Beiträge von TiKa444 im Thema „Wildnis“

    Jerim blickte Noah nachdenklich hinterher, als der wieder im Keller verschwand. Cifer hatte nicht vollkommen unrecht. Noah war schon mehrmals ohne Erklärung verschwunden um dann irgendwann später wieder aufzutauchen. Wenn er nur an Dunedin dachte... Aber jeder von ihnen hatte Geheimnisse und Noah hatte schon oft genug Seite an Seite mit ihm gekämpft. Damals als sie sich kennengelernt hatten, war er ihnen gegen dutzende von Wachen zur Hilfe gekommen, ohne sie je zuvor gesehen zu haben. Und das obwohl sie selbst mit ihm nur zu dritt und damit heillos in der Unterzahl waren. Zudem war das noch lange vor diesem allem gewesen. Vor den Seelensteinen, den Dämonen und ihrem Kampf gegen den Untergang der Welt. Nein. Was auch immer er vor ihnen verbarg, es war kein Verrat. "Seine Geheimnisse sind seine Sache", beschloss er, "Er wird sie mit uns teilen, wenn er dazu bereit ist." Dann eilte er den anderen nach, die bereits in der Dunkelheit hinter der Tür verschwunden waren. In ihr verbarg sich eine Treppe, die hinab in die unteren Gewölbe führen musste. Kein Licht beleuchtete den kühlen Stein um ihn herum, so dass die hallenden Schritte seiner Kameraden seine einzige Orientierung waren. In seiner Hand ließ er eine helle Kugel aus reiner Energie aufflackern. Vor ihm wurden die Körper seiner Gefährten sichtbar und dahinter eine hölzerne Tür. Nur Glück so schien es schien sie noch in den Angeln zu halten und sie ließ einen schmalen Spalt offen, der nichts als weitere Dunkelheit verkündete.

    Serin trat hinter Noah in das Gewölbe. Das Licht aus Jerims Hand erhellte weitere Steinwände und allerhand Fässer und Kisten. Hier musste sich das Lager der Taverne befinden. "Ob noch Essen übrig ist", fragte er sich, hielt sich jedoch davon ab nachzusehen. Was immer Noah ihnen zeigen wollte, Überraschungen hatten in der letzten Zeit selten etwas gutes verlautet. Angesichts dieser Erkenntnis zog er zwei seiner Dolche und rückte näher an Lynn, die neben ihm stand. Er konnte ihren Atem in der allgemeinen Stille, einzig und allein durchsetzt von dem Geräusch tropfenden Wassers, dessen Ursprung er nicht ausmachen konnte, hören. Er hatte sich geschworen, sie vor allem zu beschützen, was sie bedrohte. Nicht, dass sie wehrlos wäre, aber er könnte es sich selbst nicht verzeihen wenn ihr etwas zustieß. "Was genau wolltest du uns nun zeigen Noah", fragte Jerim irgendwo hinter ihm und seine Stimme hallte tausendfach von den steinernen Wänden wieder.

    Stille. Die scheinbar leere Lichtung lag unter dem Schleier der Täuschung. Kein Zeichen auf den Angreifer, bis auf das stechende Gefühl seines Blicks. Jerim versuchte seine Atmung zu verlangsamen und lockerte seine vor Anspannung schmerzenden Glieder. Es würde ihm nichts nützen wenn sie steif wären wenn der Gegner sein Versteck verließ. Plötzlich raschelte es im Gebüsch und alle Ruhe war augenblicklich verflogen, doch es war nur Neretvan, der auf die Lichtung taumelte. Seine Kleider waren geschwärzt und seine Haut dunkel vom Ruß. Schwarzes Blut tropfte von der Klinge seines Schwertes, dass er vor sich gestreckt hielt. Spuren eines weit entfernten Kampfes. Jerim konnte nicht erkennen wer ihn gewonnen hatte, jedenfalls schien er nicht schwer verletzt zu sein. Er ignorierte die Fragen, die ihm auf der Zunge lagen, selbst wenn so viel davon abhing ob er den Seelenstein erreicht hatte oder nicht und wollte ihm eine Warnung zurufen. Doch in diesem Moment erschien ihr Angreifer bereits neben Neretvan. Jerim sah wie es die Klaue erhob um zuzuschlagen, hörte einen Schrei von einem seiner Gefährten und schleuderte einen Ball aus reiner Energie. Diesmal war er schnell genug. In dem Moment als das Wesen zuschlug traf der Ball dessen Klaue und riss diese zur Seite, fort von Neretvans haut. Der reagierte unmittelbar und rollte sich zur Seite. Weg von dem Wesen das sich aufkreischend um die rauchende Klaue krümmte und dann erneut verschwand. Nur ein schmaler Rauchschwaden verblieb. Neretvan war derweil auf die Beine gekommen und blickte sich aufmerksam um. Diesmal wartete das Wesen nicht auf eine günstige Gelegenheit sondern erschien direkt neben Jerim, um sich dann kreischend vor Wut und Schmerz auf ihn zu stürzen. Jerim riss sein Schwert hoch, jedoch nicht mehr rechtzeitig. überrascht von der Wucht des Angriffs gingen sie beide zu Boden. Jerim spürte das Gewicht des Geschöpf auf ihm lassen und schmeckte Fellhaare in seinem Mund. Er rang verzweifelt nach Luft wollte dem Wesen in den Rücken stechen, doch alles worum seine Finger sich krümmten war Luft. Er musste das Schwert beim Sturz fallen gelassen haben. Die Luft wurde ihm knapp und scharfe Krallen durchdrangen seine Haut, die letzte Luft in seinen Lungen entschwand mit dem entsetzten Schrei, den er verzweifelt ausstieß. Vor seinen Augen verschwand die Welt und Lichter wie kleine Sterne tanzten vor seinen Augen, als das Wesen plötzlich mehrmals kurz nacheinander aufzuckte, erzitterte und dann still liegen blieb. Mit einem mal war das Gewicht von ihm genommen und frische klare Luft durchstömte seine Lungen. Vor ihm standen inmitten der tanzenden Sterne Serin, Lynn, Noah und Neretvan von deren Klinge das schwarze Blut des Geschöpfs tropfte.

