Beiträge von Windweber im Thema „Weltuntergang (beziehungsweise Untergang des ganzen Universums/Existenz) - warum?“

    Wobei die extreme Polarisierung von Gut und Böse eine Monotheistische Schiene zu sein scheint, mein guter Gott hier - alles andere dort ist Pöse.

    Naja, also so einfach ist es jetzt auch nicht. :D Man nehme nur mal Jesaja 45,5-7 "Ich bin allein der HERR/JHWH, außer mir gibt es keinen Gott [...] der Heil vollbringt und Unheil schafft." Die Bibel ist freilich eine sehr dicke Textsammlung und enthält, anders als viele fundamentalistische Strömungen behaupten, eine ganze Fülle teils widersprüchlicher Theologien. Eine Böse einer guten Macht gegenüberzustellen, hieße aber eher Dualismus (wie man ihn vielleicht im Manichäismus gefunden hat), im konsequenten Monotheismus muss, logischerweise, auch das Böse von der einen Macht herrühren.

    Polytheistische Pantheons hatten ja meist wesentlich komplexere Götter, die wesentlich menschlicher und vielschichtiger waren,

    Spannend wird es da, finde ich, an solchen Stellen wie Genesis 1,5-7 Gott bereut hier etwas und beschließt, das Leben bis auf wenige Außnahmen auszurotten, weil die Menschen so böse sind. In 8,21 erklärt er dann, dass die Menschen zwar immer noch von Jugend an böse sind, aber er will es trotzdem nicht wiederholen. Er will das nie wieder machen. Oder dann Gen18,1-15 der eine Gott erscheint nicht nur als ein Mensch, sondern gleich als drei. Vermutlich hat die Idee mit der Dreieinigkeit hier eine Stütze... :hmm: Jedenfalls kündigt Gott Gott dem hochbetagten Paar Sara und Abraham einen Sohn an. Sara lacht natürlich. Gott ist ein bisschen eingeschnappt. Und nach ein paar kleinen Abstechern nach Sodom (dessen Schicksal hinreichend bekannt sein dürfte) und Königshöfe, denen Abraham seine Frau als Mätresse ausliefert, um seine eigene, faltige Haut zu retten (was gleich mehrmals (Gen20;10,12-20) vorkommt. Pharaonen und altorientalische Könige schienen auf ältere Frauen zu stehen, die beiden waren schon um die 75) kommt es in Gen 21,1-7 zur Auflösung. Und wegen des ganzen Lachens nennt man das Kindlein Jizchak (Isaak), was sich vom Wort für Lachen ableitet. Das Gottesbild schwankt hier irgendwie zwischen ziemlich humorvoll und äußerst strafend.
    Oder man schaue sich mal die Berufung Jesajas an (Jes6). Da sitzt Gott, ganz menschlich, auf einem Thron. Und Jesaja hat Angst wie nur sonstwas. :D

    Sicher, wie das ganze dann kirchengeschichtlich und systematisch aufgearbeitet wurde, ist wieder was anderes. Aber eine anthropomorphe Darstellung Gottes ist der Bibel alles andere als fremd.

    Apokalypse heißt anscheinend "Offenbarung", den Menschen bzw. Christen wird wohl offenbart wie es weiter geht oder was der Sinn des ganzen Scheiß war oder so.

    Ja, ich würde es am ehesten mit "Enthüllung" übersetzen. Aber Gott ist es, als einziger Handlungssouverän der Geschichte, der das auslösen wird. Im Vordergruns steht, wie in der jüdischen Apokalyptik, aber das Heil. Es wird immer schlimmer und schlimmer auf der Welt, ehe mit dem großen Eingreifen ein neues, goldenes Zeitalter eingeleitet wird. Es gibt natürlich auch in der Eschatologie (Lehre von den letzten Dingen, Sprich: Es-cha-to-lo-gie ^^ ) verschiedene Ideen und Strömungen.

