Beiträge von Cory Thain

    Hach je, manchmal läufts...

    Seelensplitter

    Sie erwachte, als der Bus hielt und rundumher die anderen Mitreisenden Aufbruchstimmung verbreiteten. Jonna rieb sich die Augen, kramte ihren Rucksack zusammen und kletterte aus dem Bus.
    „Whoooooohaaaaaaa!“ Sie traute ihren Augen kaum. Der Bus hatte direkt vor der Kaiserpfalz gehalten. Nicht mal hundert Meter entfernt lag das imposante Gebäude auf einem Hügel, als warte es nur darauf, erobert und erkundet zu werden. Ein absoluter Glückstreffer für Jonnas Orientierungskünste. Wie abgesprochen, meldete sie sich kurz bei der Reiseleiterin ab und stapfte erwartungsfroh los. Doch schon wenige Meter weiter blieb sie stehen. Was war das? Sie lauschte aufmerksam.


    Trommeln.

    Ganz eindeutig Trommeln. Wo kam das her? Jonna drehte ihren Kopf langsam hin und her, um den Ursprung der Trommelei zu orten. Es kam eindeutig aus der Richtung, in die die Reisegruppe grade unterwegs war zur Stadtführung.

    Jonna schwankte einen Augenblick, blickte zu dem alten Gebäude hinauf, dann wieder in Richtung Stadt. Die Kaiserpfalz war schon einige Jährchen alt und war gewisslich demnächst späte nicht spontan zu Staub zerrieselt. Aber diese Trommeln… Jonna liebte Trommeln. Und besonders diesen Sound hier. Irgendwer mühte sich redlich ab, japanische Daikos zu spielen…. Jonna schenkte dem alten Gebäude einen entschuldigenden Seufzer und stiefelte so schnell sie konnte, in die Stadt hinein, immer den Trommeln nach. Sie hoffte so sehr, dass sie nicht aufhörten, bevor sie da war und ihre Wünsche wurden erhört. Auf dem Marktplatz der Stadt trommelte sich eine Truppe junger Leute mit Begeisterung die Seele aus dem Leib.

    Es war Stadtfest, rundherum Verkaufsstände und Fressbuden. Jonna gönnte sich eine Kugel Eis und lauschte andächtig den Trommlern. Die Jungs und Mädels waren echt gut! Und zu Jonnas großer Freude hatten sie ihr Programm wohl gerade erst angefangen. Jonna suchte sich ein schattiges Plätzchen, lutschte an ihrem Eis und war zufrieden mit sich und der Welt.

    Als die Trommler dann doch irgendwann durchgeschwitzt und keuchend ihr Programm beendeten, hatte Jonna von den zwei Stunden Aufenthalt gerade mal 30 Minuten übrig. Zeit für einen fetten Milchkaffee.

    Jonna betrat ein kleines Cafe am Rande des Marktes und suchte sich ein Plätzchen, mit Blick aus dem Fenster. Es war nicht viel los hier drinnen, weil das Wetter stadtfestwürdig warm war und die Leute lieber draußen auf dem Markt die Fressbuden heimsuchten. Demzufolge war auch der Cafe schnell da und Jonna bezahlte sofort, um nachher einfach gehen zu können…

    Das war heut ein richtig guter Tag! Bis auf das dumme Kribbeln im Genick richtig perfekt… Jonna versuchte, sich selber den Nacken zu kraulen… da öffnete sich die Tür mit Gebimmel und zwei Männer traten ein. Zuerst ein blonder Hüne im Dolph Lundgreen Look, allerdings bei weitem nicht so attraktiv. Hinter ihm ein Typ, der den Kopf einziehen musste, um sich die Stirn nicht am Querbalken einzuhauen. Nicht so überbemuskelt wie der blonde, aber trotzdem… nein gerade deswegen sehr ansehnlich… Ein wenig sah er aus, wie sich Jonna einen jungen griechischen Halbgott vorstellte. Wenn er nur etwas älter wäre, könnte man glatt in Versuchung kommen, hinüberzulächeln.

    Stattdessen senkte Jonna den Kopf und lächelte belustigt ihren Kaffee an. Sie war schon so alt und trotzdem immer wieder blitzverguggt in hübsche Kerls. Dabei hatte sie doch schon so oft die Erfahrung gemacht, dass die hübschen immer wussten, dass sie hübsch waren. Und sich deshalb ziemlich arschlöchrig arrogant aufführten, weil sie dachten, sich nicht benehmen zu müssen. Oder aber sie waren dumm, weil hübsch sein reichte…


    „Hallo!“ riss sie eine tiefe Stimme aus ihren Gedanken. Jonna sah auf und blickte dem GriechenJüngling direkt in die grauen Augen.

    Sie schenkte dem Mann ein Lächeln: „Ja?“ Weiter reichte ihr Wortschatz grade nicht. Diese Optik und dann diese Stimme! Hey, da hatte sich das Universum tatsächlich mal richtig Mühe gegeben!

    „Mein Name ist Marc Berger! Wie heißt du?“

    Diese Frage riss Jonna aus ihrem kurz hochkochenden Hormonsüppchen. „Ich äh… weiß ich grade nicht“, erwiederte Jonna kurzentschlossen. Es brachte nichts, für 20 Minuten noch einen Flirt zu starten.
    Der Mann war offenbar enttäuscht. Und Jonna tat das auch ganz dolle leid, änderte aber an ihrem Entschluss nichts. Die nächste Frage allerdings zog ihr den Boden unter den Füßen weg: „Aus welchem Rudel bist du?“ fragte der Mann.

    „Wie bitte…. Was?“ Jonna war sich klar, dass sie wenig intelligent klang.

    „Dein Rudel… woher bist du?“ der Mann schien irgendwie belustigt zu sein.

    „Weiß ich grade nicht.“ Jonna hielt sich an ihrer Antwort fest wie an einem Rettungsseil. Der Wahnsinn versuchte sie gerade zu ersäufen. „Ich muss jetzt auch gehen!“

    Jonna stand auf und versuchte nicht allzu hektisch ihren Rucksack vom Nachbarstuhl zu ziehen. „Schön sie kennengelernt zu haben!“ murmelte sie und wollte sich an dem Mann vorbei schieben… doch er griff nach ihrer Hand. „Lassen Sie mich lo….“ Jonna brach ab, und starrte irritiert auf ihre Hand in seiner. Hatte er eine blaue LED in der Handfläche? Das Leuchten wirkte fast magisch.

    Jonna hob den Blick und sah den Mann fragend an: „Was… was ist das?“ Allerdings starrte der Mann ebenso fasziniert auf das blaue Leuchten.