    Serin starrte angewidert auf dieses abscheuliche Wesen, dass vor ihm zu Boden lag. Welche Höllen spuckten so etwas aus. Sah so die Zukunft dieser Welt aus wenn sie versagten. Er löste dem Blick von diesem Ding und musterte Jerim. Die krallen waren tief gedrungen, doch nichts was er nicht überleben wurde. Er ließ sich bereits wieder von Noah auf die Beine ziehen. Alle standen sie um ihn herum, bis auf Cifer, der wie immer etwas abseits stand. Feige wie in dem Moment als das Wesen angegriffen hatte. Er war der einzige der von Jerim weg, statt zu ihm hingerannt war. Doch Serin konnte es ihm trotz allem nicht übel nehmen. Jeder Kampf kostete Nerven und dieser...

    Krallen so lang wie Messer stachen aus einer dunklen Masse aus schwarzem Fell hervor. Krallen schärfer als jede Rasierklinge. Ein Fauchen ertönte, eine Planke schlug zu. Nur mit Mühe konnte Jerim dem Schlag entgehen. Er sammelte sich und machte eine tödlichen Ausfallschritt, der das Wesen in der Mitte hätte durchbohren sollen, doch er traf nur Luft. Augenblicklich tauchte das Wesen hinter Noal auf der anderen Seite der Lichtung auf, der sich gerade noch rechtzeitig zur Seite werfen konnte. Serin warf einen Dolch, doch kurz bevor dieser sein Ziel erreichte verschwand das Wesen erneut und tauchte an einer anderen Stelle auf. Jerim fluchte. Wie sollten sie ein Ziel treffen, das seine Position jederzeit verändern konnte. "Bleibt zusammen", rief er und stürmte dann zur Mitte der Lichtung, wo sie sich Rücken an Rücken in einem unförmigen Kreis aufstellten. Zu wenig Platz zwischen sich um dem Wesen Raum zu bieten und die Schwerter nach außen gewandt. Das Wesen stand still, zum ersten Mal seit seinem Angriff, und beäugte sie misstrauisch. Nur einmal wechselte es seine Position, als Lynn die Gelegenheit ergriff und einen Pfeil schoss, der ergebnislos in einem Baum stecken blieb. Endlich hatte Jerim die Chance es genauer zu betrachten. Es ähnelte nichts was er zuvor gesehen hatte. Das Wesen war schmächtig und kleiner als er vermutet hatte. Viel zu lange Arme, die in den Klauen mit den langen Krallen endeten, baumelte von schmalen Schultern. Das was man wohl als Oberkörper hätte bezeichnen können, war kurz und ging nahezu übergangslos in zwei dünne Beine über, die eher an Stöcke denn an Gliedmaßen erinnerten. Der Kopf, der zwischen den Schultern saß, ähnelte einem Dreieck. ein dünnes Spitz zulaufendes Kinn immer breiter werdende Wangenknochen und eine fast schon flache Stirn. Zudem war er seltsam nach vorne verschoben. Anders als am restlichen Körper war die Haut hier nackt und nicht von schwarzem Fell überdeckt. Ein Maul wie bei einem Fuchs oder einer Katze saß unter den beiden Feuerrot glühenden Augen, die ihnen zuvor in der Dunkelheit Angst eingejagt hatten.

    Serin verkrampfte und entkrampfte seine Hände regelmäßig um sie in Bewegung zu Halten. Jede Sekunde rechnete er damit, dass dieses Wesen direkt vor ihm auftauchte und ihm die Brust aufriss. Oder dass er den Schmerzschrei eines seiner Gefährten hörte dem genau das widerfahren war. Hundert gegner mit hundert schwertern, wären ihm lieber Gewesen, als eines dieser Wesen, doch was kümmerten sich schon Dämonen um den Wunsch eines einfachen Menschen. "Was bist du", rief hinter ihm eine Stimme. Heiser und voller Anspannung. Sie hätte in diesem Moment jedem von ihnen gehören können. Er drehte sich nicht um, um zu sehen wem genau. Denn darauf wartete die Bestie in seinem Rücken nur. Sekunden vergingen, ihm schien es wie Stunden. Der Wind raschelte an den Bäumen, übertönte das Geräusch ihres Atems.

    Schatten in der Nacht. Schatten zwischen den Bäumen, in jeder Bodensenke, hinter jedem Busch. Überall nur Dunkelheit, als hätte der Wald dem Licht selbst abgeschworen. Ein schwacher Wind fuhr durch das obere Geäst und rüttelte an Holz und Blättern. Ansonsten Stille. Kein Vogelruf, kein aufgeschrecktes Tier, das das Laub am Boden zum rascheln brachte. Nur das Rauschen der Blätter und den Schwachen klang von Atmen. Würde mehr Mondlicht durch das Blätterdach drängen, könnte Jerim die weißen Wolken sehen, die über den Mündern seiner Gefährten aufstieg. Ihnen allen war kalt. Wären seine Zähne nicht so fest zusammengedrückt, würde man das Klappern seiner Zähne im halben Wald hören können, doch wenigstens verdrängte die Kälte die Erschöpfung. Das war auch bitter nötig. Angestrengt suchten seine Auge in der scheinbar unendlichen Ferne nach ihrem Beobachter. Immer wieder huschten seine Augen dabei zurück an die Stelle, an der er für einen Moment geglaubt hatte das Glühen zweier Augen wahrzunehmen. Das Glühen roter Augen. Er zuckte zusammen, als neben ihm Noal die Luft einsog. Doch als er dessen erstarrten Blick folgte, starrte er erneut nur in Schatten. Plötzlich brach ein Ast hinter ihm und er fuhr erneut herum, doch wieder nur Dunkelheit. Er atmete tief ein in dem Versuch sich zu beruhigen, doch das Rascheln aus dem Unterholz störte seine Bemühungen. Irgendetwas war da draußen. Erneut brach ein Ast, das Unterholz raschelte und irgendjemand glaubte etwas zu sehen. Jedes Mal ließ es ihn und die anderen in eine andere Richtung herumwirbeln. Irgendwas war da draußen und es spielte mit ihnen.