    Worauf ich hinauswill: An Komplexität braucht sich die jüdisch-christliche (und auch die islamische) Mythologie nicht vor der paganer Religionen zu verstecken. Auch nicht, was die Gottesbilder betreffen. Sogar Halbgott-Helden gibt es (Gen6,1-4), Frauen, die de facto Heere führen und feindliche Generäle massakrieren (Richter4f), oder einen Schelm von Helden, Samson, der Fackeln an Fuchsschwänze bindet und sie durch feindliche Kornfelder treibt, oder feindliche Soldaten mit einem Eselsknochen erschlägt, bis eine Frau ihm die Haare abschneidet und ihm somit die Kräfte raubt... Richter 13-16 ist echt lesenswert. ;) Da ist für jeden was dabei.

    Und, für das eigentliche Thema: Die Apokalypse kommt hier, um alles Böse und Schlechte zu beseitigen und die ewig versagenden und sich bekriegenden Regierungen durch ein ewiges Gottesreich zu ersetzen. Daraus kann man doch was machen? Vor allem, wenn der Held anfangs gegen den Weltuntergang kämpft und dann feststellt, dass sein Gegener recht hat, wie Klim es vorgeschlagen hat. Wäre mal ein weniger ausgelutschtes Konzept...

    Ne. Lieber umgekehrt - der Held der Story realisiert, dass er Unrecht hatte und der Antagonist Recht und stellt sich auf dessen Seite. (Kennt jemand entsprechende Geschichten?)

    Tatsächlich! ^^ Es wäre aber ein fetter Spoiler, das zu wissen, darum packe ich den Titel in Spoiler und wer eine Vorliebe für geniale, farbintensive, chinesische Bilderepen hat, sollte die Finger davon lassen. Es ist einer meiner absoluten Lieblingsfilme.

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    Hero
    https://de.wikipedia.org/wiki/Hero_(Film)
    Der Prota versucht, den ersten Kaiser von China zu ermorden und um an ihn heranzukommen, tötet er (zum Schein? :D ) dessen Feinde. Diese Tötungen werden in farbenfrohen (Kleider, Vorhänge usw. zeigen an, in welcher Version man gerade ist) erzählt. Am Ende aber hat der Prota begriffen, dass der Kaiser bei allen Greueltaten nur das Beste für die Region will und halt getan werden musste, was getan werden musste (ganz ohne Propaganda geht eben kein großer Film, sei er amerikanisch, chinesisch oder sonst was). Die beiden werden Freunde, Kaiser freut sich, dass ihn endlich jemand versteht - muss den Prota aber für seine Mordpläne natürlich exekutieren lassen. Ich liebe diesen Film!

    Da geht es aber natürlich nicht um den Weltuntergang, eher im Gegenteil. Aber wir haben in der Diskussion irgendwie einen Nebenstrang von Motiven der Bösewichte allgemein und Verhalten des Helden dazu entwickelt... :hmm:

    Oder vielleicht auch, dass der Gute vom Bösen getötet wird, aber der Gute trotzdem "gewinnt", weil er in seiner richtigen Überzeugung gehandelt hat.

    Sowas haben wir doch sogar in relativ modernen Verfilmungen von historischen Ereignissen - Breathhard, Spartacus... Wobei da die Geschichte das Ende des Helden natürlich schon vorgibt und man sich überlegen muss, wie er "gewinnen" kann, obwohl er eigentlich "verloren" hat... Aber gerade die Sterbeszene im ersten genannten Film ist ja nicht umsonst sehr berühmt. "Freiheeeeit!" *Tränewegwisch*
    Die klassische Tragödie ist dagegen völlig unbeliebt im Moment - die Helden verlieren, es geht traurig aus? Sehr oft nehme ich wahr, dass Leute ein ganzes Buch als schlecht oder blöd bezeichnen, wenn es kein Happy End gibt. Sie fühlen sich betrogen. Um auf das Thema zurückzukommen: Bei einem kompletten Weltuntergang vielleicht auch zurecht. Meist dreht sich die Welt ja weiter, wenn der Held verliert, birgt die Hoffnung, dass es einmal besser wird (Star Wars III - die Helden verlieren am Abschluss der mittelneuen Trilogie klar, aber dann kommt eben IV mit dem passenden Titel Eine neue Hoffnung). Selbst die unendliche Geschichte, die ja schon genannt wurde, lässt dem Leser diese Hoffnung. Das ist wichtig und das totale Eschaton verhindert das.
    Man kann eine Welt schon untergehen lassen, wie Hennen in seiner Drachenelfen-Reihe (da gibt es aber noch zwei andere). Zwischen dem ersten und den anderen Mad-Max-Filmen geht sie auch unter und wir haben ein klassisches postapokalyptisches Szenario (die mag ich sehr gern). Apokalypse kann man mit der richtigen Leserschaft schon machen, aber es muss weitergehen, ob nun auf dem Papier oder nur in den Herzen der Leser...

