Beiträge von Sensenbach im Thema „Science-Fiction versus Fantasy“

    Liebe @Faye
    Einige interessante Gedanken. Gerade bei Star-Wars gehe ich da voll mit. Bei 2001 wird zumindest die Weltraumfahrt in einem Science Fiction gerechten Stil abgehandelt. Bei der Wirkung des Monolithen und Bowmans Erlebnissen am Ende, wo er sich selbst als alten Mann sieht, ist es schon etwas mehr Fiction und weniger Science.

    Dass sie strikt mit Mittelalter oder mittelalterähnlichen Welten und Elementen verbunden sein muss, ist schlicht nicht richtig.

    Das würde hier im Forum auch kaum jemand behaupten

    Fantasy ist eben genau dass. Ein Mischgenre.

    Diese Aussage verstehe ich nicht. Es gibt einige Merkmale, die ein Fantasy Buch charakterisieren. Meist das Vorhandensein von übernatürlichen oder magischen Elementen. Daneben kann es sich auch um ein Horror-, Krimi- oder Liebesroman handelt. Meinst du dies mit "Mischgenre".
    Als Definition für "Fantasy" reicht "Mischgenre" jedenfalls nicht aus.

    Schön das du den Weg ins Forum gefunden hast ;)

    Ich sehe halt einen sehr sehr großen Unterschied zwischen einem mythologischen Werk und einem reinen Fantasyroman. Fantasy wird normalerweise einfach als Unterhaltungsliteratur geschrieben, es soll eine unterhaltsame Geschichte in einer Fiktiven Welt darstellen. Mal ganz plump ausgedrückt.

    Ja. Da hast du ohne Einschränkung recht. Das ist etwas anderes. Eine Mythologie ist eher etwas, dass organisch entstanden ist und über Generationen zunächst mündlich weitergegeben wurde. Dabei hat sie sich womöglich immer weiter entwickelt und ausdifferenziert. Der Erfahrungsschatz eine Volkes über Generation, wenn man es mit Pathos ausdrücken möchte.

    Tolkien, als Vater der Fantasy, wollte ja auch kein Fantasy, sondern eine Mythologie schreiben. Entsprechend ist Mittelerde an vielen Stellen auch nicht zu Tode erklärt und bietet, anders als viele "moderne" Fantasy, speziell im Magiebereich, keine Infos über das wiewerwaswo...

    Naja eben dies kann man nicht. Eine Mythologie schreiben (siehe oben). Man kann höchstens im Stile einer Mythologie schreiben. Ich komme nicht umhin auf Joseph Campbell aufmerksam zu machen, den viele vielleicht schon kennen. Er hat sich, durch Jung inspiriert, die Mythen der Menschheit angesehen und Strukturen aufgedeckt, die immer wieder auftauchen. https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Heros_in_tausend_Gestalten
    Man könnte davon ausgehen, dass diese Erzählstruktur tief in der Psyche der Menschen verwurzelt ist, da sie so Universal zu sein scheint.
    In der Fantasy wurde diese Analyse aufgenommen. Wir kennen dieses Motiv als "klassische Heldenreise". https://de.wikipedia.org/wiki/Heldenreise. Das Buch Campbells hatte auch massgeblichen Einfluß auf George Lucas und "Star Wars". Die Heldenreise ist immer noch aktuell. Aber alles was erfolgreich ist, wird irgendwie dann auch totgeritten. Schade.

    Das heißt nicht, dass sie stilistisch oder weltenbautechnisch nicht trotzdem gut sein können, aber sie legen z.B. mehr Wert darauf, dass der unscheinbare Waisenjunge zum magisch begabten Helden heranwächst und den Bösen besiegt, dabei natürlich die Welt rettet und nebenbei seinem männlichen Zaubererkonkurrenten die begehrte Herzensdame ausspannt. Diese Art der Fantasy darf meiner Meinung nach schon auch mal kritisiert werden.

    Ich könnte mir gut vorstellen, dass der "Waisenjunge der zum Helden wird" durchaus psychologisch attraktiv ist. Gerade für jüngere Leser. Der "Waise" ist losgelöst von seinen Eltern und muss Abenteuer bestehen, um schließlich sich selbst zu finden und seine Vergangenheit hinter sich lassen. Es wäre naheliegend, dies als Symbol der Loslösung von den Eltern zu verstehen. Ein Prozess, den wir in unserem Leben, mehr oder weniger erfolgreich, alle durchgehen. Darum ist die "Waisen" Geschichte so beliebt.
    Aber auch zu häufig genutzt. Das stimmt leider.
    Wir brachen dringend neue Ideen!


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    The Expanse.

    Den biologischen Aspekt kann ich natürlich nur bedingt beurteilen, das Ganze nimmt ja massiv Fahrt auf und es handelt sich, nicht um etwas "Entwickeltes" sondern eher um eine Technologie, die für uns auf den ersten Blick irgendwie organisch wirkt...
    (Aber ich hab grad erst mit den Büchern angefangen und hoffe das das da etwas genauer erläutert wird.