    Serin hielt sich mit Mühe auf den Beinen. Mit jeder Sekunde wurde sein Stand wieder sicherer, doch jede Sekunde war eine Sekunde die verstrich. Er schob sich vor Lynn, auch wenn das ohne zu wissen aus welcher Richtung ihr Gegner kam sinnlos erschien. Er schloss die Augen und lauschte auf die Bewegungen des Angreifer. Kein ihm sichtbares System steckte hinter seiner Methode. Mal kam ein Geräusch von der einen, dann wieder von der anderen, ohne das der Angreifer irgendein Schema wiederholte. Er könnte von überall her kommen, jederzeit. Er öffnete die Augen wieder und versuchte die Dunkelheit zu durchdringen. Dann erklang ein Rufen aus weiter ferne, wie das eines hungrigen Wolfes, nur hundert mal schrecklicher.

    Jerim ging wie ein Tiger in einem zu engem Käfig. Hin und her, hin und her. Wo blieb nur Neretvan. Der Assassine war nun schon mehrere Stunden lang fort und mit jeder Stunde die sie hier herumsaßen und nichts taten kamen die Dämonen näher. Er konnte beinahe schon ihre Augen auf ihm spüren. Wie sie ihn gierig beobachteten. Warteten bis er einen Fehler machte. Den anderen schien es genauso zu gehen. Immer wieder blickten sie sich um, starrten in die Dunkelheit während ihre Augen versuchten zwischen den Schatten der Bäume etwas zu erkennen. Keiner war auf die Idee gekommen sich schlafen zu legen und so saßen oder standen sie herum, während ihr Atem kleine Wölkchen über ihren Köpfen bildeten. Ein Windstoß fuhr durch die Äste und brachte die Blätter zum Rauschen. Bildete er es sich nur so ein oder hatte die Luft selbst etwas Fauliges. Roch nach Tod und Verderben. "Reiß dich zusammen", sagte er sich, "Angst bringt die Sonne auch nicht zurück. Trotzdem spannten sich seine Finger um den Schwertgriff und trotzdem spähte er weiter in die Dunkelheit, während er hin und her ging wie ein patrouillierender Wachmann. Hin und her, hin und her.


    Über Jahre hinweg war er der Jäger gewesen, hatte im Schatten gelauert, während ihn seine Gegnern im Licht suchten. Es hatte einige Situationen gegeben, in denen er dem Tode nur knapp entrinnen konnte, doch nie war er so hilflos gewesen wie jetzt. Sie waren allein inmitten etlicher Kilometer Wald, scheinbar von Dämonen umzingelt und er saß hier ohne sich sicher sein zu können ob seine Beine ihn tragen würden. Nun war er der gejagte. Lynn hockte neben ihm und versuchte ihn zu stützen. Er umfasste ihre Hände mit seinen und schob sie sanft von sich. Er durfte seinem Körper jetzt nicht erlauben Schwach zu sein. So sehr er sich wünschte sich zurückzulegen und die Augen zu schließen. Er durfte es nicht. Er blickte ihr einen Augenblick lang in die Augen ohne ihre Hände los zulassen, wollte ihr sagen wie erleichtert er beim Aufwachen gewesen war, zu sehen, dass es ihr gut ging, wie froh er war, dass das Messer ihn und nicht sie getroffen hatte, doch die Worte dafür schienen ihm entfallen. Deswegen drückte er ihre Hände nur leicht und ließ sie dann los. Vorsichtig stand er auf. Er schwankte leicht und Lynn wollte ihn erneut stützen, doch er hob nur abwehrend die Hand und atmete tief durch. Der Schwindel in seinem Kopf legte sich allmählich. Er tat ein paar Schritte, schwankte wieder und fing sich. Nach und nach schienen die Nachwirkungen der Ohnmacht zu schwinden. Als er sich endlich wieder sicher sein konnte nicht zu fallen, setzte er sich hin und nahm einen tiefen Schluck Wasser. Es hatte ihm mehr abverlangt als er zugeben wollte. Dann blickte er sich in dem provisorischen Lager um. Cifer hockte niedergeschlagen in einer Ecke. Ob aus Furcht oder etwas anderem, vermochte er nicht zu sagen. Jerim ging nervös auf und ab und Noah saß, mit dem Schwert auf den Beinen, auf dem Waldboden. Lynn war mittlerweile aufgestanden, hatte den Bogen aufgenommen und einen Pfeil eingelegt. Ihre Augen wanderten aufmerksam zwischen den Bäumen umher. Sie wirkte ruhig, doch er wollte es nicht sein, nachdem sie ausschau hielt. Wie obskurs die Szene wohl auf jemanden gewirkt hätte, der zufällig vorbeikam. 5 Erwachsene Menschen, die ohne Feuer auf einer Lichtung kauerten und nach Schatten ausschau hielten. Immer vorausgesetzt derjenige war nicht bereits einem herumstreuenden Dämonen begegnet. Er selbst zog ebenfalls zwei Dolche und legte sie neben sich, man konnte nie vorsichtig genug sein. Dann betrachtete auch er den Wald. Etliche Bäume und Dunkelheit doch kein Neretvan. Jedoch auch keine Dämonen. Noch nicht. Dann zerbrach plötzlich ein Ast und er riss den Kopf herum. Im Wald leuchteten zwei rote Augen.

    Jerim grummelte vor sich hin. Dieser sturer .... Sie hatten keine Chance ihm zu helfen. Wenn doch wenigstens Serin auf den Beinen wäre. Er traute dem Mann nicht, aber er hätte Neretvan helfen können. Er fluchte wieder. Mit Serin müsste er sich auch noch beschäftigen. Was hatte er überhaupt gemacht, mit Lynn auf der Lichtung. Hatte er sich absichtlich vergiftet um ein Alibi zu haben, wieso er nicht helfen konnte. Oder sogar um sie aufzuhalten. Er vertrieb dise Gedanken sofort wieder. Für Misstrauen war auch später noch Zeit. Stattdessen zog er sein Schwert und blickte sich um. Wer weiß wann sie kamen.

