Ich habe vor einiger Zeit in Band 2 der Geschichte reingelesen und fand das Vorwort dort so gut, dass ich dachte, ich fange doch lieber mit Band 1 an. Und bisher habe ich meine Entscheidung nicht bereut. Im Gegenteil. Der Anfang ist sehr gut geschrieben. Ein bisschen anders als man es vielleicht gewohnt ist Aber dennoch genau richtig, humorvoll und ironisch. Die Protagonistin ist sehr sympathisch, sodass man sich gerne mit ihr auf die Reise macht.
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Alles anzeigenSamain Kelly, p.d.
Es war eine regnerische Nacht, welche versuchte die Sintflut in den Schatten zu stellen. Es schüttete wie aus Eimern und niemand mit etwas Herz jagte selbst den räudigsten Straßenköter von seiner Veranda in den Regen hinaus.
Wer im Regen sein musste, der war innerhalb weniger Sekunden bis auf die Haut durchnässt, ich muss es wissen, denn ich war einer der Auserwählten. Seit einer halben Stunde wartete ich bereits auf meine Verabredung, mitten auf diesem götterverlassenen Parkplatz. Die Sicht war praktisch gleich Null und ich hatte schon Neumondnächte, erlebt die heller waren, obwohl es gerade erst einmal 17 Uhr war ...
So hätte ich eigentlich anfangen sollen, wenn es nach meinem Verleger geht (Zeit).
Ich hätte mich nun noch eine ganze Weile über die misslichen Bedingungen ausgelassen, etwas Mitleid erregt und versucht, die Grundstimmung meiner Geschichte einzufangen. Dann, irgendwo auf der zweiten Seite wäre meine Verabredung gekommen und wie zufällig mein Name gefallen. Auf mein genaues Aussehen und Geschlecht hätte ich sie mindestens eine weitere Seite warten lassen und meine Erzählung wäre eine der Vielen gewesen, die auf einem Funken Tatsache beruht und aus 99% zurechtgebogenen Mist bestanden hätte. Alles nett zu lesen, stressfrei, am besten auf der Toilette, nur keine nervigen Fragen auslösend. Die Handlung wäre schön linear zurechtgefeilt, die Fakten alle schlüssig und am Ende hätte das Gute gewonnen und ich wäre mit dem Schlapphut weit in den Nacken geschoben und dem Trenchcoat zusammengelegt über den Arm in meinen alten aber stylischen Sportwagen gestiegen und in den Abspann weggerauscht. (Ich finde den Satz ziemlich lang.)
Mich selbst hätte ich als einen jener Achtzigerjahre-Helden beschrieben, die zwar notorisch pleite waren, aber aus dem Leser unbekannten Gründen von so untadeliger Integrität waren, dass sogar der Bürgermeister meine Nummer im Kurzwahlspeicher hätte. Irgend ein (Irgendein) tragisches Schicksal hätte mich zu einem Privatschnüffler werden lassen und die Minihaubitze im Halfter unter meinem linken Arm hätte einen Namen wie Lilli, Betsy oder Susie. Natürlich hätte mich eine alte Freundschaft mit dem Chef der hiesigen Mordkommission verbunden ...
Da ich aber nun einmal bin, wer ich bin, kann mich mein Verleger mal. Entweder er nimmt die Geschichte oder er lässt es. Ich werde Ihnen keinen Lügen auftischen, also zumindest nicht nur.
Natürlich werde ich Ihnen nur so viel Wahrheit ... - was macht man eigentlich mit Wahrheit, auftischen ja wohl nicht - ... jedenfalls nur so viel davon, wie sie auch »vertragen« können, um es mal frei nach Jack Nickolson (Wird der nicht Nicholson geschrieben?) aus »Eine Frage der Ehre« zu sagen.
Fangen wir einmal - ganz unüblich - mit meinem Namen an: Sam Kelly.
Wir Kellys haben irische Wurzeln, weswegen Kelly die, nur der bequemeren Schreibweise angepasste, Version von Callaigh ist. Sam wiederum, kommt von Samain, einem der großen vier keltischen Festtage. Wenn ich allerdings danach gefragt werde, flüchte ich mich gerne zu »Samantha«, das wird ohne weitere Fragen akzeptiert, was besonders bei Behörden oder sehr weltlichen Kunden einen unschätzbaren Vorzug darstellt.