    „Du…?“ sagte er leise, hob seinen Blick und sah ihr in die Augen „Du bist da! Endlich!“

    Jonna riss sich los und stürmte aus dem Cafe, quer über den Markt, dorthin, wo sie den Busparkplatz vermutete… „Bitte, lass mich richtig liegen… !“ flehte sie im Stillen, ohne zu wissen, wen sie darum bat. Und als sie erleichtert den Bus bereits da vorne stehen sah, setzte urplötzlich das Kribbeln im Genick wieder ein…

    So, nach einigen Recherchen (ich bin sooooooo schlecht in Geografie! Google Maps helps!)

    Seelensplitter

    Jonna starrte aus dem Fenster, als erwarte sie, einen Wolf über die Wiesen an der Straße laufen zu sehen.

    „Sie sind noch weit weg!“ sagte die Wölfin plötzlich.

    „Was…? Wieso…? Du hast eben noch gesagt, du weißt nicht, wo sie sind!“

    „He“, begehrte die Stimme auf „ich mach das auch zum ersten Mal!“

    „Is okay! Schon gut“, beschwichtigte Jonna “du machst das… hervorragend. Glaub ich. Sag mir einfach, wenn du was neues rausgefunden hast, ja?“

    „Hm!“ machte die Stimme und schwieg für ein paar Minuten.

    „Drei!“ , sagte sie dann.

    „Drei Wölfe?“ fragte Jonna nach.

    „Ja, drei Wölfe. Und sie kommen näher!“

    „Verdammter…!“

    „Kackmist?“ schlug die Wölfin vor.

    „Genau. Du sagst es! Von wo kommen sie?“ Jonna sah sich aufmerksam im Bus um.

    „Von… äh… vorne. Aber…“

    „Was aber?“ Jonna hätte am liebsten ihre Anspannung rausgebrüllt. Aber niemand hier im Bus hätte das verstanden. Oder gar nur akzeptiert. Also griff Jonna ihren Rucksack und presste ihn fest an sich. „Was aber?“ wiederholte sie.

    „Naja…. Wir sind ja ziemlich schnell mit dem Fahrzeug. Vielleicht kommen sie nur deshalb näher… weil wir näher kommen. Vielleicht…“ Joas Stimme war immer leiser und unsicherer geworden.

    „Is okay! Is toll, wie du das machst! Ich bin froh, dass du… äh… da bist!“ Jonna war sich sicher, das Problem mit sich nahenden Wölfen nicht zu haben, wenn Joa tatsächlich nicht da wäre. Aber der Irrsinn war nun mal da, dafür konnte sie niemandem die Schuld geben. Maximal sich selber. Vielleicht hatte sie gestern zu wenig getrunken. Oder war zuviel gelaufen. Oder das Rührei… ne, moment. DAS war ja erst heut früh. Ruhig, Jonna, ruhig! Das kriegen wir hin! Jonna atmete tief ein und aus.

    „Joa? Spüren die mich auch? Haben die auch das Kribbeln im Nacken?“

    „Ich nehme es an. Höchstwahrscheinlich. Sonst… wüsste ich ja nicht, dass das so ist. Oder? – Ach, und sie sind jetzt links von uns!“

    „Links? Wie jetzt links?“ Jonna starrte wieder aus dem Fenster. Da war nur Wald. Die Situation machte Jonna wahnsinnig. Ne… ähm, war sie ja schon. Hübsche Metapher. „Grrrrrmbl!“

    „Ich tu, was ich kann…“, sagte die Wölfin entschuldigend.

    „Das galt nicht dir, Joa. Ich bin nur grade ziemlich überfordert, weißt du? Einerseits denk ich, mir kann nicht wirklich was passieren, weil ich mir das nur einbilde, aber andrerseits hab ich grad die scheißende Angst… verstehst du?“

    „Einbilden?“, die Stimme klang klang traurig „Du meinst mich damit? Du denkst, ich bin nur….“
    „In meinem Kopf, ja.“ Jonna grinste schief. Sie hatte es heute wirklich mit treffenden Metaphern. „Sieh mal: wie realitätsnah ist ein Wolf, der sprechen kann? Ein Wolf, der sich in Glitzerwirbel auflöst, wenn man ihm an die Stirn tippt? Das ist eine wunderhübsche Idee. Eine Fantasie. Mehr nicht. Ich wusste zwar nicht, dass ich mir so geile Geschichten ausdenken kann, aber hey! Man lernt nie aus…!“

    Joa schwieg. Das tat Jonna leid. Joa war zwar nur ein Fantasie-Wesen, aber es war hübsch gewesen, mit ihr zu schwätzen… Selbstgespräche a’la „Jonna redet mit Jonna“ waren anders. Langweilig, weil man immer schon wußte, was der Gegenpart sagen würde.

    „Joa? Bist du noch da?“ fragte Jonna vorsichtig, doch die Stimme schwieg weiterhin. Jonna seufzte. Das hatte sie jetzt so nicht gewollt. Die Stimme war weg und jetzt würde es wieder langweilig werden…

    Jonna schubberte ihren kribbelnden Nacken am Sitzpolster und schloß die Augen. Ein paar Minuten ausruhen war sicher nicht verkehrt. Die Tour durch die Pfalz würde sicher nicht ohne sein… erstmal musste sie rausfinden, wie sie vom Busparkplatz dahinkam…


    Ich hab auch, einfach zum Spaß anner Freud in jedem Absatz die Worte gezählt... immerhin: 4476 habbich schon. Ich würde beim NaNoWriMo so was von abloosen... *hust*

    Nach einem Denke-Päuschen gehts nun weiter:

    Seelensplitter

    Am Morgen danach war alles anders. Ausgeschlafen, frisch und voller Elan kletterte Jonna aus dem Bett. Seit ewigen Ewigkeiten, nein, eigentlich noch nie war sie so unternehmungslustig erwacht. Pfeifend stieg sie unter die Dusche.

    „Joa? Bist du da?“ fragte Jonna in den kühlen Wasserfall.

    „Ich bin hier!“ antwortete die Wölfin „… was machen wir heute?“

    „Wir fahren nach Hause!“ sagte Jonna und freute sich darüber. Sie hatte am morgigen Sonntag noch viel Zeit. Und wahnsinnig viele Pläne. Sie kletterte aus der Duschkabine und begann, sich abzutrocknen.

    „Wie jetzt nach Hause?“ die Wölfin war verwirrt. „Wohnst du nicht hier?“

    „Nein, meine Liebe, das hier ist ein Hotel! Wir sind im Urlaub, sozusagen…! Und nachher geht’s los, Richtung Heimat!“

    „Zu unserem Rudel?“ fragte Joa aufgeregt.

