Beiträge von Kyelia

    Edmund kam zu sich, als man ihn eine Treppe hinuntertrug. Er hing kopfüber über einer Schulter wie ein Sack Mehl. Blut tropfte ihm ins Auge und hinterließ eine Spur.
    Er wurde zurechtgerückt und stieß dabei mit dem Kopf irgendwo gegen.
    Nicht so grob!
    Offenbar war er bereits mehrfach mit dem Kopf irgendwo angestoßen. Das erklärte das Blut im Auge.
    Seine Sicht klärte sich, bewegen konnte er sich jedoch nicht, nicht mal den kleinen Finger. Das Gift hatte sehr gut gewirkt.
    Er blickte nach unten und direkt auf einen Hintern in Rüstungshose.
    Nicht Trevors Hintern, stellte er fest. Der war deutlich straffer und knackiger. Schade …
    Wenn es allerdings nicht Trevor war, der ihn herumtrug, wer dann? In seinem Blickfeld tauchten immer wieder Stiefelspitzen auf, die ihnen folgten. Dummerweise wollte ihm sein Körper noch nicht gehorchen. Aber er spürte deutlich wie die Betäubung mit jeder Minute nachließ.
    Mit Metall gestärkte Stiefel, billig verarbeitet und das Leder war rissig. Vermutlich die Stiefel eines Wachmannes. Gut gepflegt, aber nicht viel wert und mittlerweile alt.
    „Der Kerl ist schwerer als er aussieht“, beschwerte sich jemand – er wurde auf der Schulter erneut zurecht gerückt, als wäre er eine Puppe.
    Willst du sagen, ich bin fett, oder was?
    Das war doch die Stimme von einem der Wachen. Wie hieß der noch gleich … ? Hatte sich Ihnen überhaupt jemand vorgestellt? Nicht einmal die Familie, oder? Wenn er sich recht erinnerte, fragte er sich, warum sie überhaupt im Schloss waren. Eigentlich hatten sie Cecilia nur durchs Tor treten und dann verschwinden wollen. Was war eigentlich passiert, dass sie sich dazu hatten breitschlagen lassen?
    Und das Essen war nicht mal gut!

    Zugegeben war er neugierig gewesen. Alle Häuser, an denen sie vorbeigekommen waren, waren wie ausgestorben, Bürger hatten sich versteckt oder waren regelrecht geflohen. In diesem Herzogtum stimmte etwas ganz und gar nicht. Und diese Erkenntnis traf ihn nicht nur, weil man ihn gerade vergiftet hatte und er über einer Schulter durch finstere Flure getragen wurde.

    „Jetzt hör auf zu jammern, Gustav.“ Eine Frauenstimme. Sie waren also mindestens zu dritt.
    „Sehr wohl, Herrin!“, beschwerte sich wohl Gustav. Also mindestens zwei Wachen und es war eine „Herrin“ dabei. Aus der Stimme des Wachmanns hörte er Respekt, aber nicht sonderlich viel. Da waren Zweifel. Also schon mal nicht die Herzogin selbst. Man musste ja auch mal Glück haben.
    Zwei Wachen und vermutlich eine von Cecilias Schwestern. So dumm, ihm seine Waffen zu lassen, waren sie sicherlich nicht gewesen. Und er war nicht Trevor, der sich einfach herausprügeln konnte. Abgesehen davon, dass er im Moment lediglich gucken, hängen und sabbern konnte.
    Dann musste er wohl abwarten.

    Sie kamen in einem Keller an.
    Sie trugen ihn über groben Stein, der feucht glänzte und modrig roch. Warum musste es ein stinkender Keller sein? Warum kein schöner warmer Raum mit Wandteppichen? Schlimm genug, dass man ihn immer herumtrug, als wäre er ein störrisches Kind. Da wäre es ihm ja fast lieber gewesen, man hätte ihn an den Füßen die Treppen hinuntergeschleift. Das hätte der Sache mehr Drama gegeben. So kam er sich nur vor, als hätte er etwas falsch gemacht und wurde dafür auf sein Zimmer getragen.
    Hierfür werde ich mir ewig etwas von Nelli und Esther anhören dürfen …
    Immerhin wirkte das dumme Gift, das sie ihnen gegeben hatten nicht sonderlich gut. Er musterte also aufmerksam die Umgebung und merkte sich den Weg, lauschte den Geräuschen und den Gesprächen zwischen den Anwesenden und bemerkte, wie er bereits die Fußzehen wieder bewegen konnte.
    Er versuchte herauszufinden, ob die anderen irgendwo in der Nähe waren. Aber er hörte und sah nichts von ihnen.
    Hoffentlich geht es den anderen gut…
    Er hörte weitere Schritte von schweren Stiefeln.
    Am Ende des Flurs wurde er an einer weiteren Wache vorbei in einen Raum getragen. Die Stiefelspitzen blieben draußen.

    Der Raum roch als hätte Nelli einen Kräutersud zubereitet und gleichzeitig der Krake in den Raum gerülpst – eine seltsam vermoderte, süßliche Mischung aus allem, was eklig war.
    „Legt ihn da ab!“, forderte eine kratzige Stimme. Entweder war der Besitzer niemand, der viel redete oder genau das Gegenteil war der Fall. Vielleicht hatte die Stimme auch nur zu viel von dem ätzenden Geruch eingeatmet.
    Er wurde auf einen Steintisch geworfen und jemand machte sich an seinen Füßen zu schaffen, so weit er es spürte, wurden Fesseln entweder angebracht oder entfernt. Vermutlich eher ersteres.
    Gustav lehnte sich zu ihm. „Oh, er ist wach.“
    Edmund starrte Gustav an. Tatsächlich, wie auch in seiner Stimme, lag neben Überraschung auch Zweifel in seinen Augen.

    Gustav wurde beiseite geschoben und stattdessen schob sich das Gesicht von Cecilias Schwester in seine Sicht. Die gleichen blonden Haare und blauen Augen. Wie konnte eine Person so aussehen und so einen schrecklichen Charakter haben? Aber je länger Edmund die Frau betrachtete desto mehr bekam er das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Ihr Aussehen war irgendwie … unnatürlich. Ein Gedanke, der ihm bereits beim Essen gekommen war.
    „Erstaunlich. Das Gift hätte einen Wal betäuben können.“ Die Schwester betrachtete Edmund.
    Die kratzige Stimme meldete sich zu Wort. Ein altes Weib trat in sein Blickfeld, die noch deutlich älter und faltiger aussah als Nelli. Eine wandelnde Leiche. Oder eher Mumie. Entweder war sie wirklich älter als Nelli, oder hatte sich noch schlechter gehalten.
    „Sind wir froh, dass er nicht tot ist. Das Gift muss aus seinem Kreislauf wieder heraus. Umso schneller, desto besser.“
    „Meinst du, Cecilia hat recht?“ Eine weitere junge Stimme erklang. Noch eine der Schwestern. Ebenfalls blond und mit blauen Augen und dieser Porzellanhaut, die sie alle hatten.
    Wie viele gibt es von denen? Ist da irgendwo ein Nest?!
    „Das finden wir heraus.“ Der alte Hodensack packte sein Gesicht, wandte es, betrachtete ihn wie Ware auf dem Viehmarkt. Dabei kniff sie die Augen zusammen, als würde sie nichts erkennen. Dann griff sie nach seinem Arm, schob den Ärmel hoch und schnitt mit einer Klinge durch seine Haut. Es blutete sofort und die alte Schachtel fing das Blut mit der Schüssel auf.
    „Geht es euch noch gut?“, pampte Edmund. Froh darüber, dass die Betäubung nachließ. Jetzt merkte er auch, dass man ihn gefesselt hatte. Seinen Arm wegziehen, konnte er also nicht. Miststück! „Wisst ihr eigentlich, was das für Flecken macht? Außerdem“, er wandte sich an Gustav, „bin ich nicht fett!“, er drehte sich zurück zu Cecilias Schwester, „also vergleich mich nicht mit einem Wal!“
    Die Adlige sah ihn mit erhobenen Augenbrauen an, während der Hodensack sich nicht um ihn kümmerte, stattdessen die Wunde betrachtete. Dann träufelte sie zwei Tropfen einer Tinktur in die Schüssel zu seinem Blut. Es färbte sich zu einer Mischung aus rosa und blau.
    „Definitiv ein magisches Wesen mit einer Verbindung zu Wasser. Die Wunde verheilt bereits“, sie packte sein Gesicht, wandte es erneut hin und her, „gutes Aussehen, und eine deutlich wahrzunehmende, anziehende Aura.“ Sie musterte seine Haut, glotzte ihm mit ihren toten Fischaugen in die Augen und schnüffelte an seinem Nacken. „Keine Schuppen, aber seine Haut fasst sich robuster an. Ich denke, er hat Cecilia die Wahrheit gesagt.“
    Hallo? Privatsphäre!
    „Wenn er wirklich Nymphenblut besitzt, dann könnten wir uns die weiteren Tests doch sparen, oder?“, fragte die Schwester von Cecilia, die ihn in den Keller begleitet hatte. „Dann ist Nymphenblut definitiv kompatibel mit Menschenblut.“
    Er bewegte sich leicht in den Fesseln. Von was um alles in der Welt redeten diese Wahnsinnigen eigentlich? Er war umso mehr froh, dass er nichts von der Suppe gegessen hatte, denn die würde ihm nun wieder hochkommen. Abgesehen von dem Auge, dass darin geschwommen war und dem sauren Geschmack, als wäre sie schon lange überfällig.
    Die Alte tätschelte seine Wange.
    „Kannst du das mal lassen, du ausgedörrter Haufen Froschlaich?!“, pflaumte er los.
    Die Alte watschelte davon, zurück zum Tisch und schleppte die Schüssel mit sich.
    „Ein Test ist unerlässlich. Oder willst du sterben, Mädchen?“ Die Alte kam mit einem frischen Gefäß zurück. „Dorothea, trete mal kurz beiseite.“
    Die Tochter des Herzogs, die bereits im Keller gewartet hatte, trat weg. Wohl Dorothea. Die andere verschränkte die Arme und blickte woanders hin. Wohl beleidigt.
    „Dann beeil dich, Alte. Mutter wartet nicht gerne und ich würde auch gerne endlich Resultate sehen.“
    „Mich zu hetzen, bringt nichts.“
    „Hört auf mich zu ignorieren!“, forderte Edmund genervt. Die Alte packte erneut seinen Arm und am liebsten hätte er ihr dafür seine Faust ins Gesicht geschlagen. Das wirst du bereuen! Der vertrocknete Haufen Existenz schlitzte erneut seinen Arm auf und befüllte damit die Schüssel. Er würde eine Menge Zitronen brauchen, um die ganzen Blutflecken aus der Kleidung zu bekommen. „Hey, das Hemd ist neu!“
    „Stehlen einem Nymphen eigentlich wirklich die Seele bei einem Kuss?“, fragte die -offenbar dumme - Schwester und musterte ihn neugierig.
    Was für eine bescheuerte Frage ist das denn!?
    „Find es doch raus!“, zischte Edmund und funkelte die Frau finster an.
    Die Hexe sah sie an. „Das sind Ghule, Judith!“
    „Nymphen sind keine Seelenräuber“, meinte plötzlich eine weitere Stimme. Edmund konnte gerade so weit den Kopf drehen, sodass er sehen konnte, dass zwei weitere Personen den Raum betraten. So langsam wurde es voll hier.
    Kommt nur alle herein. Wir haben hier einen riesen Spaß!
    Zu den Neuankömmlingen in dieser lustigen Runde gehörten die Herzogin und eine entstellte junge Frau. Sie schien teilweise gelähmt zu sein, da sie ihre rechte Seite nachzog. Die hinkende Frau stellte eine Kiste neben ihm ab. Sie betrachtete ihn aus den gleichen blauen Augen, wie es in der Herzogfamilie scheinbar jeder hatte. War sie auch mit ihnen verwandt? Allerdings schien wohl für diese Schwester von der Schönheit nichts mehr übrig gewesen zu sein. Sie hatte Narben im Gesicht, ihre Haut war seltsam schuppig und die rechte Gesichtshälfte ebenfalls gelähmt.
    „Sei still, Elisabeth. Niemand hat dich nach deiner Meinung gefragt.“ Die Stimme der Herzogin war eiskalt. Direkt wurde es im Keller um einige Grad kühler. Die entstellte Frau, die wohl zuvor gesprochen hatte und Elisabeth hieß, zog den Kopf ein.
    Edmund musterte Elisabeth. Diese blickte zurück. Da lag etwas Entschuldigendes in ihrem Blick.
    „Du bist sehr gesprächig für jemanden, der bereits tot sein sollte.“ Die Herzogin betrachtete ihn mit verschränkten Armen.
    Was ist das hier? Ein Kuriositäten-Kabinett? „Hört auf mich anzuglotzen!“
    „Wieso lebt er noch?“ Die Herzogin wandte sich an ihre Töchter. Diese zuckten zusammen.
    „Wir waren erstaunt, dass er bereits wieder wach war und haben es vergessen. Ich kümmere mich gleich darum.“ Judith nahm ein Messer.
    Leg das wieder weg ...
    „So schnell seine Wunden heilen und die Wirkung des Giftes nachgelassen hat, dürfte der Großteil bereits auch abgebaut sein“, warf die Hexe ein.  
    Und das war der Moment, in dem Edmund normalerweise Angst bekommen sollte. Aber irgendwie hatte er in den letzten Monaten zu viel Scheiße durchgemacht, um sich wirklich um sein Leben zu sorgen. Erstaunlich, wenn er darüber nachdachte. Wann hatte er sich daran gewöhnt?
    „Ehe man mich jetzt ausbluten lässt wie einen Fisch, könnte mir einer mal verraten, was das hier soll?“
    Elisabeth schüttelte leicht den Kopf. Oder bildete er sich das nur ein?
    Sie wurde von Judith beiseite geschubst.
    Ach toll, ausgerechnet die Doofe!
    „Dein Blut wird mir helfen, meine ewige Jugend beizubehalten!“, warf jedoch die Herzogin ein, ehe Judith dummes Zeug regen konnte. Wobei … apropos dummes Zeug.
    An was hat die denn geschnüffelt?
    „Hast du zu viel von deiner Tintenfisch-Suppe gegessen?“, gab er von sich und hob die Augenbrauen. Gut. Diese Leute waren durchgeknallt. „Nymphen sind jetzt nicht gerade für Langlebigkeit bekannt. Wie wäre es stattdessen mit dem Blut einer Riesenschildkröte oder eines Tiefseehais?“ Er wusste, dass es solche Tränke gab, die einen verjüngten – dank Nelli. Also waren Tränke, die das Aussehen positiv – oder negativ – veränderten, wohl auch machbar. Was man in den Trank hineintun musste, wusste er allerdings noch nicht. Irgendwas sagte ihm aber, dass da kein Nymphenblut hineingehörte und mit Sicherheit nicht seines. Und wenn sie vorhin von Tests gesprochen haben, schien das eine neue Mischung zu sein. Diese Irren machten das also öfter. Und offenbar hatte diese ganze Prozedur niemand überlebt. Andernfalls hätte man außerhalb des Reiches Gerüchte gehört.
    Schlussfolgerung. Die atmen hier zu viel dreckige Luft! Er musste dringend von hier verschwinden. Nur wie?
    „Schweig still, Nymphe.“
    Von dir lass ich mir nichts sagen.
    „Und der Trank ist für wen? Eure Schwester?“ Er deutete zu der Entstellten. Vorerst musste er Zeit gewinnen…und etwas austesten. Sein Vater war darin immer gut gewesen. Er selbst konnte seine Kräfte aber immer nur unbewusst einsetzen. Ob ihm das gelang, wenn er es wollte? Nun, entweder er versuchte es und ging dabei drauf, oder er versuchte es nicht, und ging dabei drauf.
    Elisabeth schüttelte erneut leicht den Kopf, während die Herzogin lachte.
    „Die?! Quatsch! Der Trank ist für uns!“, zischte Dorothea. Sie und Judith lachten laut auf. Die Herzogin schüttelte nur abfällig den Kopf, während Elisabeth den Kopf senkte und der Hexe zur Hand ging.
    Edmund tat überrascht.
    „Euch? Was? Aber du hast ihn doch gar nicht nötig.“ Er lächelte Dorothea charmant an. „Ihr seid doch bereits der Blickfang auf jedem Fest.“ Schönheit, gepaart mit mehr Arroganz, als ich jemals zusammenkratzen könnte. „Vermutlich rennen euch die Verehrer und Verehrerinnen in Scharen nach.“
    Dorothea straffte bei seinen Worten die Schultern und Judith erstrahlte förmlich.
    Die lassen sich beeinflussen …

    Ein Plan formte sich. Er sah sich um, Gustav stand neben der Tür. Davor und auf dem Gang standen noch mindestens zwei weitere Wachen. Darum konnte er sich gleich noch Sorgen machen, aber eine Wache sollte selbst für ihn kein Problem werden. Den Faktor, den er am wenigsten einschätzen konnte, war die Alte. Wenn sie wirklich eine Hexe war, dann war sie vermutlich die Gefährlichste im Raum.
    Er sah zu ihr. Die Alte war gerade mit ihrem Kräutersud und seinem Blut beschäftigt.
    Und die Herzogin? Ebenfalls schwer einzuschätzen.
    Sein Blick begegnete dem der entstellten Schwester. Elisabeth musterte ihn, kniff die Augen zusammen, als versuchte sie zu erkennen, was er plante. Da sich ihre Wangen rosa färbten, sollte sie jedoch sein kleinstes Problem sein. Sie würde ihm nicht in die Quere kommen.
    „Also ist das euer Geheimnis?“, fragte er. „Ein Trank aus Nymphensuppe, der euch schön macht?“
    Die Schwestern lachten. Judith wedelte mit der Hand. „Wir erhalten damit nur, was bereits gegeben ist. Wie du bereits festgestellt hast: wir sind der Blickfang, wo immer wir auftauchen.“
    Ein Fakt, der auch auf einen Zyklop im Ballkleid zutreffen würde, aber wenn ihr meint.
    „Wen findest du schöner?“, fragte Judith.
    „Natürlich mich!“ Dorothea drückte ihre Schwester weg. Die beiden stritten.
    „Ihr seid beide wunderschön. Ihr habt eindeutig das Aussehen eurer Mutter. Ihre Porzellanhaut, das glatte, schöne Gesicht und die vollen Lippen, langen Wimpern und strahlenden Augen.“ Die beiden Schwestern strahlten unter seinen Worten und reckten sich stolz. Er grinste und suchte zu beiden Augenkontakt. „Wenn Perfektion einen Namen hätte, würde er den eurer Mutter tragen.“
    „Mutter?“ Dorothea sah zu der Herzogin, dann zu Edmund zurück. „Willst du damit sagen, sie wäre schöner als ich?“
    Edmund lächelte unschuldig. „Ihr seid ebenfalls sehr schön, aber wie gesagt, wahre Perfektion erreicht nur eure Mutter.“
    Hoffentlich war das ausreichend, andernfalls kotz ich gleich.
    Die beiden Schwestern wurden sichtbar zornig. Ihre Augen glühten regelrecht.
    „Lasst euch von ihm nicht anstacheln. Er manipuliert euch“, mischte sich die Hexe ein.
    Halt die Klappe, Wachtel!
    „Manipulieren? Ich? Euch? Ach was“, gab er unschuldig von sich. „Darf ich keine Komplimente mehr machen? Oder stört es dich, dass ich dich noch nicht bewundert habe?“ Er lächelte sie süßlich an.
    „Wenn du das wagst, ist klar, dass du lügst.“
    Edmund neigte den Kopf. „Warum? Klar, du bist ins Alter gekommen, aber ich bin sicher, dass du früher mal sehr schön warst. Deine Augen sind jedenfalls voller Weisheit und mit dem Alter kommt die Erfahrung, oder?“
    Die Hexe kniff die Augen zusammen. Er grinste.
    „Eben. Und meine Erfahrung sagt, dass du lügst.“
    Und meine sagt mir, dass du eine verbitterte alte Vettel bist!
    „Ich lüge? Wo denn?“ Edmund grinste. Gut bei ihr würde er nicht weiterkommen, aber sie war schließlich auch nicht das Ziel, er musste nur überzeugend genug sein. „Du bist nur eifersüchtig, weil du in diesem Raum voller junger Schönheiten nur da bist, diesen zu helfen, noch schöner zu werden, anstatt den Trank selbst zu nehmen.“ Er sah zu Elisabeth, die neben der Hexe stand und ihn neugierig und irgendwie bewundernd musterte. Toll, die Hässliche haben wir schon mal.
    „Moment“, mischte sich Judith ein, „du findest Mutter wirklich schöner? Aber ich bin viel jünger!“
    Und dümmer.
    Edmund lächelte unschuldig. „Ja, das ist richtig. Du und deine Schwester, ihr habt die gleiche Voraussetzung, aber bei ihr ist da noch so ein Hauch Anmut in den Augen.“ Im Grunde war es keine Anmut, sondern irgendwas, das er nicht benennen konnte. Und es machte sie nicht schöner, sondern gruseliger. Als würde man einer jungen Frau ins Gesicht aber einer Greisin in die Seele blicken.
    „Genug jetzt!“, mischte sich die Herzogin ein. Doch damit kam sie wohl zu spät. Judith funkelte erst ihn, dann ihre Schwester finster an.
    Drei gewonnen, fehlen noch drei.
    Er sah zu Gustav.
    „Wie weit bist du, Sybilla?“ Die Herzogin wandte sich an die Hexe. Diese hantierte noch herum, dann hielt sie der Herzogin ein Fläschchen entgegen.
    Als die Herrscherin danach greifen wollte, kam ihr Judith zuvor. „Das ist meins!“
    „Schleich dich, Kind!“, zischte die Herzogin und versuchte ihr das Fläschchen aus der Hand zu nehmen. Doch Judith war schneller und wich ihr aus.
    „Du hattest genug, das hier ist für mich!“
    Dorothea schubste ihre Schwester. „Nein, es ist für mich!“
    Unter den Schwestern entbrannte ein Streit, in den sich auch Gustav einmischte. Der Wachmann versuchte, die Schwestern voneinander zu trennen, was leichter gesagt war, als getan. Er kassierte zwei Hiebe und 3 Entlassungen. Währenddessen diskutierte die Herzogin mit Sybilla, dass diese ein weiteres Fläschchen anfertigen sollte.
    Das wäre amüsanter, wenn weniger Kleidung und mehr Schlamm im Spiel wären.
    Keiner der Anwesenden achtete mehr auf ihn. Er sah zu Elisabeth, flehend und mit einer stummen Aufforderung. Elisabeth kam zu ihm, löste die Fessel an seiner rechten Hand. „Du solltest gehen.“ Ihre Stimme war sanft.
    Ich hatte nicht vor, hier Urlaub zu machen.
    Mit der freien Hand friemelte er den Knoten an seiner linken Hand auf und befreite anschließend seine Beine.
    „Stopp!“, brüllte plötzlich die Herzogin und sah in seine Richtung.
    Zu spät!
    Edmund sprang vom Tisch und brachte ihn zwischen sich und die Herzogin.
    „Lasst euch von mir nicht stören“, meinte er und sah sich im Raum um. „Ihr habt doch, was ihr wolltet.“
    Die Herzogin befahl Gustav ihn wieder gefangen zu nehmen. Der Wachmann zögerte sichtbar, kam dann aber auf ihn zu und versuchte ihn über den Tisch hinweg zu fassen zu bekommen.
    Hoffentlich funktioniert das, andernfalls muss ich doch zu Gewalt greifen. Und darauf hatte er keine Lust.

