Als nächstes möchte ich mich ein wenig mit der Magie beschäftigen.
An dieser Stelle nehme ich die aktuelle Lehrposition der dolatrischen Fakultät ein, welche in Leron die nach außen hin kompetenteste Instanz zur Bewertung von Magiefragen darstellt. Zu allererst stellt sich die Frage danach was Magie eigentlich ist. Die gängige Lehrmeinung sieht als Grundlage für all jene Phänomene die wir der Magie zuordnen ein alles durchdringendes skalares Feld, dass traditionell als der "Äther" bekannt ist. Dieser Äther ist die Grundlage jeder magischen Tätigkeit. Auf eine Weise die bisher nicht genau bekannt ist haben Menschen das Potenzial diesen Äther zu beeinflussen, primär Kraft ihres Geistes. Letztlich ist die Art und Weise wie dieser Äther beeinflusst wird für die Einteilung in die unterschiedlichen Schulen maßgeblich, aber man sollte im Hinterkopf behalten, dass diese Trennung relativ künstlich ist. Tatsächlich ist der Übergang zwischen den Schulen fließend und viele Schulen sind als Spezialfall einer anderen betrachtbar.
Die einzelnen Schulen möchte ich nachfolgend in der Reihenfolge darstellen, wie sie von der dolatrischen Fakultät in die Lehre aufgenommen wurden. Das ist aber nicht zwangsweise das Erfindungsdatum der Technik. Magienutzung an sich ist uralt. Dabei gibt es zwar Techniken, die erst durch das ausgefeiltere Studium an der Fakultät realisiert wurden, aber talentierte Einzelindividuen, die als Laune der Natur auch ohne dieses Studium einzelne Techniken mancher Schulen intuitiv beherrschten gab es auch zuvor immer mal wieder.
596 v.V. - Kinetik
Alradur als erster Erzmagier war ein solches Naturtalent, der bei der Gründung der Fakultät bereits die kinetische Schule in überaus hohem Maße beherrschte. Die "Kinetik" war deshalb sozusagen die erste offizielle Schule der Magie. Die kinetische Schule basiert auf dem Prinzip aus dem sonst ungeordneten Äther eine Art geordnetes Netz zu formen, das die Materie, die es durchdringt festhalten kann. Wenn der Magieanwender dieses Netz im Anschluss bewegt zieht es die durchdrungene Materie mit sich. Der beobachtbare Effekt besteht dann darin, dass der Anwender Objekte bewegen kann, ohne sie zu berühren. Wie bei allen Schulen steigt die Schwierigkeit mit der Größe und Masse des beeinflussten Objekts und dem Abstand aus dem das Objekt beeinflusst werden soll. Neben der einleuchtenden Möglichkeit mithilfe dieser Schule Projektile zu werfen oder sehr schwere Objekte zu bewegen gibt es aber auch exotischere Anwendungsmöglichkeiten. So kann diese Schule auch zum tiefen Schwebeflug befähigen und Meister Calahur Rakun war seinerzeit gefürchtet dafür seine Gegner gewohnheitsgemäß in zwei Hälften zu zerreißen.
581 v.V. - Protektion
Die Vollwertigkeit dieser Schule erkannte man, als sich herausstellte, dass man ein Äthernetz, wie in der Kinetik gängig, so dicht weben kann, dass Objekte daran abprallen. Schnell wurde diese Schule, weil sie defensiv durch keine andere ersetzt werden konnte, sehr wichtig für jeden Magier der halbwegs etwas auf sich hielt und behielt diese Position über Generationen. Zwar kann man erschaffene Barrieren auch schleudern und damit beispielsweise Gegner umwerfen, (so hat sich für eine Barriere, die einen wie eine Kuppel vollständig umschließt und die man dann in alle Richtungen davonfliegen lässt, der Begriff "Schockwelle" eingebürgert) allerdings fristet dieser offensive Einsatz der Protektionsschule eher eine Randexistenz, sodass viele Magier ziemlich überrascht sein können, wenn diese Technik ernsthaft eingesetzt wird.
573 v.V. - Arkan
Diese Schule gehört zu denen, die eigentlich von Anfang an bekannt waren. Dabei lädt man den Äther energetisch in hohem Maße auf und hält ihn anschließend fest zusammen. Hört man auf ihn zusammenzuhalten beginnt er die gesammelte Energie in Form einer Detonation zu entladen. Diese Technik schien den frühen Meistern allerdings zu Anfang so stumpf und eindimensional, dass sie sich lange dem Schritt verweigerten sie anzuerkennen. Erst als zunehmend Anwender dieser Technik erfolgreich wurden und weitere Variationen in der Form entwickelten wurde sie schließlich als "Arkane Schule" voll anerkannt.
