erben: Szymon.
    Podrowos hörte stets auf den Rat seiner Gemahlin und schien sich bei öffentlichen Auftritten in ihrem Beisein wohler zu fühlen.

    Die glückliche Ehe währte nicht lange - Marzena verstarb bei der Geburt seines vierten Kindes und liess ihren Gemahl in tiefem Kummer zurück. Noch bevor er ihren Verlust verarbeiten konnte, erreichten Podrowos schreckliche Neuigkeiten: Ardonische Truppen hatten die Vodraskische Grenzstadt Dripol überfallen und überquerten erneut die Berge nach Borheim. Der Krieg hatte ihn eingeholt.


    Eine Blume im Wind

    Nach diesem Ereignis zog sich der König weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück. Seine Schwester, Prinzessin Ludmila, übernimmt viele der Regierungsgeschäfte in seiner Abwesenheit, ebenso wie Patriarch Oliwier und der Grossmarschall der Husaria.
    Das Trio überredet ihn dazu, zum Wohle des Reichs eine erneute Heirat einzugehen. Der König von Palus bietet Podrowos die Hand seiner Tochter, Sunja, zusammen mit dem Beistand seiner mächtigen Kriegsflotte.
    Podrowos akzeptiert, doch Freude an diesem Abkommen hat er wenig. Schon bald erkennt er, dass die junge Sunja seinen Durst nach tiefgründigen Konversationen nicht stillen kann. Er meidet ihre Gesellschaft - und ihre Gemächer - und verbringt die meisten Tage in seinen eigenen.

    Dort übt sich der König an guten Tagen in Poesie und der Malerei und an schlechten schläft er, schaut auf die Dächer von Krusk hinaus und bläst Trübsal. Oft wagt er sich erst Nachts aus dem Palast, wenn ihn weniger Leute erkennen können. Dann besucht er Theater und befreundete Künstler, spaziert durch die Parks und Gärten von Kursk und geniesst die Freiheiten eines gewöhnlichen Mannes.

    Der Krieg dauert nun bald drei Jahre an und die Abwesenheit des Königs bleibt beim Volk nicht unbemerkt. Selbst weit ausserhalb der Mauern von Kursk beginnen die Leute zu munkeln. Ist der König krank? Fiel er in der Schlacht? Wurde er gestürzt? Durch Ludmila, den Grossmarschall, den Patriarch oder gar durch alle drei?
    Ludmila, welche die ganze Zeit an Podrowos' Stelle regierte, fallen ihre täglichen Aufgaben immer schwerer. Die Zlaktas weigern sich, mit jemand anderem als dem König zu verhandeln und die Mitglieder der grossen Kammer werfen ihr vor, die Macht an sich reissen zu wollen. Wiederstand regt sich, sowohl am Hof in Krusk, wie auch draussen in den Provinzen der Zlaktas. Vodrask ist gelähmt. Die Schatzkammern erneut leer, die Moral der Soldaten am Boden. Und Podrowos? Wartet auf das Ende.

    Der König in seinen Gemächern - Bild generiert durch Midjourney

    Hmm, interessantes Thema.

    Bei mir wäre das wohl Beasts of no Nation. Da gab es ein paar Szenen, die mich mit einem wirklich unangenehmen Gefühl im Bauch zurückgelassen haben. Der Streifen war eindrucksvoll, aber nichts für einen gemütlichen Kinoplausch.

    In einem ähnlichen Fahrwasser und für mich aus den gleichen Gründen verstörend ist City of God. Während Ersteres von Kindersoldaten im Kongo handelt geht es in Zweiterem um Kinder, die in den Favelas von Rio de Janeiro aufwachsen.

    Auch wenn beide Filme Meisterwerke sind, die wirklich zum Nachdenken anregen, würde ich City of God eher weiterempfehlen. Die kreativen Filmtechniken und der Platz der für etwas Comedy übriggelassen wird machen den Streifen leichter verdaulich, auch wenn die Thematik weiterhin bitter ist.

    Mir hat der erste Post bisher am besten gefallen, aber ich schätze, die ruhigeren Abschnitte die darauf folgen dienen dazu, ein Fundament für die Geschichte zu legen.