    Edmund beugte sich nach vorn, sah Gustav in die Augen, fixierte ihn und suchte in seinen Augen nach einem Anzeichen, dass er zu ihm durchdringen konnte. Was nicht so leicht war, wie er dachte. Dann hatte er ihn.
    Er schob sich geschickt an Gustav vorbei.
    „Halt dich da raus“, forderte er nah an seinem Ohr und entwendete dem Mann seine Waffe vom Gürtel. Selbst in Edmunds Ohren klang seine Stimme seltsam anders. Eher singend.
    Die Wache stolperte zurück, starrte ihm in die Augen und blieb verwirrt stehen, unfähig den Augenkontakt zu unterbinden. Bleib da stehen.“
    Gustav nickte langsam.
    Aus dem Augenwinkel sah er Judith und konnte sich gerade noch wegducken, als diese mit dem Messer auf ihn einstechen wollte.
    Er trat zurück, das Schwert auf die Frauen gerichtet.
    Toll … Sollte er nun wirklich gegen Frauen kämpfen? Wo waren die anderen? Die hatten sicherlich keine Hemmungen.
    „Jetzt mach was!“, befahl die Herzogin dem Wachmann. Doch Gustav bewegte sich keinen Millimeter.
    Guter Junge …
    „Was ist? Hast du Angst uns anzugreifen?“, fragte die Hexe herausfordernd, während die Herzogin auf den Wächter einschimpfte. Sie stand an ihrem Tisch und ihre Finger griffen nach einem der ganzen Phiolen, die dort standen. Vermutlich irgendwas, das ihm mächtig um die Ohren fliegen sollte.
    „Ich kämpfe nicht gerne“, meinte er, dann lächelte er. Aber das muss ich meistens auch nicht. Er sah zu Dorothea, die in dem ganzen Durcheinander das Fläschchen mit dem Trank wieder aus den Fingern verloren hatte. „Schau Dorothea, Sybilla hat noch ein Fläschchen von deinem Wundermittel. Hol es dir!“ Er deutete zu der Hexe, die ihn kurz überrascht ansah.
    Dorothea betrachtete ihn, er fixierte ihre Augen, dann wandte sie sich beinahe mechanisch zu der Hexe, ihre Augen glitten zu der Phiole in deren Fingern.
    „Gib es mir!“, forderte sie und stürzte sich auf die Hexe. Die Alte fluchte laut los und versuchte, Dorothea von sich fernzuhalten. Die Adlige riss einige der Tränke und Behälter vom Tisch.

    Edmund nutzte den Moment der Ablenkung. Er näherte sich Judith, suchte auch zu ihr den Augenkontakt, wand sich an ihr jedoch vorbei. Sie folgte ihm mit den Augen.
    Damit ist sie offiziell die Dümmste im Raum.
    Er hielt ihre Händen, in denen noch das Messer lag, zog sie an sich. Er hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen, sah ihr in die Augen und flüsterte: „Wenn deine Mutter nicht wäre, wärst du die Schönste in der Familie.“ Judith starrte ihn an, dann verdunkelte sich ihr Blick und sie sah zu ihrer Mutter. Der Griff um das Messer wurde fester. Mit einem Kreischen warf sie sich auf ihre Mutter.

    Derweil war Dorothea damit beschäftigt, der Hexe ihre eigenen Kräuter an den Kopf zu werfen und den Tisch kreischend dem Erdboden gleich zu machen. Dabei fiel der Hexe die Phiole aus der Hand und diese explodierte in einem grellen Lichtblitz.
    Verfluchte Scheiße! Edmund riss sich gerade noch rechtzeitig die Hände vor das Gesicht.
    Um ihn herum kreischte und stöhnte es, er selbst sah nur noch Umrisse.
    Er wandte sich um, stolperte aber über irgendwas am Boden und krachte der Länge nach hin. Sein Kopf stieß irgendwo gegen, es polterte. Es dauerte einige Sekunden, da klärte sich seine Sicht. Schemenhaft erkannte er den kaputten Tisch vor sich, die Adligen Frauen, die sich die Augen rieben.
    Edmund sah sich um, die meisten Gefäße, die vom Tisch geschleudert worden waren, waren heil geblieben. Er griff nach einem davon und öffnete es. Der Geruch kam ihm bekannt vor. Nelli hatte ebenfalls etwas von diesem Zeug. Wie hieß es noch gleich?
    Yopo, glaub ich. Das könnte funktionieren …
    Er hielt sich den Ärmel seiner Jacke vor die Nase. In diesem Loch gab es nicht mal ein Fenster.
    „Ich sehe im Übrigen viel besser aus als ihr alle zusammen."
    Er öffnete das Gefäß und warf den Inhalt über den Tisch in den Raum zu den Frauen. Beinahe explosionsartig verteilte sich eine Staubwolke im Raum. Die Hexe hustete und fluchte. Und kam um den Tisch herum. Elisabeth stellte ihr jedoch das Bein, sodass die Alte fiel und einen großzügigen Atemzug des Halluzinogens inhalierte. Die entstellte Adlige hielt sich ein Tuch vor das Gesicht.
    Edmund kam derweil wieder auf die Füße.
    „Der Schlüssel für den Raum?“, fragte er durch den Stoff an Elisabeth gewandt. Diese schüttelte den Kopf.
    „Die Wachen draußen.“
    Großartig … Warum hatten die eigentlich noch nicht reagiert?
    Er wandte sich zu dem zerstörten Tisch. Vielleicht war dort etwas, mit dem er das Schloss zerstören konnte. Auf seiner Suche fiel ihm der Trank der Alten in die Hände.
    Ich schätze, den brauchen sie jetzt nicht mehr.
    Er steckte ihn ein. Immerhin war da sein Blut drin.
    Judith kreischte auf und schrie etwas von Dämonen, die sie angriffen. Sie schlug um sich, stocherte mit dem Messer in der Luft herum und traf dabei Dorothea. Die Adlige schrie als würde sie bei lebendigem Leib verbrennen. Die Herzogin hielt sich die Ohren zu. Sie blutete am Arm und der Schulter. Wahrscheinlich hatte Judith sie dort bereits mit dem Messer erwischt.
    Gustav faselte dagegen etwas von Vögelchen und blickte verträumt zur modrigen Decke.

    Vor der Tür wurde ebenfalls Tumult laut und ließ Edmund innehalten. Dann flog die Tür aus ihren Angeln, traf dabei die Herzogin mitten im Gesicht und schleuderte sie an die gegenüberliegende Wand.
    Ups.

    »An deinem Auto klappert etwas.«
    Viktoria warf einen Blick in den Rückspiegel zum Dosenfisch, der in zerrissener Kleidung dort hockte, die Pupillen geweitet, die Haare wirr in alle Richtungen, Schlamm klebte an ihm. Eine wilde Nacht lag hinter ihnen. Und nicht die gute Art.
    »Hier klappert gar nichts.« Vor einiger Zeit hatte sie mal geglaubt, etwas an dem Wagen würde klappern, aber das war nun auch schon wieder einige Monate her und der Ford fuhr immer noch und sie vernahm auch kein Klappern mehr. »Und wehe du machst dort hinten etwas dreckig.«
    »Doch ganz eindeutig, irgendwo rechts, metallisch.« Er ignorierte sie.
    Sie sah den Mann mit einem lieblichen Lächeln an. »Ich bin dir die halbe Nacht durch den Wald nachgerannt, meine Kleidung ist kaputt und ich musste mir für den Förster eine Ausrede aus dem A*** ziehen, warum ein nackter Mann ein Reh durch den Wald jagt und den Garten von irgendeinem Spießer umgräbt. Also Wolfi, bist du dir immer noch sicher, dass hier etwas klappert?« Sie funkelte ihn an, ihre Eckzähne gefletscht.
    Der Mann kräuselte die Nase.
    »Wolfgang nicht Wolfi.«
    Auffordernd blieb ihr Blick auf den Werwolf gerichtet. Der Mann sagte nichts mehr, was sie als Erfolg verbuchte.
    Sie bog ab. Hinten rechts klapperte es.
    »Klingt nach einer gebrochenen Feder.«
    Viktoria trat auf die Bremse, sodass Wolfi heftig nicken musste.
    »Ich habe doch gesagt, hier klappert nichts.« Sie machte die Musik lauter.
    »Ich bin KFZ-Mechatroniker, ich könnte ... «
    Sie machte die Musik wieder leiser.
    »Versuchst du mich gerade zu bestechen?«
    »Neeeeeeein, würde ich niemals!« Der Mann gestikulierte wild und unschuldig. »Aber wenn dem so wäre, würde es denn klappen?«
    »Hier klappert nichts! Und ich lasse mich nicht bestechen.«
    Es klapperte bei einem Schlagloch. Langes Schweigen entstand im Auto, während sie durch die Stadt fuhr. Auf dem Bürgersteig jagte eine Frau mit Besen einem hinkenden Mann nach. Moment war das nicht Klaus? Viktoria sah dem Archivar im Seitenspiegel nach. Was war das für eine neue Joggingmethode? Der alte Sack ging offenbar mehr mit der Zeit, als sie selbst.
    Etwas klapperte.
    »Wie viel?«, fragte sie genervt.
    »Kostenlos.«
    »Gut.« Sie grinste in den Rückspiegel. »Ich nehme dich beim Wort.«
    Der Werwolf nickte sichtlich zufrieden.
    »Wir fahren dennoch erst zur Organisation.« Sie bog in Richtung Innenstadt ab. »Und danach kannst du mein Auto gleich unter die Lupe nehmen.«
    »Aber wir haben doch gerade...«
    »Ich habe dir gesagt, dass ich mich nicht bestechen lasse. Du hast es dennoch kostenlos angeboten. Das ist ja nicht mein Problem.« Sie lächelte zufrieden.
    »Aber warum denn zur Organisation? Ich habe nichts falsch gemacht.«
    Viktoria verzichtete darauf, etwas zu sagen, stattdessen sah sie in den Rückspiegel. Und hob eine ihrer Augenbrauen.
    »Jetzt guck nicht so. Wegen mir wisst ihr nun dass dieser Typ seit Jahren Leichen in seinem lächerlichen Garten vergraben hat.«
    Viktoria nickte. Hunde und ihre Knochen.
    »Mag sein, aber das ist nicht unsere Abteilung. Oder willst du der Polizei erklären, warum du nackt bei dem Typen gegraben hast?« Wobei das für die Polizei wohl heutzutage auch nicht mehr überraschend war. Dafür gab es zu viele Drogen und zu viele Bekloppte. Und zu viele Bekloppte mit Drogen. Aber das würde sie ihm sicherlich nicht auf die Nase binden.
    »Halbnackt«, korrigierte sie der Werwolf.
    Viktoria ging nicht darauf ein. Zum einen weil sie sich auf die Zunge beißen musste, um den Mann nicht zu beleidigen. Zum anderen klingelte ihr Handy. Diese grandiose Erfindung, mit der man sich mit Leuten überall auf der Welt verknüpfen konnte. Diese Erfindung, mit der ihr Leute von überall auf der Welt auf die Nerven gehen konnten. Und sie selbst diesen Leuten auch auf die Nerven gehen konnte. Wenn sie nur wüsste, wohin sie dieses Ding getan hatte.
    Viktoria fischte beim Fahren unter dem Sitz herum.
    Ein Aufschrei von hinten links mischte sich mit dem Klappern von rechts.
    »Übertreib nicht so!«
    »Du hast gut reden, ich bin nicht unsterblich!«
    »Bin ich auch nicht«, meinte sie ruhig. Auch wenn das oft argumentiert wurde. Ein guter alter Holzpflock tötete einen Vampir aber ebenso wie ... jedes andere Wesen. Mal ehrlich? Wer starb nicht bei einem Pflock ins Herz? Tatsächlich musste es nicht einmal Holz sein. Irgendwas Spitzes ins Herz und ein Vampir war tot-tot. Und Menschen auch. Vampire waren nur einfach widerstandsfähiger und langlebiger als normale Menschen. Fluch und Segen zugleich. Denn manchmal wünschte sie sich, ihr alter Herr würde endlich das Zeitliche segnen. Oder wenigstens in Rente gehen.
    Viktoria seufzte, als sie das Handy fand und auf das Display schielte.
    »Ja?«, murrte sie beim Abheben. Sie machte den Lautsprecher an und warf das Gerät in die Mittelkonsole.
    »Du musst dringend in mein Büro kommen!«
    »Also eigentlich habe ich Feierabend ...« Sie hielt an einer Kreuzung.
    »Jetzt.«
    Das Gespräch war beendet. Viktoria kniff sich in die Nasenwurzel. Warum rief dieser alte Sack sie deshalb an und schrieb ihr nicht einfach wie jeder andere halbwegs normale Mensch? Fehlte nur noch, dass der alte Vampir die Sprachnachrichten entdeckte.
    Wolfi streckte neugierig den Kopf nach vorn.
    »Ärger mit Papa?«, witzelte er.
    Viktoria ging nicht darauf ein. Sie stellte die Musik lauter und pfiff fröhlich Spillways von Ghost mit. Der alte Mann konnte sicherlich noch ein wenig warten. Erstmal brauchte sie einen Kaffee und sie wusste schon, wo sie diesen bekam.

    Dann mache ich mal weiter. :)


    Kapitel 2

    Irgendwo in Deutschland, Stadtrand, 9:00 Uhr morgens:

    Während sich Horst noch mit den Tücken des Morgens abmühte, seinen Bierbauch in die Kleidung quetschte und Klaus vor einer wütenden Rentnerin floh, war unsere zweite Protagonistin bereits ein wenig produktiver. Wenn auch nur ein wenig.

    Viktoria warf Repetiergewehr und Schaufel in den Kofferraum des Wagens und schlug die Heckklappe zu. Der Verschluss reagierte nicht und der Kofferraum ploppte wieder auf. Die Klappe wurde noch zwei weitere Male fachmännisch zugestoßen. Das letzte Mal mit genug Wums, um den ganzen Wagen zum Schwanken zu bringen; die ganze Stadt hätte davon wach werden können. In jedem Fall verklangen Knall und Fluch nur langsam.
    Viktoria öffnete die Beifahrertür, schlüpfte aus den schweren Arbeitsstiefeln. Zwischen dem Dreck war das Leder kaum noch als solches zu erkennen. Es sah es eher so aus, als würde sie Felder an den Füßen tragen. Womit sie bei den ganzen hippen Öko-Fritzen wahrscheinlich auch noch cool gewesen wäre.
    Ökologisch abbaubare Schuhe hin oder her, in ihren Wagen kam der Dreck jedenfalls nicht. Abgesehen von dem Umstand, dass es mit diesen Stiefeln nur Vollgas oder Vollbremsung gab.
    Mit Turnschuhen fühlte sie sich deutlich wohler und nach einer ausgiebigen Dusche würde die restliche Nacht auch von ihr abfallen. Alles an ihr war voll Schlamm und ... fangen wir das Thema nicht noch einmal an. Ihre Jacke war zerrissen und ihre Frisur zerstört. Alles in allem hatte sie schon weniger aufregende Nachtschichten hinter sich. Wobei sie lieber fünf Stunden durch Wald und Strebergärten kroch, als mit einem Kobold auch nur 5 Minuten darüber zu diskutieren, wem das Geld in der Kasse des Supermarktes gehörte. (Immer dem Kobold)
    Sie stellte die Stiefel auf die Folie im Fußraum des Wagens und fischte dann eine Phiole aus ihrer Jackentasche. Sie öffnete den Verschluss und lehnte sich an den Wagen. Es gab nichts Besseres als ein Frühstück nach getaner Arbeit.
    Um sie herum war alles ruhig. Ein Kerl in Uniform versuchte ein Feuer mit einer Jacke auszuschlagen. Der Feuerlöscher musste ihm wohl leer geworden sein.
    Das Entsorgungsteam würde einiges zu tun haben. Aber das war zum Glück nicht ihre Abteilung. Sie entsorgte die Ursache. Und alles, was dabei zu Bruch ging, entsorgten andere.
    Die Jacke des Typen fing Feuer.
    »Hey, Tepes, nimmst du ihn mit?« Eine Frau in Uniform kam auf sie zu und führte dabei einen stark behaarten Mann neben sich her. Und wenn von einem stark behaarten Mann die Rede war, dann ist auch stark behaart gemeint. Nicht diese Milchgesichter, die bei drei Barthaaren schon von einem Vollbart schwärmen. Dieser Mann sah aus, als wollte er einem Grizzlybären Konkurrenz machen. Und jeder Bär wäre vor Neid geplatzt. Kurzum: Der Kerl war eine beeindruckende und bedrohliche Gestalt. Ein Werwolf kurz nach seiner Rückverwandlung.
    Viktoria rümpfte die Nase. Der Mann roch nach nassem Hund. Es würde ewig dauern, den Geruch aus ihrem Auto herauszubekommen. Und die Haare erst!
    »Sehe ich aus wie ein Taxiunternehmen? Ich wollte auf dem direkten Weg nach Hause.«
    Beatrice, die Frau im Anzug, blies genervt die Luft aus. Ihr Kollege schlug hinter ihr die lichterloh brennende Jacke auf den Boden. Ein Rosenbusch entzündete sich durch die Funken. »Wir brauchen hier noch eine Weile«, ihr Blick wurde streng, »weil ein gewisses Bleichgesicht ja die halbe Gartenanlage durchsieben musste.«
    Viktoria leerte die Phiole in einem Zug und leckte sich die rote Flüssigkeit von den Lippen. »Es waren nur zwei Gärten, und hätte er stillgehalten, hätte ich auch nicht danebengeschossen. Aber sie müssen ja immer wegrennen.«
    Der Garten sah aus, als hätte der Besitzer eine Horde Wildschweine als Gärtner beauftragt. Beete waren über die komplette Rasenfläche verteilt, die Rosenbüsche zertrampelt, einer davon brannte, der Rest war in alle Winde verstreut. Oder abgebrannt. Die Gartenlaube war ein Schweizer Käse, mehr Loch als Laube.
    Der Typ trat nun mit den Füßen Jacke und Rosenbusch aus.
    Viktoria hatte schon schlimmere Tatorte gesehen.
    »Nebenbei bemerkt; nicht cool«, meinte der haarige Mann. Seine Fistelstimme passte so gar nicht zu seiner bedrohlichen Gestalt. Eine Figur aus einem Horrorfilm, die einen durch den Wald jagte und durch seine Albträume - und jeden Dirigenten aus seinem Chor.
    »Es war Betäubungsmonition«, murrte Viktoria und klappte den Beifahrersitz vor. »Was kann ich dafür, dass du in den Holzstapel rennst.«
    »Betäubungsmonition?! Du hattest ein Schrotgewehr!« Der Mann hatte einen Verband am Arm, den anderen am Bein.
    »Und? Ich will auch meinen Spaß. Steig ein!«
    »Spaß?!« Die Stimme des Mannes wurde einige Oktaven höher. Viktoria sah zu ihrem Auto. Hatte sie sich das eingebildet, oder hatten die Scheiben gewackelt?
    »Jetzt steig ein, oder ich reiß dir den Arsch auf! Ich will ins Bett!«
    »Hinten?« Der Mann wirkte wenig begeistert.
    »Ja, ich will deinen Maggie-Geruch nicht in meiner Nase haben.«
    Der Mann wollte noch etwas sagen, aber hielt den Mund, als sie ihre Eckzähne fletschte. Viktoria hielt die Tür auf, während sich der riesige, breite Kerl ins Hintere des winzigen Ford Fiesta quetsche.
    »Und liefere ihn diesmal auch wirklich ab.« Beatrice fixierte sie mit einem dieser Blicke, die man normalerweise einem störrischen Kind zuwarf, das gerade den Fußball durch das Fenster der unbeliebten Nachbarin geschossen hatte.
    »Das war nur einmal.« Sie klappte den Sitz zurück, was den Mann wie einen behaarten Dosenfisch aussehen ließ.
    Beatrice rümpfte die Nase. »Es waren drei Male.«
    »Wenn du mir nicht vertraust, fahr ihn doch selbst.« Viktoria öffnete die Tür wieder, doch Beatrice kehrte bereits auf dem Absatz um und zurück zu ihrem Partner, der schweißgebadet seine geschmolzenen Schuhe betrachtete. »Sieh zu, dass du bis Mittag daheim bist, es soll aufklaren.«
    Ein Blick in den Himmel verriet, dass es noch stark bewölkt war.
    »Blöde Kuh«, knurrte Viktoria und klemmte sich hinter das Steuer ihres alten Ford. Der Kleinwagen von 1980 schnurrte wie ein alterskranker Tiger, aber ihn zu entsorgen kam nicht in Frage. Sie hatte den Wagen im gleichen Jahr gekauft, in dem ihr jüngster Sohn geboren wurde. Würde sie das Auto entsorgen, würde sie auch einen Teil ihres Sohnes entsorgen.