    Serin wand sich. Sein Geist war eingesperrt in einen Fiebertraum, sein Verstand erstarrt. Vor seinem Auge kreiste Dolche, Männer in weißen Gewändern und Gestalten, die im Schatten auf ihn warteten. "Sei immer bereit", tönte die Stimme seines Meisters, "Keine Ablenkung." Die Schemen verschwanden und die Schwärze kam. "Keine Ablenkung." Nur noch Schwärze. Dann ertönte plötzlich eine leise Stimme. Eine Stimme die ihn an etwas erinnerte. Sie rief seinen Namen. In der Schwärze erstrahlte ein Licht. Schwach, doch es wurde immer stärker. In ihm bildete sich ein Gesicht. Auch das erinnerte ihn an etwas. Das Gesicht öffnete die Lippen. "Du musst das hier trinken", sagte die Stimme aus dem äußeren. Die Stimme die seinen Namen gerufen hatte. Er öffnete den Mund und dann kam die Schwärze zurück.
    Als er schließlich die Augen öffnete war da wieder dieses Gesicht. "Serin", sagte Lynn. Die Stimme aus seinen Träumen.

    Jerim schob sich durch Sträucher und Büsche. Was wollte Cifer ihm zeigen. Er würde ihm einige Fragen stellen müssen, sobald dieser Kerl endlich anhielt. Doch als er auf die Lichtung trat, war Cifer längst nicht mehr in der Lage irgendwelche Fragen zu beantworten. Nicht mehr in der Lage überhaupt zu sprechen. Er lag mit ausgestreckten Armen auf dem Laub bedecktem Boden. Neben ihm einer der Lebendensteine. Nicht wie der des Königs. Dunkler, Schmutziger. In dem Bruchteil einer Sekunde zog Jerim sein Schwert und drehte sich um die eigene Achse. In den Büschen bewegte sich etwas. Ein Ast zerbrach und er wirbelte herum. Vor sich sah er den Schemen etwas, das auf ihn zuflog. Eine Bewegung, sein Schwert zerschnitt die Luft und das Etwas landete mit einem dumpfen Aufschlag auf dem Waldboden. Von der Gestalt her einem Wolf nicht unähnlich, doch dünner und das Fell schwarz. Ein Fauchen und das nächste Wesen griff an. Er ließ sein Schwert tanzen. Schwarzes Blut spritzte. Doch immer mehr dieser Wesen kamen aus dem Schatten. Er machte einen Schritt zurück. Hin zu Cifer, der noch immer bewegungslos auf dem Boden lag. Eines der Wesen schnappte nach ihm, doch Jerim stach zu. Von allen Seiten kamen sie jetzt. Jerim streckte die Hand aus und ein Lichtblitz verließ seine Finger und fuhr ins Gebüsch. Ein Jaulen aus mehreren Kehlen und der Geruch von verbranntem Fell. Wenigstens waren sie leicht zu töten. Er schloss die Augen. Konzentrierte sich für einen Moment. Er hörte sie näher kommen. Hörte sie Knurren. Bereit zum Sprung. Dann öffnete er die Augen und stieß die Hand in die Luft. Die Luft vibrierte vor Spannung. Einige der Wesen sprangen. Dann ballte er die Finger zur Faust und um ihn und Cifer herum explodierte Energie. Wie eine Welle, ein Kreis der sich gedankenschnell ausdehnte, brandete sie durch die Luft und riss die Wesen mit sich. Holz brach, als Bäume wie Streichhölzer einknickten und der Geruch von Ruß verbreitete sich über der Lichtung. Flammen schlugen dem Himmel entgegen. Jerim ließ erschöpft die Hand sinken. Das hatte ihm viel abverlangt und doch war es nötig gewesen. Sich allein hätte er vielleicht mit dem Schwert retten können. Aber Cifer. Als er wieder zu Atem gekommen war packte er denselbigen und den Stein und trug beide von der Lichtung. Das hier würde jeder im Umkreis von hunderten Meilen gesehen haben und diese Wesen würden auch irgendwann wiederkommen. Er hatte keine Zeit zum verschnaufen. Sie alle hatten keine Zeit zum verschnaufen. Nicht wenn man bedachte was sonst noch in dem Wald lauern mochte. Am liebsten hätte er jedem, der in der Umgebung lagerte, ob nun zehn oder fünfhundert Meilen entfernt, zugerufen er möge rennen. Doch soweit trug seine Stimme nicht.