    Beim erwähnten three body problem wird z.B. ein "Computer" in höhere Dimensionen geschrieben der dann in eine Singularität gekrümmt wird... inwieweit das nach heutigem Wissensstand technisch möglich ist, kann ich natürlich absolut nicht nachvollziehen, die Idee finde ich aber einfach spannend, SciFi ist da für mich halt auch immer ein was-wäre-wenn-Ding..

    Ich muss zugeben, ich habe nur die Serie gesehen und bin noch nicht zum Ende gekommen. Ich fand "The Expanse" aber gut gemacht. Die Weltraumschlacht mit Railguns zum Beispiel war ein Abwechslung von den "Photonentorpedos" etc.
    Auch dieses Protomolekül hat mich jetzt nicht gestört.

    Ich persönlich lese Science Fiction auch mit Genuss, wenn sie nicht hard-Science Fiction ist. Das was-wäre-wenn-Ding finde ich ebenfalls sehr attraktiv. Andererseits kann Science Fiction mehr als Weltraumschlachten.
    Hast du "Altered Carbon" gesehen, den fand ich interessant.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Altered_Carbon_–_Das_Unsterblichkeitsprogramm

    Alles als Fantasy zu deklarieren obwohl es hunderte wenn nicht tausende Jahre älter ist als der Fantasy-begriff, ist ja etwas das sich meinem Verständnis schon etwas entzieht.

    Hmm. Das Verstehe ich wiederum nicht.
    Der Gilgamesh-Epos ist eines der ältesten schriftlich-fixierten literarischen Werke und ganz eindeutig dem Fantasy-Genre einordbar. https://de.wikipedia.org/wiki/Gilgamesch-Epos
    Ich kann nachvollziehen, dass diese ewige Etikettierung nervt, aber sie hat schon seinen Sinn. Nicht nur für die Buchläden.
    Es ist ein Unterschied, ob ich es mit dem Versuch einer "historisch-exakten" Schilderung eines römischen Historikers zu tun habe, oder einer mythologischen Schilderung. Der oben genannte Gilgamesh-Epos erfüllt alle Kriterien der "Heldenreise", dieser Erzählstruktur bedienen sich ja auch die "alten Griechen" und auch moderne Autoren. Ich denke, Literatur und seine Facetten sind keine neuzeitliche Erfindung, sondern begleitet uns seit der Erfindung der Schrift.

    Meine Deklarierung von klassischen Werken als Fantasy ist auch eine Gegenreaktion zu den "Literaten" ala "Literarisches Quartett", die verallgemeinernd sagen, dass Fantasy nur Schundliteratur ist und nicht literarisch anspruchsvoll sein kann. Denen sage ich dann gerne: Halt Stop! Der Goethe ist streng genommen auch ein Fantasyautor. ;)

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    Zum Protomolekül aus Expanse: Ich bin ja Biologe und daher hier besonders aufmerksam. Es gibt keine absehbare Entwicklungslinie, die zu dem Protomolekül hinführen könnte. Daher ist es für mich Fantasy. Was nicht heißt, dass sich die Sicht darauf in hundert Jahren nicht ändern könnte. Dies ist ein wichtiger Punkt. Bei Science Fiction sollte die Entwicklungslinie von jetzt bis in die Zukunft nachvollziehbar sein. Gibt es hier einen Bruch, geht es eher in die Fantasy. Wenn du verstehst was ich meine.

    Aber: "Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen schon Wirklichkeit sein"

    Wo ich gleich mal etwas kritisieren würde wäre der ScienceFiction/ScienceFantasy-Aufteilung. Du definiert nur hard-SciFi als richtige SciFi und alles andere als ScienceFantasy.
    Das finde ich etwas zu krass, denn dann würde im Prinzip alles was über Mond und maximal Marslandung hinaus geht eigentlich ScienceFantasy sein, da einfach alles was weiter geht, einen gewissen Fiktiven Aspekt haben muss. Bestes Beispiel ist hier vielleicht "The Expanse" sehr realistische SciFi, aber ohne den EpsteinDrive wäre nicht mal eine Besiedelung unseres Sonnensystem in der Form möglich...

    An dieser Stelle entzünden sich wohl meist die Grundsatzdiskussionen. Ich finde den Gedanken nachvollziehbar nur hard-SciFi als echte Science-Fiction zu bezeichnen. Für mich persönlich ist diese harte Einteilung allerdings zu dogmatisch.
    Ich selbst mische ja auch: Albius Prime; Siri - Oder wie ich die wahre Liebe fand

    Die Grenzen sind ja fliessend. Der Albucierre Drive (https://en.wikipedia.org/wiki/Alcubierre_drive) ist ja eine reale wissenschaftliche Spekulation und der würde schon ganz gut Tempo machen. So etwas könnte man schon aufgreifen, wenn man schnell fliegen möchte.
    Hyperraum oder Rotraum oder Star-Gate ist aber realistischerweise eher Fantasy.
    Bei "The Expanse" ist zumindest dieses seltsame Protomolekül aus dem Fantasy-Bereich.


    Aber gut. Ein neuer Gedanke.