Nun fragen Sie zu recht vermutlich, welche Eltern ihr Kind so nennen. Ich hatte auch eine Weile daran zu knabbern, das können Sie mir glauben, besonders als Kind in der Schule können Sie sich das Gekicher vorstellen, wenn die Mitschüler hören, dass man »Vereinigung« genannt wird. Heute wäre ich allerdings enttäuscht, wenn Mutter sich etwas Profanes wie Jane oder Kate hätte einfallen lassen.
Immerhin ist sie eine der ältesten und ranghöchsten Druidinnen auf den Britischen Inseln.
Sie haben richtig gelesen, ich sagte Druidin!
Und damit meine nicht eine nette alte Dame, die in einem Kupferkessel Zaubertränke braut, die kleine Gallier in die Lage versetzt, die ganze römische Legion zu vermöbeln.
Obwohl, wenn ich ehrlich bin, habe ich sie nie ernsthaft danach gefragt. Egal.
Vergessen wir fürs Erste diese Miraculix-Vorstellung und stellen Sie sich lieber jemand vor, der mit dem Land auf eine innige Weise verbunden ist, die einer langen, eingespielten Partnerschaft gleichkommt. Das Land achtet auf sie, sie achtet auf das Land. Mit Land ist natürlich nicht nur der Boden, sondern auch das Wetter, die Pflanzen und auch die für die Meisten unsichtbaren Bewohner gemeint. Stellen Sie sich weiter jemand vor, der aus heiterem Himmel zielgenau einen Blitz rufen kann, oder mit etwas Spucke und einem tadelnden Lächeln, einen abgetrennten Finger wieder ohne jede Spur anwachsen lassen kann. Ja, ich rede von Magie, wobei Magie, laut Arthur C. Clarke, ohnehin nur Technologie ist, die man nur (noch) nicht als solche erkennt. Der gute Arthur wusste ziemlich genau, wovon er da gesprochen hat.
Machen Sie sich keinen Kopf, wenn Sie das jetzt nicht gleich verdauen können, ich selbst brauchte dazu auch ein paar Jahr ... zehnte.
Was ich aber noch zum Ende meiner vorläufigen Vorstellung hinzufügen will: Druiden-Gene werden vererbt.
Allein das Wissen genügt nicht ganz, wenngleich es genug Halbdruiden gibt, die zwar das Wissen aber nicht die ausreichende Gabe besitzen. Diese Eingeweihten nennt man Barden, Harfner oder Harper. Warum? Wenn ich daran denke, frage ich mal jemand.
Aber wie sie schon sicher ahnen, sind mir die Gene sehr wohl vererbt worden, nur tat ich mir lange schwer das nötige Wissen zu akzeptieren. Eine, sagen wir längere Dienstreise, hat mich jedoch eines Besseren gelehrt (belehrt?), doch selbst heute muss ich mich überwinden, es laut auszusprechen:
Ich bin eine Druidin! (Und nein, das ist nicht die Droidin, die Ihr sucht!)
Oh, und tatsächlich bin ich notorisch pleite und ebenso tatsächlich hat nicht nur ein hoher Würdenträger meine Nummer aus gutem Grund in seiner Kurzwahlliste. Aber ich würde bei so einem Regen im Auto (ein alter Ford Taurus Geländewagen!) warten - ich bin Druidin, nicht bekloppt!
Fangen wir also nochmal mit der Geschichte an.
Ich blickte aus dem Fenster, nippte an meiner Tasse Kaffee »Au! Viel Milch«, als ich Schritte auf der Treppe zu meinem Stockwerk hörte. Die Treppe war alt und knarrte gewaltig, so dass jede Stufe ihren eigenen Sound hatte und man sogar erkennen konnte, wie viele Leute heraufstiegen und manchmal sogar welches Schuhwerk sie trugen. Jeden Moment würde die Tür aufgehen, die im oberen Drittel verglast war und wo ich den spiegelverkehrten Schriftzug »Sam Kelly, p.d.« lesen konnte.