561 v.V. - Gnostik und Transmutation
Zu allererst die Gnostik. So wie das Bewusstsein den Äther beeinflussen kann, bemerkten große Meister schon früh, dass der Äther auch bis auf ihr Bewusstsein abstrahlte. Während das bei ungeübten lediglich manchmal ein mulmiges Gefühl verursachte entwickelten einige Meister Techniken um diese Wahrnehmung zu verfeinern. Als die Gnostik als eigene Schule anerkannt wurde, bildete sie die Basis dafür seine Wahrnehmung in solchem Maße zu schärfen, dass der disziplinierte Anwender den Äther in seiner Umgebung blind zu erspüren lernte. Anfangs darauf beschränkt Angriffe schnell zu identifizieren entwickelte sie sich schnell auch zu einer Kunst Spuren spezieller Techniken über größere Entfernungen zu lokalisieren.
Jahrhunderte später erkannte man, dass auch die nichtmagische Welt durch gnostische Techniken in gewissem Rahmen erspürbar war. Aufgrund des großen Lernaufwandes machten aber nur wenige davon Gebrauch.
Im selben Jahr erkannte man auch die Transmutationsschule an. Entwachsen aus der arkanen Schule lernte man, dass der Äther in Abhängigkeit davon wie er energetisch aufgeladen und danach behandelt wurde noch viel mehr erzeugen konnte als nur unkontrollierte Explosionen. So entdeckte man zunächst die Fähigkeit Feuer zu transmutieren, was einen in die Lage versetzt Feuerbälle zu erzeugen und zu schleudern und bald danach entwickelte man auch die Kunst Wasser und Eis ineinander zu transmutieren. Bei Anerkennung der Transmutationsschule war man schließlich so weit, dass man in primitivem Ausmaß gerade die Blitztransmutation entdeckte. Von da an erkannte man das gigantische Potenzial der Transmutationsschule und Heerscharen von Magiern versuchten neue Bereiche dieser Schule zu erschließen.
Über die Jahrhunderte lernte man so durch komplexe Transmutation Eisen in Roststaub, Erde in Granit und sogar Wasser in Korund zu transmutieren.
Die Techniken wurden mit zunehmender Finesse für den Kampf allerdings schnell unbrauchbar, da die komplexesten Formen großen Aufwand und viel Zeit erfordern.
Zu Erwähnen ist noch, dass die Arkane Schule im nachhinein verstärkt als Spezialfall der Transmutationsschule betrachtet wurde und daher im Jahre 536 v.V. schließlich in diese eingegliedert wurde. Seitdem fasst man die Transmutationsschule auch vereinfacht als "Zerstörungsschule" zusammen, was fachlich zwar falsch ist, aber der Tatsache Rechnung trägt, dass sehr viele der Zauber mit denen man etwas kaputt machen kann zu dieser Schule gehören.
Insgesamt ist die Transmutationsschule die komplexeste aller Schulen und ihre Kombinationsmöglichkeiten sind schier grenzenlos. Zwar gibt es mehr Transmutationsmeister als Meister jeder anderen Schule, doch sie sind stark spezialisiert und Anwender vieler Transmutationsdisziplinen sind eher eine Ausnahmeerscheinung.
549 v.V. - Disruption
Mit dem Aufstieg der Transmutation, die sich mit den hunderten Methoden befasst den Äther zu ordnen, neuzusortieren und das schließlich in Materie umzusetzen entstand spiegelbildlich auch die Technik den Äther wieder zu zerstreuen. Die Schule der Disruption ist mit ihrer Spezialisierung auf das Zerstören der Ordnung in einer geschaffen Struktur innerhalb des Äthers zwar relativ eindimensional, da einige Enthusiasten es allerdings schafften sich mit ihrer Methode des "Magiebrechens" als harte Gegner anderer Schulen darzustellen wurde sie dennoch anerkannt. Von Gegnern werden Anwender dieser Schule bisweilen abschätzig Magiertöter genannt, da sich die Technik fast ausschließlich gegen Magieanwendungen richtet. Bis heute fristet diese Schule daher eher ein Schattendasein.
