Danke für die Antworten! Beruhigend zu lesen das die Frage durchaus verständlich war und sie nicht zwingend durch Strohmannargumente und Spott ad absurdum geführt werden muss...
Allgemein beziehe ich mich primär auf den deutschen Raum, Hoch- und Spätmittelalter um einen Rahmen für "dieses Mittelalter" zu haben, weil ich mich damit am meisten beschäftigt habe, das ist aber wohl auch auf weite Teile Europas übertragbar...
(Aber halt nicht auf die Khmer, Zulu, Apachen, Quin oder Westerosi :p )
Zur Bevölkerungsentwicklung: Da ist eine Europaweite Statistik natürlich recht unaussagekräftig, weil sehr allgemein. Leider habe ich auf die Schnelle sonst nur diese hier gefunden (von der Uni Frankfurt, da ist die Domain aber nicht mehr auf Stand weshalb sie als unsicher angezeigt wird, ein Bildlink ist aber unbedenklich): Entwicklung in D, F und GB.
Da sieht man sehr eindrücklich wie krass der 30jährige in Deutschland eingeschlagen hat, danach aber auf relativ selbem Niveau wieder gehalten hat.
Großes Bevölkerungswachstum begann dann erst im 18.Jhdt mit immer effektiveren Nahrungsproduktion, Landnutzung, Technik, Gesundheitswesen etc.
Ein Lehnsherr hat nichts von einem entvölkerten Land, auch wenn sie sich Menschen sehr schnell vermehrt hätten, dauert das halt einige Generationen ohne oder mit wenig Ertrag.
Weil das Niedermetzeln von eigentlich an einem Krieg völlig unbeteiligten Personen eine massive pychologische Waffe ist, die die öffentliche Meinung (und die gab es ganz sicher auch schon zu Zeiten dünn besiedelter Landstriche und ohne Internetz) beeinflussen kann dahingehend, daß sich die Überlebenden eines solchen Massakers entweder in Richtung "Wir ergeben uns, sonst sind wir auch noch dran" oder gegenteilig in "Wir werden blutige Rache nehmen - und wenn es uns auch das Leben kostet!" entscheiden werden.
Ich glaub genau das ist es, was mir auch bei vielen Hollywoodsachen tatsächlich so sauer aufstößt: Die öffentliche Meinung. Von wem denn genau?
Das "Volk" hatte nichts mitzureden, ihm war das Geplänkel des Adels recht gleichgültig wenn es nicht ihr Gebiet direkt betraf. Der Adel wiederum hatte ja durchaus auch seine Regeln und Gesetzte, die uns heute teils absurd erscheinen aber auch für einen gewissen Frieden gesorgt haben. Ein brutales Abschlachten hätte auch zur Ächtung durch den Papst führen können, andere Herrscher gegen einen aufbringen etc.
Dann kamen im Spätmittelalter noch die Städte als neue Macht dazu, die außerhalb der bekannten Strukturen standen.
Die abschreckende Wirkung die auch Asni anspricht, um den Gegner zu demoralisieren, war im 20 Jhdt sehr beliebt, weil durch die allgemeine Wehrpflicht auch mehr oder weniger alle betroffen waren und man durch die Medien das auch viel mehr verbreiten konnte. Von den komplett anderen Dimensionen gar nicht zu reden.
Im Mittelalter war der Krieg tendenziell dann gewonnen wenn der Gegner aufgab. Das war nicht das Volk oder unbedingt das Heer, sondern der Herrscher. Wenn man sein Heer in der Schlacht schlug und ihn dabei erwischte oder seine Festung belagerte bis er aufgab, "genügte" das.
Niemand zog aus Überzeugung in den Krieg, sondern weil sie verpflichtet waren oder weil sie dafür bezahlt wurden. Da gibt man viel früher auf wie bei den heutigen Kriegen wo es ums Vaterland, die Überzeugung und den ganzen anderen nationalen Schwachsinn geht (zumindest die Angreifer, für die Verteidiger schaut die Sache natürlich immer anders aus)
Zum Abschluss muss ich noch eingestehen, dass das "Work in Progress" ist. Bin mir selbst noch nicht so hundertprozentig sicher, ob es sinnvoll ist, mit eher modernen Begriffen (Zivilisten, Strategie / Taktik eines Krieges, Volk...) über antike oder fantastische Kriege nachzudenken
Jup Definitv, speziell das Mittelalter ist für uns in so vielen Bereichen immer noch sehr fremd, da ist es gar nicht so einfach es überhaupt zu verstehen, von den Details gar nicht zu reden...
Darum würde ich Zivilisten vielleicht besser auf "Unfreie" abwandeln. Diese waren, durch ihren Unfreien-Status ja explizit vom Kriegsdienst ausgenommen. Darum, wie schon erwähnt, begaben sich viele im Hochmittelalter auch freiwillig in die Unfreiheit. Entsprechend war das im Hochmittelalter auch die mit Abstand größte Gruppe an Menschen.
Das begann sich dann erst im Spätmittelalter mit dem Aufploppen der Städte wieder zu ändern.
Freie Bauern (und Bürger von Städten natürlich) waren verpflichtet Waffen und Rüstungen zu besitzen und in Bereitschaft zu haben, abhängig von ihrem Wohlstand (Das bedeutet das also auch Bauern Waffen, Harnische und andere Rüstungen haben konnten/mussten und somit teils nicht ganz so wehrlos waren). Sei es zur Verteidigung oder im Kriegsfall wenn sie vom Kriegsherren eingezogen wurden. Aber auch das war klar geregelt. Z.B. Bauern hatten teils das Recht zur Ernte wieder zurück zu sein.
Eine andere, eher unbekannte Sache über die ich auch erst vor Kurzem gestolpert bin, ist die Fehde. Das konnte ganz "offiziell" und legal ausgeführt werden, wenn man einen guten Grund hatte (das ist wie immer natürlich Auslegungssache). Ein Adeliger konnte seine Truppen gegen ein Dorf seines Gegner schicken, ohne scharfe Waffen, sie zerstörten dann Eigentum, brannten also Häuser/Felder etc nieder, raubten das Vieh und teils auch Arbeitskräfte. Getötet sollte dabei nicht werden. Kam es es doch zu (zu vielen) Toten, konnte eine Fehde dann auch gerne in einem Krieg ausarten.
Das zeigt meiner Meinung nach ganz gut, das Menschenleben sehr wichtig waren und man nicht "mal eben" neu besiedeln kann. Da raubte man sie lieber vom Nachbarn. XD
Ganz abgesehen davon das es natürlich auch noch den religiösen Aspekt gab, den wir heute sehr gerne vergessen/übersehen da es für und kaum mehr eine Relevanz hat: Das Töten von Menschen war eine Todsünde und verhindert das Eingehen in den Himmel. Es gab natürlich Ausnahmen, wie die Kreuzzüge wo genau das das Gegenteil erzählt wurde, aber grundsätzlich war es etwas das man nicht auf die leichte Schulter nahm.