Ich verstehe völlig, dass man bei Gedichten eher an blumige Umschreibungen denkt als an Verdichtung. Sowohl beim Schreiben als auch beim Lesen. Dass "Mein Herz tankt Friede" (um mal bei einer Zeile zu bleiben) emotionsfrei, rein technisch sein soll, halte ich aber für eine reflexhafte Verteidungshaltung der Blumig-Freunde.
Ohne die weiche Version des Gedichtes für schlecht und meine zum "muss man so!" erklären zu wollen (ich weiß, dass das völlig verschiedene Stile sind), bitte ich, über Folgendes nachzudenken:
Gedichte leben von Bildern (mehr noch als Prosa). Und "Ich suche" ist eher eine Information über eine Emotion. "Das Herz tankt" hingegen ist ein Bild - wenn man es sich vor das geistige Auge holt, dann steckt da alles drin. Denn man stellt sich ja in Wirklichkeit nicht ein Herz an einer Zapfsäule vor, sondern einen Menschen, der (vielleicht mit geschlossenen Augen) sich ganz diesem Frieden hingibt, ihn aufsaugt. Das Wort "Herz" steht ja für die Gefühlsebene des Menschen und nicht für das Organ, das Wort "tanken" steht ja dafür, dass man etwas gezielt und in großen Mengen aufnimmt, und das Wort "Frieden" steht für einen bestimmten seelischen Zustand und eben nicht für die sozusagen "politische Situaton des Nicht-Krieges".
Die Technik des Verdichtens ist nicht nur in der Lyrik interessant, auch wenn sie dort gewissermaßen zu Hause ist, sie kann auch Prosa wirkmächtiger machen.
Und: Es ist eine Technik, an diesem Beispiel wollte ich zeigen, wie sie funktionieren kann.
Um nochmal auf das Gedicht selbst zurück zu kommen: Meine Suche nach Verdichtungsmöglichkeiten ist von den jeweils zweiten Zeilen ausgelöst worden, die nun wirklich sehr redundant sind, dabei aber spürbar bemüht diesen Eindruck der Wiederholung vermeiden sollen. Gäbe es eine Möglichkeit, nur diese rauszunehmen, würde das Gedicht bereits sehr viel gewinnen. Meiner Meinung nach, natürlich.