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Erklärt zwar immer noch nicht so recht, warum Flora in der Schule noch nie etwas davon gehört hat. Aber okay
Danke dir für deine Kommentare
Was du hier ansprichst ist irgendwie ein wunder Punkt. Ich wollte es so, damit der Leser alles mit Flora zusammen von Null auf entdecken kann, aber ich sehe auch ein, dass das evtl nicht realistisch ist. Mal sehen, im nächsten Teil kommt noch ein bisschen was dazu, vielleicht kannst du dann nochmal sagen, ob du es immer noch unlogisch findest.
@all: Falls es untergegangen ist, ich habe endlich einen Prolog! (mit im ersten Post versteckt) Ich würde mich freuen, wenn ihr mal drüberlest und euren Senf dazugebt
Der nächste Teil ist einer, der mir schon seit Anfang der Geschichte Kopfschmerzen bereitet, weil ich keinen Schimmer habe, wie er von außen wirkt. Bin sehr gespannt, was ihr sagt
Kapitel 3.1
In den nächsten Tagen schlich sich Flora wann immer sie konnte aus dem Haus, um Korom auf dem Marktplatz zu besuchen. Emilian sperrte sie zwar nicht mehr in ihrem Zimmer ein, allerdings hatte er ihr Hausarrest auferlegt. Zu ihrem Glück war gerade in der Werkstatt viel zu tun und außerdem hatte ihr Vater mehrere Gespräche mit Kunden in der Stadt, sodass sich ihr einige Gelegenheiten boten, das Haus zu verlassen. Meistens tat sie das durch die Vordertür, doch wenn ihr Vater im Laden arbeitete, musste sie wohl oder übel die Strickleiter nehmen. Anfangs hatte sie gedacht, jeden Moment erwischt zu werden, aber Emilian betrat in diesen Tagen selten den Hinterhof.
Die Unterrichtsstunden mit Korom gestalteten sich sehr abwechslungsreich. Mal arbeiteten sie mit der kleinen Kugel, die sie schnell immer besser beherrschte, mal musste Flora sich nur in Konzentration üben. Der Zentaur wollte ihr auf lange Sicht ein paar Meditationsmethoden ans Herz legen, denn damit, sich nicht ablenken zu lassen, tat sie sich schwer.
Die restliche Zeit verbrachten die beiden mit Tee und Geschichtsstunden. Es überraschte Flora, wie viel kiladianische Geschichte an ihr vorbei gegangen war, da sie sich nie mit Magie befasst hatte. Lange Zeit gab es nur Magier wie die des Ordens. Man beeinflusste die Natur und die Menschen, lehrte Kampftechniken und wandte sie an. Ein Dorf, das einen Magier zu seinen Bewohnern zählte, galt als sichere Zufluchtsstätte. Erst vor etwa zweihundert Jahren begannen die Bürger von Kilados mit mechanischen Systemen zu experimentieren und so zog die Magie in die Häuser der einfachen Leute ein, die sie zwar nicht beherrschten, die jedoch für sie nutzbar gemacht werden konnte.
In den Abendstunden saß sie nicht wie sonst mit einer Kerze und Bastelmaterial in ihrem Zimmer, sondern mit Koroms Leihgabe und je mehr Kapitel sie aus der magischen Geschichte gelesen hatte, desto besser verstand sie, dass Koroms Sicht auf den Orden nicht uneingeschränkt positiv war. Das Buch befasste sich gründlich mit der Zeit, bevor Akraves vor zehn Jahren umstrukturiert war und was Flora las, gefiel ihr teilweise überhaupt nicht. Die Schüler wurden hauptsächlich ausgebildet, um den Orden vor eventuellen Bedrohungen zu schützen. Auf mehreren Seiten wurden Zauber beschrieben, die, richtig angewandt, großen Schaden anrichten konnten. Die Spanne erstreckte sich über spezielle Schutzschilde, die die magische Kraft des Gegners anzapften und ihn langsam auslaugten, bis hin zu Flüchen, die ihn aktiv töteten.
Flora war sich sicher, dass die vorhandene Liste nicht vollständig war und dass es hundert mal mehr grausame Möglichkeiten geben musste, einer anderen Person das Leben zu nehmen.