    @Cory Thain hat völlig recht - mit entsprechenden (falschen oder wahren) Versprechungen kann man das schon schaffen. Oder, indem man seine wahren Ziele schlicht verschweigt (die ein menschlicher Oberbösewicht vielleicht schlicht aus Wahnsinn heraus verfolgt?).
    In Oblivion, einem Computerspiel, versucht eine Sekte den Merhunes Dagon, den Daedrischen Prinzen der Zerstörung, die Herrschaft über die Welt zu verschaffen - mit absehbar unangenehmen Folgen. Dafür kommen sie, wenn sie in Diensten der Sekte sterben, in ein Paradies (das sich für die, die dort angekommen sind, als Hölle entpuppt...)
    In der SciFi-Reihe um Riddic erwartet ein Kult einen Aufstieg in das sogenannte Underverse und vernichten dafür ganze Planeten.
    Dann gibt es natürlich Eisköniginnen wie im Märchen, Narnia oder DSA, die alles einfrieren wollen im ewigen Winter. Vielleicht aus ästhetischen Gründen oder um die Herrschaft zu übernehmen...
    Die Eschata, Kataklysmen oder Apokalypsen in der Fantasy gehen ja letztlich auf Vorbilder in der Mythologie zurück. Ragnaröck (ausgelöst durch einen gefangenen, zornigen Superwolf oder so), im Gilgamesch-Epos droht die Göttin Ischtar mit einer Zombiapokalypse, bei den Maya gehen wohl in regelmäßigen Abständen die Zivilisationen unter, um von neuen ersetzt zu werden, auch Christentum, Islam und Judentum kennen Weltenden, die für die meisten nicht sehr erfreulich ausgehen. Wohlgemerkt - für die meisten! Ein Weltende kann für einzelne auch einen Anfang bedeuten, der erstrebenswert ist...

    Nunja - es ist halt dramatisch, nehme ich an... Wenn man den Prota nicht mag, aber andere Figuren - der Weltuntergang erwischt auch die. Also auch spannend, wenn man sich wünscht, dass der Held auf den Detz bekommt. :D
    So ein Weltuntergang kann ja auch von übergeordneten Mächten angestrebt werden. Wesen des Urchaos, die den Zustand wiederherstellen wollen. So z.B. im DSA-Universum. Das kann und darf sich dann mal dem beschränkten, menschlichen Verstand entziehen.In meinen Geschichten aus einer untergehenden Welt (Dark-Fantasy-Unterforum) wird der Schöpfergott am Zenit der Zeit zum Zerstörergott und nimmt seine Schöpfung, den Kosmos, wieder auseinander, um ihn dann wieder neu zu erschaffen. Stillstand ist tot, keine Veränderung heißt, keine Existenz - so könnte ein Theologe oder Philosoph dieser Welt das zu erklären versuchen. In DSA werden die Dämonen, die Wesen des Chaos, wohl verschwinden und im absoluten Chaos aufgehen, selbst zerstört werden. Sie haben dann aber auch ihren Willen und Daseinszweck erfüllt. In meinen Geschichten bleibt dieser Urgott aber ewig (während er seine Hilfsgötter vernichtet und ersetzt, wie es gerade passt...)

    So eine Zerstörung allen Seins kann Symbol für das absolute, sinnlose Böse sein und braucht dann keine logische oder gar moralische Begründung. Eifersucht, Rache, Hass, kosmologischer Platzmangel, Enttäuschung, Überdruss oder schlicht Wahnsinn - ein übermächtiges Wesen kann so manchen Grund haben, so zu handeln.