    Nur ein paar Anmerkungen:

    Wenn Bauwerke eine Persönlichkeit haben konnten, dann war Schloss Altenburg introvertiert und zynisch. Man hatte es als zweckdienliche Burg ersonnen, um Handelswege zu schützen.

    Schloss und Burg werden normalerweise nicht als Synonyme verwendet. Ein Schloss ist ein edler Wohnsitz mit burgähnlicher Architektur, während eine Burg ein zweckmässiger, befestigter Machtsitz ist. Die Beschreibung des Schlosses trifft eher auf eine Burg zu, wobei sie wohl etwas "schlossifiziert" wurde.

    Seine äußere Mauer, so imposant sie sein mochte, war bereits dreimal überwunden worden: zweimal von menschlichen Feinden und einmal vom Funken eines Schmiedefeuers, der daraufhin den gesamten inneren Burghof verschlungen hatte.

    Hat das Feuer nun die innere oder die äussere Mauer verschlungen? In der Regel haben gerade spätere Burgen mehrere Mauern. Wenn es im Burghof brannte, sollte die äussere Mauer davon eigentlich nicht betroffen sein.

    Das Highlight des Ensembles

    Ich finde den Anglizismus hier irgendwie unpassend.

    „Er … Man hat mir gesagt, er hätte im Krankenlager gelegen, als der Erzherzog sein Fieber überwunden hatte und dabei war, es zu verlassen. Er soll – als Seine Durchlaucht an seinem Bett vorbeigegangen ist – an sein Hemd geklammert und sich geweigert haben, ihn loszulassen, außer er schwört, dass er mich von jetzt an versorgt.“

    Den Satz fand ich etwas schwer zu verstehen wer nun was von wem verlangt hat. Könnte aber auch an mir liegen.

    Irgendwie klingt es, als ob der Erzherzog sich nur auf Druck hin bereit erklärt hatte zu helfen. Wenn du ihn gütig wirken lassen willst, sollte er vielleicht die Initiatve ergriffen und von sich aus seinen Schutz angeboten haben.

    Ich stimme LittleOwlbear zu, habe auch Renaissance und frühe Industriezeit abgestimmt. Beim Durchlesen habe ich gesehen, dass es ursprünglich frühe Neuzeit hiess, diesen Begriff hätte ich bevorzugt, da "Renaissance" für mich nur der positive Aspekt dieser Zeit darstellt. Gerade im späteren Teil der Epoche ging noch ganz viel anderes ab. Die Mitte des 17. Jahrhunderts war z.B. eine der schlimmsten Zeiten überhaupt, um in Europa zu leben. Gleichzeitig fanden zu der Zeit aber auch viele Ideen ihren Ursprung, welche die Basis für unsere heutige Gesellschaft bilden.

    Diese Zeit finde ich super faszinierend und lehne mich selbst beim schreiben auch daran an. Zum einen, weil ich die Ästhetik von Segelschiffen, Sternforts, Plattenpanzern, Pistolen und grossen Hüten toll finde, zum anderen aber auch wegen diesem Aufbruch ins Ungewisse. Ich glaube, keine Zeit spiegelt den Entdeckergeist besser wieder als diese. Neue Kontinente werden entdeckt,die alte Ordnung herausgefordert und niemand weiss, welche Richtung die Geschichte einschlagen wird.

    Sehr toll finde ich in dem Zusammenhang die Buchreihen "Elfenritter" (Bernhard Hennen) und "Die Götter von Blut und Pulver" (Brian McClennan - wobei glaube ich alle seine Romanreihen in dem Setting spielen)


    Als Randbemerkung finde ich auch das Frühmittelalter spannend. Mein Nebenprojekt "Sonnenfall" spielt dort und befasst sich mit dem Gedanken die "Dark Ages" wortwörtlich zu nehmen und ein Grossreich in einem apokalyptischen Ereignis fallen zu lassen.

    Cool, gratuliere dass du die Vampire von Rankental zu Ende schreiben konntest!

    Deine neue Geschichte beginnt schon einmal ganz interessant. Ein Totgeglaubter kehrt nach Hause zurück und stellt fest, dass sich in seiner Abwesenheit einiges getan hat. Bin gespannt, welche Probleme ihn nach dieser - eigentlich recht glücklichen Wendung am Anfang - erwarten wird. Haben die Adligen bereits Ränke um seine Nachfolge geschmiedet? Oder lässt die Äbtissin das nicht einfach so auf sich sitzen?

