Ich habe vor einer Weile jetzt Das Magische Messer von Philip Pullman beendet, also Teil 2 der His Dark Material/Der-Goldene-Kompass-Trilogie.
Band 1 hat einfach perfekt gesessen und war völlig rund. Nun werden in Band 2 aber so viele Ideen, die anscheinend aus dem Nichts kommen, in den Faden aus Band 1 eingeflochten, dass es einfach undurchdacht und beliebig wirkt. So als würden Ereignisse passieren, weil der Plot es fordert, aber nicht, weil sie sich natürlich ergeben.
Das kann natürlich an der Multiversums-Geschichte liegen. Da werden Figuren und Orte schnell beliebig und es fehlt ein Grund, sich überhaupt für irgendwas oder irgendwen zu interessieren.
Symbolisch betrachtet ergibt es irgendwie Sinn, dass Pullman in seiner Reihe darüber, Gott zu töten, zu seiner Eva (Lyra) noch einen Adam (Will) einführen will. Aber wo zum Geier will er mit all den neu eingeführten Konzepten eigentlich hin? Und spielen sie langfristig überhaupt eine Rolle? Band 2 erschüttert mein Vertrauen in Pullman als Erzähler jedenfalls enorm, und es liegt an Band 3, mir zu zeigen, ob Band 2 es überhaupt wert war.
Ich war selten so irritiert, aber das macht es auch interessant genug, dass ich Band 3 kennen will. Nur ob mich dann seine neue Trilogie in diesem Multiversum überhaupt reizen kann, ist bisher schwer abzusehen.
Ich bleibe dran.
Alles anzeigen
Ich sitze jetzt schon seit einer Woche oder so auf diesem Post und schiebe ihn auf ... Was bedeutet, dass ich Buch Nummer 3, Das Bernstein-Teleskop, beendet habe.
His Dark Materials ist eine merkwürdige Reihe. Sie beginnt mit einem perfekten Roman, Der Goldene Kompass, der eine relativ simple Rettungsgeschichte mit dem Flair einer Nordpolexpedition, Steampunk und märchenhaften Elementen wie Hexen und sprechenden Eisbären kombiniert. Alles daran ist rund, die Sprache ist ein Genuss, es gibt einen Sinn für das Wunderbare und Unbekannte. Lyra soll eine Auserwählte sein, die das Ende des Schicksals selbst bringen wird. Am Ende wird dann ...
Spoiler anzeigen
... ein Tor in fremde Welten geöffnet und die freche Protagonistin Lyra, verlassen von beiden Eltern und gescheitert auf ihrer Rettungsmission, tritt ins Ungewisse.
Und dann kommt Band 2 um die Ecke, Das Magische Messer, setzt einem einen weiteren Protagonisten vor, den Jungen Will, der aus unserer Welt kommt, und alles ist ganz anders. Will lernt Lyra kennen und wird Träger des Messers, das Portale in andere Welten öffnen kann.
Nebenbei werden andere Plots gesponnen. Es soll einen Krieg gegen "die höchste Autorität" geben, und alle bereiten sich vor. Kein Nordpol mehr, dafür Engel, Gespenster, eine beiläufig erwähnte Manipulation der Zeit, andere, die schon immer zwischen Welten reisten (was Asriels großen Knall aus Band 1 etwas untergräbt), vieles mehr. Das ist irritierend, verspricht aber vieles zusätzlich zu dem, was in Band 1 an Versprechungen gemacht wurden. In diesem zweiten Band darf man noch hoffen, dass in Band 3 dann alles zu einem perfekt erzählten Ende führt, wie in Band 1.
Allerdings gab es da den einen Punkt, an dem der Bogen überspannt wurde. Eine Physikerin unterhält sich mit Engeln, die ihr mitteilen, dass die mysteriöse Substanz namens "Staub" aus Band 1 das gleiche sei wie dunkle Materie. Und Staub und dunkle Materie sind das gleiche wie Engel. Das klingt nicht nur merkwürdig, es ergibt im weiteren Verlauf der Geschichte auch absolut keinen Sinn. Das gibt einem schon mal einen Vorgeschmack auf ...
Band 3, Das Bernstein-Teleskop. Und oh boi, war das ein Reinfall. Grob gliedert sich das Buch in 3 Teile. Zuerst muss Lyra gerettet werden, dann gibt es eine Reise ins Reich der Toten und dann kommt der Rest. Ja wie? War da nicht ein Kampf gegen Gott? Ja ja, aber vorher muss erst noch das andere erzählt werden, das sich wie zwei Nebenquests anfühlen. Dann wird der Krieg in etwa zwei Kapiteln abgehandelt. Klingt enttäuschend? Ist es auch.
Da wartet man seit dem Ende von Band 1 auf dieses Ereignis, aber es wird nur drum herum getanzt. Warum geht es ins Reich der Toten? Im Buch wird es damit begründet, dass Lyra sich u.A. bei einem Freund entschuldigen möchte. Nun ist es aber so, dass der Weg beschwerlich ist und es sein könnte, dass sie nicht zurückkehren kann. Da wirkt diese Motivation eher schwach. Am Krieg sind Lyra und Will dann fast unbeteiligt. Wisst ihr, woran mich dieser konfuse Storytellingstil erinnert? An Kingdom Hearts. Und das ist kein Kompliment.
Hinterher, ganz am Schluss, gibt es dann einige Kapitel, in denen Will und Lyra sich endlich ihrer Gefühle füreinander klar werden können. Sie müssen eine Entscheidung treffen, die über den Fortbestand des Multiversums entscheidet. Wohlgemerkt, mit dem "Ende des Schicksals an sich" hat das erstaunlich wenig zu tun. Hier wird kein Determinusmus zerschmettert, um den freien Willen zu bringen. Stattdessen geht es um Liebe, Verlust und das Erwachsenwerden. Und trotz aller Enttäuschungen und Irritationen ist dieses letzte Drittel dann der stärkste Teil des Buchs, zumindest in meinen Augen.
Aber, JUNGE, es kann das Mülltonnenlagerfeuer, das die 400 Seiten davor waren, nicht wiedergutmachen.
Am Ende kann ich aus der Reihe wirklich nur Band 1 Der Goldende Kompass empfehlen. Beim Rest seid ihr besser gewarnt.