    „Rudel? Was für ein Rudel?“

    „Oh… ich hatte vergessen, dass du nur…“ , Joa sprach nicht weiter.

    „Dass ich nur ein Mensch bin?“ erkundigte sich Jonna. Irgendwie war ihre gute Laune spontan abgereist.

    „Tut mir leid, das wollte ich so nicht sagen.“ Joa klang verlegen.

    „Macht nichts“, log Jonna und begann mit sehr viel weniger Elan, ihre Habseligkeiten in die Reisetasche zu stopfen.

    „Tut mir leid“, wiederholte die Wölfin leise.

    „Schon gut, lass uns einfach… nicht mehr drüber reden, okay?“ Jonna sah sich um, ob noch was herumlag, was ihr gehörte. Dann stieg sie in ihre Klamotten. „Ich hab Kaffeedurst. Gehen wir frühstücken!“

    Die Wölfin antwortete nicht.

    Auch als Jonna sich am Frühstücksbufett eine Portion Rührei auf den Teller lud und dazu murmelte “ Mist! Kein Spinat“, schwieg die Wölfin.
    „Bist du jetzt beleidigt?“ fragte Jonna schließlich genervt.

    „Nein, ich… ich schäme mich! Weil ich… das gesagt habe!“ die Stimme war nur ein Flüstern in Jonnas Kopf.

    Jonna seufzte: „Ach was! Vergiss es einfach, okay? Das passiert manchmal, dass wir Dinge sagen, über die wir nicht wirklich nachgedacht haben. Wird mir auch passieren, okay? Ist normal…“

    „Okay… Danke!“ die Wölfin war offenbar wirklich erleichtert.

    Und als Jonna fragte, wie sie das Rührei fand, traute sie sich sogar zu sagen: „Schmeckt nicht gut…!“

    Jonna lachte leise und ließ das gelbe Zeugs einfach auf dem Teller. Es war wirklich nicht lecker…


    Wenig später stand der Reise-Bus vor dem Hotel. Tagelang war Jonna mit völlig fremden Menschen durch den Harz gekutscht, nur gestern hatte sie sich einen Tag „frei“ genommen, weil ihr der Programmpunkt „Bergwerksbesichtigung“ nicht zusagte. Sie hatte eine tiefsitzende Angst vor Höhlen und Tunneln. Was, wenn das Stützwerk nachgab und Millionen Tonnen Gestein einfach so runterkam? Diese Vorstellung machte ihr schwitzige Hände. Aber sie hatte das ja gut umgehen können.

    Nun fuhr der Bus zurück nach Leipzig, mit einem Stop in Goslar. Dort würde es eine Stadtführung geben. Auch hier hatte sich Jonna wieder ausgeklinkt. Sie wollte unbedingt nochmal in die Kaiserpfalz. Vor Jahren war sie schon mal dort gewesen. Allerdings mit Führung. Und mit Zeitdruck, so dass sie nichts wirklich hatte in Ruhe betrachten können… Jonna freute sich, heute zwei Stunden Zeit dafür zu haben. Nur sie und die Pfalz… und Joa.

    Sie waren vielleicht 5 Minuten unterwegs, als Jonna Genick anfing, zu jucken. Erst wenig, fast nur ein Kribbeln, aber mit jeder Minute wurde es stärker. Hatte sie das Duschgel heut morgen nicht richtig abgespült? Oder war das eine Allergie-Erscheinung durch das merkwürdige Rührei vorhin?

    „Joa?“ flüsterte Jonna in aufkeimender Angst „Was ist das, Joa?“

    „Nur denken, Jonna! Nicht reden!“

    „Ja, gut okay…. Aber was IST das?“ Jonna verrenkte sich fast, um die juckenden Stellen zu kratzen.

    „Das ist…oh!“

    „Was OH? Joa!?! Was?“ Jonnas Angst blubberte zu einer Panik hoch.

    „Wölfe!“ sagte Joa, als könne sie es selber nicht fassen.

    „Was meinst du mit… Wölfe?“ Jonna scharrte und schubberte, aber das Jucken interessierte sich nicht dafür.

    „Das sind Wolfszeichen! Wenn andere Wölfsmenschen in der Nähe sind, hast du dieses… Zeichen. So als Vorwarnung, weißt du…“

    „Warnung??? Das heißt, sie sind gefährlich??? Oh mein Gott! Was mach ich denn jetzt?“

    „Sie sind nicht gefährlich…“ begann Joa, doch Jonna unterbrach sie: „Woher willst du das wissen? Kennst du die?“

    „Nein… ich…“
    „Nein? Siehst du! Sie SIND gefährlich! Sonst hätte ich nicht so eine Angst!“

    Joa seufzte: „Beruhige dich! Das stimmt doch so nicht! Wölfe sind nicht per se gefährlich….“
    „Ach? Woher willst du das denn wissen?“ Jonna wurde fast wahnsinnig von der Juckerei.

    „Weil ich einer bin…?“ schlug Joa vor.

    Und tatsächlich griff dieses Argument. Jonna versuchte, ihre Panik runterzufahren und in dem Maße, wie sie ruhiger wurde, wurde auch das Jucken weniger. Es verklang nicht ganz, aber es blieb auf einem durchaus verträglichen Level, so dass Jonna nur ab und an ihren Rücken im Stoff der Sitzlehne schubberte, um dem Herre zu werden.

    „Wo sind sie?“ fragte Jonna.

    „Ich habe keine Ahnung“, gab Joa zu.

    „Verdammter Kackmist!“


    Heute nur ein ganz ein kurzes. :pardon:

    Seelensplitter

    … sie sprachen noch lange an diesem Abend. Jonna erfuhr, dass Joa eigentlich eine Wölfin war, dass es wohl noch andere Leute mit Seelensplittern gab, aber wo und wieviele konnte Joa nicht sagen. Sie probierten die Fleischbällchen und Joa war beeindruckt vom Geschmack, wollte mehr. Doch Jonna vertröstete sie aufs Abendessen. Und als es Zeit dafür war, sprang Jonna die Treppen hinunter, als sei Arthrose nie ein Thema in ihrem Leben gewesen. Sollte sich all das alles doch nur als Wahnvorstellung entpuppen, wäre dies hier der Part, den sie am meisten vermissen würde, dessen war sich Jonna sicher.

