Und weiter gehts..
Seelensplitter 12
Doch die Wolfszeichen rührten sich kaum. Es gab kein Anzeichen dafür, dass sie sich auf Jonna zu bewegten. Nicht einer von ihnen…
„Joa? Kann es sein, dass sie mich gar nicht wahrnehmen?“
„Ich weiß nicht, vielleicht haben sie eine kürzere Reichweite für ihre Sensoren…“ , erwiderte Joa nachdenklich.
„Wieso weißt du das nicht?“ wollte Jonna wissen.
Die Stimme klang ein wenig angepisst, als sie antwortete: „Ich hatte noch keinen Kontakt zu anderen Wolfsmenschen!“
„Doch! Da waren drei in Goslar!“
„Ja, waren sie! Aber du bist davongerannt, ohne sie zu fragen!“
„Ja, danke auch! Ich konnte ja nicht ahnen, dass das eine Frage werden würde!“ patzte Jonna zurück.
„Aber ich, oder?“
Jonna holte tief Luft… und begann zu lachen. Schnell schlug sie sich die Hand vor den Mund, um nicht gar so laut zu sein. „Wir sind schon ein eigenartiges Team, wir beide, hm?“ sagte sie kichernd.
Joa schien nicht recht zu wissen, was sie von Jonnas Stimmungsumschwung halten sollte und schwieg.
Jonna sah auf die vorbeieilende Landschaft und spürte den schwächer werdenden Wolfszeichen nach. Noch immer kein Hinweis darauf, dass sie die Verfolgung aufgenommen hatten. Schließlich verschwand das Kribbeln ganz und Jonna schloß die Augen. „Joa? Ich denk, wir werden uns noch ziemlich oft kabbeln. Aber ich möchte dass du etwas weißt…“
„Was denn?“ erkundigte sich die Wölfin vorsichtig.
„Ich mag dich! Frag mich nicht, warum, ich hab keine Ahnung! Aber ich mag dich!“
„Ich dich auch…“ erwiderte die Wölfin leise.
„Prima… Weckst du mich bitte, wenn wir in Leipzig sind?“
„Mach ich! Ich pass auf dich auf!“
„Danke, Joa!“
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Seelensplitter 13
Jonna erwachte, weil ihr irgendwas im Bauche rumging. Sie hatte das Gefühl, sich gleich übergeben zu müssen. „Joa? Was ist mit mir?“ fragte sie und versuchte, das Würgen zu unterdrücken.
„Entschuldige bitte, ich… ich wußte nicht, wie ich dich sonst wachkriegen sollte, auf meine Stimme hast du nicht reagiert“, erwiderte Joa und Jonna spürte, wie die Übelkeit rasch nachließ.
„Hölle, Kleene, da müssen wir uns was andres ausdenken, das war nicht fein!“ Jonna hustete den Rest des Unwohlseins weg.
„Da sind Wölfe!“ sagte Joa und Jonna bemerkte das Kribbeln im Genick erst jetzt wirklich.
„Verdammter Kackmist! Hört denn das nie auf?“ Jonna lauschte in sich hinein. „Zehn in Leipzig am Bahnhof!“ murmelte sie dann. „Verdammter…!“
„Warum ist das Kackmist? Wir können doch daran vorbeifahren, wie an dem anderen Rudel!“ schlug Joa vor.
„Ne, können wir nicht, Kleene! Der Bus fährt bis zum Hauptbahnhof und lädt uns dort aus!“
„Oh… das ist… nicht gut?“ Jonna hörte förmlich, dass die Wölfin das durchaus richtig gut fand, trotz ihrer Worte. Sie konnte es sogar ein wenig nachvollziehen, Joa war ziemlich erpicht darauf, endlich Kontakt zu anderen Wölfen herzustellen. Kein Hi-und-weg. Reden. Informationen sammeln. Das war prinzipiell keine schlechte Idee, aber Jonna fühlte sich extrem unwohl bei dem Gedanken, Leute zu treffen, die ebenfalls mit einer Wolfsstimme im Kopf lebten. Sie würde wahrscheinlich ziemlich schnell als absolut unwissend erkannt werden und dann übern Nuppel gezogen. Das war keine hübsche Aussicht. Jonna mochte es nicht sonderlich, für blöd gehalten zu werden. Besonders dann nicht, wenn sie es tatsächlich war. Und hier, in diesem Thema, war sie es nun mal…
„Wir lassen das auf uns zukommen… denk ich“, sagte Jonna unsicher und seufzte. Doch zwei Minuten später versteifte sie sich. Weitere Wolfszeichen waren in ihrem Sensor aufgetaucht.
„82. Irgendwo im Süden der Stadt…“ verkündete Joa.
„Ich weiß“, erwiderte Jonna überdrüssig. Nahm denn das kein Ende? Jonna konzentrierte sich auf die Zeichen. Die in der Stadt konnte sie nicht so genau lokalisieren. Sie spürte nur, dass diese Wölfe keinerlei Anstalten zu machen schienen, sich auf sie zu zu bewegen. Wie das Rudel in Halberstadt.
Die 10 Wölfe im Bahnhof allerdings konnte sie ziemlich genau orten. Sie standen alle relativ nah beieinander, etwa in der Mitte des Kopfbahnsteiges. Auch diese 10 Leute machten nicht den Eindruck einer Suche oder Jagd.
Trotzdem wünschte sich Jonna, sie könne jetzt aus dem Bus klettern und Leipzig weiträumig umgehen. Wahrscheinlich spürten die Wölfe im Bahnhof, dass sie sich unaufhörlich zu ihnen hinbewegte. Die brauchten ja eh nur warten.
Jonna fummelte ihr Handy aus der Tasche um zu googeln, wo sie gerade waren, da fuhr der Bus an einem Hinweisschild vorbei: Schkeuditzer Kreuz in 3000 Meter. Ahja, das waren noch so 20 bis 30 Kilometer bis zur Stadtmitte. Wenn ihre Sensorenreichweite derart groß war, könnte sie gut um weitere Wolfsbegegnungen drumrum fahren… wenn sie nicht in einem Reisebus sitzen würde, der jetzt definitiv keine Pullerpause mehr machen würde, bei der sie nett nach ihrer Tasche fragen und verschwinden konnte…
„Verdammter Kackmist!“