    Jerim betrachtete die noch ferne Kreatur zweifelnd. Ein Schutz vor Magiern und mit der macht alles zu vernichten was er sah. Alles was er sah. Mit einem Mal löste er sich von der Gruppe. Ließ Kameraden, Soldaten und Bauern gleichermaßen zurück, während er über das mit Leichen übersäte Feld sprintete. Eine Stimme hinter ihm rief seinen Namen, doch er konnte nicht sagen wem sie gehörte. Mit einem Satz verließ er die Dunkelheit und tauchte in den blauen Schein ein, der seinen Körper zu durchdringen schien. Er winkelte die Beine an und sprang mit erhobenen Schwert auf die Bestie zu. Mit unmenschlicher Geschwindigkeit drehte sich der Daemon um und stieß sein Schwert bis zum Heft in seine Brust. Der Körper des Elfen zersprang in einem Inferno aus goldenem Licht das sich mit dem blauem Schein vermischte. Von hinten trat plötzlich der echte Jerim, der sich in der Dunkelheit angepircht hatte, in das blau und hob sein Schwert. Wieder reagierte die Kreatur blitzschnell, doch diesmal genügte es nicht. Die Schneide schlug gegen die dunkle bronzefarbene Haut und an dieser Stelle entbrannte ein helles Glühen. Hitze schlug ihm entgegen, doch der verzauberte Elfenstahl hielt dem stand. Jerim erfasste die Energie des Feuers, dass an seiner Klinge leckte und lenkte sie zurück gegen ihren Schöpfer. Die Bestie warf den Kopf zurück und brüllte echten Schmerz hinaus in die kühle Nachtluft. Jerim biss die Zähne zusammen aufgrund der Anstrengung, die es kostete soviel Kraft zu lenken. Plötzlich erschallte ein lauter Knall und eine Explosion trennte die beiden Kontrahenten. Die Kreatur wurde auf unter ihm brechende Bäume geschleudert und Jerim zurück in die Dunkelheit des Feldes geschleudert wurde. Benommen richtete er sich auf, den Schmerz in seiner Hüfte ignorierend und war miteeinem Mal wieder zwischen seinen Kameraden. "Ich sagte ja man kann es nicht so einfach töten", kommentierte der alte Mann und Thoran fügte hinzu: "Kommt wir müssen die Zeit nutzen, die der Dämon braucht sich den Weg durch den Wald durchzuschlagen. Wenn wir uns beeilen können wir am Morgen in Dunedin sein." Diesmal stimmte ihm Jerim zu und sie verließen das Feld, wie auch all die anderen Bewohner des Gasthauses vor ihnen. Und als die Sonne aufging schien sie auf die hohen Mauern von Dunedin, die vor ihnen aufragten.

    -> Dunedin

    Jerim ließ seinen Arm hervorschnellen und Stahl bohrte sich durch fauliges Fleisch. Augenblicklich tänzelte er zurück und entkam somit dem Konterschlag dieses abartigen Etwas. Mit einem weiteren hieb schlug er das ab was er für den Kopf hielt, rollte sich zur Seite ab um einer nicht zuzuordnenden Waffe zu entgehen und stach einem Nachtschleier die silberne Klinge in den Rücken. Noch bevor das Wesen in sich zusammenfiel wandten er sich dem nächstem Wesen zu und tänzelte durch die Masse der Leiber, präzise schläge zu beiden Seiten austeilend und scheinbar Körperlos. Die Klingen seiner Gegner stachen zu und trafen nur ihresgleichen, kurz bevor sie selbst den Geschmack kalten Eisens auf der Zunge schmecken konnten. Immer wieder teilten hellglühende Bälle aus reiner Energie die Menge, explodierten und hinterließen nur den Staub verbrannter Knochen. Niemand schien ihn fassen zu können, nur die aus Energie geschaffenen Trugbilder seiner selbst wurden von Stahl zerschnitten und implizierten in tausende Partikel aus reinem Licht, die seine Gegner blendeten und sie schwach machten. Jerim war in seinem Element, in einem wirbelndem Gewitter aus Hieben und Licht. Eins mit den Klingen in seiner Hand, blendete er alles aus ohne das ihm etwas entging. Emotionslos ertrug er das Geschrei, das Knallen der Explosionen und den Geruch. Er war schon auf etlichen Schlachtfeldern gewesen, aber auf keinem hatte es so gerochen wie jetzt. Plötzlich schrien die Bestien im Chor auf und kehrten sich um. Sofort verharrte Jerim und suchte nach dem Grund. Wie eine schwarze Masse wogten sie zurück in den Wald, aber warum. Sie waren nicht geschlagen, dazu blieben noch zufiele. Um ihn herum starrten Soldaten, die Schwerter mit beiden Händen noch immer erhoben, auf die Rücken der fliehenden Feinde. Sie erschienen ebenso erstaunt wie sie. Es waren weit weniger als noch wenige Minuten zuvor und alle beuteten aus mehreren Wunden, an ihrer Kleidung klebte Schmutz und an ihrer Haut der Schweiß. Einzig Jerim schien unberührt.Was war geschehen? Was hatte diese Kreaturen dazu gebracht ihrem so sicherem Sieg den Rücken zu kehren. Plötzlich leuchtete ein blaues glimmen am Waldrand auf. Jerim konnte einen Mann erkennen, der von diesem Schein umgeben schien. Nein! Es umgab ihn nicht, sonder kam aus ihm. Die schwarze Masse teilte sich vor ihm und hinterließ eine kahlen Fleck zertrampelt er Erde. In diesem Moment wünschte er sich Jerim die Kreaturen zurück.

    Jerim umhielt beide Schwerter fest umklammert und starrten auf die dunkle Masse, die den Wald darstellte. Auch wenn er mit seinem normalen Schwert keinen schaden anrichten würde können, würde es immerhin die hiebe der Feinde abblocken. Sorgen, dass es zerbrechen könnte machte er sich nicht. Wenn auch nicht aus silber gemacht, so war es immerhin mit zaubern seines Volkes gegen Unheil geschützt. Aus dem Wirtshaus kamen nun auch weitere Männer. Soldaten, Händler und Bauern in unterschiedlichen Stadien der Bekleidung und mit den verschiedensten Waffen. "Können wir sie nicht zurückschicken", fragte er die anderen, "Sie werden nur schaden nehmen. Thoran schien den selben Gedanken gehabt zu haben. "Geht zurück ins Haus", knurrte er, als wäre er und nicht reißer der Wolf. "Das werden wir bestimmt nicht tun...", setzte einer der Männer zum Protest an, als plötzlich ein gleitend heller Feuerball ins obere Geschoss des Gasthauses einschlug und ein Loch in die Holzwand riss. Sprachlos starrten die Männer auf das lochterloh brennende Gebäude. "Wir bleiben draußen", bestimmte ein anderer mit zittriger Stimme. "Das war aber kein Nachtschleicher", stellte Geralt besorgt fest. Weitere feuerbälle, die in den Himmel aufstiegen und in ihre Richtung flogen, erhellten die bäumen bis es schien als stände der ganze wald in Brand. Dann brach der Sturm los.