    Im Hotelrestaurant war ein Buffet aufgebaut. Keine ausgefallenen Dinge, aber alles gutbürgerlich und schmackhaft. Jonna probierte sich durch alle Bain Maries, kostete selbst jenes, was sie nicht so gern mochte. Joas Begeisterung über jeden neuen Geschmack war bezaubernd, Jonna freute sich über jedes Freude-Gequietsche des Seelensplitters, als habe sie selbst gekocht.

    Irgendwann seufzte Joa zufrieden: „Essen schmeckt mir!“ und Jonna lachte leise. Das brachte ihr verwunderte Blicke von der Dame am Nachbartisch ein. Jonna begriff, dass sie sich wohl sehr eigenartig aufführte. Sie schenkte der Dame ein breites Grinsen: „Ich hatte Corona! Und jetzt kommt langsam der Geschmack wieder…!“ log sie dreist. Die Dame nickte verständnisvoll und Jonna sprang auf, um auch noch das Dessert-Buffet zu frequentieren…


    Nach dem Abendbrot war nichts mehr zu wollen. Trotz wiedergewonnener Beweglichkeit nutzte Jonna den Lift, um zu ihrer Etage zu kommen. Im Zimmer ließ sie sich aufs Bett sinken und jammerte: „Das war zu viel! Du hast gesagt, das kannst du händeln!“

    „Meine Energiezufuhr kann ich regeln...!“ erwiederte die Stimme.

    „Du klingst grad ziemlich hochnäsig, Freundchen!“ Jonna war sauer „Ich dachte, du hilfst mir, gesund zu werden. Wenn du mich beim Essen nicht bremst… „
    „Du hast nicht gesagt, dass ich das soll!“ sagte Joa leise „ich kann dich doch nicht bevormunden. Ich bin Teil deiner Seele, nicht dein Alpha!“

    „Ach, beiß dich doch selber…!“ murrte Jonna und ging ins Bad. Wie immer klappte es mit dem Hinterher-Auskotzen nicht. Wieder fünfzigtausend Kilo Fett mehr auf der Hüfte. Danke für nix! Jonna trat in den winzigen Korridor und betrachtete sich im großen Spiegel. Und dann tat sie etwas, was sie ihr Lebtag noch nicht gemacht hatte. Sie zog sich ein Jäckchen über und verließ das Zimmer, um einen Abendspaziergang zu machen…

    Und weiter gehts...

    Seelensplitter

    Dann setzte unvermittelt die Welt wieder ein. Die Vögel piepsten, als wären sie nie unterbrochen worden. Blätter raschelten im sanften Wind. Es roch nach Wald... und Frikadell-Bällchen. Ein älteres Pärchen wanderte an Jonna vorbei, nach oben zum Hotel. Sie war ein wenig erschöpft, schien es, doch er war frisch und fit, als liefe er auf ebener Erde...


    Jonna lehnte sich zurück und schloß kurz die Augen. Was war das gewesen? Ein Traum? Wild! Sie war entweder total dehydriert oder der Kaffee unten in der Stadt hatte irgendwelche geheimen Ingredentien gehabt. Oder beides. Jonna grinste breit. Sie griff nach ihrem Rucksack und tastete nach der Packung Frikadellen.

    "Probieren wir das nochmal mit den Fleischdingern?" fragte die Stimme und Jonna fuhr mit einem spitzen Schrei hoch. "Oh, ich wollte dich nicht...!"

    "Geh weg! Dich gibts nicht! Verschwinde!" Jonna raffte eilig ihr Zeug in den Rucksack. "Ich bin nicht verrückt! Ich nicht!"

    "Weiß ich doch" sagte die Stimme beschwichtigend.

    "Halt den Mund!" Jonna stampfte los, den Berg hinauf.

    "Aber... aber ich... "
    "HALT DEN MUND!" schrie Jonna. Die Panik hockte ihr in jeder Pore. "Ich will nichts mehr von dir hören! Nie wieder!"

    "Aber..."
    "HALTS MAUL!" Jonna brach in Tränen aus. Schluchzend stürmte sie den Weg entlang, so schnell sie konnte. Da... da war das Hotel. Jonna rannte hinein, durch die Lobby, die Treppen hinauf in ihr Zimmer. Dort warf sie ihren Rucksack auf den Boden und stürzte ins Bad. Hektisch begann sie, ihre Hände zu waschen, um den Geruch der Frikadellen von den Fingern zu bekommen. Mitten in der Bewegung allerdings erstarrte sie. Ihr wurde bewußt, was soeben passiert war. Nicht das auf der Waldbank... nein, das "andere": Sie war gerannt! Bergauf! Und sie war Treppen gestiegen. Obwohl es einen Lift gab. Bis in den sechsten Stock!

    Jonna hob den Kopf und starrte ihr Spiegelbild an: Die Wangen dezent gerötet, keinerlei Anzeichen von Kurzatmigkeit... der Puls? Normal. "Was zur Hölle...?" Keine Antwort. Logisch! Sie war verrückt! Abgedrehte Stimmen kommen nicht auf Anforderung! "Verdammter Kackmist!" knurrte Jonna und ihr Spiegelbild nickte bestätigend.

    Jonna drehte das Wasser ab, trocknete ihre Hände und ging betont langsam zum Bett. Nix anmerken lassen. Es ging ihr gut, richtig toll gut. Nämlich. Sie ließ sich aufs Bett fallen.

    "Hey?" sagte sie in die Leere des Raumes "Bist du noch da?"

    "Hm..." erklang es zaghaft in ihrem Kopf.

    Jonna atmete tief ein: "Warst... warst du das?"

    "Hm?"

    "Dass ich rennen konnte. Und Treppen steigen?"

    "Hm...."

    Jonna begriff, dass sich ihr Irrsinn tatsächlich bemühte, das Redeverbot einzuhalten. Das war... irritierend. "Okay.... okay. Können wir uns auf etwas einigen?" sagte Jonna.

    "Hm?"

    "Für den Anfang: Sprich mich bitte nicht mehr an, ja? Ich erschreck jedesmal zu tode! Ich bin das nicht gewöhnt! Ja? Wenn ich mit dir rede, kannst du aber gern antworten..." gespannt wartete Jonna auf die Antwort.

    Das "Okay...." klang sehr vorsichtig.

    "Gut. Hast du das gemacht, dass ich rennen kann?"

    "Ich weiß nicht. Glaub schon..."

    "Wie?"

    "Ich weiß nicht!"

    "Okay. Dann: warum?"

    "Oh.... das ist meine Aufgabe!"

    "Mir das Rennen zu ermöglichen???"

    "Dich gesund zu machen!

    "Äh.... ah..."