    Finde auch schön wie viel wir bereits über die Charaktere herausfinden können. Man merkt, wie vertraut der Erzherzog mit seinem Land und seinen Leuten ist und wie er trotz seiner Wortgewandtheit beim Thema Liebe plötzlich in Verlegenheit gerät.

    Vielen Dank LittleOwlbear !:D Ja, ich neigere zum Ausufern, wenn es um Worldbuilding geht. Ist so eine wundervolle Art der Prokrastination...:rolleyes:

    Hier mal ein Showcase einer anderen Nation - die der Mehrheit der Protagonisten, die ich aber irgendwie bis jetzt gar nicht wirklich ausgearbeitet hatte...:


    Borheim

    Die vereinten Grenzländer

    Borheim ist ein Land, das es gar nicht geben sollte. Ein Produkt vieler Jahrhunderte von gefallenen Imperien, Machtvakuen und Migration. Diejenigen, die sich heute Borheimer nennen, können ihre Abstammung auf die verschiedensten Quellen verweisen, während ausländische Agenten alle ihre Gründe nennen, weshalb Borheim - freiwillig oder nicht - teil ihres Einflussgebiets werden sollte. Die Vodraskis und Warakier sehen Borheim aufgrund alter imperialer Ambitionen noch immer als Teil ihres Reichs, während die Ardonier ihren Anspruch als Herrscher über alle kadranischen Völker, und damit auch über die Borheimer, geltend machen wollen.
    Nicht einmal nach Innen ist Borheim geeint. Die Zwerge, die als die oft übergangenen Ureinwohner des Landes gelten, haben sich immer mehr vom Rest des Landes abgeschottet und leben nun nahezu isoliert in den entlegenen Bergtälern und Hochebenen.

    Dieser Hang zur Selbstbestimmung ist für viele Borheimer der beste gemeinsame Nenner. Wer hundert Borheimer fragt, was ihnen das Grossherzogtum bedeutet, wird hundert verschiedene Antworten erhalten. Aber alle werden sie anfügen dass es so besser sei, als von einer fremden Macht beherrscht zu werden.
    Borheim zu regieren ist nicht einfach. Die höchsten Berge der Welt, die dichten Wälder und schäumenden Wildbäche machen die Navigation durch des Landesinneren zu einem logistischen Alptraum. Der Jäger im Wald wird in seinem Leben wenig Gemeinsamkeiten mit dem des Händlers in den grossen Küstenstädten finden. Das Land besteht aus Mikrokosmen, jeder einzelne davon mit eigenen Bräuchen und Bedürfnissen, die man alle kennen muss, um Autorität wahren zu können.


    Das Ende der Zarchjem

    In einer Zeit, von der heute nur noch wenige wissen, lebte kaum ein Vorfahre der heutigen Borheimer in diesem Land, denn die Zarchjem waren bereits hier.
    Es war eine Reihe von Erdbeben, die den Niedergangs dieser Zivilisation einläuteten. Die Felswände, welche ihre Städte umgaben, stürzten donnernd ins Tal. Ihre Türme gaben unter den Erschütterungen nach und die Hangars, in denen sie ihre Luftschiffe aufbewahrten, wurden hinter Geröllmassen verschüttet.
    Das hochentwickelte Volk, welches sich nach hundert Jahren von Unterdrückung, Sklaverei und Raubzügen nichts als Feinde gemacht hatte, fand sich nun in seiner dunkelsten Stunde wieder.