    Als Jared sich endlich in sein Bett fallen ließ, von den Anstrengungen des Tages erschöpft, fand er nur unruhigen Schlaf. So viel war geschehen und zu viel beschäftigte ihn und so verfogten ihn die Erinnerungen auch in die Welt der Träume. Als er dann endlich erwachte und sich noch müder fühlte als am Abend zuvor waren kaum Stunden vergangen, geschweige denn die Sonne aufgegangen. Angespannt fuhr er hoch, auf der Suche nach dem, das ihn aufgeweckt haben mochte, doch sein Zimmer war leer wie die Geldbörse eines betrunkenen Spielers. Da der Grund nicht in Reichweite seiner Augen lag, lauschte er angespannt in die Nacht hinein. Ein Laut, so einsam wie ein verstoßener Wolf, hallte fern seines Fensters. Alamiert sprang er aus seinem Bett und schnappte sich seine Schwerter. Das silberne und das eiserne. Noch immer feiernde Menschen blickten ihn verwundert an, als er mit wenigen Schritten den Schankraum durchmaß und durch die Tür nach draußen stürmte. Eisige Nachtluft umpfing ihn und hätte wohl die Müdigkeit vertrieben, wäre sie nicht schon in dem Moment, als der Laut an seine Ohren drang, geflohen. Es war ein Warnruf gewesen. Mit Geralts Stimme.

    Jerim blickte verwirrt zwischen den Männern umher. Eine Taverne und drei bekannte. Der Wirt, der fremde mit dem Noah sprach und der alte Meister. Könnte das ein Zufall sein. Abgesehen davon hatte der Mann sie anscheinend gezielt gesucht und was noch schlimmer war, auch gefunden. Noch beunruhigender war, dass das der Mann erzählte. Geräte die Magie absaugten wie eine Pumpe Wasser. "Ich bin dabei", verkündete er laut. Diese Maschinen mussten zerstört werden. "Abgesehen davon könnte ich vielleicht noch mehr beitragen", behauptete Jerim und beugte sich leicht vor, "Wie ihr sicher wisst sind die Elfen ein sehr altes Volk. Weit älter als die Menschen. Entsprechend weit reicht unsere Geschichtsschreibung. Die alten Schriften erzählen bereits schon einmal von Kristallen, die dergleiche Kräfte haben. Desweiteren sind Elfen selbst in der Lage solche Kristalle, natürlich von weitaus geringeren Ausmaßen und gänzlich anderen Zwecken herzustellen. Wenn jener Magier, der unsere Kristalle einst beschwor, kein Elf war, dann muss er diese Technik also von den Elfen gestohlen haben. Bei diesen Geräten scheint es dasselbe. Es sind keine Kristalle, aber die Herstellung scheint dieselbe. Also sind an dieser Sache entweder Elfen beteiligt oder ein Mensch der zuviel weiß. Das gute ist, wenn wir die Speicher für die Magie zerstören kann ich die austretende Kraft in die alten Bahnen lenken und so das Land wiederherstellen. Ihr müsst wissen zwischen Zauberern, Hexern, Magiern und Elfen gibt es einen Unterschied. Menschen haben vielleicht eine Gabe oder das Potenzial, das ihnen ermöglicht Magie zu erlernen. Elfen sind mit der Magie verwachsen. Ist sie im unreinen sind sie unrein. Wie wir schmerzlich an eigener haut erleben mussten. Hätte ich dort gelebt wäre ich genauso geworden. Aber diese Verwachsenheit gibt mir auch die Möglichkeit tiefer in die komplexe der Magie einzugreifen. Somit kann ich sie tiefgehender manipulieren, in ihrer Grundfeste umgestalten und wieder ins Reine bringen. Wie weis ich nicht. Der Umgang mit Magie ist bei Elfen zumindest im Groben intuitiv. Wenn wir Glück haben, genügt das. Zumindest hoffe ich das."

    Jerim folgte der Gruppe. Vorsichtig blickte er durch den Wald. Wer wusste schon was dort alles lauerte. Er hatte heute schon einmal die Kontrolle verloren. Das wollte er nicht noch wiederholen. Diese Wesen waren Elfen gewesen. Wie er. Was hatte sie nur in so etwas verwandelt. Er hatte nicht einfach fliehen können und sie diesem Schicksal überlassen. Doch letztendlich ging das Schicksal der Welt doch über das Schicksal einzelner. Das durfte er nie wieder vergessen. Auch wenn es schien, als würde jede Sekunde ein neuer Feind auf sie zusturmen, erreichen Sie schließlich eine breite Lichtung und standen vor einer dicken hoch emporragenden Mauer.

    Jerim zog mit einem Schleifen eines der zwei Schwerter aus seiner Scheide. "Wir müssen kämpfen", sagte er entschlossen. "Hast du nicht gesehen", erinnerte ihn Geralt, "Sie können nicht sterben." "Vielleicht müssen sie es auch nicht", erwiderte Jerim und machte einen Satz nach vorn. Mit einer fließenden Bewegung trennte er einen Kopf ab. Der Körper des Wesens torkelte weiter, doch nun ziellos. Wirbelnd bahnte der Elf eine Bresche. Scheinbar unaufhaltsam fuhr seine Klinge, zu einem Schemen verschwommen, in Kehlen, durch Fleisch und durch Knochen. Verstümmelte die schrecklichen Schatten der lichtenen Wesen, die sie einst waren. Raubte ihnen Sinne und Glieder, als wären es nicht das Fleisch seiner Brüder und Schwestern.