    "Ich kann dir deine Schultern heile machen. Und auf den Nieren hast du so... Dinger. Die kann ich wegmachen. Und deine Augen..."

    "Die läßt du in Ruhe!"

    "Was? Warum... ich meine: okay, ja, natürlich!"

    "Die Augen sind gut so, wie sie sind!"

    "Du trägst eine Brille!"

    "Die Augen bleiben so! Basta!"

    "Ja, ja gut. Ich habe verstanden..."

    Jonna schwieg einen Moment. Dann fragte sie die wichtigste Frage überhaupt: "Warum ich?"


    Auch die Stimme antwortete nicht sofort: "Du warst die Einzige, die mich sehen konnte!"

    "Den Wolf meinst du?"

    "Ja, der Wolf, das bin ich. Jeder Seelensplitter hat einen Menschen. Oder andersrum. Jedenfalls... ich gehöre zu dir."

    "Warum weiß ich davon nichts?"

    "Vielleicht, weil du kein Wolfsmensch bist?"

    "Ein Wolfsmensch? Was ist ein Wolfsmensch?"

    Wieder machte die Stimme ein Pause, als überlege sie, dann sagte sie: "Das sind Leute, die von Geburt an wissen, dass sie mit 18 einen Seelensplitter bekommen...!"

    "Ich bin aber etwas älter als 18. Etwas viel älter!"

    "Ich weiß..." die Stimme klang nachdenklich. "Manchmal schickt die Mondgöttin einen Seelensplitter auch zu normalen Menschen. Glaub ich zumindest."


    "Die wer???"

    "Die Mondgöttin... meine Mama!"

    "Verdammter Kackmist!"

    "Wieso sagst du das?" die Stimme klang tatsächlich etwas gekränkt. "Mama ist kein Kackmist!"

    "Entschuldige!" sagte Jonna eilig. "So meinte ich das nicht! Deine Mama ist bestimmt ganz... nett. Aber sie hätte mich vielleicht... ein bissel vorwarnen können? Ich meine, so als Göttin sollte das ja kein Problem sein, was denkst du?"

    "Mama wußte nicht, wer du sein würdest."

    "Äh... das versteh ich grad nicht. Wenn sie nicht wußte, wer ich bin, wie konnte sie dich dann zu mir schicken?"

    Irgendwie wartete Jonna auf den Punkt, da sich die Stimme verheddern würde. Gleich war es offenbar so weit...

    "Sie hat mich im Wald ausgesetzt. Ich musste dich alleine finden..."

    "Boah! Was für eine Rabenmutter! Ausgesetzt? Das ist echt gemein!"

    "Nein nein nein! Mama liebt mich. Sie war immer bei mir! Aber sie konnte dich nicht erkennen, das musste ich selber tun. Ich hab so lange viele Leute angesprochen, aber niemand hat mich gesehen. Erst du... nach all der langen Zeit... " Die Stimme seufzte.

    "Wie lange hast du gesucht?" fragte Jonna leise.

    "Fast vier Jahre..."

    "Ach du armes Pupsi..." sagte Jonna mitleidig.

    "Is ja jetzt gut!" sagte die Stimme, aber sie klang, als sei sie dessen nicht wirklich sicher.

    Jonna nickte versonnen, ehe ihr noch eine Frage einfiel: "Woher weiß ich, dass du nicht doch einfach nur meine Wahnvorstellung bist?"

    Die Stimme kollerte: "Du bist doch gerannt, oder...?"


    Heute war ich fleissitsch. Bei eventuellen Hinweisen: Bitte keine Rechtschreib und Grammatikkorrekturen, nur inhaltliche Stolperer. Danke!

    Seelensplitter

    Jonna registrierte, dass ihr gerade irgendwie die Panik abhanden gekommen war. Die Situation war derartig absurd, da war kein Platz für Angst. Nur für Irritation: "Was meinst du mit Nicht wirklich?"

    Der Hund "Wooholf!" ... der Wolf erhob sich und wackelt mit dem Hinterteil. "Ich bin ein Seelensplitter!" sagte die Stimme stolz.

    "Ein was bitte? Und... äh... was tust du da?" Jonna fand langsam gefallen an ihrem Irrsinn.

    "Ich wedle mit dem Schwanz!" erklärte die Stimme. "Um dir die Angst zu nehmen!"

    "Du wackelst mit'm Arsch... " erwiderte Jonna.

    "Oh. Echt?" Der Wolf drehte den Kopf und betrachtete sein hin und her schwenkendes Hinterteil. Mitten in der Bewegung hielt er inne: "Ui, das sieht ja echt... öhm." Er setzte sich und sah nach links und rechts den Weg entlang, vielleicht um zu prüfen, ob ihn noch jemand gesehen haben könnte. "Das muss ich noch üben, glaub ich..." Er blickte Jonna an und zog die Lefzen hoch. Es sah aus, als lache er.

    "Musst du nicht. Lass es einfach. Und erklär mir was ein Seelensplitter ist... !" Jonna sah das Tier intressiert an. "... bitte..." setzte sie vorsichtshalber hinzu.

    Der Wolf fuhr sich mit der Pfote übers Gesicht. Das wirkte irgendwie verlegen. "Ich bin ein Stückchen einer Seele. Deiner.... "

    "Meiner? Wie kommst du darauf? Ich hab durchaus den Eindruck, komplett zu sein."

    Der Wolf schien ernsthaft darüber nachzudenken. "Hm!" sagte er dann. "Vielleicht ist das wie... was zu essen?"

    "Essen? Äh!? Was hat das mit Essen zu tun?"

    "Naja, das ist wie... Spinat! In sich lecker und eigentlich komplett. Aber man kann auch Rührei dazu essen!"

    "Spinat??? Wie kommst du auf Spinat?"

    "Den magst du doch, oder?"

    "Ja, schon. Aber woher weißt du das?"

    Wieder zog der Wolf die Lefzen hoch: "Ich sagte doch: Ich bin ein Teil von dir!"

    "Dann bin ich der Spinat und du das Rührei?"

    "Das war eine Metapher!"

    Jonna hatte nicht gewusst, dass Hunde... Wölfe auch genervt die Augen verdrehen konnten. Der hier konnte es.

    "Du willst mich falsch verstehen, richtig?" fragte der Wolf.

    "Ja! Macht Spaß!" erklärte Jonna freimütig.

    "Dann hast du also keine Angst mehr vor mir?"

    Jonna zog die Augenbrauen zusammen: "Sollte ich...?"

    "Nein.... nein! Alles in Ordnung. Aber, weil wir grade beim Thema sind: Ich hab Hunger!“ Der Wolf bedachte Jonna mit einem klassischen Welpen-Bettel-Blick.