    Eines dieser unterdrückten Völker, die Zwerge, nutzte diesen Moment der Schwäche, um sich gegen ihre Herrn zu erheben.
    Die Aufzeichnungen der Auslöschung sind lückenhaft und unterscheiden sich je nach Quelle. Die Zwerge bezeichnen es als einen heiligen Krieg der Rechtschaffenheit, jene mit Zarchjem-Urahnen überliefern es als die zeit des Terrors. Fest steht, dass von den reinblutigen Zarchjem heute niemand mehr übrig ist. Die Zarchjem waren zerschlagen und in alle Himmelsrichtungen verstreut, ihre Kultur, ihre Technologie und ihr Wissen innerhalb eines Jahrzehnts vollständig ausgelöscht.
    Was bliebt, sind die Ruinen ihrer Städte, die Zwerge hatten daran wenig Interesse. Sie kehrten zurück zu ihrem Leben als Händler und Hirten in den Hochebenen. Der Rest des Landes blieb nahezu unbewohnt und wartete nur darauf, besiedelt zu werden. Ein Land, dessen ungezähmtes Wesen ihm später den Namen Borheim einbrachte. Heimat der Bären.


    Besiedelung und Fremdherrschaft

    Von all den Völkern, die sich in den nächsten Jahrzehnten in Borheim niederliessen, verfügten nur die Vodraski über die organisatorische Stärke, richtigen Einfluss auf diese neuen Siedlungen auszuüben. Es begann schleichend. Vodraskische Milizen sorgten für Ordnung und sicherten die Passstrassen, Zarimistische Priester errichteten Tempel und Glaubensgemeinschaften. Erst als das vodraskische Reich in seinem Zenit stand und nahezu unaufhaltbar schien, marschierten Vodraskische Soldaten In Borheim ein und machten das Gebiet formell zu einem Teil des Reichs.

    Das junge Volk der Borheimer war den Vodraskis immer ein guter Vasall. Sie leisteten ihren Herrn in den Eroberungskriegen die noch folgten treue Dienste und wichen selbst in den stürmischen Zeiten des Vodraskischen Bürgerkriegs nicht von der Seite des Königs. Nur dumm, dass die royalistischen 'Flügel' von den rebellierenden 'Hufen' geschlagen und der vodraskische Kindskönig im Hafen von Śepyk ertränkt wurde.
    Das Verhältnis zwischen den neuen Herrschern und ihren borheimischen Vasallen war von da an bestenfalls kühl. Dem ruinerten Vodrask blieb nach dem Krieg nicht mehr die Kraft, seinen Anspruch durchzusetzen und so entschied sich der borheimische Adel, die Bande nach Vodrask zu durchtrennen.
    Vodrask hatte keine andere Wahl, als einem friedlichen Abzug zuzustimmen. Borheim war von nun an ein unabhängiges Grossherzogtum und stand vor der Aufgabe, aus diesem bunten Gemisch von Grenzländern eine eigenständige Identität zu schaffen.

    Das vodraskische Reich beschützt den Handel durch die Bergpässe - Bild generiert durch Midjourney


    Falscher Frieden

    Eine neuartige Verfassung nach ardonischem Vorbild sollte dem neu gegründeten Parlament dabei helfen, das diverse Land zusammenzuhalten und den Grossherzog in seiner Herrschaft stützen. Neue Grenzen wurden gezeichnet und den Zwergen wurden autonome Zonen zugewiesen. Sie lagen in den unwirtlichsten Bergtälern und umfassten bloss noch einen Bruchteil ihres früheren Siedlungsraums, aber zumindest liess man sie in Frieden leben.
    In den folgenden Jahrzehnten gab es wenig, um das die Borheimer sich sorgen mussten. Der Handel durch die Berge blühte auf, Borheim wurde zum Drehkreuz zwischen Vodrask und Warakien, zwischen Palus und Kadranien. Seine Position zwischen den Flutlanden und der Frostsee bedeutete Wohlstand, Hungersnöte gehörten der Vergangenheit an und der wachsende Austausch zwischen den Regionen Borheims begann eine gemeinsame Identität zu bilden. Während die Universitäten weiterhin auf vodraskisch unterrichteten, verbreitete sich die borheimische Sprache beim gemeinen Volk.
    Der Handel war es auch, der die Verbreitung des Schwarzpulvers begünstigte. Ein Borheimischer Händler erkannte, dass die Zwerge es im Bergbau verwendeten und machte den Erfinder ausfindig, der ihm das Rezept im Tausch gegen einen Hof im Flachland verriet. Von da an dauerte es nicht lange, bis ein ardonischer Botschafter das Gemisch nach Hause in das kleine Fürstentum brachte und an der Militärakademie in Ardonburg präsentierte.

