Beiträge von Stadtnymphe im Thema „Was lest ihr gerade? (Non-Fantasy)“

    Die "Silber" Reihe, von Kirsten Gier. Das ist die Autorin von der Rubinrot Reihe, die auch verfilmt wurde.

    Die Filme fand ich ok bis meh, aber die Silber Reihe finde ich extrem ansprechend und super geschrieben.

    Werd irgendwann danach auch die Rubin Reihe lesen und einfach hoffen, dass auch in dem Fall das Buch besser ist als der Film :D

    Interessant, dass du "Silber" als Non-Fantasy einstufst, denn diese Art zu träumen ist mir persönlich noch nie gelungen, und auch mit anderen Leuten bewusst gemeinsam zu träumen wie in einem Videogame, wäre für mich eher.... fantastisch :D

    Ich stimme dir aber absolut zu, die Silber-Bücher sind der Hit und ich habe sie selbst als nun doch schon Erwachsene jüngst in den Ferien mal wieder verschlungen. Die Rubinrot-Reihe kann ich dir sehr ans Herz legen, wenn du es ein bisschen klischeehafter willst, die Filme solltest du dir schnell wieder aus dem Gedächtnis ätzen. :)

    Ich hab mir heute ein bisschen leichte Lektüre (tatsächlich nur wenige Gramm schwer) gegönnt: Das Impfbuch für alle. Vom RKI. Kann man sich kostenlos bestellen oder herunterladen, um im Gespräch mit Freunden, Skeptikern, Besserwissern, Überzeugten, Leugnern, Impfbefürwortern - sprich, einfach allen - genau das zu bringen, was heutzutage scheinbar vielen Leuten fehlt: eine solide Faktenlage. Und diese sind in diesem Büchlein, das optisch tatsächlich wie ein Impfausweis aussieht (nur innen etwas voller ist), sehr übersichtlich und logisch aufbereitet, gewürzt mit kleinen unterhaltsamen Kommentarspalten von Dr. von Hirschhausen (der sich selbst für diese Position legitimiert, dass er früher Kinder geimpft hat, sagt er). Es geht nicht nur um Covid, es geht um alle möglichen Impfstoffe, um die Geschichte des Impfens - vaccinate kommt von "vacca"(lat.), also "Kuh", weil die erste Pockenimpfung, moralisch und ethisch nicht vertretbar, durch Kuhpocken ermöglicht wurde - ebenso wie die Geschichte der Impfgegner. Klar, das RKI befürwortet Impfen und empfiehlt es ausdrücklich, doch trotzdem möchte dieses Büchlein, so der Klappentext, informieren und dem geneigten Leser ermöglichen, seine eigene Entscheidung zu fällen. Aber nicht aus einem unfundierten Bauchgefühl heraus, sondern basierend auf Fakten. Davon gibts auch viele mundgerecht präsentiert. Nicht zuletzt wird eine Impfpflicht diskutiert und Querverweise zu Dumas' Drei Musketieren werden gezogen.

    Ich kann's nur empfehlen, denn Wissen über Fakten hat heutzutage noch keinem geschadet - und was man damit anfängt, ist dann abhängig vom gesunden Menschenverstand. Und auch nur 78 Seiten. Ideales Weihnachtsgeschenk für alle, die noch unschlüssig sind.

    Ich habe vor kurzem die Biografie über meinen hochgeschätzten Herrn Frédéric Chopin von Eva Gesine Baur beendet. Bei Biografien bin ich immer vorsichtig, vor allem, wenn sie so extrem dick sind wie dieses Exemplar; reichern doch die Autoren gern die eher dünne Faktenlage mit ausschweifenden Eigenkreationen an, und dann kommen oft Affären, Intrigen, Charakterzüge und Dialoge vor, die in Wahrheit so nie passiert sind/sein könnten. Nicht so bei Baur; im ganzen Buch findet sich kein einziger ausgedachter Dialog. Tatsächlich formuliert die Autorin alles, was sie nicht weiß, in Fragen: "Ist er verunsichert, weil Liszt beim Publikum so herausragend ankommt? Betrachtet er ihn als Konkurrenz?" und so ähnlich. Chopins Innenleben wird nie blumig nach außen gekehrt - das ist für Realisten ohnehin ein unmögliches Unterfangen -, sondern immer nur mit konkreten Dokumenten, Briefen, Tagebucheinträgen und Aussagen von Augenzeugen gearbeitet, alles andere sind vorsichtig formulierte Fragen, Vorschläge, Andeutungen im Schatten. Somit bleibt Chopin für den Leser ein Rätsel, man kommt ihm nicht sehr viel näher, sondern macht sich lediglich Vorstellungen über ihn. Und das ist auch gut so.