    Es ist nicht so, dass Science Fiction immer etwas mit Raumschiffen zu tun hat, wie viele annehmen. Richtig coole Science-Fiction-Werke kümmern sich weniger um die technischen Aspekte der Weltraumfahrt sondern tatsächlich um gesellschaftliche Themen.

    Issak Asimov hat die drei Gesetzte der Robotik erfunden und geht damit auf das Problem des Zusammenlebens mit intelligenten Maschinen ein (https://de.wikipedia.org/wiki/Robotergesetze)
    Frank Schätzing greift in "Der Schwarm" ein Ökothema auf.
    Michel Houllebecq schildert die Suche des Menschen nach Sinn des Lebens in einer dystopischen Welt, in der die Menschen immer wieder durch Klonen zum Leben erweckt werden. https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Möglichkeit_einer_Insel
    Die Strugatzki Brüder lassen ihren Prota zwar auf einem unbekannten Planeten abstürzen, danach geht es aber um die dort herrschenden gesellschaftlichen Umstände. https://de.wikipedia.org/wiki/Die_bewohnte_Insel
    Die Liste ließe sich fortführen, von hier bis zum Mond …

    Mein Filmtip: https://de.wikipedia.org/wiki/Altered_Carbon_–_Das_Unsterblichkeitsprogramm

    Wenn ich darüber nachdenke, gibt es bei den Werken der Science-Fiction ohne Raumschiffe mehr "anspruchsvolle" Romane, als in der Fantasy.

    PS: Eigentlich ist Goethes Faust, die Werke von Kafka, Bulgakov und so weiter, auch Fantasy. Die letzte Bemerkung bezieht sich also eher auf das, was in der Fantasy-Ecke im Buchhandel steht.

    Science-Fiction versus Fantasy

    Was macht den Unterschied zwischen Science-Fiction und Fantasy aus? Diese Frage ist bereits an manchen Stammtischen und Conventions (und Foren) erbittert diskutiert worden. Dieser Strang ist zum Meinungsaustausch gedacht. @Alcarinque und ich finden diese Thema spannend. Ich hoffe ihr auch. Vielleicht finden wir ja auch ein Mittel, um dem am Boden liegenden deutschen Science-Fiction auf die Beine zu helfen.

    https://www.tor-online.de/feature/buch/2…in-deutschland/

    Ich mache mal einen ersten groben Aufschlag.

    Im Science-Fiction werden technologische Entwicklungen und die damit einhergehenden gesellschaftlichen Änderungen in die Zukunft projiziert. Viele Romane mit einer politischen Botschaft sind hier angesiedelt, zum Beispiel Orwells 1984.
    Im Science-Fiction müssen sich alle Elemente mit den harten Realitäten der Wissenschaft auseinandersetzen. Also im Zweifel kein überlichtschnelles Reisen, keine künstliche Schwerkraftfelder und keine Zeitreisen. Wissenschaftliche Glaubwürdigkeit ist hier das Gebot.
    Das Klonen von Dinosauriern aus konservierter DNA wie in Jurasic-Park ist hingegen ein klares Science-Fiction Element, da dies grundsätzlich möglich wäre. Ganz schön anzusehen ist die Art des Science-Fiction konformen Reisens in „Space Odyssey“. Ein aktuelleres Beispiel ist auch „Der Marsianer“.

    Im Fantasy sind Elemente der Technik zurückgesetzt und werden durch Produkte der Einbildungskraft des Autors ersetzt. Feen, Zwerge, magische Schwerter …
    Klar, „Der Herr der Ringe“ oder meinetwegen „Harry Potter“ sind Beispiele. Dabei ist es nicht primär wichtig, in welcher Welt die Geschichte spielt. „Star-Wars“ hat zum Beispiel sehr viele Fantasy-Elemente, da können noch so viele Raumschiffe herumfliegen. Für mich ist „Star-Wars“ Fantasy und Obi-Wan ein Zauberer wie Gandalf. Politische Botschaften wie im Science-Fiction finden sich eher selten, geht aber natürlich alles.

    Und was ist mit Star-Trek? Jaa! Die allermeisten Autoren mixen die Genres! Die denken sich, ohne Warp Antrieb ist es mir langweilig und erfinden ihn einfach. Sie tun dann aber so, als hätte es eine wissenschaftliche Grundlage. Das Beamgerät bei Star-Trek ist nichts anders als ein Zauberstab. Diesen Bereich bezeichnen einige als Science-Fantasy, dort sind sehr viele Romane angesiedelt. Die ganzen Marvel Superhelden-Geschichten gehören hier auch dazu.

    Wichtig ist in allen Schattierungen von Science-Fiction zur Fantasy, dass die Geschichte in sich konsistent bleibt. Dazu sollte der Autor dem Leser möglichst subtil mitteilen, was in seiner Welt möglich ist und was nicht.
    Und dann dabei bleiben.

    Ich habe mal eine schöne Grafik gemacht und ein mathematisches Model zur Einteilung von Romanen in Genres erstellt.

    Je höher euer Feenindex ist, desto mehr ist euer Roman wie der „Herr der Ringe“. 8)