Die Meisten denken das p.d. steht für private detective und ich widerspreche dem selten. Tatsächlich komme ich so an meine leichteren und oft besser bezahlten Jobs. Untreuen Männern nach spionieren, Alarmanlagen checken, vermisste Personen aufspüren, das Übliche eben. Eigentlich steht es aber für personal druwid, das ist so etwas wie ein Personal-Trainer, nur dass ich mich eher sekundär um das körperliche Wohl meiner Kunden kümmere. Ich sorge dafür, dass Flüche gemildert oder aufgehoben werden, dass ein Hausgeist sich mit dem weltlichen Bewohner arrangiert, die wütenden Elfen im Garten besänftigt werden oder, in wirklich drastischen Fällen, auch mal ein Brückentroll unter eine andere Brücke zieht und nicht jeden Vollmond arglosen Autofahrer den (letzten?) Schrecken ihres Lebens einjagt.
Eigentlich war es ein angenehmer Frühsommertag, als mich Sean O'Harra, der stellvertretende Leiter der MI5 Sektion Wales in meinem kleinen Büro in Swansea aufsuchte und einen Mann mitbrachte, den man ohne zweimal hinsehen zu müssen als Amerikaner im Staatsdienst erkennen konnte ...
Alles anzeigenSean war ein großer rotbärtiger Mann und durch seine bereite Statur wirkte er noch massiger. Es gehörte nicht viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, dass er zur legendären 87er Waliser Rugby-Nationalmannschaft gehörte, die sogar den unglaublichen dritten Platz bei der WM erreichte. Auch heute noch gilt er als "Rugger"- Ikone und dient bei kniffligen Pressekonferenzen als Frontmann des MI5. Wenn man aus einem Land kommt, wo (in dem) man Rugby nur als Randsport kennt, kann man sich seine Beliebtheit hierzulande kaum vorstellen. Hinzu kommt, dass er wie einer dieser sympathischen Riesen rüber kam, die man einfach knuddeln will und die keiner Fliege was zu Leide zu können.
Bei Fliegen weiß ich das ja nicht, aber ich habe bei einem gemeinsamen Einsatz gegen einen eingeschleppten japanischen Tengu selbst miterlebt, wie er zwei besessene, mit Schwertern bewaffnete Männer, mit bloßen Händen auseinandergenommen hat. Ich persönlich hatte nicht vor, seine Friedfertigkeit jemals auf eine Probe zu stellen.
Obwohl der Amerikaner etwas kleiner war, wirkte er nicht wesentlich schmächtiger und auch sein schicker dunkelblauer Anzug konnte die militärische Ausbildung für sachkundige Blicke nicht kaschieren. Schon beim Eintreten ging er versetzt zu O'Harra, anstatt direkt hinter ihm, wie es die Meisten machen würden. Sobald er im Raum war, bewegte er sich nach links, um die Tür nicht unmittelbar im Rücken zu haben und sie im Notfall schnell öffnen zu können.
Army Special Forces, SEALs oder CIA tippte ich und war gespannt, was davon zutreffen würde.
Er war blond mit einem unauffälligen Haarschnitt und sein Gesicht war tadellos rasiert. Die graublauen Augen schauten auf diese verdeckte Art aufmerksam, die einem Ermittler schnell zu Eigen wird, der nicht als solcher auftreten will.
Ich erhob mich und streckte O'Harra die Hand hin, die Tasse immer noch in der Linken.
Der Bär von Mann legte mir beide Pranken um meine vergleichsweise winzige Hand und das warme Lächeln seines Mundes stand auch in seinen Augen.
»Bezaubernd, wie eh und je.«
Ich lachte, weil das ein kleiner Scherz zwischen uns war. Bevor er mich kannte, hielt er Zauberei bestenfalls für Special Effects. Wie ich den japanischen Dämon schließlich in ein Fass 240 Jahre alten Single Malt Whiskey gebannt hatte - es war einfach nichts Besseres da - hat ihn dann doch beeindruckt. Das Fass steht übrigens in einer Zelle der Hochsicherheits-Asservatenkammer des Scotland Yard. In der Nachbarzelle standen, soweit ich mich erinnere, einige Kisten mit für das Radar unsichtbare Stinger-Raketen.
Seitdem konsultierte er mich ein paarmal, wenn er den Verdacht hatte, dass er mit paranatürlichen Gefahren umgehen musste.
»Samain Kelly, John Burke, Botschaftsattaché der Vereinigten Staaten von Amerika.«
Ich reichte ihm ebenfalls meine Hand und musterte eingehend seine Augen.