    Edmund stellte Esther einen Becher Tee vor die Nase. Die Magierin saß bereits die letzten Stunden vor Thomas‘ Tagebuch. Ihrer Aussage nach, um mehr über die Artefakte zu erfahren. Aber wenn Edmund eine Wette abschließen müsste, würde er eher darauf wetten, dass sie sich damit ablenken und Trevor aus dem Weg gehen wollte. Zumindest ging es ihm so mit Nelli. Lieber nicht über den Weg laufen, bis er wusste, wie er mit der Situation umgehen sollte. Obwohl er wusste, dass es an Cecilias Trank lag, so hatte er sich noch nie gefühlt. Irgendwie komisch, aber irgendwie auch … nicht. Blöderweise war das Schiff nicht sonderlich groß. Weshalb er auch mit Nelli zusammen in der Küche gestanden hatte.
    „Was soll das sein?“, fragte Esther misstrauisch. „Beruhigungsmittel?“
    Nee, Bestechungstee …
    „Es ist einfach nur Tee“, gab Edmund von sich. Mit beruhigender Wirkung, aber darüber nun mit Esther zu diskutieren, hielt er für wenig zielführend. Sollte Nelli das machen, er lieferte nur aus.
    Esther sah ihn weiterhin skeptisch an.
    „Was? Ich habe dir keinen Liebestrank untergejubelt, also warum schaust du mich an, als hätte ich es vor?“ Das Letzte, was er wollte, war eine verliebte Esther an den Hacken kleben zu haben. Oder Esther überhaupt.
    „Entschuldige. Danke für den Tee."
    Allem voran, war der Becher eigentlich für Trevor gedacht, aber der hatte sich geweigert, Tee von ihm anzunehmen. Also bekam Esther die Tasse. Aber das musste er ihr ja nicht unnötig auf die Nase binden. Und Nelli würde er das auch nicht sagen.
    Edmund hielt Esther die Hand hin und sah sie auffordernd an, damit sie ihm den Schlüssel für die beiden Schlösser an Cecilias Tür gab.
    „Ich will der Prinzessin vor meiner Nachtwache das Essen vorbeibringen.“
    „Von mir aus, ich komme mit und schließe dir die Tür auf.“
    Neeeeeein, ich kann dich nicht gebrauchen….
    „Du kannst mir den Schlüssel auch geben und ich schließe selbst auf. Dann kannst du mit...was auch immer du hier machst...weitermachen." Er hatte vor, der Prinzessin etwas auf den Zahn zu fühlen, das ging kaum, wenn eine genervte Esther hinter ihm die Hufe scharrte.
    „Kommt nicht in Frage. Entweder ich komme mit und schließe auf oder die Prinzessin muss hungern. Deine Entscheidung.“
    Ernsthaft? Wenn es nach ihm ginge, dann wäre er ganz bei Nelli: Sollte die Schnepfe doch im Zimmer verrotten und sterben. Aber sie war eben eine Schnepfe mit Einfluss und Geld und einen Herzog verärgerte man nicht, in dem man seine Tochter umbrachte. Und bei ihrem Glück fand er heraus, wer seine Tochter auf dem Gewissen hatte.
    „Ich weiß ja nicht, ob es dir aufgefallen ist, aber ich kann mich durchaus verteidigen.“
    „Doch, es ist mir aufgefallen. Da ich aber die Schlüssel habe, kann das egal sein.“
    „Schlüssel können den Besitzer wechseln."
    „Nicht in diesem Fall.“
    Edmund seufzte. Gegen derart viel Sturheit kam nicht mal er an. Und Esther niederknüppeln, nur um an den Schlüssel zu kommen, um allein mit der Prinzessin zu sein, traute er sich auch nicht. Zwischen ihnen war schon genug dicke Luft. Dann musste er das eben an einem anderen Tag umsetzen. „Gut, dann komm eben mit." Er nahm das Tablett mit dem Essen und Esther dackelte ihm nach wie ein Wachhund mit extrem kurzer Zündschnur.
    Edmund schwieg eine Weile und musterte Esther von der Seite. Den Bannzauber wieder von Cecilias Gefängnis zu nehmen, war eine gute Entscheidung. Esther sah fix und fertig aus, Augenringe und bis zum nächsten Hafen war es noch ein Stück. Er hatte keine Ahnung von Magie, aber Esther hätte den Zauber vermutlich nicht bis dahin aufrechterhalten können. Auch, wenn sie es versucht hätte.
    Sturer Esel.
    Davon ab blieb es dabei: Cecilia war eine Prinzessin, kein Berserker, der mit einer Axt durch die Türe brach. Ein Schloss sollte sie aufhalten.
    „Wie geht es dir?"
    Esther sah ihn misstrauisch an, runzelte die Stirn.
    „Außer, dass uns ein verrückter Magier im Nacken sitzt, wir eine Kiste voll Relikte an Bord haben und eine an magischen Wesen interessierte Prinzessin nach Hause bringen müssen ... gut, wieso?"
    Danke, für die Zusammenfassung. Sei froh, dass nicht noch Mord an einer Prinzessin dazukommt …
    „Weil du Augenringe hast. Sieht nicht schön aus. Du solltest mehr schlafen und dir weniger Sorgen machen.“ Esthers Aussehen hat während der Reise gut gelitten…
    Esther nickte. „Vielleicht hat Nelli was für mich, was mich besser schlafen lässt.“
    Edmund balancierte das Tablett auf einer Hand und kramte mit der anderen in seiner Hosentasche. Er zog eine kleine Phiole heraus. „Versuch es damit."
    „Was ist das?“, fragte Esther skeptisch.
    Warum ist die blöde Kuh immer skeptisch, egal, was ich ihr gebe? Nimm einfach!
    „Es ist ein Schlafmittel.“
    „Wieso hast du Schlafmittel in deiner Hosentasche?" Weil das eigentlich für mich ist. Sie nahm die Flasche entgegen. „Ich werde es probieren, danke."
    „Ich habe es vorhin selbst gebraut...", meinte Edmund mit einem Grinsen. Ein wenig stolz war er auf den Umstand ja schon. Auch, wenn Nelli viel gemacht hatte. „Unter Nellis Anweisung natürlich." Was sowieso schon schlimm genug war, vor der aktuellen Situation aber nochmal deutlich schlimmer ….

    „Für ... mich?“
    Klar, alles für dich …
    „Eigentlich haben wir es gebraut, weil es einer der einfachsten Tränke ist, laut Nelli. Und ich nicht viel falsch machen kann. Aber die Wahl war zwischen einem Schlaftrank und irgendwas gegen stinkende Füße. Da hielt ich den Schlaftrank im Augenblick für nützlicher." Vor allem für mich nützlicher.
    Esther lachte. „Ja, dann lieber das Schlafmittel.“

    Sie kamen an Cecilias Tür an. Er wartete neben der Tür, bis Esther die Tür aufgeschlossen hatte. Dann betrat er das Zimmer, Esther blieb direkt hinter ihm wie eine hässliche Warze.
    Cecilia saß auf einem der Stühle und hatte, was auch immer gemacht. Als er und Esther ins Zimmer kamen, lächelte sie, dann wanderte ihr Blick zu Esther weiter. Kurz zuckte eine finstere Note durch ihre Augen, dann lächelte sie wieder.
    „Einen wunderschönen guten Abend, ich hoffe, Ihr habt Hunger“, meinte Edmund und stellte das Tablett auf dem Tisch ab. „Der Sturm hat uns einige Vorräte gekostet, aber das sollte Euch hoffentlich dennoch schmecken.“
    Cecilia erhob sich anmutig. „Oh, ich bin sicher, es wird schmecken. Noch besser würde es mir sicherlich an Deck schmecken. Es scheint eine klare Nacht zu sein.“
    „Ich fürchte, ich kann die anderen nicht dazu überreden, Euch an Deck zu lassen.“
    Cecilia schmollte und seufzte enttäuscht.
    „Fehlt es Euch hier an etwas?“
    „An Gesellschaft.“ Cecilia lächelte zuckersüß und der Glanz in ihren Augen war traurig.
    „So?“ Edmund lächelte charmant zurück. „Nun, ich kann ja hier bleiben, während Ihr esst.“ Und dich fragen, was du mit magischen Wesen so vor hast. Trevor bekommst du nicht!
    „Ich bring Euch ein Buch“, mischte sich Esther mit kühler Stimme ein und zog Edmund wieder durch die Tür nach draußen. Sie schloss die Tür ab.
    Edmund hob die Augenbrauen und sah Esther auffordernd an.
    Esther hob nur die Nase und ging den Flur zurück. Ihm entging jedoch nicht, dass ihre Fäuste geballt waren und sie nicht zu ihrem Zimmer, sondern zum Deck lief.
    Es gab nun zwei Möglichkeiten: Es kümmerte ihn nicht und er ging zurück in die Küche. Oder es kümmerte ihn nicht, aber er fragte dennoch nach und entging damit einer weiteren seltsamen Stille mit Nelli in der Küche.
    Edmund folgte Esther.
    „Du machst dir viel zu viele Sorgen um alles. Wir sind ein Team." Dann konnten sie sich kollektiv Sorgen machen und alles war noch viel schlimmer, weil sie sich in die Sache hineinsteigerten.
    Okay, mach dir lieber allein Sorgen, dafür schlafe ich ruhig…
    „Ich versuche es, aber ich habe euch auch was versprochen."
    „Versprochen?", fragte Edmund verwirrt und aus seinen Gedanken gerissen.
    Esther wich ihm aber aus. „Ich versuche es, reicht das fürs Erste?"
    Interessierte es ihn genug, um nachzubohren?
    „Mehr verlangt niemand." Er lächelte. Es interessierte ihn. „Weißt du, ich bin sicherlich kein Experte, wenn es um Freundschaften geht, aber ich schätze die Situation heute ist eine andere als vor ein paar Monaten, als wir uns kennengelernt haben. Also: Wenn du mal reden willst, höre ich zu. Keine Ahnung, ob ich dann hilfreiche Lebensweisheiten habe, aber zuhören kann ich zumindest. Hilft vielleicht auch beim Einschlafen. " Und vielleicht habe ich dann etwas, das ich gegen dich verwenden kann.
    „Danke, das weiß ich zu schätzen ... wirklich.“ Esther grinste. „Aber bitte, fang nicht an, Gedichte aufzusagen."
    „Erstens: Autsch. und zweitens: meine Gedichte sind grandios, klar?“
    „Ich habe eine Abneigung gegen Gedichte. Zu viele alte Männer haben damit versucht, meine Aufmerksamkeit zu bekommen.“
    Edmund wog den Kopf. „Schön, dass du mich mit einem alten Kerl vergleichst."
    Esther kicherte. „So war das nicht gemeint. Aber ... Ich kann es einfach nicht mehr hören. Und jedes Mal, wenn ich ein Gedicht höre, muss ich an diese absurden Momente denken."
    Mittlerweile waren sie an Deck angekommen. Er lehnte sich an die Reling und betrachtet sie nachdenklich, grinste dann und sang: „Liebe Freundin, hör mir zu, ich hab heut einen Clown im Schuh. Liebe Freundin, lach nur laut, denn Lachen ist, was uns erbaut. Vergiss den Kummer, sei bereit, für Freude und für Heiterkeit!“
    Esther blickte ihn kurz an, dann lachte sie laut los. „In Ordnung, DAS habe ich noch nie gehört."
    Edmund grinste. „Also kein alter Sack, der dir ausgelutschte Gedichte vorträgt? Was erwartest du dann von einem Mann?"
    Wieder dieser skeptische Blick. Dabei hatte er ihr diesmal gar keinen Tee angeboten. „Das willst du wissen?"
    „Sonst hätte ich nicht gefragt." Was ist falsch mit dir?
    „Ich wüsste nicht, was dich das angeht ...“
    Dass man ihr auch alles aus der Nase ziehen musste. Er lächelte charmant und neigte den Kopf. „Hast du Angst, dass ich dich dafür auslache? Werde ich nicht.“ Jedenfalls nicht sofort. „Es interessiert mich einfach nur."
    „Nun, ich habe noch nie richtig darüber nachgedacht ... Aber ich schätze, mutig sollte er sein, Humor haben, treu sein und er dürfte kein Problem damit haben, die zweite Geige in der Grafschaft zu spielen. Er sollte in der Lage sein, mich schützen können ... Auch, wenn ich mich selbst beschützen kann“, sie grinste, „gutes Aussehen wäre selbstverständlich auch ganz nett.“ Esthe schüttelte verlegen lächelnd den Kopf. „Warum erzähle ich dir das überhaupt ..."
    „Also Trevor“, fasste Edmund zusammen.
    „Wie bitte?"
    Edmund zählte an den Fingern mit, hob sie vor Esthers Nase. „Mutig, humorvoll, treu, sieht gut aus, kann dich schützen und ordnet sich Entscheidungen auch mal unter."
    „Trevor ist ohne Frage ein guter Mann. Jede Frau kann sich glücklich schätzen, ihn an ihrer Seite zu haben“, sie nickte, „Und er verdient eine Frau, die ihm das dankt und die gleiche Wertschätzung entgegen bringt."
    Wow … Edmund hob die Augenbraue und musste sich das Lachen verkneifen. „Ist er so ein schlechter Küsser, hm?"
    „Bitte was?" Esther runzelte die Stirn. „Trevor hat es dir also erzählt?"
    „Mehr oder weniger." Er zuckte die Schultern. Er hatte mit Trevor gesprochen, viel hatte er nicht gesagt, aber den Sturm zusammengefasst und den Rest konnte er sich denken. Da Esther es nicht leugnete … „Also? Ich verspreche auch, dass ich mich nicht lustig mache."
    „Das geht dich wirklich nichts an, Edmund.“
    So schlecht also….
    Er zuckte die Schultern. „Also suchst du einen Trevor."
    „Ich suche gar keinen Mann." Sie zuckte ebenfalls die Schultern. Entweder weil er einen Punkt getroffen hatte, oder es ihr wirklich egal war. So wie er Esther kannte, wohl eher letzteres.
    Aber solche Gespräche entspannen den Kopf mehr als darüber nachzudenken, was das Auge von Zyredon kann."
    „Das mag schon sein, aber es ziemt sich für mich nicht, darüber zu reden“, sie lächelte kurz und lehnte sich ebenfalls an die Reling. „Außerdem weiß ich schon, was das Auge kann."
    „Es ziemt sich auch nicht als Tochter eines Grafen und als einzige Erbin einer Grafschaft mit zwei alleinstehenden Männern über die Meere zu segeln. Also über den Punkt bist du hinaus."
    Esther wo den Kopf, nachdenklich. „Das stimmt." Dann schüttelte sie bestimmt den Kopf und worüber auch immer sie nachgedacht hatte, ab. „Nimm es mir nicht übel Edmund, aber ich werde dir nichts erzählen. Irgendwann vielleicht, aber nicht jetzt."
    „Spielverderberin... aber gut. Was kann das Auge?“
    „Es lässt denjenigen, der hineinsieht, nichts anderes als die Wahrheit sagen.“
    „Großartig, halt das Ding bloß fern von mir.“
    „ich glaube, es ist für alle besser, wenn die Relikte in der Kiste bleiben“, meinte sie.
    Was man wohl alles mit dem Stein herausfinden könnte? Vielleicht wäre es doch ganz witzig, den anderen das Ding mal unter die Nase zu halten und unangenehme Fragen zu stellen.
    Esther hob die Augenbraue und sah Edmund an. „Ich habe die Kiste versiegelt, da kommt außer mir keiner ran.“
    „Pff“, stieß Edmund aus. „Du bist echt langweilig.“
    Esther zuckte die Schultern.
    „Aber man muss ja wissen, ob der Stein funktioniert, also könnten wir ihn doch bei Cecilia test-“ Er hielt inne, als er einen Schatten aus dem Augenwinkel sah, der sich hinter Esther über die Reling schob. Reflexartig griff er nach Esther, wollte sie wegziehen. Doch in dem Moment wurde das Schiff zur Seite gerissen und schwanke derart heftig, dass er sie schubste und dabei selbst über die Reling rutschte. Etwas packte ihn am Bein und zerrte ihn vom Schiff ins Wasser. Er wollte sich noch an der Reling festhalten, aber die Kraft war zu stark. Das letzte, was er höre, war Esther, die laut aufschrie.

