Sie kommen
von Iridiosflames
In seinem idyllischen Örtchen hatte der Osterhase verschlafen, da er auf seinen Löffeln gelegen hatte. So konnte er den Wecker auch nicht hören. Die Sonne, die durch das Fenster schien, kitzelte seine Nase und er mußte niesen, gerade als er im Traum durch eine saftige Kleewiese wanderte. Hier ein Kleeblatt, dort ein Kleeblatt, er hatte schon den halben Arm voll gepflückt und es kamen noch so viele vor ihm. Er schreckte auf und seine Ohren klappen nach oben und vibrierten, ein leises surr war zu hören. Karl Färber, so sein Name, rieb sich die Augen mit den Pfoten und klappte die Bettdecke zur seite. Geschwind schwang er seine Hinterbeine auf den Boden und ging ins Bad. Während er sich die Schneidezähne abfeilte, da es schneller ging als irgendwo nagen, klingelte es an der reich verziehrten Vordertür. Flux steckte er die Feile zurück und rannte zur Vordertür.
Karl öffnete die Tür und der Postbote, eine Taube, saß vor ihm auf seinem Briefkasten. Sie hielt ihm den Brief entgegen der auf ihrer Flügelunterseite lag. Noch etwas Müde nahm er den Brief entgegen, ging kurz in sein Haus und holte den Napf. Er hielt der Taube den Napf hin, sie pickte einige Körner heraus und flog weg. Karl schmiß die Tür zu, stellte den Napf zurück und ging in das Wohnzimmer. Momentan hatter er keine Muse für einen Blick auf die herrliche Natur vor seinem Bau.
Nicht weit vor dem Bau wand sich ein kleines Bächlein durch die Wiesen. An der nahesten Stelle zum Bau war eine kleine braune Holzbrücke, sie war mit Efeu bewachsen, der an beiden Seiten der Brücke gepflanzt worden war. Sie knarrte etwas wenn Karl darüber ging. Dahinter zoge sich eine Blumenwiese mit gelben, roten und blauen Blüten sanft einen Hügel hinauf. In der Ferne standen hohe Pappeln und umrahmten diesen idyllischen Ort, schlossen ihn ein, ja sie beschützten ihn.
Karl, war zu seinem Sessel gegangen, er rätselte was wohl im Brief stand. Als er sich gesetzt hatte griff er zum Brieföffner der nebenan auf einem kleinen Tischchen lag. Langsam und vorsichtig öffnete er den Brief. Als er fertig war legte er den Brieföffner sachte zur Seite und zog dann bedächtig den Brief aus dem Kuvert. Genauso bedächtig klappte er den Brief auf und las den Inhalt.
Lieber Karl,
uns geht es gut. Letztes Jahr war wieder sehr anstrengend gewesen, das kennst du ja selbst. Doch wie wir gehört haben bist du nun in Rente gegangen. Könntest du uns sagen wer nun deine Arbeit übernommen hat? Wir haben noch ein paar Jahrhunderte vor uns bis zur Rente, doch sei sie dir gegönnt nach neunhundert Jahren. Da du ja nun Frei hast hatten wir vor dir einen Besuch abzustatten, da wir aber nicht wußten wann du diesen Brief erhälst wäre es nett wenn du dich per Kugel bei uns meldest.
Viel Spaß bei der Rente!
Gruß W.
Karl lächelt, ja stimmt. Das war sein erstes Jahr ohne Ostern. Er war zwar letztes Jahr nach Ostern in Rente gegangen doch dieses Jahr konnte er zuhause bleiben. Gähnend ging Karl zum Schrank, öffnete ihn und und zog die Decke ab von dem was in der Mitte lag. Hervor kam eine Kugel aus Glas welche auf einem Goldfuß stand in dem Juwelen eingelassen waren. Kurz überlegte er welcher nochmal jetzt gebraucht wurde. Dann fiel es ihm wieder ein, der blaue Juwel. Karl drückte ihn und die Kugel fing an Schneegestöber anzuzeigen, langsam klärte sich das Bild. Niemand schien da, nur ihm Hintergrund sah man ein paar Regale voll mit Spielsachen stehen. Zwei Sekunden später erschien ein kleiner Kopf mit einer roten Zipfelmütze im Bild.