    Jerim war entsetzt. Er wusste das Elfen sich verteidigten, wenn sie angegriffen wurden und angriffen, wenn sie provoziert wurden. Aber was konnte sie dazu gebracht haben ein Dorf mit wehrlosen Menschen niederzuschlachten. Sicher. Im Kampf für ihre Freiheit waren Elfen nicht gerade zimperlich gewesen, aber der war lange vorbei. Zumindest in dieser Gegend. Die Elfen die Jerim kannte waren eher friedliebend und vermittelnd. Nicht das sie einen Kampf meiden mussten. Sie waren in vielerlei Hinsicht im Vorteil. Seien es ihre Reflexe und ihre Schnelligkeit, ihre Stärke oder ihre Erfahrung. Kaum ein Mensch hatte 100 Jahre Zeit um seine Fertigkeiten näher an die Perfektion zu bringen. Elfen dagegen mochten zwar anfangs altern, doch mit ihrer Entwicklung prägte sich auch ihre Verbundenheit mit der Magie aus und war ihr Körper ausgewachsen, war diese so tief, dass die natürliche heilende Wirkung der Magie nicht nur Wunden schneller verschloss oder Krankheiten bekämpfte, sondern auch den Verfall aufhielten bis er in einer Abfolge aus Zerfall und Erneuerung stagnierte. Jerim sah wie sich seine Gefährten nervös umsahen. "Fürchtet euch nicht", sagte er laut. Wenn es eine Sache gab an die sich alle Elfen hielten, war das niemals grundlos einen Bruder anzugreifen. Er ging schweigend durch die Reihen der Pfähle. "Glaubt ihr das ist ein Zufall", fragte er laut. "Was sollte es sonst sein", antwortete jemand hinter ihm. "Das gerade das Dorf in dem sich unseres Wissens nach eines der mächtigsten Artefakte der Welt befindet, oder zumindest bis vor kurzem befand, grausam von Elfen abgeschlachtet wird", gab er zurück. Diese Dinge mussten etwas miteinander zutun haben. Er wandte sich um. "Cifer", sagte er laut, "Sag uns jetzt alles was du weist und woher du es weist." Er hatte schon genug Fragen. Jetzt wollte er Antworten. Zumindest ein paar. "Wir werden merken, wenn du lügst", warnte er, "Woher weist du von unserem Vorhaben und wie viel weist du darüber. Wir haben es dir jedenfalls nicht gesagt. Und woher hast du diesen Kristall." Er hatte seine Stimme erhoben. Manchmal war eben nicht die Zeit zum Warten. Manchmal musste man angreifen, solange der Gegner keine Deckung hatte.

    Im schweigendem Einverständnis machte sich die Gruppe auf den Weg. Niemand hatte etwas gegen Geralts Pläne einzuwenden und wenn sagte er es nicht. Ihr neues Ziel lag nur einige Kilometer von ihnen entfernt. Wenn sie sich beeilten erreichten sie es noch bevor der letzte Sonnenstrahl verlosch. Jerim positionierte sich bewusst hinter Cifer und Neretvan. Der Assassine mochte ihnen zwar geholfen haben, aber welche Gründe hatte er dafür gehabt? War das letzten Endes nur eine schreckliche Falle? Niemand von ihnen wusste was in diesem Dorf auf sie wartete. Und Jerim hatte nicht vergessen was Cifer gesagt hatte bevor der Berg zerbrochen war. Oder besser was er gezeigt hatte. Er beschloss ihn zu Rede zu stellen bevor sie das Dorf erreichten, es sei denn er kam von selbst auf ihn oder einen anderen zu. Nicht dass er es ihm übel nahm, dass er gezögert hatte seine Geheimnisse mit ihnen zu teilen. In seiner Situation hätte Jerim vermutlich auch abgewartet. Was allerdings auch daran lag, dass ihm von Kindes an Zurückhaltung, Vorsicht und Kontrolle, sowohl über sich selbst als auch über die Situation in der er sich befand, gelehrt wurde. Was ihm jedoch weit mehr sorgen machte war, woher Cifer seine Informationen und vor allem den Kristall hatte. Was verbarg er?

    Jerim betrachtete fasziniert die Blätter. Sie beschäftigten sich mit Wirkungsweise, Besonderheiten und Art der magischen Eigenschaften der Kristalle. Auch wenn seine Gabe wenig mit traditioneller Magie gemein hatte, so beherrschte er sie doch, als Mitglied seines Volkes, mehr oder weniger Instinktiv. Doch das was er sah hatte ebenfalls wenig mit traditioneller Magie zu tun. Es ging über die Grenzen dieser hinaus. Zeigte eine viel tiefere Verbundenheit zu den Elementen, als man es erlernen könnte. So wie auch seine Gabe. Nur auf eine vollkommen andere Art und Weise. Er fragte sich ob das was er tat nicht in gewisser Weise das selbe war wie das was die Kristalle taten. Direkte Kontrolle der magischen Elemente wie bei ihm die Energie. Natürlich mit vollkommen anderen Folgen und auch von vollkommen anderem Ausmaß als er je vermochte. Wenn die Kristalle vereint wären, würde das eine Zerstörung der Welt, wie er sie kannte nach sich ziehen. Das Portal war nicht einfach ein größerer Abklatsch, dessen was Magier vollbrachten. Es stülpte die Welt um. Brachte sie der Schattenwelt näher und stellte nicht einfach eine Verbindung zu ihr her. Es würde die Erde zur Schattenwelt machen und nicht einfach Elemente dieser auf ihr integrieren. Er war entsetzt, wenn er auch zugeben musste, dass ihn diese Macht, diese unglaubliche Macht faszinierte. "Wir müssen es verhindern", murmelte er leise und dann noch einmal lauter, "Wir müssen es verhindern." Die anderen blickten überrascht auf. "Um jeden Preis", fügte er hinzu, "Und wenn wir mit einem Assassinen arbeiten müssen, dann sei es drum." Er nickte Neretvan respektvoll zu. Er möchte ein Mörder sein, doch er hatte ihn gerettet. Außerdem hatte er es geschafft ihn zu überrumpeln und dem zollte er Respekt. Abgesehen davon schien selbst er Gefühle zu empfinden, wenn man bedachte wie er die Frau auf dem Bild angesehen hatte. "Was ist deine Geschichte", dachte er und gab dem Mann seine Blätter wieder. Er brauchte den Inhalt nicht schwarz auf weiß um sich an ihn zu erinnern. Er würde ihn nie vergessen.