»Ahja, Mr. Burke. Ich muss wohl dankbar sein, dass Sie nicht Smith heißen?«
Auch wenn sein Gesicht ernst blieb, bildeten sich feine Fältchen um die Augen.
»Manchmal kann man sich den Namen einfach nicht aussuchen.«, bestätigte er meinen Verdacht und machte damit Punkte. Viele hätten darauf bestanden, ihre lächerliche kleine Tarnung aufrecht zu halten.
»Nehmen Sie bitte Platz und erzählen Sie mir bitte, was ich für das US-Militär tun kann.«
Ich erntete einen erstaunten Blick von Burke, der dann O'Harre vorwurfsvoll anschaute.
» (Anführungszeichen weg) Dieser hob beide Hände: »Von mir hat sie das nicht. Aber ich habe sie ja, vorgewarnt, Burke, dass Miss Kelly ziemlich schnell jede Fassade durchschaut.«
Während ich mich auch (ebenfalls) wieder setzte, entging mir nicht, dass er diese Warnung wohl als übliche Prahlerei abgetan hatte. Das überraschte mich nicht. Die meisten US-Militärs halten Nichtmilitärs und ganz besonders Ausländer für weich in der Birne. Das ist womöglich unabdingbar, wenn man bei jeder Sportveranstaltung hört, dass man in der Heimat der Freien und Tapferen wohnt, dabei kann man frei durchaus als chaotisch und tapfer als mutig, aber nicht besonders clever interpretieren. Natürlich würden wir das unserem großen Bruder und Hauptverbündeten nie ins Gesicht sagen. Immerhin lassen sie Gott ja auch in Ruhe unsere Königin schützen; so sind alle zufrieden.
»Kennen Sie sich mit muslimischen Geistern aus?«, fragte mich Burke endlich mit einem skeptischen Unterton.
Ich runzelte meine Stirn. »Natürlich habe ich ein bisschen etwas über deren Dschinns gelesen, bin aber noch keinem begegnet. Mir sind die Mythen über Afriten oder Shaitans bekannt, Mariden oder Ghule sollen den unseren Pendants sehr ähnlich sein und die Hatifs sind Geisterstimmen oder Erscheinungen. Die Wesen der Anderwelten sind vielfältig, genauso wie ihre Namen in den jeweiligen Regionen, aber wie auch in der normalen Physik oder Biologie gibt es bestimmte Analogien und Wesensarten, die sich extrem ähneln. Zudem bestehen in der Tat meist Verwandtschaften zu den Anderweltlern anderer Regionen. So wie die menschliche Gesellschaft nicht aus lauter unabhängigen abgeschlossenen Reichen besteht, verhält es sich auch in den Anderwelten.«
Burke hebt beide Augenbrauen und blickt erneut zu seinem britischen Kollegen.
»Ich sagte doch, dass sie ihren Job kann.«
Der Amerikaner räuspert sich. »Sie müssen schon verzeihen, aber es gibt keine wissenschaftlichen Beweise für solche ... Reiche.«
Ich schmunzelte. »Mag sein, aber dennoch sind Sie jetzt bei mir. Wo genau drückt denn der Schuh?«
Unwillig den Kopf schüttelnd, lehnt er sich zurück und verschränkt die Arme. Als ob er diese Reaktion erwartet hätte, fing O'Harra an zu berichten.
Alles anzeigen»Wie Ihnen bekannt ist, engagiert sich die Krone bei der Friedensmission in Afghanistan.«
Ich runzelte meine Stirn, weniger weil ich das nicht wusste, auch wenn ich wirklich nicht genau wusste, warum genau wir dort Truppen hatten. (Der Satz ist mMn ein bisschen kompliziert) Ich schätze, das ging aber nicht nur mir so. Vielmehr hatte ich nicht erwartet, für ein Problem konsultiert zu werden, das sich quasi am anderen Ende der Welt ergab.
»Zusammen mit unseren amerikanischen Freunden haben wir in Ghandom eine Basis. Das ist in der Nähe von Kandahar.«
Natürlich hatte ich von Kandahar gehört. Es war erst vor Kurzem aus den Händen der Rebellen befreit worden, glaubte man den enthusiastischen Nachrichten von CNN oder NBC. Ich bezweifelte aber stark es auf einer Karte auch nur ungefähr hätte einzeichnen können, (Der Teilsatz klingt ziemlich komisch. Du hast ein paar Worte vergessen.) ganz zu schweigen, dass ich irgendetwas anderes über die Gegend wusste.