Interessant ist allerdings, dass die Koragar eine Form der Disruptionsschule zu beherrschen scheinen die weit potenter ist als die dolatrische. Wie genau sie funktioniert und was ihr Geheimnis ist verschweigen diese aber hartnäckig.
437 v.V. - Translokation
Die Translokationsschule befasst sich mit dem unverzögerten Bewegen von Materie durch den Raum. Diese Schule ist die vielleicht schwierigste Schule der Magie und sie bezieht ihren Schwierigkeitsgrad nicht wie die Transmutationsschule aus der schieren Vielfalt der Möglichkeiten, sondern aus der Verworrenheit der Äthergebilde die dafür notwendig sind. Die ersten Translokationsversuche begannen bereits 498 v.V. aber man war sehr vorsichtig mit ihrer Umsetzung. Zu Anfang basierte sie noch stark auf der intuitiven Anwendung durch einzelne Anwender und hatte nur eine sehr kleine Reichweite. Um die Schule besser zu verstehen verbrachte man viele Jahrzehnte mit Experimenten toter Materie, da man einen tödlichen Ausgang fürchtete, wenn man sich falsch selbst teleportieren würde. Schlussendlich war es die Politik, die die Anerkennung als eigene Schule forcierte, da man sich ein gigantisches Potential von möglichen Fortschritten erhoffte. Zwar führte das über die Jahrhunderte zu erheblichen Fortschritten, wirklich begriffen hat die strukturellen Grundlagen dieser Schule aber bis heute niemand vollends.
Aus den Aussagen teleportierter Subjekte und den Auswirkungen auf Materie (nämlich sonst keine) kann man schließen, dass es sich bei der Translokation um keine Bewegung im klassischen Sinne handelt. Wie der Ortswechsel genau zustande kommt ist seither Objekt unzähliger Debatten und reicht von geöffneten Dimensionstoren im ätherischen Feld bis hin zur Vernichtung des teleportierten Objektes am Ursprungsort und der Neuerschaffung am Zielort. Wichtige Voraussetzungen zur Translokation sind immense gnostische Fertigkeiten und hohe magische Potenz. Zusätzlich zu diesen Grundfertigkeiten muss die Kenntnis von den Sphären erworben werden, die der Anwender erzeugen muss um etwas in diese hinein zu translokalisieren, was besonders bei großen Distanzen eine Mammutaufgabe darstellt, die nur von wenigen gestemmt werden kann. Da außerdem hinzukommt, dass der Anwender den Zielort beinahe wie seine Westentasche kennen muss sind sogenannte Portalmeister über alle Maßen angesehene Spezialisten.
Von dieser extrem hohen Kunst abgesehen gibt es aber auch einige, die eine sehr viel grundlegendere Form der Translokation anwenden, die sich darauf beschränkt sich selbst nur kurze Distanzen zu teleportieren. War diese Variante über Jahrhunderte wenig populär bekam sie in den letzten 70 Jahren einigen Aufschwung durch die Rakar, von denen einige eine gewisse Vorliebe für diese Technik besaßen.
Auch gab es schon einige Ideen Anwendungen dieser Schule kreativ zweckzuentfremden, aber frühe Versuche durch beständige Translokation zu "fliegen" sind beispielsweise spektakulär gescheitert.
416 v.V. - Kryptik
Diese Schule wird auch Umgangssprachlich Illusionsschule genannt. Bekannt war diese Schule bereits mehr als ein Jahrhundert bevor sie als eigenständig anerkannt wurde. Das liegt vor allem daran, dass sie zu Anfang lediglich darin bestand Objekte dunkler, heller oder verschwommen darzustellen. Über diese relativ einfachen Techniken hinaus entstand im Laufe der Zeit eine sehr ausgefeilte Kunst, die zu einer Zeit anerkannt wurde als große Illusionisten mittlerweile dazu fähig waren komplexe Objekte, Personen in Erscheinung und Stimme und ganze Orte beinahe verblüffend echt nachzubilden. Obwohl nach außen hin weniger beeindruckend besteht die höchste Kunst der kryptischen Schule darin die gnostische Schule gezielt fehlzuleiten.