    Jared sah Cifer erschüttert an. Woher wusste er überhaupt was sie suchten. Niemand hatte je mit ihm darüber gesprochen. Er öffnete den Mund um zu fragen woher er diesen Stein hatte, als plötzlich ein lautes Krachen ertönte. Im selben Moment sah er eine Gestalt aus dem Augenwinkel auf sich zu kommen und reagierte instinktiv. Doch das Krachen hatte ihn abgelenkt. Er zog in der Drehung seinen Dolch, doch noch während er aus der Scheide glitt wusste er, dass er ihn nicht mehr rechtzeitig heben konnte. In diesem Momend riss ihn die Gestalt auch schon von den Füßen und er vernahm ein lautes Rumpeln, während der Boden erbebbte. Er selbst rollte sich ab und kam dann wieder auf die Beine, blieb aber in der gebückten Verteidigungshaltung und hob seinen Dolch vor sich. Sofort fanden seine Augen den Mann, der ihn umgerissen hatte. Er trug die Kleidung eines Nomaden. Hinter ihm, dort wo sie eben noch gestanden hatten, sah man eine tiefe Furche von dem Felsbrocken der ebendort entlanggerollt war. Doch Jared blieb keine Zeit für fragen. In dem Moment in dem der Fremde etwas rief ertönte ein lautes Krachen und der Berg zerbrach. Als er sah was aus seinem Innerem erschien musste er lachen. Wie hatte er nur glauben können das ein paar seltsame Wesen den Hexern etwas zufügen könnten. Das war großartig.

    Vollkommen außer Atem erreichte die Gruppe den Ausgang der Höhle. Oder eher der Hölle. So war es zumindest Jerim vorgekommen. Den ganzen Weg über hatten sie die Gedanken an Thoran und Geralt verfolgt, als seien es lebendige Wesen. Als sie den Sonnenschein erreichten, oder eher das was der Abend davon noch übrig gelassen hatte, blieben sie stehen und stützten die Hände auf die Knie, während sie nach Luft rangen. Zum Glück waren wenigstens die Harpien verschwunden. "Was haben wir getan", murmelte Noah zwischen den Atemzügen immer wieder. Jared trat zu ihm und legte ihm tröstend die Hand auf die Schulter. "Sie haben sich für uns geopfert", sagte er, "Es liegt keine Ehrlosigkeit in der Annahme von Opfern." Trotz dieser Worte musste er schlucken, als er daran dachte worin dieses Opfer bestanden hatte. Egal was er sagte, ihn quälten die selben Schuldgefühle wie alle anderen. "Aber es liegt keine Ehre in einem sinnlosem Tod. Dadurch das wir ihr Opfer angenommen haben, haben wir nicht nur verhindert, dass wir alle sinnlos sterben, sondern ihrem Tod auch noch einen Sinn gegeben", fuhr er fort. Teilweise um die anderen zu ermutigen, teilweise um sich selbst zu ermutigen. Na ja. Vielleicht könnte man es eher trösten nennen. Er sah sich um und blickte dabei jedem einzelnem ins Gesicht. Lynn blickte traurig in die Ferne, doch als sie seinen Blick bemerkte straffte sie ihre Schultern und erwiederte ihn entschlossen. Noah war in sich versunken, doch auch auf seinem Gesicht zeigte sich neben Trauer auch Entschlossenheit. Cifer stand wie immer am Rande der Gruppe und selbst er, der die beiden am wenigsten gekannt hatte, schien betreten. Jared holte tief Luft und festigte seine Stimme. "Und wir geben ihrem Tod noch einem tieferen Sinn, wenn wir unser Ziel nicht aus den Augen verlieren", fügte er noch hinzu, "Ich jedenfalls habe ich mich entschieden. Ich setze diese Reise fort." Er war nicht überrascht als er sah, dass alle außer Cifer nickten. Jared hatte keine Ahnung was er von diesem halten sollte. Er würde die Gruppe vermutlich in Dunedin verlassen. Und wer sollte es ihm auch verdenken. Er jedenfalls konnte von niemanden verlangen dieses Risiko unfreiwillig auf sich zu nehmen. Die Gruppe machte sich wieder auf den Weg. Als sie den Hügel hinabschritten, musste er daran denken wie sie ihn bestiegen hatten. Da waren Thoran und Geralt noch bei ihnen gewesen. Es schien ihm wie eine Ewigkeit her. Dann musste er an das letzte Bild, was er von ihnen hatte, denken. Wie sie mit erhobenen Schwertern dastanden. Seite an Seite. Die Szene erinnerte ihn an ein Gedicht, was er einmal gehört hatte.
    "Welch ein Narr stört meine Ruhe. Welch ein Narr bringt mir die Pein. Er soll nur kommen, denn was ich auch tue. Sterben muss ich nicht allein.", murmelte er leise vor sich hin. Aus dem Augenwinkel bemerkte er wie Lynn ihm einen Blick zuwarf. Sie musste ihn gehört haben. Doch er ging nicht darauf ein. Stattdessen blinzelte er eine einzelne Träne weg, die sich am Rande seines Auges gebildet hatte und wieder musste er an das Bild von Thoran und Geralt in der Höhle denken. Er würde dafür sorgen, dass ihr Opfer nicht vergebens war. Und wenn es das letzte Mal war, dass er etwas tat.

    Jerim blieb entsetzt stehen, als ihm Thoran entgegenkam mit Geralt auf dem Rücken. Er war ihm nachgelaufen, doch jetzt konnte er nur dastehen und mit offenem Mund seinen... Nun ja was denn eigentlich? Seinen Freund? Sie hatten sich beide gegenseitig mehere Male das Leben gerettet. Wenn das kein Grund dafür war, was dann. Geralt war schrecklich entstellt. Blut rann aus zahlreichen Wunden aus Brust, Bauch und Gesicht. Thoran bettete Geralt sanft auf dem kaltem Steinboden und alle versammelten sich um ihn. Zweifelnd blickten sie auf ihren Gefährten. "Was sollen wir tun?", war es schließlich Noahs Stimme, die die Stille durchbrach.