Beiträge von Thorsten im Thema „Wie schreibe ich eine Schlacht?“

    Es kommt natürlich darauf an, wie dicht die Infantrie-Reihen sind. Wenn die Kavallerie durchbricht ist es schnell vorbei mit einer geordneten Formation.

    Historisch (und das ist wieder fuer die Frage was man schreiben sollte interessant) kam's auf was ganz anderes an.

    Pferde sind ja keine Rammboecke - wenn mehr als sechs Reihen Menschen hintereinander stehen, dann kann ein Pferd im Galopp die nicht durchbrechen, da ist zu viel Masse - egal was die Menschen tun. Alexander's Phalanx konnte sogar (bevor sie bessere Taktiken gefunden hatten) angreifende Kriegselephanten stoppen - selbst die Masse eines rennende Elephanten reicht nicht um eine Truppe von Infanteristen zu durchbrechen.

    Nur - historisch sind ungefaehr 9/10 Schlachtreihen unter einem direkten Kavallerieangriff auseinandergebrochen. Warum? Schierer Terror. Stell' Dir einfach mal vor ein einzelnes Pferd galoppiert direkt auf Dich zu - die wenigsten Menschen bleiben da stehen. Und jetzt machen wir eine ganze Schlachtreihe draus und tun Lanzen dazu - die Art von Soldat die da noch stehen bleibt ist was ganz besonderes.

    Es nuetzt Cornelius Nullius in Reihe Eins ja nichts, wenn er weiss dass die Angreifer die Reihe hinter ihm nicht komplett durchbrechen koennen weil die 10 Mann stark ist - er sieht spitze Lanzen und Hufe in rasender Geschwindigkeit auf sich zukommen und weiss dass er gleich tot ist. In dem Moment ist es ihm egal ob die Reihe jetzt theoretisch haelt - alles sagt ihm 'renn weg!'

    Alexanders Maenner oder die roemischen Legionen waren besonders weil die zu den wenigen Einheiten gehoerten die Kavallerieangriffe in guter Ordnung aushalten konnten. Nach dem Ende des westroemischen Reiches gab es in Europa gute 1000 Jahre lang keine Infanterietruppe die dieses Kunststueck fertig gebracht hat - 1000 Jahre lang sind Schlachtreihen unter Frontalangriffen der Kavallerie zerbroeselt und Truppen aufgerieben worden - erst die Schweizer Landsknechte waren wieder in der Lage standzuhalten (und die Muskete hat den Ritter schnell ueberfluessig gemacht).

    Schwere Kavallerie - und das geht in Computerspielen schlicht unter - ist in erster Linie eine Schockwaffe die durch den schieren Terror wirkt den sie auf dem Schlachtfeld auf Fusssoldaten ausuebt.

    (Die Dothraki sind glaube ich eher berittene Bogenschuetzen - die setzt man anders ein, damit muss man keinen direkten Angriff machen sondern terrorisiert den Feind durch Nadelstiche).

    Ich behaupte nicht, dass es so ein Spiel nicht gibt aber ich stelle es mir als sehr sehr frustrierend vor, sozusagen die Schlacht von Azincourt nachzuspielen, in der die Franzosen trotz 2:1 Übermacht gegen die Engländer/Waliser verloren haben, weil sie mit ihrer Kavallerie über einen völlig aufgeweichten, frisch gepflügten Acker gejagd sind und dann wörtlich im Schlamm ertrunken sind.

    The operational Art of War (ToAW) - ein altes, rundenbasiertes sehr realistisches (*) Strategie- und Taktikspiel das historische Schlachen nachstellt ist so - da ist die Seite des historischen Gewinners normalerweise ein gutes Stueck leichter. Die Invasion der Normandie aus Sicht der Deutschen war praktisch nicht gewinnbar (allenfalls verzoegerbar) - trotzdem sehr instruktiv.

    (Bei Agincourt stuende es dem Spieler vermutlich frei seine Kavallerie einfach nicht auf diese Art zu verheizen - der Ausgang der Schlacht ist primaer durch galoppierende Daemlichkeit zu erklaeren, wenn's beim ersten Mal in Desaster endet, dann ist es halt keine gute Idee es das zweite, dritte und vierte Mal zu versuchen...)


    (*) Wer nicht versteht wie Nachschublinien und Truppenmoral funktionieren der stellt in Runde 4 fest dass seine Front am Zusammenbrechen sind...

    . In den Echtzeit Schlachten

    Echtzeit wie in 'echt' (also so ~8-14 Stunden fuer eine Auseinandersetzung, so lange es halt hell ist) oder wie in sogenannten Echtzeit-Strategiespielen wo Befehle mit Lichtgeschwindigkeit uebermittelt werden und einzelne Gefechte selten mehr als ein paar Minuten dauern so dass man schnell wieder fertig ist?

    dann hätten sie nicht 90% der Dothraki, während der Schlacht um Winterfell, in einem Frontalangriff auf die Weißen Wanderer verheizt.

    Ich empfehle einen Blick auf die Schlacht am Granikos oder auch spaeter Gaugamela um mal zu sehen wie vernichtend ein gut ausgefuehrter Frontalangriff der Kavallerie selbst gegen eine zahlenmaessig deutlich ueberlegenere Truppe ausfallen kann.

    Es ist kein prinzipieller Fehler Kavallerie so zu verwenden, das Problem ist schon subtiler.:D (Brett Devereaux hat in seinem Blog 'A collection of unmitigated pedantry' eine gute Analyse)

    Die "edlen Ritter" war ja tendenziell immer eher nutzlos in Schlachten

    Kannst Du so nicht sagen. Von der Zeit als die roemische Legion allmaehlich an Kampffertigkeit verloren hatte und es keine hoch disziplinierte Infanterie mehr auf dem Schlachtfeld gab (400 n. Chr. ) bis zu der Zeit als disziplinierte Landsknechte mit Piken und massiver Einsatz von Schusswaffen (Langboegen und Musketen) die Ritterheere in Schach halten konnten (1346 Crecy) war die Kavallerie die dominierende Waffengattung in Europa - einfach aufgrund ihrer Faehigkeit, die recht untrainierte Infanterie durch den Schock zu brechen.

    (Quelle: 'A History of Warfare' - Field Marshal Montgomery of Alamein)

    Deshalb sind auch Filme nicht unbedingt die beste Vorlage, denn zu oft schneiden die Schwerter der Guten durch die Rüstungen der Bösen und man fragt sich schnell, warum tragen die überhaupt Rüstungen?

    Jo - oder warum machen die Soldaten ueberhaupt eine Ausbildung. Ist mir bei 'Robin of Sherwood' neulich wieder aufgefallen - der Doerfler der mal einen Nachmittag Kampf-Einweisung durch die Merry Men hatte, wird nachher mit einem Stock in der Hand problemlos mit zwei mit Schwertern, Schilden und Kettenhemd ausgeruesteten Soldaten des Sherriffs fertig.

    Da wuerd' ich als Sherriff doch mal mit dem Ausbilder reden...:D