    Ich habe jetzt (selbstverständlich nach dem entsprechenden Netflix-Konsum, hier bin ich tragischerweise auch ein Kind des Mainstreams) den Roman "Das Damengambit" von Walter Tevis gelesen. Oh. So. Gut!

    Natürlich ist die Handlung nichts Neues und auch sehr schachdetail-lastig. Doch der Schreibstil und die sehr interessante Zeichnung der Hauptfigur bringen trotzdem vieles mit hinein, das noch einmal eine neue Perspektive auf die Handlung aufmacht. Ein paar kleine Zwischenhandlungen haben es nicht in die Serie geschafft, während diese hin und wieder ein paar dünne Szenchen hinzuerdacht haben. Insgesamt orientiert sich Netflix aber sehr sehr eng an Mr Tevis, und das ist gut so, denn der hat es echt drauf. Klare Empfehlung. Wie man gleichzeitig so gefühlsdistanziert, aber auch so einfühlsam schreiben kann, ist eine große Kunst. Habe das Buch in zwei Stunden verschlungen und das sagt eigentlich alles aus, was der geneigte Leser über Lesemotivation und Mitfieberung wirklich wissen muss.

    Daher: Los gehts, Bauer e4 und Buch auf!

    Aus purer Langeweile habe ich aus einem Billigladen ein Softcover mitgenommen, weil ich mich mal wieder schlau fühlen wollte: James Hawes' "Die kürzeste Geschichte Deutschlands". Was soll ich sagen, schlau fühl ich mich jetzt nicht, aber... erleuchtet!

    Der Mann ist ein Genie. Ein Frevler. Ein Revolutionär. Ein Possenreißer. Und weil das wohl keinem wirklich was sagen wird, hier vielleicht in der prägnanten Kürze, die das Buch auszeichnet, die Kernaussagen:

    Ost- und Westdeutschland gehören, dem Autor zufolge, nicht zusammen. Nicht wegen einer vierzigjährigen Teilung durch die innerdeutsche Grenze, sondern weil schon damals ein großer Teil des Westens römisiert war, während der Osten zunächst das wilde, ungeeinte Germanien darstellte, später vom Deutschritterorden kolonialisiert wurde und man sich nie sicher war, wie weit dieser ungezähmte Osten geht.

    Die Reichseinigung von "oben" im Jahr 1871 war, glaubt man dem Autor, ein kolossaler Fehler. Alles wurde preußianisiert, was es nie hätte sein sollen. Preußen als "ostelbischer" Junkerstaat wäre völlig anders gewesen als all die deutschen Fürstentümer.

    Eine Person, die im Jahr 1931 die NSDAP wählte, konnte man anhand einer einfachen Frage zu 80% ermitteln: Nämlich, ob sie protestantischen Glaubens sei. Protestanten wählten in diesem Jahr mit achtzigprozentiger Wahrscheinlichkeit NSDAP. Katholiken hatten eine sehr viel niedrigere Wahrscheinlichkeit für dieses Wahlverhalten.

    Ohne das ostelbische, prostestantische Junkertum wäre die NSDAP nie an die Macht gekommen. Erscheint recht logisch, wenn man bedenkt, dass auch die heutige Neue Rechte besonders in den neuen Bundesländern - wo sie sich schon historisch gesehen heimisch fühlt - zuerst erstarkte.

    Hawes provoziert natürlich. Sein Buch hat auch für ziemlich viel Furore gesorgt, immerhin fasst er 2000 Jahre auf 200 Seiten zusammen und stellt sich konsequent die Frage, ob der Osten Deutschlands zum Westen gehört. Auch, wer keine Ahnung von Historie hat, kann sich das Büchlein dennoch sehr unerschwinglich zu Gemüte führen, hören, staunen und dann mal bisschen drüber nach- und weiterdenken.

    Mich hat schon lange kein Buch mehr derart sprachlos zurückgelassen wie Ilja Leonard Pfeijffers „Grand Hotel Europa“ (2019) – was problematisch ist, wenn man dann anschließend eine Rezension drüber schreiben will. Auf die Gefahr hin, dass ich vielleicht doch gar nicht so wortwörtlich sprachlos bin, versuch ich’s trotzdem.