    „Ähm, okay. Ich hab hier n paar Fleischbällchen. Magst du die?“ Jonna grabschte nach ihrem Rucksack und holte eine Packung Fertig-Frikadellen heraus.

    „Weiß nicht. Hatte ich noch nicht!“ sagte der Wolf und kam langsam näher.

    Jonna hielt ihm ein Frikadellchen vor die Schnauze, zwischen Daumen und Zeigefinger.

    „Kannst das anders halten, bitte? Ich hab Angst, dir in die Finger zu beißen!“ Der Wolf starrte sehnsüchtig auf das Teilchen.

    Jonna legte es auf ihre Handfläche: „So besser?“

    Der Wolf nickte und nahm sehr vorsichtig das Bällchen auf. Jonna spürte nur, wie die Zunge über ihre Hand leckte und das Stück quasi zwischen die Wolfszähne hebelte. „Hab iff diff gebiffen?“ die Stimme klang sehr undeutlich und obwohl sie nach wie vor ohne Umweg über die Ohren im Kopf landete, hörte Jonna, dass das Tier katschte und kaute.

    „Nein, alles gut! Schmeckt es dir?“ Jonna traute sich, die Hand auszustrecken und den Hund seitlich unterm Ohr zu kraulen.

    „Hmpf“ machte der Wolf und ließ das zerkaute Dingelchen fallen.

    „Es schmeckt nicht!“ schlussfolgerte Jonna bedauernd „ich hab jetzt aber nix anderes!“

    Irgendwie schaffte es das Tier, schuldbewußt auszusehen: „Ich esse eigentlich normalerweise anders!“ erklärte es.

    „Wie anders? Nur Lebendfutter oder was?“ Jonna fragte sich einen Augenblick, ob sie nicht viel zu unvorsichtig geworden war in den letzten Minuten.

    Das „Nein!“ des Wolfes klang empört. Dann seufzte er fast menschlich. „Ein Seelensplitter isst mit seinem Menschen, weißt du!“

    „Du meinst, wenn ich auch eine Frikadelle esse, kannst du deine essen?“ fragte Jonna verdutzt.

    Der Wolf seufzte wieder: „Wenn ich in dir drin bin…“ begann er, aber Jonna unterbrach ihn: „In mir drin? Wie in mir drin?“

    „Ich bin ein Stück deiner Seele… du kannst mich aufnehmen, dann bin ich in dir drin! Und dann gewinne ich Nahrung durch deine Nahrung!“

    Jonna war sich jetzt sicher, dass sie beide heftigst aneinander vorbei redeten. „Aufnehmen? Wie? Und wieso …. Ich meine: Frisst du dann meinen Mageninhalt oder was?“

    Die Antwort des Wolfes war ein Würgegeräusch. War ja auch wirklich kein schöner Gedanke. „Nein. Ich bin ein Seelensplitter. Ich gewinne meine Energie daraus, dass es deiner Seele gut geht. Isst du etwas, was dir schmeckt, bekomme ich viel… gute Energie. Verstehst du? Und isst du was, was nicht gut schmeckt, ist die Energie zwar da, aber nicht optimal.“

    Jonna starrte das Tier skeptisch an: „ Dann wirst du aufgehen wie ein Hefekloss! Ich bin ein Gourmet UND ein Gourmand!“

    „Was ist der Unterschied?“

    „Ein Gourmet ist ein Feinschmecker. Und ein Gourmand ein Vielfraß!“ Jonna kannte ihre Schwächen sehr wohl.

    „Das krieg ich geregelt!“ sagte der Wolf zuversichtlich.

    „Okay, wenn du meinst? Aber wie soll ich dich denn aufnehmen?“ Jonna war sich bewußt, dass das hier das absurdeste Gespräch war, das sie je geführt hatte. Aber es war auch das erste mit einem Wolf. Und das erste mit einem Seelensplitter. Da konnte man nie genau sagen, wie soetwas üblicherweise ablief.


    Der Wolf senkte den Kopf etwas: „Siehst du den Fleck auf meiner Stirn?“
    Jonna nickte. Der Fleck war ein handtellergroßes sandfarbenes Stück Fell im Grau des Wolfes.

    „Da muss du deine Hand drauflegen. Dann kann ich zu dir kommen.“

    „Rechte oder linke Hand?“

    „Egal! Probierst du es, bitte?“

    Jonna nickte und legte ihre rechte Handfläche auf den Kopf des Wolfes.

    Das Tier wurde durchsichtig und mit einem kleinen glitzernden Wirbel floß der Seelensplitter in ihre Hand.

    Dann war es für einen Moment still.

    Irgendwie... zieht es sich. Schon jetzt? Ach mennö...

    Spoiler anzeigen

    Und aus dem Gebüsch trat das schlimmste aller Wesen. Jonnas Alptraum schlechthin. Ein Hund. Riesig, muskulös, mit gefletschten Zähnen… Jonna wagte nicht zu atmen.

    „Entschuldigung!“ sagte eine Stimme in Jonnas Kopf. Jonna schluckte. Offenbar hatte die Angst sie wahnsinnig gemacht.

    „Hallo! Ich bin Joa! Wollen wir Freunde sein?“ Die Stimme klang freundlich, fast ein wenig kindlich.

    „Äußerst unpassender Moment grade“, dachte Jonna.

    „Wieso?“ wollte die Stimme wissen.

    „Siehst du den Hund nicht? Der zerfleischt mich gleich…“

    „Hund? Wo?“

    „Da drüben, auf der andren Wegseite!“

    „Was? Wo… oh!...“ die Stimme klang irritiert. „Das… das bin ich! Ich bin Joa!“

    Der Hund schloß sein Maul und setzte sich hin. „Schau: ich bin ganz lieb! Ich tu dir nichts!“


    „Geh weg! Geh einfach weg!“ flehte Jonna. „Bitte… geh weg!“

    „Ich kann nicht!“ sagte die Stimme „wir gehören zusammen. Du. Und ich…“

    „Oh Gott, bitteeeeeeee!” Jonna begann zu schluchzen. Sie schlug die Hände vor die Augen und wartete darauf, dass der Hund angriff. Dass sie mal auf diese Weise sterben würde…


    Doch es passierte nichts. Als nach gefühlten Ewigkeiten noch immer keine Hundezähne an ihrer Kehle hingen, öffnete Jonna vorsichtig die Augen. Der Hund hatte sich hingelegt und den Kopf auf seine Vorderpfoten platziert. Es schien, als warte er auf etwas.