Der Autor des Buches beschrieb, dass der kiladianische Orden sich vor allem gegen die stetige Bedrohung der Magier des Nachbarlandes wehren wollte, die ihre Schüler seit jeher ebenso zu Kämpfern ausbildeten. Der Unterschied war, dass Kilados erst damit begonnen hatte, als der Krieg das Land bedrohte. Vorher war man einen friedlicheren Weg gegangen, ohne Ivanestaks Magier als Bedrohung zu sehen, doch seitdem ihnen im Krieg viele Kiladianer zum Opfer gefallen waren, hielt sich hartnäckig die Angst, nicht vorbereitet zu sein, falls es wieder zu Kampfhandlungen kommen sollte. Dieser Zustand hielt über siebzig Jahre an, bis dem Orden von der kiladianischen Regierung das Handwerk gelegt wurde, um zu betonen, wer im Land das Sagen hatte. Kein Ordensmitglied hätte mehr Magie anwenden dürfen und wäre hart bestraft worden, hätte der Hohe Rat nicht eingewilligt, seine Methoden von Grund auf zu ändern.
Daraufhin wurden alle Ratsmitglieder ersetzt und viele der damals gängigen Zauber auf eine schwarze Liste gesetzt. Es kostete die Magier viel Aufwand, aber schlussendlich durfte der Orden bestehen bleiben und sogar wieder neue Schüler ausbilden. Nach diesem Skandal versuchten die kiladianischen Magier, sich nicht mehr so offensichtlich zu zeigen. Viele fühlten sich machtlos und lebten in Angst, dass Ivanestak die neue Schwäche ausnutzen würde, doch nichts dergleichen geschah. Und so versuchte die Mehrheit, ihre kämpferische Vergangenheit hinter sich zu lassen.
Es dämmerte bereits, als Flora einige Tage später den Weg nach Hause einschlug. Sie hatte sich wieder einmal innerlich auf die größte Standpauke ihres Lebens gefasst gemacht, doch dazu sollte es erneut nicht kommen. Als sie in den Hinterhof kletterte, sah sie sofort, dass jemand die Strickleiter zu ihrem Zimmer eingeholt hatte. Nun musste sie wohl oder übel vorne herein. Mit eingezogenem Kopf betrat sie den dunklen Laden, schlich durch den Durchgang zum Wohnbereich und hoffte inständig, sich unbemerkt nach oben flüchten zu können. Zu ihrer Überraschung hielt sie niemand auf. Das Haus lag im Dunkeln, bis auf einen Spalt zwischen Küchentür und Dielen. Sie wollte schon aufatmen und die zweite Treppe zu ihrem Zimmer hinauf nehmen, als sie die aufgeregte Stimme ihres Vaters aus der Küche vernahm.
„Meine Tochter wird nirgendwo hingehen. Sie hat eine Tuchhändlerausbildung in Aussicht und bleibt hier in Banria.“ Er klang nicht nur verärgert, sondern auch eine Spur ängstlich. Flora konnte nicht anders, sie forderte ihr Glück heraus, schlich näher zur Tür und legte vorsichtig ein Ohr ans raue Holz.
„Sei doch vernünftig, Emilian. Flora ist begabt, es liegt ihr im Blut. Irgendwann wird sie das erkennen. Du kannst sie nicht ewig festhalten.“ Die andere Stimme gehörte einer Frau. Sie war schwer zu verstehen, so dünn klangen die Worte, als hätte man der Frau vor Jahren den Hals halb zugebunden.
„Vielleicht nicht“, knurrte Emilian. „Aber ich kann sie immerhin vor Euch und eurem Hokuspokus beschützen.“
„Beschützen? Das klingt, als hieltest du uns für einen Haufen gefährlicher Irrer.“
„Dann ist das wohl so. Und nun verlasst mein Haus. Flora ist nicht hier.“
„Verzeih mir, wenn ich dir nicht glaube.“
„Dann tut es nicht, geht einfach. Meine Tochter wird niemals mit Euch gehen.“ Vor Floras innerem Auge tauchte das Bild ihres Vaters auf, wie er sich zurücklehnte und gebieterisch die Arme verschränkte, so wie es seine Art war, Autorität zu zeigen. Sie hasste diese Geste.
„Hast du sie je gefragt?“
Die Frau wurde ihr immer sympathischer. Um was es auch ging, sie stellte jedenfalls die richtigen Fragen. Es dauerte eine Weile, bis Emilian antwortete. Wieder formte sich das Bild in Floras Kopf, wie er nervös auf der Unterlippe kaute und sich dabei sein dunkler Vollbart mitbewegte.
„Ich gebe Flora Freiheit in all ihren Entscheidungen, abgesehen von einer«, betonte er leise.
„Ich verstehe dich nicht. Du hast sogar eine Magierin geheiratet und zwei Kinder mit ihr bekommen! Dir musste doch klar sein, dass sie die Begabung vielleicht erben werden! Und auch, wenn Kzyne dich verlassen hat, ewig kannst du der Magie nicht entfliehen.“
Flora horchte auf. Offenbar kannte die Frau ihre Mutter und was sie da behauptete, dass Lysander und sie magisch begabt sein könnten, ergab natürlich Sinn. Wieso hatte sie das nie für möglich gehalten?
