Beiträge von Myrtana222 im Thema „Klischees-gut oder schlecht?“

    Ich hasse Klischees. Es gibt kaum etwas, das in mir einen solchen Brechreiz hervorruft, wie dieses Rumgewippe auf denselben ollen, alten, ranzigen Kamellen. Natürlich ist es wie überall: Man kann das Rad nicht neu erfinden, aber wenn sich fast jede Geschichte liest, als wäre sie nur eine Neukombination aus ziemlich alten Stiefeln, dann zweifel ich die Daseinsberechtigung ebenjenen Buchs einfach an.
    Es gibt auch gute Beispiele. Die meisten Fans der Reihe mögen mich wohl dafür töten, aber wenn man genauer hinschaut, hat auch Patrick Rotfuss mit seiner Königsmörderchronik kaum ein Fantasy-Handlungsklischee ausgelassen, das es gibt. Aber er hat alle diese alten Stoffe so interessant interpretiert, so spannend verknüpft und so sagenhaft verwoben, dass es dennoch irgendwie neu war. Das ist aber auch die einzige Buchreihe, die mir einfällt, die mir trotz eines riesen Haufen an Klischees sehr gefallen hat.
    Es geht auch anders. Mir fällt kein großes Klischee ein, das zum Beispiel Perdido Street Station aufgegriffen hätte. Ich kann mich nicht erinnern, dass Geralt von Riva in die primitive Schlächterrolle passen würde, die ihm jeder andere als Sapkovsky angedichtet hätte. Wie viele Geschichten gibt es, die in den Tunneln der Moskauer Metro spielen, abgesehen von Metro2033? Das Problem an dem Ganzen ist doch auch: Klischeearmut ist nicht massentauglich. Es ist nun mal so, dass die Nachfrage den Büchermarkt wirklich in extremem Ausmaß bestimmt, und mit ein paar aufgewärmten Liebes-oder Zwergengeschichten macht man nunmal mehr Umsatz als mit irgendetwas gewagtem, was nun mal nur jedem hundertsten Fantasyleser gefällt. Was die Fantasy meiner Meinung nach braucht, ist Mut zu neuen Sachen und auch die Bereitschaft der Leser, mal über ein sehr kräftig abgestecktes Genre hinaussehen zu wollen. Denn, ich bitte euch, wir nennen unser Genre FANTASY, aber die Hälfte davon liest sich absolut gleich. Wo steckt da noch die Phantasie?
    Ich will zum Schluss sagen, dass ich nicht glaube, das besser zu können als die meisten. Das hier war meine Meinung als Leser, nicht als Autor, die würde nämlich lauten, es eben so gut zu versuchen wie es geht, Klischees möglich zu vermeiden und sie wenn dann geschickt und interessant einzusetzen. Mein Appell ist einfach: Fantasyautoren sollten mehr wagen, mehr versuchen, sich auch mal Inspirationen aus anderen Genres holen. Sonst merken wir vielleicht irgendwann, dass wir seit Jahren nichts Neues gesehen haben.