Guten Tag,wie kann ich Ihnen helfen?
Ja, ich habe einen Brief vom Weihnachtsmann bekommen und wollte fragen ob er Zeit hat?
Ich werde den Chef benachrichtigen, bitte rufen sie heute abend noch einmal an!
Ja werde ich, bitte richten sie auch schöne Grüße vom ehemaligen Osterhase aus, bis heute Abend.
Das werde ich tun, auf Wiedersehen.
Auf Wiedersehen.
Das Gesicht verschwand und Karl drückte das Juwel erneut und legte dann die Decke wieder darüber und schloß den Schrank. Nun grübelte er was er mit der Zeit bis heute Abend anfangen sollte.
Da fiel ihm sein Lieblingsplatz drüben auf dem Hügel hinter dem Bach ein. Also ging er aus seinem Bau hinaus und über die Holzbrücke, die wieder knarrte unter ihm. Oben angekommen sah er sich um. Hinter dem Bach war sein Bau und dahinter seine Osterhasenwerkstatt. Doch diese brauchte er jetzt nicht mehr. Rechts von ihm zog sich hinter dem Bau hervorkommend die Pappelkette und dazwischen bis zu ihm war Blumenwiese. Hinter ihm fiel der Hügel sanft ab und am Ende waren auch wieder Pappeln. Links sah es genauso aus wie Rechts. Über ihm war blauer Himmel und langsam setzte er sich und legte sich schließlich hin. Er genoß die warme Frühlingsstimmung. So wie hier immer Frühling war, war beim Weihnachtsmann immer Winter. Noch viele Gedanken gingen ihm durch den Kopf, aber er brauchte sie sich nicht mehr zu merken, er war jetzt in Rente. Früher mußte er sich jedes Jahr neue Muster für seine Eier ausdenken, nur ab und zu konnte er auf Alte zurück greifen und dann benutzte er nur eins. Er hasste Kopien, so wie er es auch hasste das Menschen in der anderen Welt dachten sie könnten seinen Job machen. Doch das war jetzt vorbei, nach neunhundert Jahren Arbeit für die Menschen und die magischen Geschöpfe.
Über dieses Nachdenken vergaß er fast die Zeit, außer einer leichten Kühle die den Abend anzeigte, war kaum ein Unterschied zu bemerken. Doch nach neunhundert Jahren hier kannte er alle kleinen Nuancen des Wetters in seinem Reich. Er würde es bald verlassen müssen. Sein Nachfolger war schon da und schlief im Gästezimmer im hinteren Teil des Baues, nahe bei der Werkstatt. Da Osterhasen kaum Besuch, vorallem nicht über Nacht, bekamen war es eine Tradition geworden. Auch er hatte dort geschlafen als er hier angefangen hatte.
Langsam ging er über die alte Holzbrücke, die wie zum Abschied etwas lauter knarrte als sonst. Gleich darauf war er an der verzierten Tür. Seine Tür, vor seiner Zeit war sie schmucklos gewesen, war grandios in seinen Augen. Denn er wollte den wenigen Besuchern etwas bieten und hatte einen Zwerg angagiert der sich zwar mit Stein aber nicht mit Holz auskannte. Daher hatte er ihn an der Hintertür üben lassen. Diese sah zwar nicht mehr so gut aus, eher grausig doch wer sieht schon die Hintertür, aber dafür war die Vordertür eine Augenweide. Zwergische Kunst gepaart mit Symbolen der Osterhasen sah schon fantastisch aus. Der Pinsel in der unteren linken Ecke, der Korb in der oberen rechten Ecke. Dazwischen eine kleine Version seiner Maschinen, was Zwerge daher am besten machen konnten, lagen ihnen doch Technik quasi im Blut. Den Pinsel und den Korb hatte Karl gemalt, da sein Handwerker nur eckig und kreisrund gut beherrschte. Doch nun, nach vierhundert Jahren, hieß es Abschied zu nehmen. Er konnte nur hoffen das sein Nachfolger wenigstens etwas von seinem Geschmack übrig lies. Nach diesem Studium der Tür erinnerte er sich an sein eigentliches Anliegen und betrat seinen Bau.