    Er strampelte verzweifelt, um ihn herum nur Wasser, lediglich durchleuchtet vom Mondlicht. Als er um sich sah, erkannte er einen riesigen Schatten, der sich abzeichnete. Es dauerte einen Moment, bis er realisierte, dass das wabberten Gebilde um den Schatten herum Arme waren. Und einer dieser Arme hatte sich um sein Bein geschlungen und zog ihn unter Wasser. Ein Krake! Riesengroß und im Begriff ihn zu fresse!
    Warum immer ich?!
    Edmund versuchte seinen Fuß zu befreien. Warum traf es eigentlich immer ihn? Das Vieh hätte auch Esther nehmen können!
    Verdammter Mist! Das Vieh hatte Esther gewollt und er hatte sich dazwischen geworfen!
    Der Tentakel umschlang ihn und zog ihn näher, bis er ein riesiges im Mondlicht leuchtendes Auge sah, die Pupille musterte ihn.
    Was soll das? Vorher noch anschauen, was man frisst, oder was? Ich sehe vielleicht köstlich aus, aber das sind nur Knochen. Du spürst mich nicht mal, wenn du mich kaust.
    Der Tentakel schwenkte ihn durchs Wasser als würde er versuchen mit ihm Fische zu erschlagen.
    Hör auf mit dem Essen zu spielen!
    Sofort wurde er losgelassen. Etwas überrascht, orientierte er sich und schwamm nach oben. An der Wasseroberfläche holte er Luft. Er blickte sich um, Wellen schlugen, Blasen tauchten auf. Das Schiff war in einiger Entfernung.
    „Scheiße!“
    Ob ich schneller schwimme, als ein Krake?
    Die Frage beantwortete sich, als er erneut gepackt wurde.
    Hör auf damit!
    Wieder schwenkte der Krake ihn. Warum fraß er ihn nicht einfach?
    Er wurde unter Wasser gezogen, dann wieder an die Oberfläche.
    Jetzt hör doch mal auf, mir wird schlecht!
    Er schwankte kopfüber vor dem riesigen Auge. Wieder musterte das Auge ihn. Edmund hob die Augenbraue. Die Panik verflog. Offenbar wollte das Vieh ihn nicht fressen. Aber was wollte es dann? Irgendwie kam ihm das Vieh bekannt vor. Die hässliche Visage hatte er doch schon mal gesehen … oder besser gesagt, den Rachen von dem Ding!
    Der Krake grummelte, Blasen stiegen aus dem Wasser auf, einer seiner Fangarme drang an die Oberfläche. Oder besser was, was davon übrig war. Ein Teil des Tentakels fehlte. Die Wunde wirkte noch frisch.
    Du bist verletzt.
    Der Krake grummelte, schwenkte ihn über dem verstümmelten Tentakel herum.
    „Ja, schön, toller Arm!“
    Der Krake grummelte lauter, schwenkte ihn mehr. Bildete er sich das nur ein? Oder wollte das Veh wirklich auf seine Wunde aufmerksam machen und suchte Hilfe?
    „Was willst du, Krake? Ich bin kein Heiler, schwenk doch die Hexe herum.“
    Er wurde wieder stärker geschwenkt.
    „JA! Ist ja gut! Aber du musst mich zum Schiff zurückschwimmen lassen!“
    Ließ er nicht. Stattdessen zog das Vieh ihn wieder unter Wasser, schlug Wellen und Strudel und er wurde mitgeschleift. Als nächstes wurde er aus dem Wasser herauskatapultiert und flog durch die Luft. Ehe er weibisch schreiben konnte, knallte er irgendwo gegen Holz, hörte seinen Namen und dann ein Aufstöhnen, als er gegen einen Schrank prallte, über das Deck rollte und an der gegenüberliegenden Reling zum Liegen kam.
    „Autsch“, kommentierte Trevor.
    Edmund rappelte sich auf. Er war wieder auf dem Schiff. Trevor halb unter ihm, halb zwischen ihm und der Reling. Offenbar hatte er ihn aufgefangen. Oder zumindest den Sturz abgefangen.
    „Danke.“
    Trevor grummelte.
    „Geht es euch gut?“ Esther trat an sie heran, ehe sie plötzlich aufschrie. Das Schiff schwankte und geriet in starke Schräglage, sodass Esther fiel. Edmund hielt sich an der Reling fest, während Trevor Esther festhielt.
    „Ich hab Besuch dabei“, gab Edmund kühl von sich, als sich der riesige Krake über die Reling zog und sie alle aus seinem großen Auge musterte. Sofort sprang Trevor auf die Beine, zog den Säbel. Edmund hielt ihn zurück und schob sich vor Nelli.
    „Bist du nun Freund oder Feind?", fragte Trevor.
    Was soll denn die Frage? Er dachte kurz nach. Ist das der Krake von dem Trevor erzählt hat? Der ihnen angeblich während dem Sturm geholfen hatte Er hatte ihn für irre gehalten, verzaubert von dem Trank. Was war, wenn es stimmte? Andernfalls wäre er ja tot. Oder? Aber warum … ?
    „Er ist verletzt“, meinte Edmund und wrang sich das Hemd aus. Er war klatschnass und die Haare klebten ihm in der Stirn. „Er will Hilfe.“ Als hätte der Krake ihn verstanden, schwenkte er seinen verletzten Tentakel auf das Deck und klatsche ihn vor seine Füße. „Bitte sag, dass du ihm helfen kannst, Peternella.“ Er wollte nicht wissen, was das Vieh mit ihnen machte, wenn sie es nicht konnten. Das Auge des Kraken musterte sie alle aufmerksam, während Nelli den verwundeten Arm von weitem musterte. Esther hielt ihren Zauberstab in der Hand, auf den Kraken gerichtet.
    Neli zog die Augenbrauen hoch. „Was hat er denn?“ Sie kam näher, streckte vorsichtig die Hand nach dem Kraken aus. Der Krake zog den Arm weg, als sich Nelli näherte, schlug sogar nach ihr.
    Edmund ging dazwischen, ehe er darüber nachdenken zu können. Weil das schon mal so gut geklappt hat. „Sie will dir helfen!“
    Der Krake grummelte unzufrieden.
    „Na hör mal! Du kannst froh sein, dass wir dir überhaupt helfen! Du hast mich beinahe ertränkt. Und meine Frisur zerstört!“
    Der Krake wich getroffen etwas zurück, kroch dann mit dem Tentakel wieder etwas auf ihn zu.
    „Ich will dir nur helfen!" Nelli hob beide Hände. Der Krake musterte sie durch sein großes Auge.
    „Wenn du doch keine Hilfe willst, dann hau ab.“ Edmund funkelte den Kraken finster an, obwohl ihm der Arsch auf Grundeis ging.
    Der Krake schob Nelli den verletzten Tentakel zu. Sie betrachtete ihn von weitem. „Da werde ich Kräuter brauchen.“ Sie ging und während sie weg war, wich keiner von ihnen auch nur einen Zentimeter von der Stelle. Die Situation war milde ausgedrückt: komisch. Das Schiff hing schief im Wasser, Trevor und Esther hielten ihre Waffen griffbereit, der Krake hing an der Reling, wie hässliche Deko und alle starrten sich gegenseitig an.
    Nelli kam zurück und näherte sich dem Kraken erneut. Der wich zurück, grummelnd.
    „Du solltest deinem Freund mal sagen, dass ich ihm nur helfen kann, wenn er mich ran lässt. Oder du musst das selbst machen."
    „Ich?“ Edmund sah sie an. Die Alte hat ja wohl den Verstand verloren. Und das von ihm, der vor ein paar Stunden noch irgendwelche Gedichte gesalbt hatte, um Nelli – eine uralte Hexe – anzumachen. „Du bist die Heilerin.“
    Der Krake grummelte, legte ihm den Tentakel vor die Füße.
    „Das ist dein Freund. Und er möchte nicht von mir angefasst werden.“
    „Er ist nicht wirklich mein Freund“, grummelte Edmund genervt.
    „Jetzt kümmer dich schon drum. Ich sag dir, was du tun sollst.“
    „Hast du dir das Vieh mal angeschaut?! Das fasse ich nicht an!“ Für die Aussage kassierte er ein tiefes beleidigtes Brummen von dem Krake und den Stoß eines Tentakels direkt in seinen Bauch.
    „Es lässt sich aber von mir nicht helfen! Jetzt stell dich nicht so an. Er braucht Hilfe, aber vertraut dir mehr als mir.“
    Das ist ja nicht mein Fehler …
    Edmund seufzte und hielt die Hand auf, damit Nelli ihm alles in die Hand drücken konnte.
    „Wehe du bringst mich um.“ Er blickte den Kraken böse an, ehe er sich ihm vorsichtig näherte und vor den Tentakel hockte. Unter Nellis Anleitung versorgte er die Wunde des riesigen Viehs. Anfangs wollte er die Haut des Dings gar nicht berühren. Aber der Krake war weniger schleimig und matschig als er erwartet hatte. Tatsächlich fühlte er sich auch nicht anders an, als jeder andere Fisch, nur eben nicht tot. Er folgte Nellis kleinlichen Anweisungen so gut er konnte, beträufelte die Wunde mit der Flüssigkeit und salbte sie ein. In der Zeit umrundete Trevor den Kraken und musterte ihn von beiden Seiten. Die Augen des Kraken folgten dem Piraten. Und gleichzeitig Edmund Versorgung.
    Als er fertig war, lehnte er sich zurück.
    „Das dauert jetzt ein bisschen, aber dann sollte die Wunde auch schließen. Gut gemacht.“
    Toll ein Lob von der Hexe … Viel schlimmer, dass es ihm gefiel.
    Der Krake bewegte den Tentakel. Dann wickelte sich plötzlich ein anderer um ihn und drückte ihn, schüttelte ihn leicht. Während ein Tentakel Nelli kurz tätschelte.
    „Ist ja gut! Freut mich, wenn wir helfen konnten.“
    Der Tentakel ließ von ihm ab, das Auge musterte ihre Gruppe weiter und der Krake stieß ein tiefes, dankbares Brummen aus. Er schlang sich um das Schiff und kurz glaubte Edmund, dass er sie nun doch zerdrücken und fressen wollte. Aber nichts davon geschah. Das Vieh hielt sich einfach nur fest, schleppte sich weiter an Deck.
    „Hey! Du kannst hier nicht drauf!“, rief er. Der Krake verharrte, das Auge richtete sich auf ihn. „Ähm … du bist zu schwer und groß.“ Der Krake grummelte beleidigt. „Ist mir egal! Geh zurück!“ Der Krake grummelte erneut. „Du versenkst uns noch.“ Der Blick des Kraken wirkte beleidigt, aber er rutschte wieder ins Wasser zurück. Bei jeder Bewegung schwankte das Schiff bedenklich.
    Was tat er da eigentlich? Warum sprach er mit dem Vieh, als würde er ihn verstehen? Nachdenklich kratzte er sich am Kopf. Bildete er sich das nur ein, oder reagierte er wirklich auf ihn? Beobachtete er ihn? Hörte er auf ihn?
    Im nächsten Hafen musste er unbedingt den Schnapsvorrat auffüllen...Zum Glück waren es nur noch ein paar Tage...

    Es war deutlich leichter ein Schiff zu steuern, das nicht jeden Augenblick auseinanderzufallen drohte. Dennoch blieb das Schiff ein Schrotthaufen, der sich langsamer und behäbiger bewegte als eine Seekuh nach einer Fressattacke.
    „Bei der Geschwindigkeit überholt uns noch ein Seestern“, murrte Edmund. Er balancierte auf dem Mast und kontrollierte die Seile und Knoten der Segel vor dem Einbruch der Nacht. Hier oben war es windig und ständig wehten ihm die Haare um die Ohren. Er hätte sich die Haare kürzer schneiden lassen sollen, oder lang genug, um sie ordentlich zusammen zu binden!
    Zweimal hatte ihn bereits eine Möwe als potentiellen Nistplatz angeflogen.
    Mistviecher ….
    Er sah sich um. Die See war ruhig, der Himmel wolkenlos und die Sonne verschwand am Horizont rötlich-lila. Nur in der Ferne waren einzelne grobe Schäfchenwolken zu erkennen, die sich über den Horizont erstreckten und bisher nur schwer zu erkennen waren. Er schirmte die Augen ab und versuchte zu sehen, wohin sich die Wolken bewegten. Allerdings waren sie zu weit weg.
    „Das könnte schlechtes Wetter geben…“ Er würde Trevor suchen und diesen darauf hinweisen. Zumindest im Auge behalten, sollten sie es. Er wollte gerade vom Mast klettern, als er aus dem Augenwinkel einen Schatten bemerkte. Als er den Kopf in die Richtung drehte, war dort aber nichts zu sehen, außer einem Felsen, der leicht aus dem Wasser ragte und von der Sonne lila-orange gefärbt war.
    Eine der lästigen Möwen startete einen neuen Versuch, ihm an die Haare zu gehen. Er wurde von der Seite angeflogen und fuchtelte genervt mit dem Arm in der Luft.
    „Verpiss dich, du dreckiges Mistvieh, oder ich mach Ragout aus dir!“, brüllte er die Möwe an. Er erwischte den Vogel natürlich nicht und er flog laut gackernd weite Kreise. „Lach nur …“
    Er fixierte nochmal den Felsen, den er aber im Meer gar nicht mehr fand. Verwirrt sah er sich um, konnte den Felsen aber nicht mehr finden. Hatten sie ihn schon passiert? Wurde er nicht mehr angestrahlt, oder zwischen dem Wasser nicht mehr zu erkennen?
    Edmund zuckte die Schultern.
    Hoffen wir, dass da nicht noch mehr unter der Wasseroberfläche sind…
    Er kletterte vom Mast und wischte sich die Hände an den Hosen ab. Bei den ganzen Schwielen daran unterschieden sich seine Hände mittlerweile auch nicht mehr vom Holz des Mastes.
    Wie die eines Bauern….
    Auf dem Weg in die Kombüse überlegte er, ob es eine gute Idee war, Nelli um eine Creme zu bitten. Wenn sie ihm schon irgendwelche Kräuterkunde einprügeln wollte, dann wenigstens wichtige Dinge – wie weiche Haut. Auf der anderen Seite befürchtete er, dass ihm dann wieder hässliche Blasen wachsen würden, wenn er Nelli um Hilfe bat.

    Edmund betrat die Kombüse und sah dort Cecilia am Kessel stehen. Er hob die Augenbraue. Irgendwie passte das Bild nicht ganz zusammen. Wobei: er selbst und eine Küche passten auch nicht zusammen. Und doch fühlte er sich dort mittlerweile sogar wohler, als er jemals zugeben würde.
    „Ah Edmund“, säuselte Cecilia. „da seid Ihr ja. Das ist gut.“ Sie drehte sich elegant um, der Stoff des Kleides schwang ihr nach. Esther hätte mit dieser Bewegung sicher die halbe Einrichtung aus den Regalen geräumt, Cecilia schaffte es aber problemlos, sich an Tellern und Bechern vorbeizuschlängeln, ohne, dass auch nur etwas klapperte oder wackelte.
    Ist nicht so, dass das Schiff viel Platz bietet, um „nicht da zu sein“.
    Er setzte ein gewinnendes Lächeln auf. „Ihr habt mich also vermisst? Eure Schönheit hat mir ebenfalls gefehlt.“
    Cecilia kicherte hinter vorgehaltener Hand. Sie war in vielen Belangen deutlich adliger als Esther. Ihre Haltung war akkurater, ihr Ausdruck vornehmer und ihre Anmut strahlender. Inmitten der Schlichtheit der Revenge und der Hölle der letzten Woche, dem Leben auf dem Meer, wirkte sie derart fehl am Platz wie ein Pfau im Sumpf. Was sie einerseits unglaublich anziehend machte, auf der anderen Seite war sie das Sinnbild dessen, was er an der gehobenen Gesellschaft nicht mochte: Langeweile und Ernst. Dagegen war Esthers Langeweile beinahe schon spannend.
    Zu viele Esthervergleiche!
    „Ihr seid ein Charmeur.“ Cecilia hielt ihm einen Becher entgegen. „Ich habe Tee gekocht.“ Ihre Augen strahlten wunderschön wie Edelsteine. „Weil Ihr mich mit Euch nehmt und so hart arbeitet.“
    „Das mache ich selbstverständlich gerne für eine so bewundernswerte Herzogstochter“, gab Edmund mit einem Lächeln von sich. Und vor allem für die Belohnung deines Vaters …
    Er nahm den Tee entgegen.
    „Der Tee ist nach einem Familienrezept gekocht.“ Cecilia sah ihn aus großen Augen abwartend an.
    Edmund nahm einen bitteren Geruch wahr, tat jedoch ihr zu liebe einen Schluck. Und musste seine ganze Zurückhaltung aufbringen, um ihr das Gesöff nicht direkt wieder ins Gesicht zu spucken. Der Tee war bitter … derart bitter, dass er das Gefühl hatte, etwas würde sterbend über seine Zunge kriechen.
    Meine Fresse! Deine Familie ist wohl geschmacksblind!!
    „Der Geschmack ist neu ... interessant und erquickend.“ Er hielt seine Gedanken zurück, behielt sein charmantes Lächeln bei und ließ sich nicht anmerken, dass ihm gerade etwas Verwestes in den Rachen kletterte.
    „Er schmeckt Euch?“
    „Ja“, presste Edmund hervor. „Zauberhaft…“ Er lächelte Cecilia an, welche fröhlich zurücklächelte und wohl darauf wartete, dass er weiter von dem Tee trank. Allerdings bekam er bereits bei dem Gedanken Ekelblasen.
    Lieber sauf ich einen von Nellis Tränken …
    „Der Abend scheint sehr schön zu werden. Wollen wir den Tee nicht gemeinsam an Deck genießen?“, schindete er Zeit, „Habt Ihr schon einmal den Sonnenuntergang auf dem Meer gesehen? Wenn Ihr wollt, können wir das gemeinsam tun.“ Und das Bittergurkenähnliche Gesöff über Bord kippen.
    Cecilia wollte etwas sagen, wurde aber von Trevor unterbrochen, der gerade in die Kombüse trat.
    Edmund funkelte ihn an. Du störst…!
    „Hey, wo sind die anderen, ich denke da kommt …“ Trevors Blick fiel auf den Becher in Edmunds Hand. „Oh prima, etwas zu trinken, ich habe echt Durst.“
    Edmund drückte Trevor den Becher in die Hand. Dieser stürzte ihn erleichtert in einem Zug hinter, verharrt dann aber. Seine Augen weiteten sich und er begann zu husten. Was Edmund mit einem zufriedenen Grinsen zur Kenntnis nahm. Wenn er litt, konnte das auch der Pirat. Außerdem hatte der Kerl den Moment versaut.
    „Meine Fresse, das ist das Widerlichste, was ich jemals getrunken habe! Ich habe das Gefühl, irgendwas stirbt in meinem Mund!“, rief Trevor auf und wischte sich mit der Hand die Zunge ab.
    „Cecilia hat den Tee gemacht“, kommentierte Edmund.
    „Oh … ähm“, Trevor blickte zu Cecilia hinüber, die ihn aus traurigen Augen ansah. Er räusperte sich sichtlich beschämt. Irgendwie war es witzig, dass der Massenmörder-Pirat in Cecilias Nähe immer zu einem stotternden Kleinkind wurde. Noch witziger war, wenn der Pirat rot wurde vor Verlegenheit. Stand ihm. Aber am witzigsten war, dass er sich mit dieser Reaktion bei Cecilia sicher nicht beliebt machte. „Ich meine … der Tee ... ist wirklich … belebend.“
    „Was wolltest du eigentlich sagen?“, unterbrach Edmund ihn.
    „Ach ja … da kommt …“, setzte Trevor an, wurde aber von Esther unterbrochen, die vor Nelli in die Küche kam. Esther trug das Zauberbuch von diesem dreckigen Zauberer bei sich und schien etwas sagen zu wollen. Sie rümpfte allerdings leicht die Nase, als sie Cecilia entdeckte. Der Ausdruck in ihrem Gesicht blieb nur kurz, verschwand schnell wieder.
    „Ich muss mit euch allen reden. Allein und unter acht Augen.“
    Adieu Zweisamkeit. Hallo störende Faktoren meiner persönlichen Hölle. Edmund verdrehte genervt die Augen.
    Cecilia zögerte und schien nicht gehen zu wollen. Bis Esther klar machte, dass sie als Crew etwas besprechen mussten. Es ging wohl um eine Entdeckung aus ihrem Buch.
    Derweil rümpfte Nelli die Nase und schnupperte in der Luft. Sie runzelte die Stirn, während Cecilia sichtlich unzufrieden an ihr vorbei durch die Tür ging. Edmund sah ihr nach, blieb dann an Nelli hängen.
    „Warum riecht es hier so?“
    Trevor meinte, dass Cecilia Tee gekocht hatte, während sich Edmund auf die Zunge biss.
    „Tee?“, fragte Nelli und blickte in Richtung ihrer Vorräte. Die Alte strahlte heute regelrecht und schwebte mit ihrem Gehstock durch die Küche auf ihre Kräuter zu. Dabei zog sie den Duft von getrocknetem Lavendel und erloschenem Feuer hinter sich her. Sie öffnete das Regal mit ihren Vorräten, dabei musste sie sich auf die Zehenspitzen stellen. Sie hätten bei der Reparatur und dem Umbau direkt dafür sorgen sollen, dass ihre Begleiterin besser an die Regale herankam. Es ärgerte ihn, dass er nicht daran gedacht hatte.
    Warum zum Teufel ärgert mich das? Kann mir doch egal sein, wie die Alte an ihre Gifte kommt ...
    Nelli streckte sich nach den Dosen und kontrollierte sie.
    Edmund trat neben sie, ehe er etwas dagegen tun konnte. Sein Körper bewegte sich quasi von allein und half ihr dabei die Gefäße aus dem Schrank zu holen, die zu weit oben standen.
    „Lass mich dir helfen.“ Er reichte ihr die kleinen Döschen mit einem reizenden Lächeln.
    „Danke“, meinte Nelli und sah ihn ein bisschen verwundert an. Die Verwunderung gefiel ihm, ließ sie jünger wirken als sie eigentlich war. Ihre Augen sahen von nahem ebenfalls viel lebendiger aus als er gedacht hatte und ihre Haare weiß und weich wie Seide rahmten das zierliche Gesicht ein.
    Er stellte eines der Döschen ab. „Honigkraut - Süß wie du, Nelli.
    Bei Neptun, wo kommt das denn her?
    Nelli zog die Augenbrauen hoch und sah dabei schöner aus als jeder Stern im Himmel. Was dachte er da eigentlich? Nelli sah aus wie ein alter Lappen, den man hinter dem Herd gefunden hatte. Nein. Wie ein Baby-Manatis. Ein klein wenig falig, aber süß und zum Verlieben.
    „Geht es dir gut?“
    „Natürlich geht es mir gut, obwohl ich mich auch liebend gerne von dir gesund pflegen lassen würde.“ Er griff nach ihrer Hand, sanft und hauchte ihr einen Kuss auf den Handrücken. „Darf ich dir etwas verraten, Nelli?“
    Nelli räusperte sich, plötzlich etwas verlegen. „Jaaa?“, fragte sie gedehnt.
    „Du bist der Glanz, der mein Leben erhellt, wie goldenes Licht, das die Dunkelheit zerschellt. In deinen Augen spiegelt sich das Licht, ein Funkeln, das selbst die Sterne spricht.“
    Nelli legte ihm die freie Hand an seine Stirn. „Bist du sicher, dass es dir gut geht? Setz dich, ich mach dir einen Tee.“
    Er setzte sich nicht, blieb vor ihr stehen.
    „Deine Berührung ist so warm und sanft. So viel schöner als jeder Tee.“
    „Mhm...“, Nelli ließ die Hand sinken, „Was hast du als letztes gegessen oder getrunken, Edmund?"
    „Ich lebe von meiner Liebe zu dir.“
    Nelli sah hilfesuchend zu Trevor und Esther.
    „Das wäre ja neu...“, murmelte Nelli und schob ihn auf einen Hocker. Er folgte ihrer Forderung griff jedoch nach ihren Händen und ging vor ihr auf die Knie.
    „Der Himmel brennt in tausend Sternen, ein Meer aus Licht, so fern und nah. Dein Lächeln strahlt, so wunderschön, wie alte Seefahrerträume da. Die Zeit vergeht, doch deine Schönheit bleibt unvergänglich, ewig jung. Ein Zauber liegt in deiner Nähe, ein Lied, das ich für dich gesungen. Und wenn die Wellen uns umspülen, Und Sturm und Wind uns trennen wollen, Dann halt ich fest an deiner Hand, Bis uns die Ewigkeit verschlossen. Die Sterne funkeln, hell und klar, reflektiert in deinen Augen. Ein alter Traum, ein Wunsch so nah, mit dir die Zeit zu überdauern. Die Seefahrt des Lebens, gemeinsam, durch stürmische und ruhige See. Dein Lächeln, mein Anker im Sturm, für alle Ewigkeit bei mir“, sang er.