»Der Vorfall, der uns konkret misstrauisch gemacht hat, war als eine Patrouille der dritten South-Essex (Militärischer Truppenverband, der seine Heimatbasis im Süden von Sussex, England hat) von Aufständischen überrascht wurde. Sie wurden buchstäblich überrannt und hatten keine Chance. Dennoch hatten sich drei der Soldaten in ein fast zerstörtes Gebäude retten können und sich dort 16 Stunden lang verschanzt und alle Angriffe der Rebellen zurückschlagen können.«
Mir war zwar weiterhin unklar, inwieweit das für mich relevant wäre, aber ich hatte ein ganz mieses Gefühl. Gewalt mit vielen Toten ist eine echte Fundgrube für alle möglichen Wesen der Anderwelt. Es gibt sogar einige der Feen, die sich vom Leid und dem Schmerz der Sterblichen ernähren und daraus gewaltige Machtreserven ernten können. Mir fielen spontan die Cŵn Annwn ein, Jagdhunde der wilden Jagd, die sich manchmal losrissen, um die Seelen frisch Verstorbener zu jagen.
»Als uns die Verbündeten aus den USA zu Hilfe eilten, konnte eines ihrer MQ-9 Reaper (waffenbestückte Drohne) (Ich finde die Erlärung, auch etwas weiter oben schon,in den Klammern unschön. Die Erklärung mit in den Fließtext integrieren? Mich werfen die Klammern aus dem Lesefluss.), welches das Kampfgebiet aufklärte, sehen, wie die drei Männer endlich doch noch überwunden wurden. Die Rebellen haben nicht weniger als fünf Raketen von allen Seiten in das Gebäude geschossen.«
Natürlich taten mir unsere wackeren Soldaten leid, aber so langsam wünschte ich, er würde zum Punkt kommen.
»Diese Aufnahmen sind keine 24 Stunden alt und wurden unmittelbar nach dem Einschlag der Raketen gemacht.«
O'Harra nickte Burke zu, der aus seiner Jackeninnentasche einen Umschlag mit 4 Bildern (Foto? Aufnahme?) holte und diese langsam auf meinem Schreibtisch ausbreitete.
»Es versteht sich, dass das hochgeheime Aufnahmen sind.«, betonte er.
»Das heißt also, ich darf sie nicht bei Face-Book posten? Mist ...«, spöttelte ich, bis ich sah, was die Bilder zeigten.
Mein Mund wurde trocken und meine Fingerspitzen begannen zu schmerzen, eine deutliche Reaktion meines Körpers, wenn mein Bedürfnis Leben zu bewahren meine Magie aufweckte.
Das erste Bild zeigte viel Staub und Schutt und die völlig zerfetzten Leichen. Die Männer hatten versucht, so gut wie möglich Deckung zu finden.
Das zweite Bild zeigte, wie ein Schatten sich über die Ruine legte, als spannte jemand eine Plane über dem Gebäude. Das Bild blieb jedoch klar wie zuvor.
Im dritten Bild sah man drei Krähen, die angesichts der Gebäudetrümmer zum Vergleich groß wie Schäferhunde waren. Die Vögel hackten auf die Brustkörbe jeweils eines Soldaten ein.
Im letzten Bild konnte man eine Silhouette, ein Schattenriss einer Person sehen, die mitten in der Ruinen stand. Man konnte vage ihren Umhang und einen Stab erkennen.
»Gibt es noch weitere Bilder?«, fragte ich und musste mich wegen des trockenen Halses räuspern.
»Ja«, erwiderte Burke, »aber die zeigen nichts Ungewöhnliches.«
»Schauen Sie sich einmal die Zeitstempel an, Sam.« Seans Stimme machte mir beinahe mehr Angst als die Bilder.
Tatsächlich waren alle vier Bilder innerhalb einer halben Sekunde aufgenommen worden.
»Wollen Sie sagen, das alles geschah in vier Zehntel einer Sekunde? Davor und danach waren weder Vögel noch Gestalt zu sehen?«
Burke lehnte sich nach vorne und stützte sich mit beiden Handflächen auf dem Schreibtisch ab. »Ganz genau.« Dann lehnte er sich wieder zurück und betrachtete aufmerksam mein Minenspiel.