    Jonna nahm allen Mut zusammen und sagte leise: „Braves Hundi! Ganz… braves Hundi!“

    „Ich bin ein Wolf!“ sagte die Stimme in ihrem Kopf.

    „Äh… was?“ Jetzt war klar: Der Wahnsinn hatte zugeschlagen. Jonna starrte den Hund an…

    „Wolf! Ich bin ein Wolf! Mein Name ist Joa!“ Die Stimme war weiterhin freundlich und geduldig. „Ich tu dir nichts! Ich hab dich gesucht!“

    „Mich? Warum? Um mich zu fressen?“

    In Jonnas Kopf entstand ein Geräusch, als würden große Steine einen Weg entlangkollern. Irgendwie begriff Jonna, dass die Stimme, das Tier lachte. „Du… du lachst mich aus?“

    „Entschuldige bitte, ja! Wenn ich dich hätte fressen wollen, hätte ich dann ein Gespräch mit dir angefangen?“ Die Stimme kollerte wieder.

    „Ich weiß nicht, wie Hunde denken!“ sagte Jonna und es klang trotzig.

    „Wolf… ich bin ein Wolf!“ wiederholte die Stimme“… obwohl. Auch nicht wirklich…“

    Hallo, da ist sie wieder: Die Königin der Geschichten-Anfänge. Nicht besonders gut, aber oft. Wieder mal was ganz was andres. Mal sehen, wie lang ich diesmal durchhalte...:blush:


    Seelensplitter

    „Verdammter Kackmist!“ Schnaufend starrte Jonna auf das Stück Weg, das vor ihr lag. Es ging steil bergan. Das war jetzt nicht wirklich ungewöhnlich für Wege im Harz… aber irgendwie hatte sie verdrängt, dass der letzte Abschnitt zum Hotel einfach mal fies heftig nach oben abdriftete.

    Der Weg aus der Stadt heraus zum Hotel war schon eine Herausforderung gewesen, zwar nur „sanft“ im Anstieg, aber extrem langgezogen. Und jetzt das! „Klasse, Jonna Kern! Du hast dich damit eindeutig für den Darwin Award qualifiziert!“ Die Idee, an dem freien Tag in die Stadt zu gehen, war schon lang nicht mehr reizvoll, jetzt aber war sie nur noch dämlich. Jonna war sich sicher, dass sie bereits noch vor der Hälfte des Berges ihre persönlichen Herzkasper begrüßen konnte. Außerdem meldete die Arthrose im linken Knie kichernd Anwesenheit…

    „Verdammter Kackmist!“ wiederholte Jonna und ging los. Wenn alles gut ging, schaffte sie es zur Bank, die etwa auf der Hälfte der Steigung stand. Wenn es nicht gut ging, würde der nächste Wanderer auf dem Weg zum Hotel ihren fetten leblosen Körper auf’m Asphalt liegen sehen. Tolle Aussichten. Ver – damm – ter – Kack - Mist… im Rhythmus ihrer Selbstbeschimpfung machte sie einen Schritt nach dem anderen. Ver – damm – ter….

    Und wie schon so oft in ihrem Leben nahm sie sich vor, wenn sie das hier überlebte, endlich abzunehmen… Als ihr der Puls bereits unter der Schädeldecke pochte und die Luft immer knapper wurde, sah sie die Bank. Fünf Meter Weg noch… aber gefühlt 20 Meter höher. „Ver – damm – ter – Kack – Mist!“


    Das Bänkchen ächzte bedenklich, als sich Jonna drauffallen ließ. Aber es hielt und Jonna schloß erschöpft die Augen. So saß sie mehrere Minuten. Oder Stunden. Egal. Der Herzschlag fuhr wieder auf normal-hektisch herunter und auch das Atmen wurde wieder beschwerdefrei. Jonna öffnete die Augen und sah niedergeschlagen den Weg entlang, der noch vor ihr lag. Dann senkte sie den Blick auf ihre Füße. Sie taten schrecklich weh, quollen aber noch nicht über den oberen Schuhrand, wie sie es manchmal taten, wenn sie sich übernommen hatte… „Na, da geht do no was!“ murmelte Jonna bitter. Wie lange konnte sie hier sitzen bleiben, ohne dass es blöd aussah? Jonna sah sich um: Hier war niemand. Nur sie selber. Also sollte die Frage lauten: Wie lange konnte sie hier sitzen bleiben, ehe sie sich blöd fühlte? Der Punkt war eigentlich bereits erreicht. Also beschloß Jonna, kurz was zu trinken und dann den Weg fortzusetzen. War ja nicht mehr viel…. Und im Hotel konnte sie ins Bett fallen. Oh ja! Verlockender Gedanke. Entschlossen griff Jonna nach ihrer Trinkflasche im Rucksack-Außenfach, als es im Gebüsch auf der anderen Seite des Weges raschelte. Irgend ein Tier sicher… Hoffentlich nix großes! Es soll ja im Harz Luchse geben. Und Bären? Ne, gabs Bären? Ne! Oder?


    Ringsrum war es still geworden. Sehr still. Beängstigend still… nicht mal ein Vogel piepserte durchs Geäst. Vorhin noch waren die Viechter so laut am flöten, dass es schon fast wie hämisches Gelächter klang. Und jetzt kein Pieps. Nur dieses Rascheln im Gebüsch. Mit explosiv anspringender Panik starrte Jonna auf das Grün.

    Ich hänge ja arg hinterher. :blush: Irgendwie krieg ich so Challenges nie "ganz richtig" fertig. 8(

    Seit dem 24.12 habe ich nichts mehr geverszembert. Deshalb kniffe ich da jetzt alle fehlenden Prompts zusammen und schau da mal.


    24.12. - 31.12.2024


    Manchmal müssen wir innehalten

    in unserem Traum,

    weil die Realität einen Notfall gebiert.


    Es gibt kein Rezept dafür,

    wenn uns die Worte fehlen,

    und Sprache zur Qual wird.


    Wir schreiben eine

    schwarzumrandete Karte

    zum Abschied...


    ... und wünschen uns so sehr ein Wiedersehen...

    Ich hab noch eines zum DEZEMBER. Darf ich noch? Darf ich?


    Dezember

    Am Ende des Jahres
    wenn die Tage kurz sind
    und die Nächte kalt,
    leuchten uns Kerzen
    ... auf dem Weg ins neue Jahr.

    Das Glitzern der Sterne
    am Himmel der Nacht
    fällt auf uns hernieder
    als weicher weißer Schnee
    ... und alles wird still.