    Einen wunderbar verregneten Abend!

    Der Wettbewerb ist beendet und es wurden insgesamt 15 Stimmen auf 2 Bilder verteilt!! Wie immer ein großer Dank an die Beteiligung, sowohl die Zeichner als auch die Stimmgeber!

    Der Sieges-Glückwunsch geht mit 9 von 15 Stimmen an LadyK mit dem Bild "Düsternis im Wald". :party:

    Ich schätze mal, Sensenbach und du, ihr werdet mit den weiteren Bedingungen für das Anthologie-Cover zusammenkommen :)

    Ein herzliches Dankeschön :danke:auch an Gaius ! Auch das Bild "Baum der Geschichten" finde ich super gut! Vielleicht möchte der eine oder andere ja noch ein paar nette Worte verlieren. :)

    Euer Fantasy-Geschichten-Forum

    Hallo Community,

    nach der Umfrage, ob das Forum den Zeichenwettbewerb wieder einführen soll. Und wir neue Regeln festgelegt haben, und das Thema im Mehrheitsentscheid gewählt wurde, habe ich irgendwie mit ein klein wenig mehr Resonanz gerechnet. Aber am Ende sind eben ein Schreib- und kein Zeichenforum.

    Umso mehr freue ich mich, dass zwei Bilder eingegangen sind, aus denen ihr wählen könnt, welches davon da Cover der Anthologie werden soll. :love:

    Zeit zum Abstimmen, habt ihr bis zum 15.09.2024, 23:59 Uhr.

    Grüße, Kye

    Zu sagen, dass Edmund nicht begeistert war, weil Nelli ausgerechnet jetzt meinte, ihm irgendwas über Tränke und Pulver beizubringen, wäre untertrieben gewesen. Er hasste es, nicht zu wissen, was um das Schiff herum passierte. Als hätten sie im Moment keine anderen Probleme, als irgendwelche Kräuter zusammenzukippen und seine Töpfe damit einzusauen. Allerdings hatte Nelli seine Unruhe bereits bemerkt und noch weniger als Hexenkram zu lernen, wollte er, dass sie dachte, er würde sich Sorgen machen.
    Zugeben, dass er das Gebraue interessant fand und es ihn beruhigte und ablenkte, würde er dennoch nicht.
    „Fertig“, verkündete Nelli schließlich.
    Edmund schüttelte die Gedanken ab und betrachtete das mehrfarbige Gebräu in seinem Topf.
    Es roch ja nicht schlecht, aber … „Was haben wir da eigentlich gemacht?“ Er hob die Augenbrauen und betrachtete die Hexe, die aber nur verschmitzt grinste.
    „Anhand der Zutaten, mein Schüler, was meinst du, was der Trank bewirkt?“
    „Nenn mich nicht deinen Schüler, altes Weib…“, grummelte Edmund genervt. Wenngleich das Buch interessant war und das Trankmixen dem Kochen ähnelte, gefiel es ihm überhaupt nicht, als Schüler bezeichnet zu werden.
    Das erinnert mich an diesen Dreckssack von einem Hauslehrer …
    Der Kerl war völlig stumpf gegenüber der Nymphen-Aura gewesen und hatte ihn immer wieder als dumm und unfähig beschimpft. Dabei war der Unterricht genauso spannend gewesen, wie Hornhaut mit dem Bimsstein vom Fuß zu schrubben. Wer konnte es ihm da verübeln, dass sein 10-Jähriges Ich erst gar nicht zum Unterricht erschienen war?
    „Keine Ahnung, es verleiht Flügel?“
    Nelli verdrehte die Augen und seufzte.
    „Nein, das ist ein Vergessenstank.“
    „Ein Vergessenstrank?“ In dem Alter braucht die noch einen Trank dafür?
    „Es schadet wohl nicht, die Handwerker vergessen zu lassen, was sie hier gesehen haben.“ Nelli grinste zufrieden und rührte in dem Topf herum. „In ein paar Stunden sollte er fertig sein.“
    Keine dumme Idee …
    Er sollte darüber nachdenken, einen extra Satz Geschirr für Nelli anzuschaffen. Auf Dauer war es nicht gut, wenn er in den gleichen Gefäßen kochte, in denen Nelli ihren Sud zubereitete. Am Ende vergaßen sie beim Essen, was sie aßen.
    Er wollte Nelli gerade fragen, als er Schritte hörte.
    Als er sich umdrehte, betraten Trevor und Esther die Küche.
    Alles erledigt“, meinte Esther.
    Und scheinbar reibungslos, nahm Edmund zur Kenntnis. Er musterte beide. Sie waren unverletzt. Und ohne Verletzungen.
    „Was macht ihr da?“ Trevor reckte den Hals zum Topf. Er kniff die Augen zusammen, als würde er überlegen, ob es gut oder schlecht war, dass Nelli und Edmund beisammenstanden, ohne sich zu streiten.
    „Wahllos Kräuter zusammenklumpen, die alle gleich aussehen." Ich glaube, das Mütterchen verspottet mich die ganze Zeit, in dem sie mir die gleichen Kräuter immer wieder vorlegt und mir irgendwas anderes Ausgedachtes dazu erzählt.
    „Edmund ablenken", meinte dagegen Nelli im gleichen Atemzug.
    Er musste nicht abgelenkt werden. Alles hier geschah gegen seinen Willen! „Jetzt, da Trevor da ist, lenk ihn doch ab!"
    „Da Trevor den Handwerkern hilft und nicht im Weg herumsteht, muss ich ihn nicht ablenken.“ Nelli kicherte vor sich hin und vollendete damit das typische Bild einer Hexe, die bei Feuerschein in schummerigem Licht in einem großen Topf rührte. In einem Haus im Wald.
    „Ich stehe nicht im Weg!“, kommentierte Edmund und verschränkte die Arme. Während sich Trevor in der Enge der kleinen Küche an ihm vorbeidrängte, um neben Nelli zu treten.
    „Was soll der Trank bewirken?“, Esther begutachtet neugierig den Topf.
    „Der Trank soll uns noch ein paar zusätzliche Minuten verschaffen, wenn dieser Magier, Thomas, den ersten Schwindel mit den Kisten bemerkt.“ Nelli rührte noch einmal, dann legte sie den Deckel auf.
    Esther hob die Augenbraue.
    „Es ist ein Vergessenszauber für die Handwerker“, erklärte Edmund, was er eben "gelernt" hatte. Kurz erklärte er, was Nelli damit plante. Dann grinste er als ihm ein Gedanke kam. „Und vielleicht müssen wir auch nichts bezahlen … wenn sie von dem Auftrag nichts mehr wissen.“
    „Gute Idee“, stimmte ihm Esther zu seiner Überraschung zu. Er wollte gerade fragen, welchem Teil davon sie zustimmte, als ihn bereits ein Hieb am Hinterkopf traf. Ein Schmerzlaut von Esther verriet zudem, dass sie einen ähnlichen Schlag abbekommen haben musste.
    „Diese Handwerker dort draußen mussten Edmund die letzten Tage ertragen und ihr überlegt, sie nicht zu bezahlen?“, zischte Nelli. „Abgelehnt!“ Sie schwenkte ihren Stock drohend und wirkte nicht, als würde sie sich umstimmen lassen.
    Was heißt denn hier „ertragen“?
    „Du hast recht. Dafür sollten wir ihnen sogar noch einen Bonus geben“, gab Esther mit einem schadenfrohen Zucken im Mundwinkel zu.
    Fall mir nur in den Rücken, blöde Magierin …
    Die blöde Magierin rieb sich den Hinterkopf, dabei war sich Edmund sicher, dass die Alte die Adlige nicht so fest geschlagen hatte wie ihn. Aber mit ihm konnte man es ja machen.
    „Das war doch nur ein Witz“, nuschelte er nur, notierte sich die Idee aber dennoch gedanklich.
    Trevor grinste derweil vor sich hin und legte Edmund einen Arm um die Schulter.
    „Ehe wir uns wieder an die Gurgel gehen, wie wäre es, wenn wir beiden etwas Spazierengehen, Edmund?“
    Edmund war verwirrt.
    „Spazierengehen?“
    Trevor nickte nur.
    Edmund war nicht begeistert. „Warum habe ich das Gefühl, dass ihr mich von den Handwerkern fernhalten wollt und ich deshalb keine andere Wahl habe, als ja zu sagen?“
    „Gut erkannt“, meinte Nelli mit einem Grinsen, das ihm nicht gefiel.
    „Aber wir sollten nicht weggehen. Wenn Thomas hier …“, versuchte Edmund das Unheil abzuwenden. Aber Nelli fiel ihm ins Wort.
    „…dann könnt ihr beiden sowieso am wenigsten ausrichten…“
    Autsch …
    Aber Edmund wäre nicht Edmund, wenn er sich einfach so geschlagen geben würde. Er setzte also erneut zu einem Widerspruch an. Trevor kam ihm aber zuvor, packte ihn und warf ihn über die Schulter wie einen Sack Mehl.
    „Sag mal geht es dir noch gut?“
    „Du kommst jetzt mit!“, meinte Trevor trocken und verabschiedete sich für die nächsten Stunden bei Nelli und Esther.
    „Irgendwie glaube ich nicht, dass du mich in dein Bett trägst … also wo gehen wir spazieren?“
    Trevor antwortete darauf nicht, was Edmund jedoch recht war. Schweigend ertrug er, von Trevor vom Schiff getragen zu werden, als wäre er ein – zugegeben sehr schickes – Accessoires.
    Erst im Hafen setzte Trevor ihn ab.
    „Wir suchen uns jetzt einen Platz und üben dort.“
    „Warum machen wir das nicht auf dem Schiff?“
    „Willst du, dass Omma es kommentiert?“
    Edmund setzte an, konnte das Argument aber nicht entkräften.
    Er war sich noch immer nicht sicher, ob er das wirklich konnte und wollte. Ja, er hatte vorgehabt, Trevor um Hilfe zu bitten. Aber konnte er das auch? Wieder mit einem Schwert kämpfen, wenn es sein musste?
    „In Ordnung, ehe ich es mir wieder anders überlege.“