»Okay, schon klar, warum euch das komisch vorkommt. Aber Ihr habt sicher schon andere nach ihrer Meinung gefragt?«
O'Harra schnaubte. »Von Fehlern bei der digitalen Codierung bis zu bewusster Fälschung haben wir alles gehört.«
Ich nickte ernst. »Es wäre nicht das erste Mal, dass die USA uns mit gefakten Aufklärungsbildern hinters Licht führen würde.«
Burkes Gesichtsmuskeln zuckten, als er seine Kiefer zusammenpresste. Die gefälschten angeblichen Bilder von Massenvernichtungswaffen im Irak belasteten die Beziehungen der Militärs unsrer Länder bis heute, aber ich sah, wie Sean mir das Zeichen gab, in dieser Wunde nicht weiter herumzustochern.
»In zwei Wochen will die Queen die drei Soldaten für ihren außergewöhnlichen Heldenmut ehren. Bis dahin sollte jeder Schatten einer Unklarheit beseitigt sein. Also, Sam, was meinen Sie?«
Ich erhob mich, nahm das letzte Bild zur Hand.
»Krähen, eine Figur mit Stab oder einem Speer und drei tapfere Soldaten, die sogar als Helden geehrt werden sollen? Leute, ich schätze, wir haben es mit Morrigan, Morgain, Morgana oder einer ihrer Erscheinungsformen zu tun. Sie gehört zu den Túatha Dé Danann und man kann ohne zu übertreiben sagen, dass es sich um eine der machtvollsten Wesenheiten der Anderwelt handelt. Sie ist dafür bekannt, dass sie die Seelen besonders tapferer Krieger durch ihre Vögel vom Schlachtfeld holen lässt. Leider ist ihre Anwesenheit ein Zeichen darauf (dafür?), dass es weitere Kämpfe geben wird. Denn wenn sie nicht nur ihre Raben schickt, sondern selbst vor Ort ist ... «, sie erinnern sich, was ich zu den Wesenheiten berichtet habe, die sich vom Leid der Menschen Macht erhoffen? »Morrigan zieht aus dem Heldenmut im Kampf ihre Energien, sagt man zumindest.«
Burke stieß ein kurzes Lachen aus.
»Sagt man?«
Ich hob die Schultern. »Sehen Sie mal. Morrigan könnte auch nur eine andere Erscheinungsform von Ares, dem antiken Gott des Krieges sein, oder von Upuat, der altägyptischen Variante, oder des chinesischen Guan Yu, des japanischen Hachiman, des aztekischen Huitzilopochtli ...«
»Ja, ja, schon gut. Ich habe verstanden.« Burke wirkte sichtlich genervt.
»Aber Sie beide erwarten bitte jetzt nicht im Ernst von mir, dass ich daran glaube?«
O'Harra grunzte und schüttelte den Kopf.
»Das spielt keine Rolle. Die Queen persönlich hat den Wunsch geäußert, dass die drei Helden bei ihrer Überstellung in die Heimat von einem ihrer Söhne mit allen Ehren in Empfang genommen werden. Und wir wollen nicht riskieren, dass was auch immer mit den Soldaten in Berührung gekommen ist, auf britischem Boden zur Gefahr wird. Da die US-Airforce freundlicherweise den Transport der Soldaten übernimmt, wird Miss Kelly, sofern sie den Auftrag übernimmt, vor Ort die Leichen und den Tatort untersuchen und sicherstellen, dass ein Transport gefahrlos ist.«
Der Amerikaner musterte mich noch einmal. Zu seinen Gunsten verbuchte ich, dass er sich abschätzige Bemerkungen verkniff.
»Sicher, ich bin dabei. Zum üblichen Tagessatz plus Gefahrenzulage.«
Mir ist klar, dass ich weit mehr hätte fordern können, aber ich habe da meine Prinzipien und eine lautet: Arbeite fair und lasse Dich fair entlohnen.
Reich wird man so zwar nicht, aber damit behalte ich die Bodenhaftung und ein ruhiges Gewissen, ein Gut, das für einen Magiewirker, der nicht von der Macht korrumpiert werden will, ohnehin unbezahlbar ist.