    Will man wissen, worum es geht, liest man am besten nicht den Klappentext. Keine Ahnung, wer sich den ausgedacht hat, aber er hat im Prinzip ein Dreiviertel des Buchinhalts mal eben ganz elegant – oder auch weniger elegant – weggekürzt. „Grand Hotel Europa“ ist faszinierenderweise eine wilde Melange aus Gattungen, die der Autor so übergangslos ineinander mischt, dass man schwerlich einen Überbegriff für das Ganze findet. Unzweifelhaft finden sich starke autobiografische Bezüge, dann ist da das klassische postmoderne Liebesdrama inklusive retardierendem Moment, die Komik kommt auch nicht zu kurz, stark durchschlagend sind auch die Reisereportage und sogar ein fast schon kriminalistischer Kunsthistoriker-Quest-Thriller. Und steht das Buch auch völlig zu Recht im Belletristik-Regal jeder gut sortierten Bibliothek, fasziniert doch am meisten das, was nicht ausgedacht ist: Pfeijffer streut so mühelos Fakten, Entwicklungen, Prozesse über Europa, den Massentourismus, Alte Meister, Fluggesellschaften, klassische Musik, AirBnB, den Untergang Italiens und Globalisierungstrends ein, dass es eine wahre Freude ist, sich auf diese Weise weiterzubilden.

    Ja, okay. Und worum geht es jetzt eigentlich?

    Ein Schriftsteller, etwas verleibt, wie von seiner (Ex)Freundin ständig betont wird, und in den besten Jahren, zieht sich in ein altes Nobelhotel der Extraklasse zurück, um dort den Niedergang seiner großen Liebe (eben jene nörgelnde Exfreundin) aufzuschreiben. Zunächst oberflächlich die Mechanismen, den Verfall und die Neukreation dieses Grandhotels bestaunend und mit dem Piccolo des Hotels über dessen traumatisierende Flucht aus Afrika philosophierend, taucht er schon bald in die Tiefen seiner holländisch-italienisch-europäischen Vergangenheit ab. Das hehre Ziel, von seiner Exfreundin, der Historikerin Clio („die Muse der Geschichtsschreibung“) zu berichten, hält er aber nicht stringent durch, sondern teilt seine ursprünglichen literarischen Absichten schon bald in eine facettenreiche Kritik des Tourismus, das mysteriöse Lebensende Caravaggios und die Bemühungen mehrerer verpeilter Kleinkünstler auf, die aus seinem letzten Buch einen Avantgarde-Kunstfilm machen wollen. Zwischendurch philosophiert er über Europa, das so sehr zu seiner Heimat geworden ist, dass er den Verfall, den schlechten Ruf, das Leben inmitten von kultureller Vergangenheit (die sich nicht mehr reproduzieren lässt) ebenfalls vielseitig beleuchten kann. Natürlich nicht, ohne eine gewisse Wehmut zu verspüren.

    Zwischendurch recht essayistisch angehaucht, sind der elegante, detailgetreue Schreibstil und die ausgemacht feinsinnige Komik dahinter zwei weitere Glanzlichter des Romans. Beim Lesen geschah es nicht selten, dass mir der Mund offen stehenblieb – so vieles, was man am Phänomen Europas oder des Tourismus unterbewusst schon kennt, hat Pfeijffer gnadenlos in Fakten verpackt auf Papier gebändigt, so dass man ein ganz neues Verständnis davon bekommt, was es heißt, als Städtereisender durch Museen und Paläste zu marschieren, überall Fotos zu machen, um zu beweisen, dass man dort war, und damit nicht besser zu sein als die Horden aus China, die sich eine Europareise einmal im Leben leisten und demzufolge alles und jeden abknipsen. Und ja, ich weiß, dass ich gerade einen extremen Schachtelsatz über viele Zeilen geschrieben habe.

    Lange Rede, kurzer Sinn: Fünf Sterne. Auch, wenn man nach dem Klappentext etwas ganz anderes erwartet, wird man nicht enttäuscht.