    Die Düfte der Weihnacht
    nach Tannengrün und Keks,
    umtanzen unsere Nasen,
    geben uns Vorfreude
    ... auf das leuchtende Fest.


    Ich wünsche Euch allen hier ein friedvolles, schönes und richtig endgeiles Weihnachtsfest! :hi1:

    23.12.2024

    Dezember

    Warum machen wir uns so einen Stress

    jedes Jahr im Dezember?

    Mama sagt traurig:

    Ich hab dieses Jahr gar keine Geschenke für euch!

    Ich bin 55! Und meine Schwester ist noch etwas älter.


    Mama sagt:

    Weihnachten geht es doch nur um Geschenke!

    Nein, Mama! Nein!

    Es geht nicht um Dinge. Es geht um uns!

    Dass wir beieinander sind!


    Mama schaut traurig:

    Aber wie lange noch? Wir werden immer weniger!

    Das ist es! Genau das!

    Solange es geht! Eben weil wir weniger werden in der Familie.

    Soll uns jedes Weihnachten daran erinnern,

    dass wir zusammen gehören.


    Für jedes Jahr aufs Neue...

    22.12.2024


    Zu "ruhelos" fällt mir nichts ein.

    Wie kann das sein?

    Bin doch selber "ruhelos".

    Was mach ich bloß?


    Erzähl ich von mir, von meinen Nächten,

    in denen in nicht schlafen kann?

    Will vieles tun und ausprobiern

    und fang am Ende gar nichts an.


    Ich streife ruhelos durchs Leben

    und habe schon so viel versäumt.

    Ideen und Pläne oft vergessen,

    weil im Köppel falsch verräumt.


    Jeden morgen auf ein neues

    versuche ich, relaxt zu sein.

    doch schon wen'ge Stunden später

    fällt mein "ich bin chillig" ein.


    Kracht zusammen mit Getöse,

    begräbt die Ruhe unter sich.

    Jeden Tag der gleiche Schai*sdreck.

    Tja, das bin nun halt mal ICH.


    :pardon: ( ich mag diesen kleinen Kerl, weiß auch nicht warum :pardon: )

    Reimt sich's nicht...

    ... so dichtet's doch. :pardon:


    20.12.2024

    Mein Lebensweg hat tausend Düfte:

    von HCl und Terpentin,

    von Nudelauflauf, Reifenabrieb,

    alten Büchern... alles drin.


    Der Duft von weiten Ferienreisen

    und von meinem Bett daheim.

    Geruch von Gülle auf den Feldern

    und Blütenduft am Wiesenrain.


    Regenluft und Sonnenöl,

    der Geruch von Straßenteer

    Kerzenwachs, verbranntes Fimo,

    Möbelpolitur und mehr.


    Jeder Duft: ein Stück Geschichte,

    ein Glitzerstein im Lebenslauf.

    Erinnerungen an Vergang'nes

    und Freude auf das Morgen auch.

    Nicht direkt zu "Blind" aber das kam mir als erstes ins Köppl...


    19.12.2024

    Ich bin sehbehindert:

    Ich sehe nur das Schöne

    am Menschen und in ihm.

    Auf die hässlichen Seiten

    muss man mich förmlich draufstupsen.


    Ich habe Muskelzucken.

    Ich lächle die Leute an,

    auf der Straße und im Laden.

    Denn die können nix dafür,

    dass ich grad mies gelaunt bin.


    Ich hör mich gern reden.

    Sage Guten Tag,

    Danke und Entschuldigung.

    Man muss ja die Stimme üben

    fürs Singen unter der Dusche.


    Ich bin ein komisches Ding!

    Sagen die Leute.

    Und lächeln zurück und

    sagen "Bitte schön!",

    weil manches fies ansteckend ist...


    :pardon:

    18.12.2024

    "Normal is das nicht!"

    sagt meine Freundin

    und zeigt auf das Chaos in meiner Bude.


    Doch. Oder ne!

    Es ist grad aufgeräumt.

    Normal siehts anders aus bei mir.


    Wer legt Normen fest für Dinge,

    die nur einen einzigen Menschen betreffen?

    In diesem Falle: Mich.


    Wir bestimmen, was andere Leute

    wie und wann zu erledigen haben?

    Normal is DAS nich...

    17.12.2024


    Seit August bauen "die".

    Haben mir die Balkontür verrödelt,

    damit sie nur noch "Kipp" kann.

    Weil der Balkon davor

    erneuert werden sollte.

    Oder musste, man weiß es nicht.


    Morgen nun, Mitte Dezember,

    ist "Ende Oktober". Das war das Ziel.

    Aber hey, die haben ja

    das Jahr nicht dazugesagt.

    Vielleicht sind sie ja unheimlich fix, ne?

    Wie gesagt: Man weiß es nicht.


    Da habbich dann

    ab morgen einen neuen Balkon.

    Größer als der alte.

    und heller in den Farben.

    aber ohne Markise. Die kommt vielleicht noch.

    Wie gesagt: Man weiß es nicht.


    Da habbich dann

    ab morgen einen neuen Balkon.

    Und werde damit genau das tun,

    was ich mit dem anderen tat,

    12 Jahre lang. Ignorieren. Oder so.

    Man weiß es noch nicht...

    So... "Schwester" lass ich weg wegen Ideenmangel.

    16.12.2024

    Weiß grad nicht, was ich hier tu.

    Ich packe tausend Päckchen

    Es sind nur fünfe (nur ma so),

    doch gehts mir krass aufs Säckchen, X/


    wenn and're etwas schenken wollen

    und ich darfs dann versenden...

    is ja nicht ihr Geld, is "nur" meins

    gebs aus mit vollen Händen. :/


    Als Oberüberdrüber Chef

    vom Adventskalender,

    ist man der, ders stets versaut...

    und man ist Versender!


    Im nächsten Jahr, das schwör ich mir,

    da mach das Zeugs nich ich! :nono:

    Ich hab die Snauze nämlich voll!!!


    ... doch wetten würd ich nich. :pardon:

    14.12.


    (Anti-Winter-Dings)

    Wenn Winters Schnee liegt,

    freun sich die Leute.

    Ich frag mich: Warum?


    Man kann auch bei Regen

    aufs Sofa kuscheln.

    Und muss nicht ans Schneeräumen denken.


    Auch Glatteis ist doof.

    Man läuft wie auf Eiern.

    Wer findet das schön?


    Natürlich: So'n Märchenwald,

    überzuckert mit weißem Wasser,

    hat schon was, optisch.


    Aber muss das weiße Zeug

    echt auf die Straße?

    Für mich jetzt so nicht.