    Er folgte Trevor durch die Straßen der Hafenstadt.
    „Hast du denn eine Vorstellung, wo du-“
    Trevor zerrte ihn so plötzlich von der Straße in einen Hauseingang, dass er das Gleichgewicht verlor und in den ehemaligen Piraten krachte. Etwas knirschte und polterte. Dann drehte sich die Welt um die eigene Achse. Das wohlbekannte Gefühl in seinem Rücken, seinen Schultern, seiner Brust und seinem Hintern verriet ihm, dass sie soeben eine Treppe nach unten krachten. Eine Treppe aus Stein, wohlbemerkt. Irgendwo auf halben Weg bekam er Trevors Fuß in die Nieren und seine Schulter in den Nacken.
    Er kam zuerst unten an und wurde dann von einem Berg überrollt, der ihn auf den Boden nagelte.
    „Ich mag keinen Schmerz spüren“, brachte er hervor. Tatsächlich war ihm lediglich von dem Hin und Her schwindelig. „Wenn du schon auf mir liegst, dann zieh dich wenigstens aus! Ansonsten runter von mir!“
    Trevor reagierte sofort.
    „Oh entschuldige.“ Er stemmte sich hoch und bewegte seinen Hintern von ihm runter. Dann krümmte er den Rücken und ließ den Nacken knacken. Edmund sprang ebenfalls auf und klopfte die Kleidung ab.
    „Was war das denn?!“
    „Ich meine am Ende der Gassen einige Männer von unserem neuen "Freund" gesehen zu haben…“ Völlig ruhig blickte Trevor die Treppen nach oben. Lediglich die gerunzelte Stirn verriet, dass er sich Sorgen machte.
    „Ähem“, räusperte sich jemand im Halbdunkel.
    Edmund sah sich in dem düsteren Kellerraum um, der nur von zwei Fackeln beleuchtet wurde. Es gab mehr Schatten als Licht. Überall standen Kisten und Fässer herum, Regale bis zur niedrigen Decke. Und in Mitten dessen standen fünf Männer, die ihre Waffen auf sie richteten. Zwischen ihnen hockten zwei Gestalten, beide gefesselt. Die Frau hatte einen Sack über dem Kopf und der Mann einen Knebel im Mund. Er wehrte sich heftig gegen die Seile an seinen Händen und starrte aus – DREI! – Augen durch den Raum.
    „Wer seid ihr und was macht ihr ihr?!“, zischte einer der Männer. Sein Aussehen war unbedeutend, zu sehr war Edmund von der Tatsache irritiert, dass er einem dreiäugigen Mann ins Gesicht starrte. Das dritte Auge trug er direkt auf der Stirn und war das einzige, das ihn ansah, da die anderen beiden nach außen wegschielten. Und entweder die Wände oder den Bereich HINTER dem Mann betrachteten.
    „Das gleiche könnten wir euch auch fragen.“ Trevor verschränkte die Arme und tat als wären nicht sie diejenigen, die gerade unangekündigt in einen Keller gefallen waren.
    „Das geht euch nichts an!“, fauchte der Mann hinter der Frau. Er verpasste ihr einen Tritt, was diese aufwimmern ließ.
    „Ich denke schon.“ Trevor rückte nicht ab und griff nun seinerseits zu einer der Waffen, die er am Gürtel trug. Verunsichert über die Ruhe, die Trevor dabei ausstrahlte, sahen sich die Männer nacheinander an. Die Zeit nutzte Edmund, um Trevor mit dem Ellenbogen in die Seite zu stoßen.
    „Was soll das?“, flüsterte er.
    „Ich glaube, die handeln hier gerade mit Menschen.“
    „Na und? Lass uns verschwinden.“ Er deutete über die Schulter die Treppe hinauf.
    „Er guckt so traurig. Wir sollten ihm helfen.“ Trevor verwies auf die Gestalt mit den vielen Augen.
    „Er guckt traurig? Ich bin mir nicht mal sicher, ob eines der Augen überhaupt in unsere Richtung guckt."
    „Du hast mir auch geholfen“, argumentierte Trevor dagegen.
    „Ich habe dich für ein Kind gehalten.“
    „Was es nicht besser macht, wenn ein erwachsener alleinstehender Mann ein Kind kauft."
    „Beim nächsten Mal lass ich dich sitzen!"
    „Komm schon Edmund, die hier brauchen auch Hilfe.“
    Was redete er überhaupt auf Edmund ein? Als würde Trevor seine Hilfe wirklich brauchen!
    „Ja, wie wir auch und uns hilft auch keiner! Wir haben augenscheinlich genug eigene Probleme.“ Er winkte ab. Als ob er zwei hässlichen dreiäugigen Leuten helfen würde. Besser sie als andere.
    Ihm gefiel der Gedanke nicht, diese Leute hier zu lassen, aber einmischen bedeutete sein Leben für diese Fremden in die Waagschale zu werfen. Oder Gold. Und letzteres hatten sie gerade nicht dabei und erstes wollte er nicht für Fremde über Bord werfen, die kein Augenschmauß waren.
    Trevor sagte nichts mehr. Mit einem Grinsen reichte er ihm die zweite Waffe, die er bei sich trug und wohl für ihn und den Übungskampf gedacht war. Ein alter Säbel.
    Wo hat er das eigentlich her?
    Edmund wich dem Blick aus.
    Von dir lasse ich mir kein schlechtes Gewissen machen. Ich helfe denen nicht. Niemals!
    Einer der Männer trat näher.
    Die Frau wimmerte.
    Eines der Augen des Dreiäugigen blickte ihn hilfesuchend an.
    „Ich hasse dich...“, murrte Edmund. Warum geriet er immer in Schwierigkeiten, wenn er mit Trevor unterwegs war? Am Ende war er immer betrunken, stand unter dem Einfluss von Pilzen oder seine Kleidung war voller Blut. Wahlweise auch alles davon.
    „Du wolltest doch üben."
    Edmund entrang sich ein freudloses Lachen. Doch nicht so, du Depp!
    „Ja, aber dafür bist du mir was schuldig.“
    „Setz es auf meine Rechnung."
    „Die Liste wird länger...“ Er nahm den Säbel entgegen, den Trevor ihm reichte. Ein Säbel war deutlich schwerer als ein Degen. Er lag anders in der Hand und wirkte irgendwie gröber.
    „Das ist eine Hiebwaffe. Du solltest damit Schläge von oben, unten oder der Seite ausführen. Ich rate dir einen festen aber lockeren Stand - leicht in die Knie gehen. Damit bist du beweglicher und kannst leichter reagieren.“
    Edmund rollte die Augen. Was zum Teufel soll ein fester, lockerer Stand sein?
    „Noch mehr so hilfreiche Tipps?“, zischte er zu Trevor.
    „Ihr wollt also Ärger machen!“, meinte der Mann, der vorgetreten war. Ein Bärtiger, der auch als Bär mit Räude hätte durchgehen können, sah sie finster an. „Die Ware gehört uns!“
    Edmund sah den Mann genervt an.
    „Er da will Ärger“, er deutete auf Trevor, „und da ich nicht in der Lage bin, ihn aufzuhalten, wünsche ich viel Spaß.“ Grinsend trat er einen Schritt beiseite und ließ Trevor den Vortritt. Der sah ihn kurz an, zuckte dann aber die Schultern.
    „Lasst die Leute frei.“
    „Und das schöne Geld damit verlieren? Nein.“ Die Männer lachten, dann kassierte der Bär bereits Trevors Faust.
    Edmund seufzte, als zwei blutige Zähne an ihm vorbeiflogen.
    Wie ein Tier…
    Hinter Trevor näherte er sich ebenfalls den Kerlen. Und ehe einer von ihnen - ein Mann mit hässlichen Narben im Gesicht - seinem Freund in den Rücken fallen konnte, mischte er sich in den Kampf ein. Er parierte die Waffe von Narbengesicht. Dabei fiel ihm auf, wie rostig das Ding war, mit dem der Typ kämpfte. Er sollte wohl vermeiden, sich davon treffen zu lassen. Den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, zerrte Narbe seine Waffe zurück, schwankte stark und hieb hektisch von der Seite auf sein Bein ein. Edmund entging dem Angriff, der ihm lediglich den Stoff am Hosenbein aufschlitzte.
    „Die war neu!“, gab er von sich.
    Rücken an Rücken mit Trevor versuchte er sich mit der neuen Waffe gegenüber dem Kerl zu verteidigen. Was nicht so leicht war, da der Kerl mehr schwankte, als was er stand. Weshalb Edmund sich darauf konzentrierte, in Bewegung zu bleiben und den perfekten Zeitpunkt zu finden. Und irgendwie seine eigene Waffe kennenzulernen.
    „Du bist zu passiv“, meinte Trevor. „Du kämpfst wie ein Fechter.“
    „Woher willst du das wissen? Hast du Augen am Hinterkopf?!“ Edmund duckte sich unter einem Schlag weg und fuchtelte seinerseits in Richtung des Mannes.
    „Fechten sieht immer aus, als würden Krabben einen Balztanz aufführen.“
    „Vergleichst du mich gerade, mit einer balzenden Krabbe?“
    Irgendwo hinter ihm ertönte das Geräusch von Metall, das durch Fleisch schnitt.
    „Ich will nur sagen, dass du aufhören sollst zu tänzeln.“
    Ich tänzel dir gleich ins Genick …
    Dennoch versuchte er weniger „zu tänzeln“, festigte sich Haltung und bewegte sich nur noch, um auszuweichen und zu parieren. Was ihnen – er würde es nie zugeben – deutlich mehr Raum brachte, da es zu wenig Keller für zu viele Leute gab. Von denen auch noch zwei untätig gefesselt mitten auf dem Boden hockten und er Augen aufhalten musste musste, nicht über sie zu stolpern. Oder sich von Dreiauge ablenken zu lassen, der allen Bewegungen im Raum gleichzeitig folgte.
    Sich weniger zu bewegen, sparte also Raum. Dadurch musste er sich aber noch mehr konzentrieren.
    Ach, scheiß drauf!
    In Ermangelung einer anderen Strategie und weil ihm das taumelnde Narbengesicht langsam auf die Nerven ging, weil er sich nicht treffen ließ, passte Edmund den nächsten Schlag ab und ließ sich von dem herumgewedelten Rostsäbel treffen. Der Säbel bohrte sich in seine Seite, was seinen Gegner genug überraschte, damit dieser verwundert stehen blieb. Entweder war er überrascht, dass er getroffen hatte, oder aber darüber, dass Edmund nicht mal mit der Wimper zuckte. Sein Blick glitt jedenfalls irritiert zwischen Waffe, Wunde und Edmund hin und her.
    „Das schöne weiße Hemd“, murrte Edmund, nutzte die Gelegenheit aber und schlug nach dem Arm des Mannes, ehe er es sich anders überlegen konnte. Zwar wäre auch der Oberkörper des Mannes ein hervorragendes Ziel gewesen, aber er wollte Narbengesicht nicht töten.
    Da er nicht Trevor war, gelang es ihm zwar nicht, dem Mann die Hand abzuschlagen, aber immerhin schrie dieser schmerzerfüllt auf und taumelte von ihm zurück, wodurch er seine Waffe losließ. Schreiend hielt er seine Wunde.
    „Geht es dir gut?“, vergewisserte sich Trevor, während er seinen letzten Gegner entwaffnete. Dessen Schwert flog durch den Raum.
    In der Zeit, in der ich mit einem zu kämpfen hatte, hat der Kerl einfach vier Gegner besiegt …
    Edmund seufzte und drückte an der Wunde herum, ehe er den Säbel aus seiner Seite zog. Es blutete.
    „Sehe ich aus, als würde es mir gut gehen? Meine Kleidung ist voller Blut.“ Womit sich die Annahme wieder einmal bestätigte. Kein Ausflug mit Trevor ohne, dass er dreckig zurückkehrte.
    Trevor nahm sein Elend nickend zur Kenntnis.
    Dann frag doch nicht.
    Trevor packte den entwaffneten Mann im Genick. Einen Atemzug später knackte es und der Mann sackte schlaff zu Boden.
    Unter dem Sack schrie die weibliche Stimme auf. Und Edmund konnte sie verstehen. Das Geräusch eines brechenden Genicks, war nichts für schwache Nerven. Und ging mehr durch Mark und Bein als das Schlagen von Metall auf Metall oder wenn Metall durch Haut fuhr.
    „Geht das auch etwas sanfter?!“
    Trevor sah ihn verwirrt an.
    „Man kann ein Genick nicht sanft brechen.“
    „Eben!“
    Warum bin ich nochmal mit dem befreundet?
    „Also ich…“ Narbengesicht wollte sich gerade davon machen.
    „Halt die Klappe!“, fuhr Edmund ihn an. „Ich bin noch nicht fertig mit dir, du schuldest mir ein neues Hemd!“, zischte Edmund ihn an. Woraufhin der Mann verstummte. Endlich mal jemand, der machte, was er von ihm wollte.
    „Am besten tötest du ihn schnell“, kam es von Trevor hinter ihm. Edmund blickte über die Schulter, wo er erwartungsvoll beobachtet wurde. Was war das hier? Eine Ausstellung?
    „Zum einen klingst du als würdest du das zu sehr zelebrieren und zum anderen bin ich kein Barbar.“ Edmund fixierte Narbengesicht und verwies den Mann mit einem Fingerzeig in die Ecke. Kurz verharrte der Menschenhändler, dann wankte er mit gesenktem Kopf davon. Er hockte sich hin, zog sich einen Sack über den Kopf und hielt sich dann die Wunde, während er vor und zurückschaukelte.
    Erstaunlich, dass das funktioniert hat.
    „Reicht das so oder muss ich ihn töten?“
    Trevor betrachtete Edmund einen Moment, dann den Typen und zuckte die Schultern.
    „Wenn er uns in den Rücken fällt, gebe ich dir die Schuld.“
    Edmund verdrehte die Augen. Er war gedanklich noch damit beschäftigt, warum der Kerl überhaupt auf seine Worte gehört hatte. Das machte sonst niemand. Es erinnerte ihn etwas an seinen Vater. Wobei, dann hätte er ihn umbringen müssen, oder? Bei dem Gedanken schüttelte es ihn.
    Verwerfen wir das.
    Das Letzte, was er wollte, war in einem dunklen Keller, umgeben von Tod, an seinen Vater zu denken.
    „Es ist nun alles in Ordnung. Ihr seid in Sicherheit.“ Trevor wandte sich an die beiden Gefangenen und schritt auf sie zu. Die Frau mit dem Sack über dem Kopf wich hysterisch heulend zurück.
    „Tut mir nichts“, flehte sie. „Bitte.“
    „Glaubt Ihr, wir haben den Aufwand betrieben, um Euch jetzt etwas an zu tun?“ Edmund verschränkte die Arme. Als würde er seine Kleidung vollbluten und in einem dreckigen Keller kämpfen, um dann eine gefesselte Frau zu verprügeln.
    Trevor warf ihm für die Aussage einen Blick zu, der irgendwie wertend wirkte, aber das war sicherlich Einbildung.
    „Was?“, zischte er zurück. War seine Einschätzung etwa falsch? Er wollte ihr doch unbedingt helfen.
    Trevor schüttelte seufzend den Kopf. Mit langsamen Schritten ging er auf die Frau zu, hob beschwichtigend die Hände – als könnte sie das sehen – und sprach beruhigend auf sie ein. Irgendwas von, sie solle Edmund ignorieren, sie würden ihr nichts tun und würden ihr helfen.
    Die Frau wirkte nicht wirklich ruhiger dadurch, aber der Tatsache geschuldet, dass ihr in den letzten Minuten niemand wehgetan hatte, schien zumindest etwas Vertrauen zu wecken. Es genügte, damit sie aufhörte zu wimmern.
    „Ich werde dir jetzt den Sack abnehmen.“
    Gröber, als Edmund nach dem ganzen Getue erwartet hatte, riss der ehemalige Pirat der Frau förmlich den Sack vom Kopf, wodurch lange blonde Locken zum Vorschein kamen.
    Grobmotoriker …
    Trevor erstarrte.
    Überrascht hob Edmund die Augenbrauen, als er an Trevor vorbeiblickte. Immerhin wusste er nun, warum die Kerle die Frau hatten verkaufen wollen. Nicht etwa, weil sie drei Augen hatte, wie der andere Kerl.
    „Es tut mir leid. Hab ich Euch Haare ausgerissen?“, stotterte Trevor plötzlich verunsichert vor sich hin und zupfte die Haare aus dem Sack.
    Ach was, dem Sack sind einfach nur endlich Haare gewachsen...
    Die grünen Augen der Frau blickten aus einem puppenähnlichen Gesicht ängstlich zu Trevor und dann zu ihm. Erst dann betrachtete sie die toten Männer. Ein Anblick, der sie nicht gerade aufheiterte.
    Wehe, du fängst jetzt wieder an zu heulen…
    Edmund musterte die Frau eingehender. Ihr Gesicht war leicht verdreckt und sie wirkte etwas abgemagert, was ihrer Schönheit aber keinen Abbruch tat. Ihre Kleidung war zwar zerrissen und dreckig, wirkte aber hochwertig und maßgefertigt und passte nicht in die Umgebung. Vielleicht war sie die Tochter eines reichen Händlers oder eines Adligen?
    Das ändert die Situation natürlich.
    „Wie wäre es, wenn du der Dame mal etwas Platz lassen würdest“, meinte Edmund und zog den Haufen bemitleidenswertem Stück Mann, der eben noch selbstbewusst vier Typen niedergeknüppelt hatte, bei einer Frau aber zu stottern begann, zurück. „Ich entschuldige mich für die bisherige grobe Behandlung, aber Ihr müsst wirklich keine Angst mehr haben. Die Männer können Euch nichts mehr tun und wenn Ihr erlaubt, nehme ich Euch auch die Fesseln ab.“ Er setzte sein Lächeln auf, von dem er wusste, dass es charmant und freundlich wirkte (und das bei Esther rein gar nichts brachte, außer sie wütend zu machen). „Ich bin im Übrigen Edmund Wendel Vinzenz von Stein, aber Ihr dürft mich gerne Edmund nennen.“ Er deutete beiläufig auf Trevor. „Ach und der grobe Schläger da ist Trevor.“
    „Grober Schläger?“, echauffierte sich Trevor. Immerhin erwachte er so aus seiner Starre. Was zog der Kerl beim Anblick von Frauen eigentlich immer den Schwanz ein?
    „Die Leute sind ja nicht spontan tot umgefallen.“
    „Das macht mich noch nicht zum Schläger.“
    „Wenn dir Mörder lieber ist?“
    Trevor seufzte lediglich. „Dann weist der grobe Schläger einen gewissen Edmund Wendel Vinzenz von Stein darauf hin, dass man die beiden Gefangen eventuell nach draußen begleiten sollte.“
    Edmund warf dem Piraten noch einen bösen Blick zu.
    „Dann nehm du dir doch schon mal einen Augenblick und helf dem...da." Beiläufig deutete er auf den Mann, der mit seinen drei Augen … blickte. Trevor rollte mit seinen zwei Augen, kümmerte sich dann aber um den hässlichen Typen.
    Er selbst wandte sich wieder an die Frau, hockte sich zu ihr und reichte ihr die Hand, während er beruhigend auf sie einredete. Vielleicht würde der Tag doch noch besser werden.
    „Also erlaubt Ihr, dass ich Eure Fesseln abnehme? Ich verspreche auch, Euch nicht weh zu tun.“
    Die Frau starrte ihn an, als würde sie etwas in seinem Blick suchen und sich über etwas Klarheit verschaffen wollen. Dabei blitzten immer noch Tränen in ihren Augenwinkeln. Sie nickte.
    Vorsichtig nahm er ihr die Seile ab, die ihr in die Haut geschnitten und dort Wunden hinterlassen hatten. Er fuhr kurz mit den Fingerkuppen über Haut und Wunden.
    Zarte Haut, keine Narben und nie gearbeitet. Eindeutig keine Bäuerin.
    „Wir kennen jemand, die sich die Wunden anschauen kann, wenn Ihr wollt.“
    Edmund reichte ihr die Hand, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Sie zögerte und schien mit sich zu ringen.
    „Habt keine Angst, ich beiße nicht.“
    Die Frau holte Luft und nickte dann, ehe sie sich von seinem Lächeln und seinen Worten beruhigen ließ und endlich seine Hand ergriff. Sie war kalt.
    „I-Ich danke Euch für Eure Hilfe“, gab die Frau von sich, als sie vor ihm stand und er ihre Hand losgelassen hatte. Ihre Stimme zitterte noch, wurde aber mit jedem Wort fester. Sie knickste leicht und senkte höflich den Kopf. „Diese Männer haben mich vom Hof meines Vaters entführt und hierher verschleppt.“ Sie sah sich um. „Wo auch immer hier ist“, setzte sie geknickt nach. „Mein Name ist Cecilia von Dornburg, Tochter von Herzog von Dornburg und ich danke Euch, dass Ihr mir die Freiheit zurückschenkt.“ Dabei lächelte sie leicht zu Trevor und Edmund. Edmund nickte. Aussehen und Verhalten deckten sich mit seiner ersten Einschätzung. Adel.
    Mmhh..
    Hinter ihm wurde plötzlich etwas von „Freiheit“ geschrien. Es polterte, dann rannte Dreiauge durch den Raum, fand zielsicher die Treppe mit seinem Rundumblick und war AUGENblicklich aus dem Keller verschwunden.

    Hallo Zeichner/Zeichnerinnen,

    damit starte ich mal den Zeichenwettbewerb des Fantasy-Geschichten-Forum zum Thema:

    "Dunkles Blatt (Forenanthologie) "

    Den Abgabetermin lege ich auf den 31.08.2024.

    Da es sich um das Cover für die Anthologie handelt, mal noch zwei Worte. Ihr solltet bei der Teilnahme im Kopf behalten, dass solltet ihr gewinnen, euer Bild als Cover auf einem Buch entsprechend veröffentlicht wird. Alles weitere dazu, wird der Gewinner dann mit Sensenbach klären und vereinbaren. Allerdings weise ich hier schon mal darauf hin, nicht, dass der Gewinner dann sein Bild nicht mehr dazu freigeben möchte. Die Anthologie soll noch 2024 erscheinen und bei einem Abgabetermin im 3. Quartal wäre es ärgerlich nochmal von vorn beginnen zu müssen, sollte der Künstler sein Werk zurückziehen.

    Das Bild sollte im Hochformat sein und folgende Maße haben:

    Traditionell: mindestens Taschenbuchformat: 12 B x 19 H cm
    besser aber größer (mindestens doppelt so groß 24 B x 38 H cm) Richtwert: A4 Format auch hier: gerne auch ein wenig größer)
    Digital: 1.600 x 2.560 Pixel (lieber etwas größer als kleiner)

    Wichtig: keine wichtigen Elemente bis zum Rand zeichnen, da das Bild eventuell noch beschnitten wird und etwas Platz zum Ausrichten benötigt wird.
    Beachtet auch, dass noch Platz für die Beschriftung benötigt wird.

    Sollte etwas sein, ihr Fragen haben, oder Probleme, könnt ihr euch auch jederzeit an mich wenden.


    Den Blick in die untenstehenden Regeln nicht vergessen :)

    Viel Spaß beim Kreativ-sein!


    __________________________________ Regeln __________________________________

    ‡ Einsendeschluss : 31.08.2024, 23:59 Uhr

    ‡ Das Werk muss in Form einer Konversation (PN) an @Kyelia geschickt werden. (Betreff: "Zeichenwettbewerb 2024 - Dunkles Blatt")

    ‡ Das Werk das nicht bereits auf einer anderen Plattform veröffentlicht worden sein, oder veröffentlicht/herumgereicht werden.

    ‡ Dazu müssen Work in Progress (WIP) Bilder eingereicht werden, die den Fortschritt zeigen und an derer die Selbstständigkeit und die Urheberrechte erkennbar sind (bestenfalls 3).

    ‡ Das Werk muss komplett selbst erstellt sein und ohne fremdes Material auskommen, egal ob lizenzfrei oder nicht.

    ‡ Das Werk darf KEIN bereits fertiges Bild aus eurer Sammlung sein.

    ‡ Das Werk braucht einen Titel für die Abstimmung.

    ‡ Das Werk muss auf irgendeine Weise mit Fantasy zu tun haben/zum Thema Dunkles Blatt passen.

    ‡ Welche Technik ihr für euer Werk benutzt, bleibt euch überlassen.

    ‡ Auch Kollagen sind möglich.

    ‡ Nur eine Einsendung pro Teilnehmer und nur ein Teilnehmer pro Einsendung.

    ‡ Nach Einsendeschluss werden alle Werke anonym in einem Thread veröffentlicht und ihr bekommt Zeit, per Umfrage eure Stimme abzugeben.

    ‡ Man darf nicht für sich selbst stimmen und auch nicht um Stimmen werben.

    So, nun ist eingetreten, was ich beinahe befürchtet habe, 3 Themen haben jeweils 9 Stimmen erhalten. :whistling::pflaster:

    Da wir schlecht alle Drei Themen nehmen können, würde ich diese Drei nochmal bis morgen Abend, 03.05.2024, 23:59 Uhr, zur Auswahl stellen. :thumbsup:

    Hallo Zeichner/Zeichnerinnen, Hallo Forum,

    dann starte ich mal die Umfrage für das Thema des neuen Zeichenwettbewerbes. Da sind auf jeden Fall eine Menge Themen eingegangen. Ich habe vorerst erstmal alles aufgenommen, was in den Raum geworfen wurde. (Ich hoffe, ich habe nichts vergessen). Zukünftig muss ich mal schauen, wie ich es mache. Aber ich wollte auch keine "eigene Vorauswahl" treffen, welche Themen zur Umfrage gestellt werden und welche nicht. Aber in Zukunft werden es vermutlich nur mehr Themen statt wenige und ob dann 50 Themen zur Auswahl stehen sollten. Na mal sehen. :rofl:

    Ihr habt bis zum 30.04.2024 Zeit, um abzustimmen. Ich würde dann voraussichtlich zum 01.05.2024 mit dem Thema den Wettbewerb starten. :)

    Ich bin gespannt, welches Thema gewinnen wird. :)

    Jeder hat 10 Stimmen, die er verteilen kann.

    Viel Spaß beim Abstimmen!

    Die Revenge stach bereits von weitem ins Auge. Zwischen den ganzen Schiffen im Hafen wirkte der Einmaster beinahe verloren. Vor allem, da das Schiff deutlich beschädigter war, als alle anderen und sich Handwerker mit ihren Karren davor stapelten.
    „Ein Monster? Vor der Insel?", vernahm Edmund einen alten Seemann, als sie gerade an diesem vorbeiliefen. Der Mann stand mit einer Gruppe anderer Seeleute zusammen. Mit seiner Pfeife erinnerte er Edmund ein wenig an den Steuermann der Eleftheria. „Das müssen Gerüchte sein. Die Monster trauen sich nicht so weit an die Inseln heran."
    „Jack behauptet, es wäre ein Krake gewesen."
    „Ein Krake?“
    „Ja, einen so großen habe er noch nie gesehen."
    Edmund warf Esther einen knappen Blick zu. Ob das wohl der Krake war, der ihnen auf dem Weg hierher auch schon begegnet war?
    Esthers Blick war deutlich zu entnehmen, dass sie wohl ähnlich dachte.
    Blieb zu hoffen, dass das Vieh blieb, wo es war. Nur was wollte das Ding so nah an den Inseln?
    Weil Esther neben ihm schon wieder schwankte, schob er sie eilig weiter. Er kassierte zwar einen eingeschnappten Blick, aber das war ihm egal. Am Ende klappte dieser Sturschädel noch zusammen und er durfte sie zum Schiff schleifen. Und dann wäre er wieder der Doofe. Er kam sich sowieso schon nutzlos vor. Das Letzte, was er an diesem Tag brauchte, war ein Vortrag der Alten, er hätte besser auf Esther aufpassen sollen. Wie denn, wenn ihm hier niemand etwas zutraute?