Karl öffnete des Schrank, entfernte die Decke und drückte das blaue Juwel. Nach dem üblichen Verbindungsschneegestöber war das Bild wieder klar. Das kleine Gesicht von vorhin mit der Zipfelmütze war schon zu sehen, scheinbar hatte es gewartet.
Guten Abend!
Guten Abend!
Ich habe mit dem Chef gesprochen, er müsste gleich hier sein.
Hier bin ich doch!
Das kleine Gesicht verschwand und ein viel älteres mit weißem Bart erschien in der Kugel.
Hallo Karl, lange nicht gesehen. Wie ist es so als Rentner?
Schön, aber du weist das ich bald ausziehen muss. Mein Nachfolger Hubertus Färber ist schon seit zehn Monaten da und bereitet alles für dieses Jahr vor.
Ihr heisst alle Färber?
Ja, wer ausgewählt wird heisst dann mit Nachnamen Färber, mein alter Name war Weissquaste. Soll ich Hubertus holen?
Nein, wir haben vor morgen bei dir vorbei zukommen.
Chef wir liegen in der Zeit aber etwas zurück!
Ich weis und trotzdem werden wir es schaffen wie jedes Jahr! Also Karl, wir kommen morgen früh ist das euch recht?
Ja, ich werde Hubertus informieren. Bis Morgen.
Ja, bis Morgen.
Karl packte die Kugel warscheinlich das letzte Mal wieder ein und schloss den Schrank. Er ging aus dem Zimmer in den Flur und dann Richtung Werkstatt. Die Tür war sehr massiv so das fast kein Laut aus der Werkstatt herausdrang. Karl öffnete sie und der Lärmpegel schwoll sofort an. Ein Pfeiffen, Zischen und Brodeln ertönte und übertönte jedes andere Geräusch im Bau. Langsam, er hatte es ja nicht mehr eilig, ging er durch die Werstatt und suchte Hubertus. Nach einigem suchen in der Werkstatt, die innen größer schien als von außen, sah er Hubertus Ohren unter einem Dampfkessel herausschauen. Als Osterhase war man nicht nur für das Färben verantwortlich sondern auch für die Instandhaltung der Maschinen. Er tippte die Ohren an die sich kurz bewegten, dann kam auf einem Rollbrett Hunertus hervor gefahren. Karl schaute nach unten und winkte ihm zu mit zu kommen.
Sie verliessen die Werkstatt durch die zerkratzte Hintertür und Hubertus schloss sie. Augenblicklich sank der Lärmpegel gegen Null. Die ganze Werkstatt war recht gut nach außen lärmgedämmt.
Hubertus, ich habe die doch vom jährlichen Besuch des Weihnachtsmannes vor Ostern erzählt.
Ja hast du Karl, Heute oder Morgen?
Morgen früh!
Super endlich lerne ich den Weihnachtsmann kennen, hab von ihm als junger Hase immer tolle Geschenke bekommen.
Ja ich auch. Doch er hat ja noch seine Familie, nicht alle werden kommen aber er und seine Frau und zwar mit dem Schlitten.
Sie kommen, sie kommen im Schlitten?
Hubertus hüpfte vor Freude auf und ab und das mit Hundert Jahren.
Ja und ich werde mit ihm wieder gehen. Dann gehört dir der Bau komplett und du kannst die nächsten neunhundert Jahre machen was du willst solange du deine Pflicht erfüllst. Wie man alles benutzt und worauf man achten muss habe ich dir ja schon gezeigt. Ich geh jetzt packen. Ab morgen Abend bist du der Chef hier im Osterhasenland.
Karl dreht sich um und lief um die Werkstatt und den Bau herum um zur Vordertür zu gelangen. Hubertus hüpfte währendessen immernoch wie ein junger Hase von Fünf hin und her.
Ende