    Der lange borheimische Frieden währte nie ganz ohne Unterbrechungen. An allen Grenzen ausser der vodraskischen kam es immer wieder zu Scharmützeln. Gegen kalandrische Stämme in den tiefen Wäldern, gegen Piraten in der Frostsee, gegen die Warakier, deren Land Jahrzehntelang in einem Bürgerkrieg gefangen war. Die Ritter und Heerbannpflichtigen Borheims lernten nie echten Krieg kennen, wurden aber immer wieder zu ihrer Pflicht gerufen.

    Tanningen, die Hauptstdt Borheims ist bekannt für ihre heissen Bäder und das geschäftige Hafenviertel - Bild generiert durch Midjourney


    Verlust und Hoffnung

    Der brüchige Frieden endete für Borheim mit dem Aufstieg Ardoniens. Auf den Befehl von Erzfürst Heinrich IV marschiert die ardonische Armee in der Provinz Kelassien, besser bekannt unter ihrem zwergischen Namen Chelax, ein.
    Es gelingt dem Borheimischen Heerbann, die Invasoren auf den Passstrassen zu umzingeln, bevor sie die andere Seite des Gebirges erreichen. Allerdings haben sie die Rechnung ohne eine zweite Armee gemacht, die die Berge durch die Wälder umgeht und den Verteidigern in den Rücken fällt.
    Die Kämpfe in den Trauerbergen dauern fast zwei Jahre an. Zehntausende sterben durch Kälte, Hunger, Krankheit und Plünderungen, ein verschwendend geringer Teil davon durch tatsächliche Kämpfe.
    Vodrask sicherte ihren Schützlingen zwar Unterstützung zu, zierte sich aber, eine komplette Streitmacht zu senden. König Podrowos folgte gerade erst seinem Vater Boris auf den Thron und seine Berater warnten ihn, dass das krisengebeutelte Reich einer direkten Konfrontation mit Ardonien nicht gewachsen war.

    Grossherzog Walther blieb nichts anderes übrig, als einen Frieden auszuhandeln und Chelax an Ardonien abzutreten.
    Weder Walther, noch seine Befehlshaber waren so naiv zu glauben, dass der Konflikt mit diesem Frieden zu Ende war. Zwölf Jahre später sollten sie Recht behalten. Mit dem Beginn des Serno-Kriegs ist die Verschnaufspause bereits zu Ende. Die Borheimer kämpfen dieses Mal Seite an Seite mit den Vodraskis gegen die Streitmächte von Heinrich IV. In diesen zwölf Jahren waren die Verteidiger alles andere als untätig. Das Borheimische Heer ist nun nach ardonischem Vorbild modernisiert. Ein Rekrutierungs- und Trainingssystem wurde eingeführt, Nachschubzüge geschaffen und die Rolle der Ritter zunehmends zu Offizieren gewandelt.
    Doch trotz allem sind die Borheimer den Ardoniern in Kampferfahrung, Ausrüstung und Disziplin weit unterlegen.

    Drei Jahre sind mittlerweile seit dem Kriegsausbruch vergangen und die Verteidiger halten stand. Ihre Linien werden dünner, zu viele sind bereits gefallen, die Felder bleiben unbestellt und die Raubzüge der Piraten immer dreister. Das Grossherzogtum lässt seine Verbündeten nicht im Stich, doch während seine beiden Nachbarn ihren ideologischen Kampf austragen, verwüsten ardonische Truppen sein Land. Jeden Tag werden mehr Dörfer geplündert oder besetzt. Jeden Tag drängen die Bürger kadranischer Abstammung vehementer auf Frieden, jeden Tag wird das Volk des Kriegs müder.

    Ein Ritter bewacht eine Passstrasse - Bild generiert durch Midjourney

    Dion Bin gespannt wie viel davon es ins fertige Game schafft. Das ist ja schon mehr Techdemo als echtes Gameplay. Beeindruckend ist es aber allemal und CD Project Red stehen eigentlich zu ihrem Wort.

    Die Handlung scheint dieses Mal irgendwo nördlich von Redanien angesetzt zu sein? Interessant, da kenne ich die Lore gar nicht. Irgendwie aber auch schade, ich würde gerne einmal Nilfgaard sehen.