    An der Revenge angekommen, sah er sich eilig an Deck um.
    „Peternella“, rief Edmund über das Deck. Die Alte stand wie ein böses Omen hinter Trevor, der den umherlaufenden Handwerkern Anweisungen gab.
    Es war gut zu sehen, dass Trevor wieder fit war. Nur die dicken Verbände an seinen Händen zeugten noch von den Verletzungen. Wirken gleichzeitig aber wie Handschuhe zum Boxen und weckte bei den Handwerkern offenbar Unbehagen
    „Esther braucht deine Hilfe“, setzte Edmund nach, ehe Esther etwas sagen konnte.
    Halt bloß die Klappe und diskutier das gerne mit der Alten, ich bin raus!
    „Ich habe die Wunde notdürftig verbunden und ehe du mich dafür anschreist, ich habe Esther schon zur Sau gemacht. Sie hatte mich ausgesperrt.“
    „Du hast sie verbunden?", fragte Nelli und klang dabei überraschter als es Edmund lieb war. Ihm traute hier aber auch niemand etwas zu! Esther hatte nicht gewollt, dass er mitkam. Dann hatte sie ihn ausgeschlossen . Ihn dann zurechtgewiesen, er könne ihr sowieso nicht helfen. Und nun bekam er auch noch eins auf den Deckel, weil er versucht hatte, ihre Wunde zu versorgen?
    Danke Edmund, dass du mitgekommen bist. Danke Edmund, dass du mich und die Kiste den halben Weg zurückgeschleift hast. Danke Edmund, dass du die Wunde zumindest verbunden hast. Ach kein Problem, das habe ich gerne gemacht.
    Nelli zog eine Augenbraue hoch. „Euch kann man auch keine fünf Augenblicke allein lassen.“ Sie rieb sich über die Nasenwurzel. „Lass mich sehen.“
    Edmund schob Esther in Nellis Richtung.
    „Aber dafür habe ich die Kiste geöffnet“, verkündete Esther stolz, während Nelli ihre Wunde näher betrachtete und an dem Verband herumfummelte. Genervt verdrehte Edmund die Augen.
    „Diese blöde Kiste…“, zischte er und machte auf dem Absatz kehrt. Er würde die Kiste unter Deck abstellen und dann vielleicht Trevor helfen.
    „Ich sollte mir das in Ruhe anschauen.“ Nelli schob Esther mit sanfter Gewalt unter Deck in die Kombüse.
    Edmund stellte dort die Kiste ab und atmete auf.
    Endlich setzen…
    „Welchen Teil von In Ruhe hast du nicht verstanden?“, wandte sich Nelli an ihn als er sich gerade setzen wollte. Sie wies Esther an, sich auf den Tisch zu setzen.
    Ich war zuerst hier ….
    „Werde ich jetzt auch noch aus der Küche geworfen?“, fuhr Edmund die Alte genervt an. War er denn überall überflüssig?
    „Es sei denn zu willst zusehen und lernen...“
    Verwirrt hob Edmund die Augenbrauen. Das ist neu.
    „Ich will eigentlich, dass er geht“, mischte sich Esther ein. Sie sah aus als würde sie sich bereits unwohl fühlen.
    „Du hast kein Mitspracherecht.“ Nelli wedelte mit dem Stückchen Stoff herum, mit dem Edmund zuvor die Wunde verbunden hatte. „Das ist vielleicht eine Lehre, das nächste Mal vorsichtiger zu sein.“
    Was ist gerade passiert? Warum erlaubt Nelli, dass ich ihr zuschaue? Mit dem Gedanken beschäftigt, was in Nelli gefahren war, ließ sich Edmund auf dem Stuhl nieder und hob die Augenbrauen. Es würde sicherlich für das nächste Mal nicht schaden, mehr zu wissen. Bisher hatte er Nelli immerhin nur von weitem über die Schulter geschaut.
    „Sitz da nicht herum, entweder schaust du richtig zu oder gehst!“ Nelli zupfte Esthers Robe von der Schulter und zog dann ihre Utensilien aus den Schränken. „Aber wage es ja nicht, etwas anderes als die Wunde anzuschauen!“
    Das klingt schon eher nach der Alten.
    Edmund grinste. Es war ja nicht so, als wäre wirklich etwas Interessantes zu sehen.
    „Schade, dabei habe ich noch nie so viel nackte Haut bei Esther bewundern dürfen.“ Weiter kam er nicht, da hatte ihm Nelli bereits den Stock auf den Hinterkopf geschlagen.
    „Geschieht dir recht“, nuschelte Esther neben ihm, während Edmund die Schultern zuckte und weiterhin vor sich hin grinste.
    Ein Klopfen an der Tür unterbrach ihn. Einer der Handwerker stand dort und sah etwas befremdet in den Raum.
    „Da stehen Soldaten und ein Kerl vor dem Schiff, die mit jemandem reden wollen, der hier das Sagen hat.“ Der Mann sah in den Raum.
    „Wo ist denn Trevor?“ , wollte Edmund verwirrt wissen. Eben war der Kerl mit seinen weißen Verbandhandschuhen doch noch an Deck gewesen.
    Der Mann zuckte die Schultern.
    „Toll, wo ist der Kerl, wenn man ihn mal braucht?!“ Edmund sah zu Nelli, doch die zuckte die Schultern.
    Edmund seufzte.
    „Sag ihm, es kommt gleich jemand.“ Er machte eine scheuchende Bewegung mit der Hand und wartete, dass der Mann verschwunden war. Dann wandte er sich erneut an die anderen.
    „Ziehen wir Streichhölzer?“
    „Esther ist verletzt und ich bin damit beschäftigt, eine Verletzte zu versorgen“, meinte Neli mit einem Grinsen. „Und du willst doch keine Frauen vorschicken, oder?“
    Nein, sondern eine Hexe und eine Magierin ... aber klar, dafür ist die Nymphe wieder gut.
    „Was ist, wenn die wegen der Kiste hier sind? Was machen wir jetzt?!“
    „Keine Panik schieben, wäre ein Anfang“, gab Nelli trocken von sich.
    „Danke für den Hinweis“, zischte Edmund. „Versteckt wenigstens die Kiste und deren Inhalt, ich schau mal, was die wollen und wo Trevor steckt.“ Er musste den ehemaligen Piraten schließlich auch noch etwas fragen.

    Als er an Deck kam, hatten die Handwerker in ihrem Tun innegehalten und drei Soldaten standen zwischen ihnen und sahen sich auf dem Schiff um. Und daneben die gedrungene Gestalt des Magiers, dem er bereits in der Nacht begegnet war. Auch bei Licht betrachtet, sah der Kerl nicht besser aus. Im Gegenteil schmeichelte ihm das gar nicht. Der Kerl trug die gleiche Kleidung wie in der Nacht. Die Haare klebten ihm fettig im Gesicht und er wirkte immer noch wie ein Gerippe mit Augenringen. Wie alter Käse, den man unter der Küchenzeile gefunden hatte, nachdem er dort vor hundert Jahren hintergefallen war.
    Zumindest war nun klar, weshalb diese Leute bei ihnen auf dem Schiff waren. Stellte sich nur die Frage, ob sie wussten, dass sie die Kiste hatten oder ob sie diese noch suchten.
    Immerhin steht das Schiff noch nicht in Flammen. Ein gutes Zeichen.
    Am liebsten wäre er einfach auf dem Absatz umgekehrt und wieder zu den anderen zurück. Aber man hatte ihn bereits entdeckt, weshalb er innerlich die Augen verdrehte und ein Lächeln aufsetzte.
    Edmund ist zu nichts zu gebrauchen, aber ihn vor die Füße eines wütenden und bestohlenen Magiers zu werden, das geht!
    „Mir wurde gesagt, Ihr wollt mit jemandem sprechen?“
    Edmund musterte den Magier, der ihn stechend ansah, als bohrte er sich in seinen Geist. Vielleicht tat er das auch.
    Wäre blöd, wenn der Kerl Gedanken lesen kann. Er lächelte ihm zu. Dann wüsste er ja, dass ich ihn für unglaublich hässlich halte.
    „Wie kann ich Euch helfen? Die Legegebühr ist beglichen.“
    „Wir sind nicht wegen der Legegebühr hier. Wir-“
    „-Ich wurde heute Nacht bestohlen!“, fuhr der Magier dem Soldaten über den Mund. Er fixierte Edmund mit einem Blick, der tödlich hätte sein können.
    Der Kerl weiß es, ich bin so tot!
    „Das ist aber ärgerlich.“ Edmund verschränkte die Arme und lächelte unschuldig, während im innerlich das Herz in die Hosentasche sackte. Bleib entspannt! „Ich hoffe, es wurde nichts Wichtiges gestohlen?“
    Der Kerl musterte ihn aus zusammengekniffenen Augen.
    „Doch. Und ich bestehe darauf, dass ich Euer Schiff durchsuchen kann.“ Er schnippte mit dem Finger und deutete den Wachen an, dass sie anfangen sollten zu suchen. Diese rührten sich jedoch nicht, was Edmund belustigt zur Kenntnis nahm.
    „Ihr glaubt, wir hätten Euch bestohlen? Sollte ich mich beleidigt fühlen?“
    „Routine“, murrte der Wachmann, als er neben ihn trat. Er sah sich um und beobachtete die Handwerker. Insgesamt schien er eher genervt. Nur konnte Edmund nicht einschätzen, ob es an ihm oder Thomas lag. „Wo ward Ihr gestern Abend und heute Nacht?“
    „An Bord“, log Edmund. Er behielt den Wachmann im Auge.
    „Ihr wart also nicht unterwegs? Habt Ihr etwas mitbekommen? Ist Euch im Hafen etwas seltsam vorgekommen?“
    Also wissen sie nichts. Das ließ Edmund aufatmen und an Selbstbewusstsein gewinnen. Oder zumindest glauben die Wachen dem Magier nicht einfach blind.
    „Die letzte Reise war anstrengend, da sind wir alle froh über Schlaf.“ Er lehnte sich mit dem Rücken an die Reling.
    „Wir untersuchen jedes Schiff im Hafen. Ihr habt sicherlich nichts dagegen, wenn wir uns umsehen?“
    Edmund musterte den Mann und die beiden anderen Soldaten.
    „Meinetwegen schaut euch um“, er zuckte gleichgültig die Schultern.
    Die ganze Zeit war Esther mit der Kiste unterwegs gewesen. Und ausgerechnet jetzt tauchten sie hier auf, kurz nachdem sie die Kiste zurückgebracht hatten. Das war definitiv kein Zufall. Wusste dieser Thomas, dass sie ihm die Kiste gestohlen hatten? „Tut mir nur einen Gefallen und belästigt die Handwerker nicht, und die Alte Frau unter Deck besser auch nicht. Der Kapitän schätzt es nicht, wenn man seine Oma aufwühlt.“
    Als ihm der unangenehme Schweißgeruch des Magiers in die Nase stieg, wusste er, dass der Magier neben ihm stand, ohne sich dafür umdrehen zu müssen. Er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
    Er konnte nur hoffen, dass Nelli Kiste, Buch und Fernrohr schnell versteckt hatte.
    „Das Schiff ist in keinem guten Zustand“, stellte der Wachmann fest.
    Ach was. Gut, dass du es sagst, wäre mir glatt entgangen.
    „Wir sind in einen Sturm geraten.“
    „Was transportiert ihr?“
    „Im Moment nichts mehr. Um nicht zu sinken, mussten wir viel Fracht über Bord werfen.“
    „Die Schäden sind groß. Warum kein neues Schiff kaufen?“
    „Der Kapitän hängt an dem Schiff. Familienerbstück.“
    Der Wachmann nickte und musterte ihn, als suchte er die Lüge in seiner Aussage.
    Edmund lächelte zurück.
    „Ihr kennt diesen Mann?“ Er deutete zu Thomas. Der Magier sah ihn finster an, Edmund unterdrückte den Impuls die Nase hochzuziehen.
    „Leider nicht“, meinte er, dann tat er überrascht. „Müsste ich?“
    Von Thomas erhielt er nur einen stechenden Blick, aber keine Antwort.
    „Und Ihr seid?“ Der Wachmann wandte sich wieder an Edmund.
    „Entschuldigt, ich habe mich nicht vorgestellt. Ich bin Piet“, meinte Edmund. Er hielt es für besser, seinen Namen nicht zu erwähnen. Wenn Thomas wusste, wer er war, dann auch, dass er es war, der das Fernrohr hatte verkaufen sollen. Und damit auch, wer es zurückgestohlen hatte. Dann erklären zu müssen, wer das Eigentum an dem Teil hatte, würde nur nerven, weil alle Nachweise auf der Eleftheria waren. Und diese…wer wusste schon wo. „Ich bin hier nur das Mädchen für alles. Während mein Kapitän in der Stadt neue Matrosen sucht, vertrete ich ihn. Wenn Ihr mehr wissen wollt, müsst Ihr Euch wohl an ihn wenden.“ Er kratzte sich mit dem Finger an der Schläfe. „Er wird nicht begeistert sein, dass nun das Schiff durchsucht wird und damit die Arbeiten aufgehalten werden. Der Kapitän kann manchmal unausstehlich sein.“
    Der Wachmann beobachtete ihn noch einen Moment, dann nickte er und wies seine Leute an, sich zu beeilen. Hoffentlich hatte das gereicht, um Nelli Zeit zu verschaffen. Andernfalls wären sie gleich sowieso tot.
    „Ich weiß, dass die Kiste hier ist“, raunte der Magier neben ihm, sodass ihm dessen Mundgeruch ins Gesicht schlug.
    Ich glaub, ich übergebe mich gleich…
    „Von welcher Kiste redet Ihr, Herr… ähm…Magier?“ Er versuchte unschuldig zu klingen.
    „Ich spüre es!“, ließ sich dieser nicht beirren, „Und wenn ich herausfinde, dass ihr gestern bei mir eingebrochen seid, dann werde ich euch alle beseitigen.“
    Thomas starrte ihm in die Augen, als würde er dort etwas suchen. Edmund gab sich Mühe zurückzuschauen. Was ihm allerdings deutlich schwerer fiel.
    Du glaubst nicht wie gerne ich dich über Bord werfen will. Ein Degen zwischen die Rippen.
    Ob er dann für ein Fischsterben vor der Insel verantwortlich wäre? Müll gehörte ja nicht ins Meer.
    Das Risiko gehe ich ein.
    „Das ist aber nicht nett, auf fremder Leute Schiffe gehen und sie bedrohen.“ Edmund zwang sich zu einer ruhigen Stimme. „Aber wahrscheinlich verständlich. Ich wäre auch sauer, wenn man meine Sachen stiehlt und würde alles tun, um sie zurück zu bekommen.“ Er musterte ihn. „Vermutlich bedeutet euch diese…Kiste - (?) sagtet Ihr - viel, wenn Ihr dafür so weit geht. Ein Geschenk für Eure Frau? Wartet sie auf Eure Rückkehr?“ Das Einzige, was da wartet, ist das Badewasser. Und das schon seit Jahren. Vergeblich. „Ich wünschte wirklich, ich könnte Euch weiterhelfen, aber ich fürchte, bei uns werdet Ihr nicht finden, was Ihr sucht.“ Das hoffte er zumindest.  
    Vorsichtshalber schob Edmund die Hand in die Hosentaschen, ehe er doch noch auf die Idee kam, den Kerl an den dürren Schultern zu packen und über Bord zu werfen.
    Thomas musterte ihn. „Ratte.“
    Er weiß es genau …
    Edmund wog den Kopf, dann grinste er den anderen an und tat als hätte er ihn nicht gehört. Stattdessen setzte er sich auf die Reling. Hauptsächlich, um seine Nervosität zu verbergen.
    Ablenken!
    „Ihr habt eine lange Reise hinter Euch, oder? Was macht ein Magier so weit weg der Heimat?“
    Thomas antwortete ihm nicht, sah ihn einfach nur an. Edmund blickte zurück, geduldig, obwohl er nicht mit einer Antwort rechnete.
    „Forschung.“
    Er lächelte. Etwas daran, wie der Kerl das sagte, bereitete ihm eine Gänsehaut. Er konnte es nicht benennen, aber er kam sich seltsam beobachtet vor. Wie ein Fisch im Netz.
    „Macht Ihr Magier das nicht eigentlich vom Schreibtisch aus?“
    „Manche Erkenntnisse trifft man nur, wenn man sich selbst ein Bild macht.“
    Aber allein in einer Kammer, könntest du anderen ersparen, sich ein Bild von dir zu machen.
    „Das stimmt wohl“, Edmund hoffte inständig, dass das Gespräch bald beendet war. Er konnte nicht sagen, was im Kopf dieses Mannes vor sich ging. „Dann seid Ihr also Forscher.“ Er tat interessiert. „Meeresforschung?“
    „Kulturen.“
    Ich merk schon, du bist gesprächig.
    „Also Menschen?“
    „Unter anderem, aber vor allem Artefakte.“ Thomas starrte ihn an, als wollte er seine Reaktion testen, doch Edmund liest sich nichts anmerken und hob nur interessiert die Augenbrauen. „So ein Artefakt, wie mir heute Nacht gestohlen wurde“, setzte Thomas nach. Er blickte über das Schiff und stierte zwei Handwerker in Grund und Boden, die daraufhin eilig verschwanden. Edmund nahm es ihnen nicht übel. Er hätte sich auch gerne aus der Dunstwolke dieses Widerlings verzogen.
    „Dann ist es also sehr wertvoll?“
    „Ja.“
    Der Wachmann kam mit ein paar Gegenständen und Büchern zurück an Deck. Auf den ersten Blick erkannte Edmund, dass es sich dabei weder um die Kiste noch um das gestohlene Buch handelte. Er versuchte sich seine Erleichterung nicht anmerken zu lassen.
    „Gehört etwas davon Euch?“ Der Wachmann hielt ihnen die Gegenstände entgegen.
    Thomas besah sich die Bücher und die Kiste. Und schüttelte dann den Kopf. Als er sich zu Edmund wandte, loderte etwas in seinem Blick, das er nicht benennen konnte, was ihm aber durch Mark und Bein ging. Fakt war, wenn der Kerl ernst machte, konnte Edmund ihm nichts entgegen setzen. Und Trevor vermutlich ebenso wenig. Im Moment war nicht einmal Esther in der Lage, etwas gegen den Mann auszurichten.
    „Das Schiff ist sauber. Keine Kiste, wie Ihr sie beschrieben habt und das sind die einzigen Bücher.“
    „Das kann nicht sein!“, schimpfte Thomas. „Ich will mich selbst überzeugen!“
    In Ordnung, verschwinde vom Schiff, Magier!
    „Und ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr nun gehen würdet“, versetzte Edmund. „Mein Kapitän wird vermutlich bald wieder da sein und wenn wir dann alle herumstehen und Löcher in die Planken stehen, wird er sauer.“ Er grinste den Wachmann an. „Falls noch etwas ist, liegen wir noch ein paar Tage im Hafen. Eilig haben wir es nicht.“
    Thomas sah aus, als wollte er noch etwas sagen. Die beiden anderen Soldaten verließen aber bereits das Schiff.
    „Hier ist nichts. Nur eine alte Frau unter Deck, eine Menge Handwerker und ein leerer Lagerraum.“ Der Soldat trat ebenfalls an Edmund vorbei.
    Auffordernd hob Edmund die Augenbrauen und wies mit der Hand die Planke hinab, als sich Thomas nicht bewegte.
    „Ich will Euch ja nicht drängen, aber es liegen noch andere Schiffe im Hafen. Ich wünsche Euch viel Erfolg bei der Suche. Ihr wisst ja, wo Ihr uns findet.“
    „Irgendwas stimmt nicht“, gab Thomas von sich. „Die Kiste ist hier. Das spüre ich. Und ich werde sie finden.“
    „Ist das eine Drohung?“ Edmund behielt sein Lächeln bei, fixierte den Magier aber streng. Dieser starrte zurück. „Dann lasst Euch meinerseits gesagt sein, dass ich es überhaupt nicht leiden kann, wenn man grundlos meine Freunde bedroht.“
    Thomas blickte ihn noch eine Weile an, nur kurz zuckte sein Gesicht, dann wandte er sich ab und verließ wortlos das Schiff.
    Vollkommen leere Drohungen aussprechen? Kann ich! Was sollte er schon machen, wenn der Magier wirklich ernst machte? Schreiend davonlaufen? Mit einem Messerchen auf ihn zielen?
    Blieb die Frage, warum Thomas nicht ernst macht? Weil es zu viele Zeugen gab? Dann hieß das, er würde in der Nacht wiederkommen, oder?
    „Das war knapp.“ Trevor tauchte neben ihm auf und blickte dem Magier ebenfalls nach.
    Ich bezweifle, dass es gut war, was ich gesagt habe. Edmund fuhr sich seufzend über das Gesicht und durch die Haare. „Er weiß, dass die Kiste hier ist. Keine Ahnung wie und warum. Ich bin kein Magier. Aber er weiß es.“
    Verzweifelt sah er Thomas nach. Und er weiß, dass ich auf seinem Schiff war …
    „Wo warst du?“, wandte er sich an Trevor.
    „Verrate es nicht Nelli“, meinte Trevor, „aber ich habe die Chance genutzt, dass sie nicht mehr hinter mir stand und habe den Handwerkern bei den Segeln geholfen. Und ich habe den Kerl von oben im Auge behalten.“
    Danke für nichts, Käpt'n.
    Edmund verzichtete darauf, seinen Freund darauf hinzuweisen, dass Nelli ihnen beiden dafür den Kopf abreißen würde.
    „Ich verrate nichts.“
    Ich glaube nicht, dass er damit rechnet, dass wir die Kiste öffnen konnten, überlegte er dann in Gedanken. Also sucht er die Kiste, nicht den Inhalt. Ich schlage vor, wir verschaffen uns etwas Zeit, in dem wir ihn eine Karotte jagen lassen.
    Dann wandte er sich an Trevor. Ihn plagte bereits seit Tagen ein Gedanke und nachdem er mit Esther zurückgekommen war, war dieser deutlich präsenter noch. Allerdings verlangte es ihm einiges, endlich über diesen Schatten zu springen. Ein Schatten, der sich bereits seit der Meuterei vor ihm auftat, wie eine Schlucht. Aber wenn sie es nun wirklich mit Thomas zu tun bekamen, dann konnten sie nicht alles Esther überlassen, oder? Er stand oft genug am Rand und konnte nichts machen als zusehen und hohle Drohungen aussprechen.
    „Sag mal, Trevor?“ Nur wie sollte er es ansprechen? „Würdest du…“ Warum war es so schwer, um Hilfe zu bitten? Nervös trat er von einem Bein auf das andere und schob die Hände in die Hosentaschen. „Also ich habe mich gefragt, ob…“ Er stieß die Luft aus. Sprich es einfach aus, was soll passieren: Kannst du mir beibringen, wie man richtig kämpft? Aber was sollte er machen, wenn Trevor ja sagte?
    „Ich kann dir zeigen, wie man sich verteidigt, ja ...“ Edmund sah Trevor überrascht an. Woher wusste er, was er hatte fragen wollen? Im Grunde war er aber froh, dass er es nicht aussprechen musste. „Sag nur wann und wo.“
    „Sobald es dir besser geht?“, murmelte Edmund noch etwas überfordert.
    Trevor schaute seine Hände an. „Zeigen kann ich es dir auch jetzt schon.“
    War er mittlerweile über die Meuterei hinweg? War er bereit, wieder eine Waffe gegen einen anderen Menschen zu erheben?
    „Jetzt? Ja. Also ich denke, ich bin zu müde und du bist ja auch noch verletzt, und ja, die Handwerker brauchen ja auch ... ähm...Hilfe und i-ich sollte mich erstmal um die Kiste kümmern.“ Er nickte seiner eigenen Aussage zu. „Ja, genau…ähm, vielleicht morgen früh. Wenn wir da noch leben.“
    „Aye“, meinte Trevor und hob die Augenbrauen.
    Edmund nutzte den Moment, um sich aus dem Staub zu machen. Es hatte ihn schon genug Überwindung gekostet, nachzufragen. Auf den Rest musste er sich mental erst vorbereiten.
    In der Küche drückte ihm Nelli breit grinsend ein Buch über Kräuter in die Hände.
    „Bis Seite 100 alles auswendig lernen, Lehrling.
    An welcher Stelle habe ich denn erwähnt, den Lehrling zu spielen?
    „Was?!“
    „Der Verband war gar nicht übel“, meinte sie.
    Ach, jetzt kommt die Alte mit Honig! Jetzt, nachdem ich mein Leben riskiert und wahrscheinlich weggeworfen habe!
    Seine weiteren Beschwerden ignorierte die Alte und verschwand pfeifend aufs Deck. Genervt klemmte sich Edmund das Buch unter den Arm. Er würde sich die Kiste schnappen, den Inhalt Esther zur Verwahrung geben und dann die Kiste irgendwo in der Stadt verstecken. Das verhalf ihnen hoffentlich noch etwas Zeit. Und dann würden sie sich etwas überlegen müssen oder schnell die Insel verlassen.