„Erzählt mir nicht, was ich kann und was nicht!“, brauste Emilian auf. „Es ist mein Leben! Ich habe Lysander und Flora größtenteils allein großgezogen, sie sind mir das Wichtigste. Und wenn ich sie vor etwas beschützen will, von dem ich glaube, dass es jeden zerstört, der damit in Berührung kommt, so ist es mein gutes Recht!“
Mit voller Wucht riss Flora die Tür auf und erst mit dem darauffolgenden Knall, als diese gegen die Wand krachte, realisierte sie, was sie getan hatte. Sie blickte in zwei erschrocken aufgerissene Augenpaare und die Frau war vor Schreck von ihrem Stuhl aufgesprungen. Es kam Flora wie eine halbe Ewigkeit vor, in der niemand ein Wort herausbrachte, dann ließ die Besucherin sich ganz vorsichtig wieder nieder. Sie trug ein langes, dunkles Gewand, das ihre zerbrechliche Figur nicht zu verbergen vermochte. Ihr Gesicht, blass und feingliedrig war von langen, glänzenden, schwarzen Haaren umgeben. Hätte sie die Lider geschlossen gehalten, hätte sie furchtbar krank ausgesehen, aber ihre großen grünen Augen strahlten Kraft und Gesundheit aus.
„F… Flora“, stotterte Emilian.
„Was geht hier vor?“, fragte sie, weit weniger entschlossen als geplant.
Emilian schluckte. „Das ist Meisterin Krenite.“ Er deutete auf sein Gegenüber. „Sie…“
„Ich bin hier, um dich nach Akraves zu begleiten. Sofern du es willst, natürlich.“
Floras Kopf schlug Purzelbäume und ihre Stimme stockte. „Ihr müsst Euch irren«, presste sie ohne nachzudenken zwischen den Zähnen hervor.
„Wirklich?“, schmunzelte Krenite, während Emilians Blick entsetzt von der Meisterin zu seiner Tochter flog.
„Du weißt von Akraves?“
Das brachte Flora wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. „Ja, Vater, ich weiß davon, trotz deiner Mühen, alles magische von mir fernzuhalten. Hast du denn wirklich geglaubt, der Tag würde nicht kommen, an dem ich mir selbst eine Meinung bilden möchte?“
„Nein, ich habe geglaubt, dass du dem Urteilsvermögen deines Vaters traust, so wie Lysander es tut.“
„Siehst du nicht, wie ähnlich sie ihrer Mutter ist?“, mischte Krenite sich erneut ein. „Wann hat Kzyne jemals jemandem mehr vertraut als sich selbst?“
„Ihr glaubt wohl, Ihr kennt sie besser als ich“, zischte Emilian. „Sie war meine Frau. Mir hat sie vertraut und ich hätte alles für sie gegeben. Aber das versteht Ihr nicht, Ihr wart schon immer unfähig das Wohl anderer über Euer eigenes zu stellen.“
Seine Worte schienen die Meisterin hart zu treffen, aber das registrierte Flora im Moment nur am Rande. „Wenn ihr einen Augenblick die Vergangenheit vergessen könntet und mir von Anfang an erzählt, worum es hier geht und warum Ihr, Meisterin Krenite hier seid, wäre mir sehr geholfen!“
„Also gut“, brummte Emilian leise, aber dennoch verärgert. „Sie ist hier, um dir eine Ausbildung auf Akraves anzubieten. Dadurch, dass deine Mutter eine Magierin war, besitzt du anscheinend die nötigen Voraussetzungen“, knurrte er bitter.
„Warum hast du dann immer wieder gesagt, ich würde es mit der Magie nicht weit bringen?“, fragte sie leise. Endlich war Emilian so weit, die Wahrheit auszusprechen, jetzt wollte Flora es auch verstehen.
„Ich habe immer gehofft, das Talent würde deine Generation überspringen.«
Einen Augenblick dachte Flora nach, dann wandte sie sich an die Meisterin. „Und ich könnte wirklich nach Akraves gehen?“
Das alles kam ihr unglaublich surreal vor, hatte sie doch vor ein paar Tagen das erste mal in ihrem Leben überhaupt von der Insel und der Schule gehört. Und nun saß diese Magierin in der Küche und behauptete, sie mitnehmen zu wollen. Flora schüttelte den Kopf, aber es half nicht wirklich. Wie gern hätte sie in diesem Moment drei Runden um den Marktplatz gedreht.
Hier der nächste Teil
Kapitel 3.2