    Ich hoffe du weißt, dass ich dich schon immer gemocht habe und nie auch nur ein schlechtes Wort über dich verfasst habe :saint: :saint: :saint:
    Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass mal sagen zu müssen :P

    Nun ja, Etiam - da spielt natürlich mehr als nur Sympathie ins Gewicht;););) Wie der Autor auch so schön meint: Der beste Mörder ist der, dessen Motiv man nicht erkennen kann. Und wenn ich kein Motiv habe, ist es auch nicht erkennbar... :P

    Ich habe soeben den perfekten Ratgeber gelesen. Für alle, die diese Recherche auch schon länger mal anstrebten:

    Gerhart Honigs "Morden ohne Risiko - Ein Leitfaden für den perfekten Mörder zum häuslichen Selbststudium"


    Ja, was soll ich sagen? Ich bin nun ideal vorbereitet. Ich kenne mindestens 300 verschiedene, kurz angerissene Fälle, in denen der Mörder eben nicht perfekt handelte, weil er der Nachwelt mittlerweile bekannt ist. Ich weiß dank dieses wunderbaren Handbuchs, das in feiner, verständlicher und amüsanter Sprache verfasst wurde, was das Problem von Alibis ist, welche fünf Methoden es gibt, damit der schnüffelnde Inspektor niemals einen Mord und erst recht nicht einen selbst als Verantwortlichen vermutet. Eine Leiche verschwinden zu lassen, dem Mord den Hauch von Selbstmord verleihen, keine Spuren hinterlassen, sich nicht selbst durch auffälliges Verhalten überführen, den glaubhaftesten Unfall vortäuschen und die allgemeinen Regeln, die ein Mörder zu beachten hat, damit sein Handwerk auch gut gelingt. Ich bin begeistert!

    Natürlich wird sich auch mit den ethischen Theorien und Praxen der heutigen Gesellschaft, allein angefangen beim fünften Gebot der Bibel, auseinandergesetzt. Und wie gut, dass Herr Honig, wahrscheinlich eine Koryphäe auf dem Gebiet des Mordens, hierbei eine erleichternde Lösung präsentiert. Das Gebot "Du sollst nicht töten" bezieht sich nicht auf den Tötungsvorgang generell (denn dann könnten wir nicht mal ein Salatherz essen; Salat ist schließlich auch ein Lebewesen), sondern sollte heißen: "Du sollst nicht töten ohne Grund." Wie einfach! Dass ich das bisher noch nicht selbst erfasst habe!

    Das Büchlein fasst nur 115 Seiten. Ein genialer Griff ins Regal also, um sich zuhause, unterwegs oder auf dem Sofa seiner wohlhabenden Anverwandten weiterzubilden. Und danach kann die praktische Ausübung auch direkt losgehen.

    Klare Empfehlung! Fünf von fünf Sternen!


    ---verfasst vom Sofa meiner reichen Uroma aus------

    So, ich habe just "Der stille Don " (Teil 1), wie von Der Wanderer empfohlen, beendet. Hier mein taufrischer Eindruck.

    Scholochow versteht es, Atmosphären zu beschreiben, Landschaften und Gesellschaften nachvollziehbar darzustellen. Hin und wieder ist es sogar ganz amüsant, die Dialoge zu verfolgen. Der Band, den ich besitze, beinhaltet bereits zwei Bände (das mag nun widersprüchlich klingen); im ersten dessen ging es um das traditionelle Landleben der Kosaken und das hat mir gut gefallen. Im Großen und Ganzen eben die Verstrickungen von Familien, Liebe, Verrat, Heirat, Tod. Bis man dann zu Teil 2 kommt, in dem sich alles komplizierter gestaltet. Tatsächlich schwer zu merkende russische Namen überhäufen einander, wir bekommen ein eindrucksvoll lebendig-schreckliches Bild des Ersten Weltkriegs gezeichnet. Sollte sich jemand von euch entschließen, dies zu lesen, kann ich nur empfehlen, wirklich konzentriert bei der Sache zu bleiben. Die vielen Verwicklungen, Frontgeschehnisse, verschiedenen Seiten und Positionen haben es in sich. Scholochow schreckt auch nicht vor den unmenschlichen Seiten zurück, er erzählt sie genauso eindringlich und ungekünstelt. Zwischendrin blühen, metaphorisch stark angereichert, wunderschöne Beschreibungen über die Landschaft und den Fluss Don, Namensgeber des Buchs. Diese Landschaftspanoramen kehren immer wieder zurück und bilden einen Rahmen, der das Grauen innerhalb des Plots reflektiert, z.B. wenn ein zu den Bolschewiken übergelaufener Kosak erschossen, über seinem Grab eine Kapelle aufgebaut wird und in den Zweigen ringsum dann die Vögel nisten - der Inbegriff von neuem Leben, das aus altem entspringt.