    Ich muss gestehen, dass ich diesen Part ja nun erst später eingebaut habe udn der vielleicht nicht hundert pro schlüssig geworden ist. Ich werde mich aber über Ostern an die bisher bestehenden Kapitel dransetzen udn sie alle nocheinmal überarbeiten, gerade auf solche Entscheidungen, Beschreibungen etc. betrifft, die euch alle nicht so ganz schlüssig sind. Wenn du magst, kann ich dir von diesem Part, dass sonst nochmal in einer PN zukommen lassen....

    klar, geb dann gerne her ^^

    Das der König kluge Entscheidungen trifft, habe ich ja zum Glück nie behauptet.... das tut er auch meistens nicht. Da fragt man sich dann doch, wer den Karren immer aus der Scheiße zieht.... :king2: Ich muss aber dazu sagen, dass ich es für den weiteren Verlauf der Geschichte brauche, dass Talon von seiner Position als Heerführer entbunden wird.... aber vielleicht kann ich in der Überarbeitungen da noch andere seiner angeblichen "Fehlentscheidungen" aus der Sicht des Königs einfließen lassen, was dem ganzen dann vielleicht etwas mehr Stimmigkeit verleiht :hmm:

    Mit dem Gedanke habe ich zwei-drei "kleinere" Schwierigkeiten. :hmm:
    Nein, du hast nie gesagt, dass der König kluge Entscheidungen trifft. Das stimmt. Du hast erwähnt, er wäre launisch. Ok. Gut. bis dahin, gehe ich mit. :beer:
    Aber als König SOLLTE er kluge Entscheidungen treffen. Und wenn er das nicht kann, dann sollte er zumindest Berater haben, die ihm kluge Ideen und Ratschläge geben, über die er entscheiden kann. Nach dieser Entscheidung traue ich ihm keine Führungsposition zu. Jedenfalls keine, die erklärt, weshalb das Land noch steht. Das Reich ist eines der wenigen, die sich dem Bösen noch widersetzen. Mit DIESER Einstellung glaube ich aber nicht, dass sie das geschafft haben. Es macht für mich die Figur des Herrschers kaputt, es lässt ihn wie eine Witzfigur dastehen (und das nicht auf die gute Jaaaaa-war-vielleicht-nicht-so-schlau-die-Entscheidung Weise), die ich nicht ernst nehmen kann. Jemand, der nach gut dünken entscheidet, der leitet kein Land durch einen Krieg/eine Krise. Es sei denn, er hat verdammt verdammt verdammt viel Glück ... und hat massenhaft Leute, die nichts zu tun haben, als all die doofen Entscheidungen aufzuräumen und dem König den Arsch nachzutragen. :pig:

    Und das hat leider nichts mit "Karren aus der Scheiße ziehen" zu tun. Wenn der Karren in der Scheiße steckt, ist es zu spät. Dann opfert der Mann eine ganze Menge Menschen, die das Problem entweder ausbaden oder es reparieren müssen. Und mit Klebeband heilt man keinen gespaltenen Berg ...
    Das wäre auch ok. Soll er doch Entscheidungen treffen, die hunderten-tausenden Menschen das Leben kosten könnte, aber das widerspricht der Erklärung, dass die Bevölkerung ihn als König gut findet. :sack:

    Ja, sein Sohn hat Scheiße gebaut. Er hat einen Befehl verweigert oder zumindest sehr fragwürdig interpretiert ... Das Problem sehe ich. Aber das Vergehen rechtfertigt nicht diese Strafe. Die Konsequenzen für alle sind zu hoch. Er tut damit ja nicht Talon weh - nicht nur - sondern "opfert" vielleicht den Frieden, sein Volk, seinen eigenen Hintern. Immerhin steht das Böse ja quasi an der Grenze zum Land und wartet nur, dass die nen Fehler machen.
    Er hätte anordnen können, dass Talon ihn ab jetzt an jeder popeligen Entscheidung teilhaben lässt und er alles absprechen muss. Und wenn er nur anordnen will, dass die Soldaten die Schuhe putzen sollen. Oder er hätte Caan "mehr Gewalt" verleihen können, die ihn berechtigt, Talon aktiv irgendwo hinzuschleifen, oder zu korrigieren, wenn er nicht macht, was er soll. Z.B.

    Welche Verfehlungen schweben dir denn da vor?

    Im Übrigen: Ein "Brauch ich für den weiteren Verlauf" ist ein schwaches Argument. :P :skull:

    Meinst du? :pig: Bei dem verpeilten Haufen im Schloss würde ich darauf nicht zwingend Wetten abschließen :pillepalle:

    Ja ... ich drück der Prinzessin mal die Daumen. Am Ende wirft das noch jemand weg. Ist das Kunst oder kann das weg? :schiefguck:

    Dennoch nagte diese Frage innerlich noch an ihr, als sie ihren Heimweg antrat.

    Das "innerlich" kannst du weglassen, Jeder weiß, was damit gemeint ist und dass da kein Hamster am linken Fußzeh nagt, ist klar :P

    Sie konnte nur hoffe, dass Caan niemals mit seiner Vermutung zum König gehen würde. Sollte er dies tun, wäre ihr Leben verwirkt, egal ob sie es beweisen könnten oder nicht. Alleine der Verdacht würde ausreichen, um sie hinrichten zu lassen. Sie musste verschwinden, bevor irgendetwas davon in die Wege geleitet werden könnte. Sie musste weg und alles und jeden der ihr lieb und teuer war, hinter sich lassen. Sie musste einmal mehr neu anfangen, weit, weit weg von hier!

    Ja, und warum macht er das eigentlich nicht? Auch mit seiner Sicht im nächsten Kapitel verstehe ich seine Entscheidung nicht. Nur für "könnte", "wollte", "Guter Wille" Verrat an der Krone zu begehen ... Fuuuu, schwierig. Irgendwie ist mir das zu wenig. :hmm:

    Doch für ihn war es immer nur sein Zuhause gewesen, welches er für die Ehre der Familie verlassen hatte. Ehre. Tja, die hatte ihm in diesem Zusammenhang auch nichts gebracht, als er die Königstöchter von Etras hatte auf dem Schlachtfeld sterben sehen. Beide waren in seiner Kindheit absolute Schönheiten gewesen und voller Energie und Macht gewesen, die von jedem Bürger geliebt worden waren. Doch diese war nunmehr längst vergangen und die Töchter von Etras in Vergessenheit geraten; ebenso wie deren kraftvolle Magie. Nur die hellen und leuchtenden blass grünen Augen, die regelrecht glühten, wenn sie Magie einsetzen, waren bewahrt worden und lebten in ihren Kindern weiter.
    Eben jenes vertraute und warme Glühen hielt ihn vielleicht davon ab Kisara zu verraten. Er wusste es nicht genau. Er hatte damals zwar keinen direkten Eid geschworen, als die Prinzessin sterbend in seinen Armen lag, diejenigen zu beschützen, die Etras zu neuer Größe und neuer Macht verhelfen würden. Doch er würde auch nichts Gegenteiliges tun.
    Kisara erinnerte ihn viel zu sehr an ihre Mutter, wie sie als junges Mädchen, als junge Frau, durch die Straßen von Etras gelaufen war und allen nur das Beste wollte.

    Hä? Irgendwie raff ich den Abschnitt nicht :rofl: Wer ist jetzt mit wem verwandt und wessen Mutter? xD

    Der Prinz verstand den Wink seines Vaters ohne weitere Worte. Mit hängenden Schultern verließ er den Thronsaal. Er wanderte ziellos durchs Schloss und wusste nichts mit sich und seiner nunmehr freien Zeit anzufangen. Diese Demütigung, die Terilon ihm eben verpasst hatte, nagte mehr an ihm, als er zugeben wollte. Immerhin waren gerade nicht nur er und sein Vater anwesend gewesen, sondern auch noch viele der Soldaten, die er befehligte. Das diese von seiner Degradierung Zeuge wurden, fraß sich in seine Eingeweide und ließ ich nicht mehr los.

    Dass der König seinen Sohn "vorübergehend" vor anderen Soldaten aus dem Amt als Heerführer entlässt, ist aus meiner Sicht eher ungünstig. Ich mein, für die Zukunft gesehen, wenn er wieder Heerführer ist. Welcher Soldat nimmt ihn dann denn noch ernst? Mal abgesehen davon, dass ich es für sehr unklug halte, während eines Krieges/bzw. während das Große Böse quasi fast vor den Toren steht, den bestehenden Heerführer, der seine Soldaten kennt gegen einen unerfahrenen Heerführer einzutauschen. Wenn der alle seine Entscheidungen so trifft, wundert es mich, dass der Kerl noch König ist und sein Reich sich so lange gegen Den Bösen durchsetzen konnte. Glaub ich keine Sekunde. :hmm:


    Sooo, Kisara ist also wieder aus dem Palast rausgekommen und das in einem Stück und der Prinz hatte ein wenig Streit mit seinem Vater, der mal so gar keine Konsequenzen für ihn hatte. Ich würde sagen, der Besuch hat sich gelohnt. Immerhin bekommt die Prinzessin hoffentlich ihr Geburtstagsgeschenk :rofl:

    Na schauen wir mal, wie es nun weitergeht. :D

    Gruß, Kye

    Man könnte vielleicht ganz im Vorfeld ein bis zwei hmpfzig Themen aufstellen (vielleicht in Mitarbeit der User hier) und dann Random eines auswürfeln. Der Sieger gibt dann zwar tatsächlich ein neues Thema an, das wird aber einfach zur Liste hinzugefügt und könnte eventuell, aber nicht zwingend, das nächste sein... :thinking:

    Die Idee gefällt mir sehr gut und könnte man auch gut umsetzen. Theoretisch könnte das nächste Thema auch abgestimmt werden. (Dann könnte auch mir keiner einen Einfluss vorwerfen und ich könnte auch mitmachen. :rofl: )
    Also könnte man wirklich machen und ist mit Jennagon auch abgesprochen. Versuch macht klug. ^^

    Die Konditionen dafür überlasse ich denen, die gerne zeichnen, malen oder sonstwie bildmächtig tätig sind. Ich kriege nicht mal das Haus von Nikolaus richtig hin. Spoiler anzeigen

    Das Haus vom Nikolaus kriege ich auch nicht hin. Und ich kenne niemanden :rofl:

    Ich habe nochmal geschaut bei den damaligen Schreibwettbewerben, aber konnte da nicht herauslesen, ob der Gewinner auch temporären Superuser-Status erhalten hatte. :hmm: Und den Button (beim Zeichenwettbewerb gewonnen) gibts ja auch noch. :hmm:

    Ich denke mal, das wären 2 gute Anreize, teilzunehmen. (Wäre dann auch eine zusätzliche Chance, temporärer Superuser zu werden :ninja: )

    Und die Gallerie gibts ja auch noch! :golly:

    Ich glaube, die Gewinne waren die gleichen wie im Schreibwettbewerb, also sollte es auch den Superuser Status gegeben haben. :hmm: SOLLTE zumindest. :D

    ~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*

    Dann würde ich mal sagen: Shoutout an die Zeichner/Zeichenwilligen/Liebhaber der Zeichnerei.

    Gibt es Themen, die ihr als Wettbewerb vorschlagen möchtet? Wo ihr mal etwas zu zeichnen wollt, oder wo ihr Zeichnungen zu sehen wollt? Irgendwas mit einem Fantasyaspekt. :hmm:
    Ich würde mal den Anfang machen, da der Frühling vor der Tür steht:
    - Blumenmagie


    Gruß, Kye

    Hey zusammen ^^

    Da die Anfrage im Chat kam (Danke Cory Thain xD) habe ich mit Jennagon mal Rücksprache gehalten, ob man den Zeichenwettbewerb zurückholen sollte und ob es Sinn macht diesen neu ins Leben zu rufen. Da ich auch wieder deutlich mehr Zeit habe als die letzten Jahre würde ich die Leitung wieder übernehmen.

    Die Frage wäre nun an euch, ob ihr einen Zeichenwettbewerb überhaupt noch wollt und Interesse besteht. Wenn ihr Ideen habt, wie man diesen gestalten könnte, dann könnt ihr diese Ideen hier auch posten.

    Geplant wäre von unserer Seite allerdings, den Wettbewerb statt alle zwei Monate nur 2 Mal im Jahr stattfinden zu lassen. Ich denke, das ist auch ausreichend und bietet vielleicht auch Zeichnern die Gelegenheit, die für ihre Sachen mehr Zeit benötigen oder eben nicht immer Zeit haben.

    Was meint ihr?

    Gruß
    Kye

    Kisara ist also im Palast angekommen und tritt dem König entgegen. Na das kann nach dem letzten Satz ja nur gut gehen. :D

    Und immerhin ist der Palast, zumindest was die Wachen betrifft, gut aufgestellt. Da macht sich dann doch bemerkbar, dass eine böse Bedrohung über den Ländern/dem Land hängt, wenn wenigstens der Palast gesichert ist. Erklärt auch wo die ganzen Wachen stehen. Keiner mehr für die Stadt übrig gewesen? :rofl:

    Na ich bin mal gespannt, was Kisara nun so erwartet. ^^

    weil sie diese als nicht gefährlich einstuften. Was sie, angesichts der Magie, die Kisara wirken und gut verborgen hielt, noch einmal überdenken sollten. Denn die Leute, die am unauffälligsten sind, sind meistens diejenigen, die den größten Schaden anrichten konnten.

    Dann sollten sie besser nicht nochmal darüber nachdenken ... immerhin kommt es ihr ja zum Vorteil, dass man sie für unauffällig und ungefährlich hält :rofl:

    Die vereinzelten Wachen, die in den Korridoren postiert waren, nahmen Haltung an, sobald der Prinz an ihnen vorbei geschritten kam. Man konnte fast schon annehmen, dass sie zu Staturen erstarrt wären. Sie rührten sich keinen Millimeter.
    Nachdem die kleine Gruppe die Eingangshalle durchquert hatte, schleuste Talon die anderen durch ein Labyrinth von Fluren und Korridoren. Diese waren so verwinkelt und weit verzweigt, dass man nur allzu schnell den Überblick verlieren konnte, wo man hergekommen war und wo man hinwollte. Es war verwirrend, gelinde gesagt. Vor allem für die Schwarzhaarige, die so sehr von der Architektur und der Schönheit des Palastes gefangen war, dass sie es kaum schaffte mit dem Gefolge des Prinzen Schritt zu halten. Dies wurde auch nicht besser dadurch, dass sie die Soldaten, die in den Fluren standen und wache hielten, interessiert musterte. Dabei fiel ihr auf, dass die Männer ihre Haltung versteiften, sobald Talon an ihnen vorbeischritt. Sie reckten das Kreuz und streckten ihre Brust heraus, bekamen einen durchdringenden Blick, der vermeintlich leer an der Gruppe vorbei ging,

    Sagt das nicht ein und das selbe aus? Ich denke einmal reicht. :hmm:

    Von den Worten des Prinzen wurde die junge Frau aus ihren Gedanken gerissen. Sie hob ihren Kopf und stellte dabei fest, dass die kleine Gruppe schon das Ende des Flures erreicht hatte und nun nur noch auf die Nachzüglerin warteten. Sie beeilte sich zu den anderen aufzuschließen und murmelte eine hastige Entschuldigung bezüglich ihrer Trödelei.

    Ich finde es etwas komisch, dass man sie überhaupt zurückfallen/stehen lässt. Bei der Sicherheitsstufe, die dort herrscht, wirkt das doch arg nachlässig, eine Fremde mehr als ein paar Schritte zurückfallen zu lassen. :hmm:

    Gruß, Kye