253 v.V. - Nekrotik
Die nekrotische Schule wurde nicht anerkannt im herkömmlichen Sinne, sondern lediglich zum Zeitpunkt ihres Verbots fachlich abgegrenzt. Sie fasst einige wenige Techniken zusammen, die dem Anwender erlauben Lebenskraft in magische Potenz umzuwandeln. Für gewöhnlich generiert der Magieanwender die Energie die er zur Umsetzung seiner Techniken benötigt in seinem eigenen Stoffwechsel. Im Verlaufe ihrer magischen Ausbildung können viele Magier ihre diesbezüglichen Kapazitäten in beachtlicher Dimension steigern. Ein Nekrotiker nutzt zusätzlich über diese Energie hinaus Lebensenergie, die er aus den Reserven seines Körpers zieht, die dieser nicht so leicht wieder regenerieren kann, was die magische Stärke leicht auf ein Vielfaches erhöht. Was sich bei frühen, vorsichtigeren, Vertretern dieser Schule vor allem zeigte, war die bisweilen auffällige Lebensverkürzung und frühzeitige Alterung, es kam aber auch zunehmend vor, dass unerfahrenere Nutzer während Turnieren oder bei Kampfhandlungen tot kollabierten, weil sie diese Schule nicht hinreichend begriffen oder kontrollieren konnten. Das Magistrat reagierte darauf, indem es diese Schule verbot. Das führte dazu, dass diese Schule im Laufe der Zeit in die Vergessenheit rückte, allerdings löste es auch den verheerenden Hexenkrieg aus, in dem die Hexen des Dunkelforstes sich gewaltsam dagegen wehrten sich den Regelungen des Magistrats zu unterwerfen.
15 v.V. - Somatik
Die letzte Schule, die offiziell anerkannt wurde ist die somatische Schule, die im Rahmen des drakonsichen Paktes von den Rakar nach Dolatras gebracht wurde. Sie basiert darauf den eigenen Körper und seine Aktionen magisch zu verstärken. Was relativ einfach klingt gestaltet sich in der Praxis, gerade in Kampfsituationen, als überaus fordernd, da es recht schwierig ist, die Magie auf genau solche Weise durch den eigenen Körper fließen zu lassen, dass seine Funktionen nicht von selbiger gestört werden. Bei einem Schlag reicht es nicht die Faust einfach mit einer Barriere zu umgeben um härter zuzuschlagen, da die Gewalt des Treffers dennoch ungehindert in die Faust geleitet würde (Eine Lektion, die nahkampfaffine Magister sehr früh lernten). Die Faust selbst muss von einem dichten Äthernetz durchdrungen werden wobei gleichzeitig die Bewegung und der Blutfluss nicht behindert werden darf. Dass all das möglich ist und einen gekonnt kombiniert außerdem zum ernstzunehmenden Gegner machen kann haben erst die Rakar unter Beweis gestellt, die massiv auf diese Technik spezialisiert sind. Da Somatiker sehr viel Zeit mit einfachen Übungen verbringen bevor sie diese Technik erfolgreich nutzen können gibt es nur wenige von ihnen und nach wie vor sind beinahe alle Dozenten an der Fakultät Rakar. Wer sich auf diese Schule spezialisiert kämpft oft mit dem Vorurteil keinen Sinn für "richtige" Magie zu besitzen, gilt gleichzeitig aber in hohem Maße als diszipliniert.
Wie man sieht ist "Magie" in Leron im allgemeinen und in Dolatras im speziellen ein sehr komplexes Feld. Allgemein ist es auch wichtig zu wissen, dass die magische Fakultät im Hexenkrieg 166 v.V. so hohe Verluste zu beklagen hatte, dass manche Zweige der Schulen dabei vollständig ausstarben und erst anhand älterer Aufzeichnungen wiedererweckt worden sind. Die meisten Fachleute sind aber davon überzeugt, dass die Fakultät nach nunmehr mehr als 200 Jahren ihr altes Niveau wieder erreicht, wenn nicht gar übertroffen hat.
Besonders in Dolatras ist auch der zivile Nutzen der Magie von großer Bedeutung. Spezialisten fast aller Bereiche besetzen in der freien Wirtschaft wichtige Nischen. Die dolatrische Fakultät verzeichnet dahingehend ein seit langer Zeit wachsenden Trend hin zu darauf spezialisierten Lehrgängen, fernab von Militär und Magieforschung. Im Baugewerbe sind Kinetiker gefragte Fachkräfte, größere polizeiliche Einrichtungen ohne auf Gnostik spezialisierte Ermittler sind die absolute Ausnahme und kaum ein Jahrmarkt kommt mehr ohne einem ganzen Stab von Illusionisten aus. Besonders die Kunstfertigkeit einiger Transmutatoren ist im Schmuckhandwerk außerordentlich gefragt und wird entsprechend entlohnt.