    Was ich besonders faszinierend fand zu lesen, war, wie Scholochow Gruppendynamiken beschreibt. Besonders eingängig vollzog sich das an einer Szene, in der die unterlegenen Rotgardisten sich den Kosaken ergeben - beide Gruppen kennen sich aus ihren Dörfern, sind quasi Nachbarn, kennen sich also gut, kämpfen aber gegeneinander. Es ist Ostern, die Rotgardisten wollten sich nicht unbedingt ergeben, sondern die Revolution vorantreiben, sind jedoch in der krassen Unterzahl und umzingelt. Als sie die weiße Fahne schwenken, reagiert ein Großteil der Kosaken erleichtert, nicht gegen sie kämpfen/ sie umbringen zu müssen, und man begrüßt sich fast euphorisch, räumt ein paar alte Vorurteile aus ("Was, ihr glaubt immer noch an Gott? Uns wurde erzählt, die Bolschewiki beten jetzt den Teufel an!") und alles scheint gut --- bis sich die Stimmung innerhalb von Sekunden umwälzt, weil die Rotgardisten ihre Waffen nicht abgeben wollen. Und blitzschnell, tatsächlich handelt es sich nur um eine Seite, kippt alles und die Kosaken brüllen durcheinander, man solle die Bolschewiken erschießen. Was dann auch durchgezogen wird - auch hier scheut Scholochow keine Mühen, alles realistisch und eindringlich zu beschreiben. Derartige Gruppendynamiken tauchen häufig auf, bei Delegationsversammlungen, Familienfeiern, im Schützengraben, Offiziersgesprächen etc, und oft musste ich mir eingestehen: So unlogisch es sich zunächst anhören, der Mensch ist genau so, er ändert schnell die Meinung, wenn sich äußerst entscheidende Grundlagen auch ändern.

    Jedenfalls gibt "Der stille Don" eine interessante Perspektive der Kosaken in der Oktoberrevolution und danach. Bereits vertraute Eckpunkte (der Zar wird abgesetzt und später hingerichtet) werden nur am Rande erwähnt. Teilweise wirkten die Geschehnisse verworren und kompliziert auf mich, waren es mit Sicherheit aber auch wirklich. Kriegswirren hatten es nun so in sich.

    Abschließend kann ich sagen: Dieser Roman hat es in sich, er hat mich nachhaltig beeindruckt, und Plagiatsvorwürfe und Mitgliedschaft in der Partei hin oder her, finde ich den Nobelpreis begründet.

    Man sollte sich "Der stille Don" aber wirklich nur genehmigen, wenn man die harte Kost von Verwirrungen und Verstrickungen auch durchhalten will.

    Ernsthaft?

    Dann hat der Betreffende einen sehr guten Geschmack. :thumbup:

    Ich bitte unbekannterweise um Grußbestellung. :D

    Lieber Der Wanderer , ich kann mich jetzt schon für die Empfehlung wärmstens nur bedanken - Der stille Don ist ja mal wirklich ein Meisterwerk. Ich bin noch nicht so wahnsinnig weit gekommen gestern (gerade: Ausbruch des Krieges), kann das Buch aber kaum noch aus der Hand legen.

    Deswegen -- danke!

    Ich lese derzeit Maynard Solomons relativ bekannte Biografie zu Ludwig van Beethoven.

    Um die Lektüre kurz zusammenzufassen: der werte Herr analysiert Beethovens Leben mithilfe der Freudschen Psychoanalyse, und es ist tatsächlich... verrückt. Also nicht nur das Geschreibsel, das ist verrückt gut, sondern auch die Geschehnisse. Es ist ja bekannt, dass der Komponist schon lange taub war, bevor er die Neunte oder andere Höhepunkte seines Schaffens auch nur notierte, aber dazu kommen ziemlich eindringliche Beschreibungen seines jähzornigen Charakters und der extrem belasteten Beziehung zu seinem Neffen, die in dessen Selbstmordversuch gipfelten. Alle sehen in Beethoven immer nur das taube Genie, aber dieses Buch hat meine Sicht auf ihn dramatisch verändert.