Zum Glück waren die Wunden nicht tief und die Blutungen leicht zu stoppen. Ein paar Gewebepflaster, etwas Kleber und viel Schmerz später war ich wieder zusammengeflickt und sollte mich etwas ausruhen, dabei die Wunden mit nasskalten Tüchern abtupfen. Satz ist zu kompliziert. Letzten Teil weglassen? Eine passende Gelegenheit, endlich mal zu meiner rothäutigen Kollegin zu gehen.
Am ganzen Körper zitternd und mit Händen aufs Gesicht gepresst, seufzte sie heiser meinen Namen. Instinktiv ließ ich meine Hand auf ihre Schulter gleiten. Sie zuckte heftig zusammen und drehte sich von mir weg. Ich hätte es wissen müssen. Ich war zu übereifrig, zu stürmisch.
„Sam, bitte sieh mich nicht an.“
Sie tat mir unfassbar leid. Ich hätte viel eher eingreifen sollen, vielleicht hätte ich sie dann vor diesem Schicksal bewahren können. Schuldig fühlte ich mich. Schuldig an allem, was irgendjemandem in meiner Anwesenheit passiert war.
Wieder dachte ich an Chu. Ich hatte sie allein gelassen. Ich hatte sie, trotz des Wissens über ihre Schwangerschaft, ins offensichtliche Verderben gehen lassen...
„Sam, ich möchte deine Hand halten.“
Fordernd ließ sie ihren Handrücken auf dem Knie ruhen und formte angestrengt mit verkrampften Fingern eine leicht geöffnete Faust, in der ich vorsichtig meine Hand legte. Diesmal zuckte sie nicht zurück, sondern war voller Zutrauen. Ich spürte ihre Erleichterung. Ihre Freude, einen ihr vertrauten bei sich zu wissen. Eine normale Geste, jemandem die Hand zu reichen. Doch für mich ab sofort eine große Hürde, die es zu überwinden galt...
Schon wieder vibrierte das Schiff. Das Ächzen wurde immer lauter und zeitgleich, so schien es, wurden auch unsere Bewegungen langsamer. In meinem Wahn dachte ich spontan, dass diese Maschinen direkt etwas damit zu tun hatten. Aber das konnte nicht möglich sein, weil keine uns bekannten Merkmale zu entdecken waren, die in Zusammenhang mit den Mechs standen. Holprig, welche Merkmale?
Skeptisch beäugte ich Hal und bildete mir ein, dass ihre Kleidung etwas lockerer aussah.
Er zuckte mit den Schultern. Offensichtlich wusste er darauf keine Antwort.
Jedoch verkündete sich nun Diao. „Es kann aber auch sein, dass das Getriebe selbst beeinträchtigt ist. Vielleicht haben sich die Zahnräder verkantet.“
Zahnräder bei einer so großen Konstruktion? Eher ein magnetischer Antrieb, der ist ohne Reibung.
„Aber wie sollen wir das herausfinden?“, hakte ein anderer nach. „Wir müssen doch irgendwas unternehmen können...“
„Moment!“, unterbrach ich sie alle sofort. „Ich habe für heute wohl schon genug gemacht. Macht, was ihr wollt, aber ohne mich und meine Freunde...“
Schweigen brach aus. Hal glotzte mich nur verdutzt an. Es war ihr anzumerken, dass ihr etwas auf der Zunge lag, das sie mir gerne entgegnet hätte. Von Sekunde zu Sekunde wurde ihr Gesichtsausdruck wütender, bis ihr Kopf richtig heidelbeerblau war. Dann, ohne ersichtlichen Grund, wandte sie sich von mir ab und rief: „Ich komme mit!“
Dann stapfte sie mit lautem Tritt auf ihn zu.
Verblüfft sog schnappte ich nach Luft, was Hiar zugleich auch machte. Verständlich, in solch einer Situation mit dieser Zuspitzung von dramatischen Ereignissen. Ich konnte es nur schwer realisieren, dass sich meine Freundin diesem waghalsigen Unterfangen anschließen wollte.
„
Aber wenn ich auf meine rothäutige Kollegin blickte, wie tapfer sie wirkte. Sie war erblindet und würde vermutlich nie wieder sehen können. Trotzdem schaute sie hoffnungsvoll in die Zukunft. Erblindet und gleichzeitig schaut sie? Etwas unglücklich formuliert.
Ich fühlte mich elendig, neben der mutigen Hiar zu stehen und nur an mich zu denken.
Wie hässlich musste ich auf sie wirken, dem Egoismus immer noch Platz zu bieten, während meine bessere Hälfte sich freiwillig dem Selbstmordkommando anschließen wollte? Bessere Hälfte hört sich so 90 er an.